OGH vom 17.12.2008, 6Ob267/08w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN ***** eingetragenen Erich Ö***** GmbH mit dem Sitz in Wien, wegen Eintragung der Umwandlung der Gesellschaft, über den Revisionsrekurs 1.) der Gesellschaft, 2.) des Erich Ö***** als Kommanditist und 3.) der Vera Ö***** als unbeschränkt haftende Gesellschafterin der neu einzutragenden Ö***** KG, alle *****, alle vertreten durch Dr. Johannes Klackl, öffentlicher Notar in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 61/08h-13, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 74 Fr 14.858/07b-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien ist zu FN ***** die Erich Ö***** GmbH mit Sitz in Wien eingetragen. Ihr zur Hälfte geleistetes Stammkapital beträgt 35.000 EUR. Gesellschafter sind Erich Ö***** mit einer übernommenen Stammeinlage von 31.500 EUR und Vera Ö***** mit einer solchen von 3.500 EUR. Alleiniger selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer ist Erich Ö*****.
Mit dem am beim Erstgericht eingelangten Firmenbuchgesuch beantragten die beiden Gesellschafter, das Erstgericht möge die übertragende Gesellschaft unter Hinweis auf die mit Generalversammlungsbeschluss vom beschlossene Umwandlung der Gesellschaft gemäß § 5 UmwG unter gleichzeitiger Errichtung einer Kommanditgesellschaft löschen. Gleichzeitig beantragten sie, die mit dem erwähnten Generalversammlungsbeschluss errichtete Ö***** KG in das Firmenbuch unter Hinweis auf die Umwandlung einzutragen.
Der Firmenbuchanmeldung lag das notariell beglaubigte Generalversammlungsprotokoll der übertragenden Gesellschaft vom bei, aus welchem sich die Beschlussfassung auf Umwandlung der Gesellschaft in eine Kommanditgesellschaft gemäß § 5 UmwG auf Grundlage der Umwandlungsbilanz zum Stichtag unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Art II UmgrStG ergibt. Auf die Anwendung des § 100 Abs 1 GmbHG sowie der §§ 220a, 220b und 221a Abs 1 bis 3 AktG wurde danach ebenso wie auf eine Klage auf Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit des Umwandlungsbeschlusses verzichtet. Die Gesellschafter beschlossen die Errichtung einer Kommanditgesellschaft mit der Firma „Ö***** KG", an welcher sie im gleichen Verhältnis wie an der übertragenden Gesellschaft beteiligt sein sollten, nämlich Erich Ö***** als Kommanditist mit einer Vermögenseinlage und Haftsumme von 90 EUR und Vera Ö***** als Komplementärin mit einer Vermögenseinlage von 10 EUR. Beigelegt war dem Antrag ferner der notariell beurkundete Umwandlungsplan, der den gesetzlichen Erfordernissen entspricht, sowie die Umwandlungsbilanz zum Stichtag , die ein positives Eigenkapital von jedenfalls mehr als 550.000 EUR aufweist.
Schließlich lagen der Firmenbuchanmeldung der Gesellschaftsvertrag der Nachfolge-KG und die beglaubigte Musterfirmenzeichnung der Komplementärin Vera Ö***** bei.
Die Geschäftsabteilung des Erstgerichts eröffnete für die zu errichtende KG einen neuen Firmenbuchakt (74 Fr 14.883/07p) und vergab dafür die Firmenbuchnummer FN *****.
Mit Zwischenerledigung vom wies das Erstgericht darauf hin, dass für die neu zu errichtende KG eine Hafteinlage von 100 EUR zur Eintragung angemeldet worden sei, der Gesellschaftsvertrag jedoch nur eine solche von 90 EUR vorsehe. Es forderte die Antragsteller zur Richtigstellung sowie zur Stellungnahme auf, wie dem kapitalherabsetzenden Effekt der Umwandlung begegnet werde (ON 3).
In ihrer Stellungnahme vom stellten die Antragsteller richtig, dass die Hafteinlage 90 EUR zu betragen habe und wiesen auf das Übernahmerechtsänderungsgesetz 2006 (ÜbRÄG 2006) hin, wonach nunmehr auch eine Änderung der Beteiligungsquoten im Zuge der Umwandlung möglich und die Übernahme einer Kommanditeinlage in gleicher Höhe wie die Stammeinlage bei der umgewandelten GmbH nicht mehr erforderlich sei; dem Gläubigerschutz diene vor allem § 226 AktG (ON 4).
In einer weiteren Zwischenerledigung vom ersuchte das Erstgericht die Einschreiter unter Verweis auf Reich-Rohrwig, Kapitalerhaltung, 308 f und 342, entsprechende Änderungen des Antrags vorzunehmen bzw mitzuteilen, ob dieser in der vorliegenden Form aufrecht erhalten werde (ON 5).
Nach einer Stellungnahme der Einschreiter, dass keine Änderung der Firmenbuchanmeldung erfolgen werde, wies das Erstgericht die Eintragungsbegehren ab. Zusammenfassend vertrat es die Ansicht, es liege eine empfindliche Reduzierung des Haftungsfonds vor, der nicht durch § 226 AktG begegnet werde. Außerdem verwies es auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Rechtslage vor dem ÜbRÄG 2006, welche die Festsetzung der Kommanditeinlagen im bisherigen Ausmaß der übernommenen Stammeinlagen verlange, sowie auf die Rechtsprechung zur Kapitalerhaltung bei Verschmelzungen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung unter Berufung auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 235/07b und 6 Ob 236/07k. Der Beschluss des Erstgerichts stehe im Einklang mit der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der hier zu beurteilende Fall sich von dem den zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zugrundeliegenden Sachverhalt insofern unterscheide, als einer der bisherigen Gesellschafter als Komplementär in die Nachfolge-KG eintrete und die umzuwandelnde GmbH ein das Stammkapital erheblich übersteigendes positives Eigenkapital aufweise.
Rechtliche Beurteilung
Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1.1. Schon das Rekursgericht hat zutreffend auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 235/07p und 6 Ob 236/07k hingewiesen. Demnach muss nach § 5 UmwG idF ÜbRÄG 2006 bei der errichtenden Umwandlung die Höhe der übernommenen Kommanditeinlagen (Hafteinlagen) die Höhe des entsprechenden Teils des Stammkapitals erreichen. In diesen Entscheidungen legte der erkennende Senat dar, dass zwar durch das ÜbRÄG 2006 das in der bisherigen Judikatur im Vordergrund stehende Wortlautargument („Ausmaß der Beteiligung") im § 5 UmwG weggefallen sei. Dies ändere aber nichts an der unveränderten Gültigkeit der schon die seinerzeitige Judikaturlinie tragenden teleologischen Überlegungen. Im Sinne einer Gesamtanalogie zu den Vorschriften über den Gläubigerschutz bei Kapitalgesellschaften und deren Fortwirkung sei die bisherige Rechtsprechung zu § 5 UmwG aF auch auf die neue Rechtslage zu übertragen.
1.2. In den zitierten Entscheidungen nahm der Oberste Gerichtshof auch zur Aussage in den Gesetzesmaterialien des ÜbRÄG 2006 (1334 BlgNR 22. GP 24) Stellung, wonach dem Gläubigerschutz „vor allem § 226 AktG" dienen solle. Aus dieser Formulierung sei nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit ableitbar, dass sich der Gesetzgeber die in Teilen der Lehre angestellten Überlegungen zu eigen mache, § 226 AktG (iVm § 5 Abs 5 UmwG) regle den Gläubigerschutz im Umwandlungsrecht abschließend. Dies müsse umso mehr gelten, als auch zahlreiche Stimmen der Lehre § 226 AktG im vorliegenden Zusammenhang gerade nicht für eine abschließende Regelung hielten.
1.3. Nach eingehender Prüfung der Rechtslage schloss sich der Oberste Gerichtshof daher der Auffassung Reich-Rohrwigs (Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung 315 ff) an und gelangte zu dem Ergebnis, auch nach § 5 UmwG idF ÜbRÄG 2006 müsse bei der errichtenden Umwandlung die Höhe der übernommenen Einlagen der Höhe des Stammkapitals entsprechen.
1.4. Diese Entscheidung wurde von Umlauft (GesRZ 2008, 100) zustimmend rezensiert. Umlauft teilte die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs, dass mit der zitierten Passage in den Gesetzesmaterialien nur explizit zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die bisherigen Gesellschafter die Minderheitsanteile des bzw der ausscheidenden Gesellschafter in beliebiger Weise ganz oder teilweise selbst übernehmen oder (bis zu 10 %) neue Gesellschafter zulassen könnten. An der erforderlichen Höhe der Kapitalbindung habe daher die neue Gesetzeslage nichts geändert.
1.5. Auf die im Rekurs zitierte Auffassung von Artmann, GesRZ 1999, 26, ist nicht (neuerlich) einzugehen, weil der Oberste Gerichtshof bereits in den zitierten Vorentscheidungen mit eingehender Begründung dargelegt hat, warum der von dieser Autorin vertretenen Auffassung nicht zu folgen ist.
2. Nicht weiter einzugehen ist auch auf das Argument der Revisionsrekurswerber, die Entscheidungen 6 Ob 235/07p und 6 Ob 236/07k seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu übertragen, weil die Gesellschaft über Eigenkapital in erheblicher Höhe verfüge. Abgesehen davon, dass das Rekursgericht mit eingehender Begründung (und im Revisionsrekurs nicht bekämpft) dargelegt hat, dass die von der Gesellschaft vorgelegte Umwandlungsbilanz nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und die Höhe des Eigenkapitals daraus nicht eindeutig hervorgeht, ist den Revisionsrekurswerbern vor allem entgegenzuhalten, dass sich die Vorentscheidungen 6 Ob 235/07p und 6 Ob 236/07k gerade nicht darauf gestützt haben, dass im Anlassfall ein negatives Eigenkapital vorlag. Vielmehr sprach der Oberste Gerichtshof ausdrücklich aus, die Frage, ob ein negatives Eigenkapital der errichtenden Umwandlung entgegen stehe, müsse nicht abschließend geklärt werden, weil sich die Unzulässigkeit der Umwandlung bereits aus einer anderen Erwägung ergebe.
3. Nicht einzugehen ist auch auf weitere hypothetische, von den Revisionsrekurswerbern angesprochene Möglichkeiten der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags, weil derartige abweichende Gestaltungen im vorliegenden Fall gerade nicht gewählt wurden. Aus diesem Grund ist im vorliegenden Fall auch nicht auf die von Umlauft (ecolex 2002, 182 und GesRZ 2008, 100 [105]) vertretene Auffassung einzugehen, wonach es bei einer OG als Nachfolgegesellschaft zu überhaupt keiner Kapitalbindung komme.
4. Der Oberste Gerichtshof stützte sich in den zitierten Vorentscheidungen vor allem auf die Fortwirkung des Gläubigerschutzes bei Kapitalgesellschaften, nicht darauf, dass es sich bei der errichteten Gesellschaft um eine GmbH & Co KG handelt. Insoweit gehen die im Revisionsrekurs angestellten Überlegungen über die Unterscheidung von „gesetzestypischer" Kommanditgesellschaft und GmbH & Co KG im engeren Sinn ins Leere.
5. Die Beschlüsse der Vorinstanzen erweisen sich daher als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.