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OGH vom 11.12.2013, 7Ob211/13z

OGH vom 11.12.2013, 7Ob211/13z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen M***** K*****, geboren an , Mutter I***** N*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar und Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG in Wien, Vater E***** K*****, vertreten durch Dr. Markus Haberfellner, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Christine Wolf, Rechtsanwältin in Wien, wegen Obsorge, über den Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 177/13k 135, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom , GZ 13 Ps 119/12y 111, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil es keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Beibehaltung der gemeinsamen Obsorge auch gegen den Willen zumindest eines Elternteils gebe.

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs wurde entgegen § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht. Zur Beseitigung der zwingend einzuhaltenden Formvorschrift ist grundsätzlich ein Verbesserungsverfahren einzuleiten (RIS Justiz RS0128266). Ist aber das Rechtsmittel ohnedies unzulässig, erübrigt sich die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens (RIS Justiz RS0128266 [T1]).

Der Großteil der Ausführungen im Revisionsrekurs sind unzulässige Beweisrügen. Der Oberste Gerichtshof ist aber auch im Außerstreitverfahren nicht Tatsacheninstanz (RIS Justiz RS0007236).

Das Kindschafts und Namensrechts Änderungs-gesetz 2013, BGBl I 2013/15, ist mit in Kraft getreten und auch auf Sachverhalte anzuwenden, die sich bereits vor Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht haben (RIS Justiz RS0128634). In allen Fällen des § 180 Abs 1 und Abs 3 ABGB (nF) kann die Betrauung beider Elternteile mit der Obsorge, aber auch die Belassung einer solchen Obsorgeregelung auch gegen den Willen beider oder gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden (RIS Justiz RS0128810). Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem KindNamRÄG 2013 soll nunmehr die Obsorge beider Elternteile (eher) die Regel sein (RIS Justiz RS0128811). Auch wenn das Gesetz keine näheren Kriterien dafür aufstellt, ob eine Alleinobsorge eines Elternteils oder eine Obsorge beider Eltern anzuordnen ist, so kommt es doch darauf an, welche Form der Obsorge dem Wohl des Kindes besser entspricht. Eine sinnvolle Ausübung der Obsorge beider Eltern setzt dabei allerdings ein gewisses Mindestmaß an Kooperations und Kommunikationsfähigkeit beider Elternteile voraus. Um Entscheidungen gemeinsam im Sinn des Kindeswohls treffen zu können, ist es erforderlich, in entsprechend sachlicher Form Informationen auszutauschen und einen Entschluss zu fassen. Es ist also eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob bereits jetzt eine entsprechende Gesprächsbasis zwischen den Eltern vorhanden ist oder ob zumindest in absehbarer Zeit mit einer solchen gerechnet werden kann (RIS Justiz RS0128812). Das Gericht hat nach § 180 Abs 1 ABGB eine vorläufige Regelung der elterlichen Verantwortung zu treffen, sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht. Dabei hat es von Amts wegen zu beurteilen, ob es eine solche Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung einleitet oder ob es ohne eine solche endgültig über die Obsorge entscheidet (RIS Justiz RS0128813). Bei der Entscheidung über die Obsorge ist ausschließlich das Wohl des Kindes maßgebend, wobei nicht nur von der momentanen Situation ausgegangen werden darf, sondern auch Zukunftsprognosen zu stellen sind (RIS Justiz RS0048632). Die Entscheidung hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS Justiz RS0115719).

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass ausgehend von den Feststellungen die gemeinsame Obsorge der Eltern nicht im Kindeswohl liegt, hält sich im Rahmen der Judikatur. So steht fest, dass es in der Beziehung der Eltern zu gegenseitigen Kränkungen, Missverständnissen und zu Gewalt gekommen ist. Ihre Ehe wurde mit geschieden. Die Probleme prägen noch immer die Beziehung der Eltern. Das Konfliktniveau ist hoch und eine Kommunikationsbasis kaum vorhanden. Es kommt auch über „Kleinigkeiten“ regelmäßig zu Streitigkeiten zwischen den Eltern, deren Wertvorstellungen diametral auseinander liegen. Die Streitigkeiten, enden meist damit, dass der Vater die Mutter beschimpft und anschreit. Die Minderjährige leidet sehr darunter, sie fürchtet sich davor.

Der Vorwurf im Revisionsrekurs, die Vorinstanzen hätten sich nicht damit auseinandergesetzt, ob die Streitigkeiten zwischen den Eltern zu beseitigen seien, ist unbegründet. Da die Eltern nicht einmal in „Kleinigkeiten“ einen Konsens finden, ist nicht verständlich, auf welcher Grundlage der Revisionsrekurs meint, dass die Zwistigkeiten zwischen den Eltern überbrückbar seien. Für die Annahme, der Konflikt zwischen den Eltern wirke sich sogar positiv auf das Kindeswohl aus, fehlt jegliche Grundlage. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass im vorliegenden Fall auf Grund der Kindeswohlgefährdung weder eine gemeinsame Obsorge noch eine Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung Platz greifen können, weil auch für die Zukunft keine Besserung der Verhältnisse zu erwarten sei, ist daher im Einzelfall nicht zu beanstanden.

Es werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.