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OGH vom 30.10.2015, 5Ob177/15p

OGH vom 30.10.2015, 5Ob177/15p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. T***** L*****, 2. M***** L*****, beide *****, vertreten durch Dr. Karl Heinz Plankel, Dr. Herwig Mayrhofer, Mag. Stefan Ganahl, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei O***** *****bank AG, *****, vertreten durch die Waitz Obermühlner Rechtsanwälte GmbH in Linz, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 30.100 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 47/15k 22, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

1. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit kennt, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (RIS Justiz RS0034524; RS0034374; RS0034951). Der Geschädigte darf sich allerdings nicht einfach passiv verhalten. Wenn er die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann, gilt die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre (RIS Justiz RS0034327; RS0034335; RS0065360). Dabei sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls maßgeblich (RIS Justiz RS0034327, RS0113916).

Die Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit Kenntnis des Primärschadens, auch wenn der Geschädigte die Höhe des Schadens noch nicht beziffern kann, ihm nicht alle Schadensfolgen bekannt oder diese noch nicht zur Gänze eingetreten sind. Der drohenden Verjährung muss der Geschädigte mit einer Feststellungsklage begegnen (RIS Justiz RS0087615, RS0097976).

2. Zur Frage des Beginns der Verjährungsfrist bei Beratungsfehlern in Bezug auf Veranlagungs und/oder Finanzierungskonzepte, die eine Kombination von Fremdwährungskrediten mit verschiedenen Tilgungsträgern vorsehen, hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach Stellung genommen (3 Ob 66/15z, 7 Ob 56/15h, 7 Ob 18/13t, 6 Ob 103/08b). Bei derartigen Modellen ist demnach entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte erkennt, dass das Gesamtkonzept den Zusagen nicht entsprochen hat. Eine den Zusagen widersprechende und daher den Primärschaden darstellende Risikoträchtigkeit eines Gesamtkonzepts liegt dabei jedenfalls dann vor, wenn sich dieses Gesamtkonzept rein rechnerisch nicht mehr ohne zusätzliche Vermögensverminderung im Vergleich zur (herkömmlichen) Tilgung des Darlehens und Geldmittelbeschaffung entwickeln konnte. Ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit eintretender weiterer Schaden ist als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit der Kenntnis vom Eintritt des Primärschadens beginnt. Es ist also für den Lauf der Verjährungsfrist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Anleger erkennt, dass das Veranlagungs und/oder Finanzierungskonzept entgegen den Zusicherungen nicht oder nicht im zugesagten Ausmaß risikolos ist.

3. Die Vorinstanzen haben die Verjährung des der Feststellungsklage vom zu Grunde liegenden Anspruchs bejaht. Die dreijährige Verjährungsfrist habe mit , dem festgestellten Zeitpunkt der Kenntnis der Kläger von der Risikoträchtigkeit ihres Investments, zu laufen begonnen. D iese Beurteilung entspricht der dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Die ( vom Berufungsgericht ausdrücklich übernommene) Feststellung des Erstgerichts, dass den Klägern spätestens am klar gewesen sei, dass „ihr Investment“ weder risikolos oder bis 10 % risikobehaftet, sondern vermögensmindernd sei, bezieht sich nicht allein auf den Fremdwährungskredit, sondern auf das Gesamtkonzept. Das ergibt sich sowohl aus deren Wortlaut als auch aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe. Damit war den Klägern bereits am bekannt, dass die (angeblich) zugesagte wesentliche Eigenschaft der Finanzierung, nämlich dass die Darlehensbeträge durch den Tilgungsträger ausgeglichen werden können, nicht gegeben ist. Im Sinn der dargelegten Rechtsprechung begann daher die Verjährungsfrist mit diesem Zeitpunkt zu laufen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00177.15P.1030.000