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OGH vom 15.02.2007, 6Ob266/06w

OGH vom 15.02.2007, 6Ob266/06w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Verlagsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dietrich Alexander T*****, vertreten durch Mag. Werner Suppan Rechtsanwalt-GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 36.340), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 15 R 141/06z-27, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 27 Cg 14/05k-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten haben wie folgt:

„Es wird festgestellt, dass der Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Nennung seines Namens oder auch alias-Namens im Zusammenhang mit jeglicher Berichterstattung über den im Mai 1998 stattgefundenen Überfall auf die Filiale des Juweliers Haban hat.

Das weitere Begehren, es werde festgestellt, dass der Beklagte für alle bereits entstandenen Schäden, soweit diese zum Zeitpunkt des Schlusses des Verfahrens erster Instanz nicht bereits ziffernmäßig bekannt waren, sowie für alle zukünftig entstehenden Schäden hafte, für die seine Aufforderung vom kausal ist, wird abgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.283,50 (Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe :

Die Klägerin ist Eigentümerin und Verlegerin der periodischen Druckschrift „Der S*****". Der Beklagte ist in Österreich als Inhaber und Geschäftsführer eines weit verzweigten Bauimperiums unter dem Namen G***** A***** H***** aufgetreten. Gegen ihn wurde wegen strafbarer Handlungen zu Lasten der Bank Burgenland ermittelt. Er wurde in diesem Zusammenhang mit Urteil des Landgerichts Berlin vom wegen Untreue in zwei Fällen, Beihilfe zur Untreue in drei Fällen, mittelbarer Falschbeurkundung und Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit Beschluss des Landgerichtes Hamburg vom wurde die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wegen günstiger general- und vor allem spezialpräventiver Prognose zur Bewährung ausgesetzt und die Entlassung am angeordnet.

Der Beklagte wurde im „Haban-Mordprozess" beim Landesgericht für Strafsachen Wien mittels Videokonferenz als Zeuge einvernommen. Er und seine Ehefrau kamen deshalb nicht nach Österreich, weil sie den Behörden nicht über das notwendige Maß hinaus behilflich sein wollten und dem Beklagten zudem die Anreise aus beruflichen und zeitlichen Gründen nicht möglich war.

In ihrer Ausgabe vom brachte die Klägerin in der Rubrik Österreich-Chronik auf Seite 7 unter dem Titel „Handschuh zum Haban-Mord" einen Artikel von Daniel Glattauer:

„Wien - Der sehr gut geführte aber dramaturgisch desaströs verlaufende Haban-Prozess geht, wie scheinbar schon so oft, dem Ende zu. Massimiliano Franzoni, leicht mafiös anmutender Spross einer Wäschereidynastie in Bologna, ist seit vielen Monaten angeklagt, einer jener drei Täter zu sein, die im Mai 1998 den Nobeljuwelier am Wiener Graben überfallen und den Geschäftsführer erschossen hatten.

In ihrer Heimat sind die Italiener mit Freisprüchen davongekommen. In Wien knüpft Staatsanwalt Walter Geyer allen Widerständen zum Trotz unermüdlich an der Indizienkette, deren stärkstes Glied die Lebensbeichte eines einstigen Komplizen des Angeklagten ist. Auch von G***** A***** H***** lässt sich Geyer die Mordanklage nicht vermiesen. Der Zeuge, der Wien wegen der „Bank Burgenland" meidet (die er mit Monsterkrediten beinahe im Alleingang gesprengt hätte), enttäuschte Geyer jüngst bei einer Videokonferenz live aus Hamburg. Ihm und seiner Frau waren die Gesichter der drei verdächtigen Italiener „völlig fremd", ja sie können es „definitiv ausschließen", diese Männer schon einmal gesehen zu haben. Dabei hatte das Ehepaar die Täter damals aus nächster Nähe wahrgenommen: Man studierte bei Haban gerade Süsswasserperlenketten, als der Überfall geschah.

Nun hält der Staatsanwalt ein neues DNA-Gutachten in der Hand. Ein im Lokal verlorener Handschuh könnte dem Todesschützen gehört haben. Nach Ansicht des Klägers sollte es sich dabei um Michele d'A. handeln, dem der unumstrittene Ruf eines Schwerverbrechers nacheilt. Vor einigen Monaten kam diesem ein junger italienischer Polizist, der sein mit Drogen reich bestücktes Sportauto anhalten wollte, unter die Räder desselben und starb. Deswegen sitzt Michele d'A. derzeit in seiner Heimat in U-Haft.

Tatsächlich haben Innsbrucker DNA-Analytiker in der Rekordzeit von knapp drei Wochen die Spuren des Italieners vom untersuchten Handschuh abgelesen. Das sagt zwar nichts über die Teilnahme Franzonis am Raubüberfall aus, wohl aber über die Gedächtnisleistung des Ehepaares H***** und die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen.

Zu Redaktionsschluss zeichnete sich das Ende des Prozesses noch immer (erst) ab. Urteil gab es noch keines."

Daraufhin richtete der Beklagte durch seine deutschen Rechtsanwälte an die Klägerin am ein Schreiben, in dem er die Klägerin zur Unterlassung der Nennung seines Namens im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Haban-Mord aufforderte. Dem Schreiben war auch der Entwurf einer Unterlassungsverpflichtungserklärung angeschlossen, in welcher für jedes Zuwiderhandeln eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 10.000 enthalten war.

Weil die Klägerin die geforderte Verpflichtungserklärung nicht abgab, brachte der Beklagte am beim Landgericht Berlin einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein. Am gab das Landgericht Berlin diesem Antrag statt und untersagte der Klägerin, im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Haban-Mord den Namen des Antragstellers zu nennen. Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Widerspruch, dem mit Urteil des Landgerichts Berlin vom nicht Folge gegeben wurde.

Mit Urteil vom änderte das Kammergericht Berlin diese Entscheidung dahingehend ab, dass die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen wurde. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen hielt das Kammergericht Berlin die Berichterstattung für mit § 16 ABGB vereinbar. Zwar gebe ein Zeuge nicht schon dadurch einen sachlichen Anlass zur Nennung seines Namens, dass er sich an einem Ort aufhalte, wo eine Straftat geschieht. Im vorliegenden Fall komme aber eine gewisse Prominenz des Antragstellers hinzu. Ferner seien die vormaligen (eingestellten) Ermittlungen gegen den Antragsteller und seine Frau unstreitig ein Grund, dass beide nicht bereit waren, für ihre Zeugenaussagen nach Wien zu kommen, was eine Vernehmung per Videokonferenz (§ 247a StPO) erforderlich machte und den Prozess verzögerte. Vor diesem Hintergrund erscheine es im Rahmen einer sachgerechten Berichterstattung über den Mordprozess zulässig, dass der Name des Antragstellers und seine Kredite bei der Bank Burgenland erwähnt wurden (vgl auch die in einem Parallelfall ergangene Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom , 9 U 126/05 = MR 2006, 124 = MR-Int 2006, 58).

Mit ihrer am beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Nennung seines Namens oder auch alias-Namens im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Haban-Mord habe und dass der Beklagte für alle bereits entstandenen Schäden, soweit diese zum Zeitpunkt des Schlusses der Verfahrens erster Instanz nicht bereits ziffernmäßig bekannt seien, sowie für alle zukünftig entstehenden Schäden hafte, für die seine Aufforderung vom kausal gewesen sei.

Die Berichterstattung sei zulässig. Beim Beklagten handle es sich um einen möglichen Betrüger, der eine Bank durch herausgelockte Großkredite so konkursreif gemacht habe, dass der gesetzlich vorgeschriebene Konkursantrag nur durch eine politisch umstrittene Garantie des Landes Burgenland abgewehrt habe werden können. Darüber hinaus bestehe der Verdacht, dass der Beklagte im Haban-Mordprozess eine unrichtige Aussage abgelegt habe. Es sei jedenfalls ein erhebliches öffentliches Interesse an seiner Person gegeben, weil er möglicherweise zu Unrecht erhaltene Beträge in Schmuck des Nobeljuweliers angelegt habe.

Die Klägerin habe ein Feststellungsinteresse, dass die behauptete Unterlassungsverpflichtung nicht bestehe und die Berichterstattung zulässig sei. Sollte das Landgericht Berlin die einstweilige Verfügung erlassen, sei diese in Österreich vollstreckbar, womit der „unerträgliche" Zustand eintrete, dass ein ausländisches Gericht die durchaus zulässige Berichterstattung einer österreichischen Tageszeitung unterbinden könne. Hiedurch werde die Wettbewerbsfähigkeit der Klägerin gegenüber anderen Printmedien erheblich eingeschränkt und das Grundrecht der Informations-, Presse- und Redefreiheit verletzt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf dabei zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt noch folgende Feststellungen:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte im Verdacht stehe, im Haban-Mordprozess eine falsche Zeugenaussage abgelegt zu haben. Es ist weiters nicht feststellbar, ob beim Landesgericht für Strafsachen Wien erst einmal oder schon öfter eine Zeugeneinvernahme mittels Videokonferenz durchgeführt wurde; ebensowenig kann festgestellt werden, mit welcher Häufigkeit bei anderen Strafgerichten bis zur vorliegenden Berichterstattung Einvernahmen mittels Videokonferenz durchgeführt werden.

In rechtlicher Hinsicht erwog das Erstgericht, das Namensrecht sei ein Persönlichkeitsrecht, indem es nicht nur den Namen an sich, sondern die damit identifizierte Persönlichkeit schütze. Bei der medialen Berichterstattung seien somit das in der Namensanonymität konkretisierte Persönlichkeitsrecht und der Schutz der Privatsphäre gegen das allgemeine Informationsinteresse abzuwägen. Die Abwägung müsse dann zugunsten des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit ausschlagen, wenn der Namensträger sachlichen Anlass zur Namensnennung gegeben habe. Nach einer Verurteilung sei die Namensnennung grundsätzlich zulässig; dies gelte aber nur für Berichterstattung über Vorgang und Tatsache der Verurteilung. Ein identifizierendes „Warmhalten" eines auch Aufsehen erregenden Falles sei vor allem unter dem Aspekt des Resozialisierungsinteresses in der Regel ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht. Der Beklagte sei zufällig Zeuge eines Verbrechens geworden und habe selbst keinerlei Anlass für eine Namensnennung im Zusammenhang mit der Straftat und dem anschließenden Strafverfahren gegeben. Die Namensnennung des Beklagten sei auch für die Strafrechtspflege im Haban-Mordprozess in keiner Weise geboten oder vorteilhaft. Seine Identifizierung diene vielmehr der bloßen Befriedigung der Neugier und sei Ausdruck eines reinen Sensationsjournalismus, durch welchen der völlig unbeteiligte Beklagte durch Namensnennung unverschuldet neuerlich in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gestellt werde.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Recht auf Namensanonymität leite sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab (RIS-Justiz RS0008998). Das Recht auf Achtung der Geheimsphäre sei ein Persönlichkeitsrecht im Sinne des § 16 ABGB (RS0009003). Aus dem Charakter der Persönlichkeitsrechte als absolute Rechte bejahe die Rechtsprechung Unterlassungsansprüche bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen auch dann, wenn sie gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen seien. Das Recht auf Wahrung der Geheimsphäre schütze sowohl gegen das Eindringen in die Privatsphäre der Person als auch gegen die Verbreitung rechtmäßig erlangter Information über die Geheimsphäre (8 Ob 108/05y).

Der Beklagte habe keinen sachlichen Anlass zur Nennung seines Namens gegeben. Bei Namensnennung in Medien seien das in der Namensanonymität konkretisierte Persönlichkeitsrecht und der Schutz der Privatsphäre mit dem Informationsinteresse der Allgemeinheit und dem Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit abzuwägen (Aicher in Rummel, ABGB³ § 43 Rz 12). Sei die Namensnennung nicht bereits rechtswidrig, weil sie gesetzlich verboten sei, müsse die Abwägung der Interessen zwischen den aufgezeigten Grundrechten für das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit den Ausschlag geben, wenn der Namensträger sachlichen Anlass zur Nennung seines Namens gegeben habe (SZ 59/182). Ein solcher berücksichtigungswürdiger sachlicher Anlass sei hier jedoch zu verneinen. Die Einvernahme mittels Video-Konferenz - mag sie auch beim Landesgericht für Strafsachen Wien nur selten vorkommen - rechtfertige entgegen der Auffassung des Kammergerichts Berlin keinesfalls die Berichterstattung durch namentliche Nennung des so einvernommenen Zeugen. Auch das Verbreiten wahrer Tatsachen könne rechtswidrig in den Schutzbereich des Betroffenen eingreifen (unter Berufung auf 6 Ob 274/05w). Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit, wer Zeuge eines Mordes gewesen sei, überwiege hier nicht. Auch die Tatsache, dass der Beklagte strafgerichtlich wegen eines Vermögensdeliktes im Zusammenhang mit der Bank Burgenland in Deutschland verurteilt worden sei, stehe in keinem Zusammenhang damit, dass er zufällig Zeuge bei einem Mord geworden sei. Seine strafgerichtliche Verurteilung mache ihn auch nicht zu einer „absoluten Person der Zeitgeschichte". Ein allgemeines Informationsinteresse der Öffentlichkeit daran, wer Zeuge einer Straftat war, bestehe nicht. Interessen der Allgemeinheit würden im vorliegenden Fall nicht das Interesse des Beklagten an seiner Anonymität als Zeuge überwiegen.

Die Revision der klagenden Partei ist zur Präzisierung der Kriterien für die Zulässigkeit einer identifizierenden Berichterstattung in Medien zulässig; sie ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1. Vorweg ist - in Anbetracht des Fehlens einer diesbezüglichen (ausdrücklichen) bindenden Entscheidung der Vorinstanzen (vgl aber die Begründung des Erstgerichts S 11) - festzuhalten, dass der internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte im vorliegenden Fall nicht Art 27 EuGVVO entgegensteht. Nach dieser Bestimmung setzt, wenn bei Gerichten verschiedener Mitgliedsstaaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht werden, das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. Sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht zugunsten dieses Gerichts für unzuständig.

Im vorliegenden Fall wurde jedoch die Klage in Österreich bereits am eingebracht. Die - zudem später, nämlich erst am erfolgte - Einbringung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Deutschland vermochte dem gegenüber keine Streitanhängigkeit zu begründen. Das Verfahren zur Hauptsache und eine im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes begehrte Maßnahme betreffen nicht „denselben Anspruch" im Sinne des Art 27 EuGVVO (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht8 Art 27 Rz 14; Tiefenthaler in Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht² Art 27 Rz 13; Mayr in Fasching/Konecny² § 233 ZPO Rz 42); andernfalls hätte es eine Partei in der Hand, durch Erwirkung einer einstweiligen Maßnahme im Sinne des Art 31 EuGVVO die Gegenpartei dem nach der Verordnung für sie zuständigen Gericht zu entziehen. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass auch nach innerstaatlichem Recht zwischen einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und einer Klage keine Streitanhängigkeit besteht (vgl G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 390 Rz 4 f und 61).

1.2. Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit ist nunmehr in Art 30 EuGVVO verordnungsautonom definiert. Demnach gilt ein Gericht zu dem Zeitpunkt als angerufen, zu dem das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück bei Gericht eingereicht worden ist, vorausgesetzt, dass der Kläger es in der Folge nicht versäumt hat, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um die Zustellung des Schriftstücks an den Beklagten zu bewirken (Art 30 Nr 1 EuGVVO). Dem gegenüber regelt Art 30 Nr 2 EuGVVO den - hier nicht gegebenen - Fall, dass die Zustellung an den Beklagten vor Einreichung des Schriftstücks bei Gericht zu bewirken ist.

Im Hinblick auf diese Definition der Rechtshängigkeit ist ausschließlich die Klagseinbringung entscheidend. Dadurch, dass die Klage zunächst vom Handelsgericht Wien zurückgewiesen wurde, ist in Anbetracht der über rechtzeitigen Überweisungsantrag der klagenden Partei erfolgten Aufhebung dieses Beschlusses und Überweisung an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (Beschluss vom , ON 7) die Rechtshängigkeit nicht weggefallen; vielmehr wird nach § 230a Satz 3 ZPO die Gerichtsanhängigkeit durch eine Überweisung nicht tangiert (Mayr in Fasching/Konecny² § 230a ZPO Rz 21). Dies entspricht auch dem Zweck dieser Bestimmung (vgl dazu Mayr aaO § 230a ZPO Rz 1).

2. Die Entscheidung im Provisorialverfahren ist - ungeachtet, ob diese im Rahmen eines in- oder ausländischen Verfahrens ergeht - für das Hauptverfahren in keiner Weise bindend (König, Einstweilige Verfügung² Rz 3/58; Zechner, Sicherstellungsexekution und einstweilige Verfügung 93; G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 390 Rz 5; ecolex 1990, 627; 6 Ob 232/98f ua). Auch die im Provisorialverfahren zugrunde gelegte Rechtsansicht ist für das Hauptverfahren nicht bindend (König aaO; G. Kodek aaO; JBl 1977, 156; RdW 1996, 169; 4 Ob 168/89 [insoweit nicht in ecolex 1990, 282]). Auch die vom Justizausschuss (780 BlgNR 18. GP 2) hervorgehobene Funktion des Provisorialverfahrens als Orientierung für das Hauptverfahren kommt bei ausländischen Provisorialverfahren nicht in gleicher Weise zum Tragen, zumal nach deutschem Recht - anders als nach österreichischem Recht (§ 402 EO) - kein Rechtszug zum Höchstgericht besteht. Ausländischen Gerichten kommt zudem keine besondere Leitfunktion für die Auslegung und Fortentwicklung des österreichischen Rechts zu.

3.1. Nach § 16 ABGB hat jeder Mensch angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte und ist daher als eine Person zu betrachten. Bei dieser Bestimmung handelt es sich nicht um einen bloßen Programmsatz, sondern eine Zentralnorm unserer Rechtsordnung mit normativem, subjektive Rechte gewährendem Inhalt (Aicher in Rummel, ABGB³ § 16 Rz 3 mwN; SZ 63/32; AnwBl 1993, 269; SZ 67/173; JBl 1997, 641; 4 Ob 64/00s; RIS-Justiz RS0008993).

3.2. Das Recht auf Namensanonymität leitet sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab (RIS-Justiz RS0008998). Allerdings ergibt sich beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht - anders als bei den meisten anderen absoluten Rechten - dessen konkreter Gehalt stets erst aus einer umfassenden Interessensabwägung, bei der dem Interesse am gefährdeten Gut die Interessen des Handelnden und der Allgemeinheit gegenübergestellt werden müssen (SZ 51/146; SZ 56/124 = ÖBl 1984, 18 = JBl 1984, 492; SZ 59/182 = ÖBl 1987, 26 = JBl 1987, 37; SZ 61/89 = JBl 1988, 577; 7 Ob 329/97a = MR 1998, 53; 6 Ob 318/03b; RIS-Justiz RS0008990; vgl auch 6 Ob 81/04m; Koziol, Schadenersatzrecht II² 6), würde doch eine Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen anderer und jener der Allgemeinheit führen (SZ 51/146; SZ 56/124 = ÖBl 1984, 18 = JBl 1984, 492; SZ 59/182 = ÖBl 1987, 26 = JBl 1987, 37; SZ 61/89 = JBl 1988, 577).

3.3. Die Namensnennung ist jedenfalls dann nicht rechtswidrig, wenn sie ausdrücklich gesetzlich geboten oder erlaubt ist. Hat der Betroffene nicht zugestimmt und besteht weder ein gesetzliches Verbot noch eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, hängt die Frage der Rechtswidrigkeit der Namensnennung von einer vorzunehmenden Interessenabwägung ab (7 Ob 329/97a = MR 1998, 53; 6 Ob 318/03p; Raschauer, Namensrecht 301 ff; Posch in Schwimann, ABGB³ § 43 Rz 31 ff; vgl auch 6 Ob 81/04m).

Ob schutzwürdige Interessen des Genannten beeinträchtigt wurden und zu wessen Gunsten die vorzunehmende Interessenabwägung ausschlägt, hängt im Allgemeinen von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab und berührt daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (6 Ob 318/03p). Dennoch erweist sich die Revision im vorliegenden Fall als zulässig, weil die Vorinstanzen die im Rahmen der Interessenabwägung anzuwendenden Kriterien und deren Gewichtung verkannt haben.

3.4. Abzuwägen sind die jeweils berührten Persönlichkeitsinteressen und die Gegeninteressen, insbesondere die Informationsinteressen der Öffentlichkeit und die öffentliche Aufgabe der Medien (Aicher aaO mwN; Berka, Medienfreiheit 199 ff; derselbe, ZfRV 1990, 35 [42 ff]; MR 1993, 17; MR 1997, 256 ua).

3.5. Die Rechtswidrigkeit einer Namensnennung kann sich vor allem aus dem Inhalt der mit der Namensnennung verbundenen Aussage ergeben. Dies ist insbesondere bei Mitteilungen über Tatsachen der Privatsphäre der Fall (SZ 22/47; SZ 28/205; Aicher in Rummel, ABGB³ § 43 Rz 12 mwN). Soweit sich die Rechtswidrigkeit der Namensnennung nicht aus der verwerflichen Typizität des Aussageinhalts ergibt, folgt sie aus dem Missverhältnis zum Informationszweck. Dies ist etwa bei der Namensnennung in reinen Sensationsberichten der Fall (Aicher aaO; BGH MdR 1977, 739). Gleiches gilt, wenn willkürlich Unbeteiligte durch Namensnennung unverschuldet in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten (Aicher aaO). Nach Pallin (Persönlichkeitsschutz und Massenmedien, JBl 1972, 393 [400]; zustimmend Aicher aaO § 16 Rz 27 aE) überwiegt das Persönlichkeitsinteresse das Informationsinteresse jedenfalls soweit, als der Betroffene unverschuldet und ohne sein Zutun (als Opfer oder Zeuge von Straftaten) in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten ist.

3.6. Nach ständiger Rechtsprechung führt das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit jedenfalls dann zur Verneinung der Rechtswidrigkeit, wenn der Namensträger sachlichen Anlass zur Nennung seines Namens gegeben hat (1 Ob 36/86 = JBl 1987, 37 = SZ 59/182; 4 Ob 44/88 = MR 1988, 158 [Korn]; 7 Ob 329/97a [Tiroler Rechtsanwaltsverzeichnis]; 6 Ob 306/98p; RIS-Justiz RS0008998; kritisch Berka, ZfRV 1990, 35 [50]). Mit dem - zudem im Schrifttum teilweise kritisierten (vgl Berka aaO) - Kriterium des Setzens eines sachlichen Anlasses sind die im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien jedoch keineswegs für alle denkbaren Fallkonstellationen abschließend umschrieben. Hat der Genannte selbst zur Namensnennung sachlichen Anlass gegeben, so kommt diesem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung besondere Bedeutung zu. Umgekehrt kann jedoch aus dem Umstand, dass der Genannte selbst keinen sachlichen Anlass für die Nennung seines Namens gesetzt hat, noch nicht zwingend auf die Unzulässigkeit der Namensnennung geschlossen werden.

3.7. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin sich auch auf das Recht der Meinungsfreiheit nach Art 10 MRK stützen kann. Nach Art 10 Abs 1 MRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Diese Bestimmung steht im Verfassungsrang (BGBl 1964/59). Obwohl die Pressefreiheit in Art 10 MRK nicht ausdrücklich erwähnt ist, bildet sie einen selbständigen Teil des sachlichen Schutzbereichs dieser Norm (Grabenwarter, EMRK² 234).

Zudem ist vom Grundsatz der Öffentlichkeit im Sinne des Art 6 MRK auch die Medienberichterstattung erfasst (Grabenwarter, EMRK² 315). Journalisten gehören zur Öffentlichkeit im Sinne dieser Bestimmung, und zwar in qualifizierter Form, weil sie den Hauptanteil an der Veröffentlichung des Verfahrens, insbesondere des Ablaufs von Verhandlungen tragen (Grabenwarter aaO). Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Ausnahmetatbestand des Art 6 Abs 1 Satz 2 MRK, der ausdrücklich unter bestimmten Voraussetzungen den Ausschluss von Presse und Öffentlichkeit vorsieht (Grabenwarter aaO).

Die Presse ist in einer demokratischen Gesellschaft von essentieller Bedeutung (EGMR , ORF gegen Österreich, Nr 57597/00 mwN). In ständiger Rechtsprechung hebt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Rolle der Medien als „öffentlicher Wachhund" („public watchdog") hervor (vgl EGMR , ORF gegen Österreich, Nr 57597/00). Gerade im Zusammenhang mit dem - gleichfalls im Verfassungsrang stehenden - Grundrecht auf Öffentlichkeit des Verfahrens nach Art 6 Abs 1 MRK kommt den Medien und ihrer Berichterstattung über Verfahren besondere Bedeutung zu, kann doch nur über den Umweg von Medienberichten eine breitere Öffentlichkeit die ihr nach dieser Bestimmung zukommende Kontrollfunktion wahrnehmen.

3.8. Die Medienfreiheit kann nach Art 10 Abs 2 MRK bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten.

Jeder Eingriff in das verfassungsrechtliche Recht auf freie Meinungsäußerung muss somit gesetzlich vorgesehen sein. Das geforderte Ausmaß der gesetzlichen Determinierung hängt maßgeblich vom Rechtsquellensystem der betroffenen Rechtsordnung ab (Grabenwarter, EMRK² 239). Vom Begriff „Gesetz" in Art 10 Abs 2 MRK ist nicht bloß Gesetzesrecht, sondern auch ungeschriebenes Recht erfasst (Grabenwarter aaO). Auch Richterrecht kann hierunter fallen (vgl Grabenwarter aaO; EGMR , Open Door and Public Well Woman, Serie A 246 - A Nr 59 f).

Vor dem Hintergrund der geschilderten verfassungsrechtlichen Rechtslage muss die Interessenabwägung allerdings regelmäßig schon dann zugunsten der Berichterstattung ausfallen, wenn nicht überwiegende Gründe deutlich dagegen sprechen, ist doch die Einschränkung der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit andernfalls nicht im Sinne des Art 10 Abs 2 MRK ausreichend konkretisiert. Es muss aber dem Handelnden ex ante erkennbar sein, ob seine Berichterstattung zulässig ist oder nicht. Die Furcht vor Inanspruchnahme aufgrund nicht ausreichend klar konturierter Persönlichkeitsrechte der Genannten könnte - im Sinne eines „chilling effect" (dazu Grabenwarter, EMRK² 252 mwN) - die unverzichtbare Rolle der Presse als „öffentlicher Wachhund" und ihre Fähigkeit, präzise und zuverlässige Informationen zu liefern, beeinträchtigen (Grabenwarter, aaO).

3.9. Im heiklen, weil die Persönlichkeitsinteressen der Betroffenen besonders tangierenden Bereich der Berichterstattung im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren hat der Gesetzgeber durch Einführung der (einfachgesetzlichen) Bestimmungen der §§ 7a ff MedienG eine Konkretisierung der grundrechtlichen Spannungslage zwischen Meinungsäußerungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz vorgenommen, deren Wertungen in erforderliche Abwägungen einzubringen sind (Aicher in Rummel, ABGB³ § 16 Rz 27; MR 1996, 32; ÖBl 1998, 88).

3.10. Allerdings erfassen diese Bestimmungen nur den Schutz vor Bekanntgabe der Identität in besonderen Fällen (§ 7a MedienG) und den Schutz der Unschuldsvermutung (§ 7b MedienG). Hingegen gilt der Identitätsschutz des § 7a MedienG nicht für Zeugen (Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz² § 7a Rz 10 und § 7 Rz 15). Gerade im Zusammenhang mit Zeugen einer strafbaren Handlung betont die Lehre, dass der Bezug zu einer aktuellen Straftat dazu führen kann, dass man das Geschehen einschließlich der Verwicklung dieser Personen nicht mehr zu deren höchstpersönlichem Lebensbereich zählen kann (Berka aaO § 7 Rz 15). Sofern allerdings die Intimsphäre eines Zeugen oder einer dem Opfer nahestehenden Person betroffen ist, sei eine identifizierende Berichterstattung regelmäßig unzulässig (Berka aaO § 7 Rz 15 aE).

3.11. Zum höchstpersönlichen Lebensbereich im Sinne des § 7 MedienG gehören jedenfalls die Intimsphäre eines Menschen, also seine körperlichen (Gesundheitszustand, Krankenbehandlungen usw) und seine geistigen Befindlichkeiten (Intelligenzgrad etc), sein Sexualverhalten, seine persönliche Identität, sein Verhalten im engsten Familienkreis und zu engen Vertrauenspersonen (Berka aaO § 7 MedienG Rz 9). In der Rechtsprechung wurden etwa die frühere Ausübung der Prostitution (OLG Wien MR 1997, 17), ein schwerwiegendes Ereignis im Bereich der familiären Erziehung (OLG Wien MR 1996, 232), intime Details einer qualvollen Kindheit (OLG Wien MR 1986/5, 9), homosexuelle Neigungen (OLG Wien 18 Bs 58/97) oder häusliche Auseinandersetzungen zwischen Ehegatten (OLG Wien MR 1999, 68) dem § 7 MedienG unterstellt. Zum höchstpersönlichen Lebensbereich eines Menschen können aber auch Gegebenheiten der sogenannten „Privatöffentlichkeit" gehören, also Berichte über privates Handeln in öffentlichen Räumen, das aber doch in abgegrenzten Bereichen stattfindet, die eine gewisse Vertraulichkeit vermitteln und die bei objektiver Betrachtung nicht für die Anteilnahme einer unbegrenzten Öffentlichkeit bestimmt sind (Berka aaO § 7 MedienG Rz 10). In diesem Sinne erwägt Berka, auch den Besuch von Lokalen, die Teilnahme an religiösen Feierlichkeiten, die Behandlung im öffentlichen Krankenhaus und den öffentlich verübten Selbstmord dem höchstpersönlichen Lebensbereich im Sinne des § 7 MedienG zuzurechnen.

3.12. Im vorliegenden Fall handelt es sich demgegenüber um einen Bericht über einen Besuch in einem Geschäftslokal in einer bekannten Einkaufsstraße, sodass von einer Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches keine Rede sein kann. Auch Berka betont, dass es sich stets um Informationen handeln muss, die im Hinblick auf die Privatsphäre besonders schutzwürdig sind (Berka aaO § 7 MedienG Rz 11). Dies ist beim Besuch eines Geschäftes nicht der Fall. Die Berichterstattung über die öffentliche Verhandlung als solche kann schon im Hinblick auf den verfassungs- und einfach-gesetzlichen Öffentlichkeitsgrundsatz nicht dem höchstpersönlichen Lebensbereich zugerechnet werden (vgl SZ 28/77).

Sieht man aber die §§ 7 ff MedienG - wie ausgeführt - als (zulässige) einfachgesetzliche Konkretisierung der Spannungslage zwischen Persönlichkeitsrecht und Informationsfreiheit, so wäre es methodisch unzulässig, ohne weiteres unter pauschaler Berufung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht die Unzulässigkeit der Namensnennung auch in anderen, nicht von § 7 MedienG erfassten Fällen anzunehmen, ohne dass besondere die Einschränkung der Medienfreiheit rechtfertigende Umstände von gleichem Gewicht auf Seiten des Zeugen vorlägen.

3.13. Die ratio des Verbots der Nennung des Namens des Opfers nach § 7a Abs 1 Z 1 MedienG lässt sich nicht auf den bloßen Zeugen einer Straftat übertragen. Anders als beim Opfer bedeutet die Nennung des Namens eines Zeugen keine neuerliche Viktimisierung oder Beeinträchtigung des höchstpersönlichen Lebensbereichs. Anders als in dem der Entscheidung 15 Os 36/96 (= MR 1996, 97 ["verdeckter Ermittler"]) zugrundeliegenden Fall ist auch eine Gefährdung des Beklagten oder Behinderung seiner Tätigkeit durch die Nennung seines Namens nicht erkennbar, zumal der Beklagte - worauf der Vollständigkeit halber zu verweisen ist - ohnedies unter falschem Namen lebt.

Im Rahmen der hier gebotenen Interessenabwägung ist zudem zu berücksichtigen, dass es sich um ein Strafverfahren wegen (Raub-)Mordes handelte, das Verfahren sohin eines der schwersten Delikte betraf, die die Rechtsordnung überhaupt kennt. Dazu kommt, dass der Beklagte, mag es sich dabei auch nicht um eine „absolute Person der Zeitgeschichte" im Sinne des § 7a MedienG (dazu Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG² § 7a Rz 28; Raschauer, Namensrecht 303) handeln, über eine besondere Bekanntheit in der Öffentlichkeit verfügt. Wenngleich die von Lehre (vgl Berka aaO) und Rechtsprechung (vgl nur SZ 67/114) entwickelten Begriffe der „aboluten" und „relativen" Person der Zeitgeschichte für die Konkretisierung des § 7a MedienG zweifellos hilfreich sind, betreffen diese Kriterien doch nur jene Fälle, in denen sich die Zulässigkeit der Namensnennung bereits allein aus der Bekanntheit des Namensträgers ergibt. Damit ist jedoch nur ein Teil der im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien angesprochen.

Im vorliegenden Fall kam der Aussage des Beklagten als unmittelbarem Tatzeugen für die Wahrheitsfindung naturgemäß besondere Bedeutung zu. Dieser Umstand im Zusammenhang mit der Verweigerung der Kooperation mit den österreichischen Justizbehörden trotz des erkennbaren evidenten öffentlichen Interesses an der Aufklärung und Verfolgung des Mordes sowie mit seiner Angabe, sich an den Angeklagten nicht erinnern zu können, spricht - unabhängig davon, wie man den Wahrheitsgehalt dieser Aussage einstuft - für die Zulässigkeit der Berichterstattung. Dazu kommt, dass es sich bei der Vernehmung im Wege der Videokonferenz (§ 247a StPO) um ein relativ neuartiges und selten angewendetes Verfahren handelt.

3.14. Im Hinblick auf die hervorgehobene geringe Beeinträchtigung der Privatsphäre durch die Nennung des Namens im Zusammenhang mit einem Geschäftsbesuch und den Umstand, dass der Beklagte in Deutschland - ebenso wie teilweise in Österreich - ohnedies unter falschem Namen lebt, sprechen diese Gesichtspunkte zumindest in ihrer Gesamtheit für die Zulässigkeit der Namensnennung.

Wenngleich grundsätzlich eine Beschränkung der Namensnennung in Medienberichten mit Art 6 MRK vereinbar sein kann (Grabenwarter, EMRK² 321), ändert dies nichts daran, dass die gegen die Veröffentlichung des Namens des Beklagten sprechenden Gründe im vorliegenden Fall nicht ausreichendes Gewicht haben.

4. Damit erweist sich aber die Nennung des Namens des Beklagten im Rahmen der inkriminierten Berichterstattung als rechtmäßig. Im Hinblick auf die ernsthafte Berühmung des Beklagten mit einem entsprechenden Unterlassungsanspruch ist jedenfalls ein Feststellungsinteresse der klagenden Partei im Sinne des § 228 ZPO, dass dem Beklagten kein derartiger Anspruch zusteht, zu bejahen (vgl nur Fasching in Fasching/Konecny² § 228 Rz 83 mwN).

5.1. Hingegen ist das Begehren auf Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden nicht berechtigt. Die mit der Ankündigung rechtlicher Schritte verbundene Aufforderung zur Unterlassung der Nennung des Namens des Beklagten ist als Drohung mit rechtlich erlaubten Schutz- und Abwehrmaßnahmen zulässig (vgl Rummel in Rummel, ABGB³ § 870 Rz 12; Fasching, Kommentar1 III 881; G. Kodek in Fasching/Konecny² § 454 ZPO Rz 71 ff; Klicka in Schwimann, ABGB³ § 339 Rz 15; Gursky in Staudinger, BGB § 1004 Rz 34; Joost in MünchKomm BGB³ § 858 Rz 5). Ebenso wie die bloße Androhung gerichtlicher Schritte keine Besitz- oder Eigentumsstörung darstellt (vgl Gursky aaO; Joost aaO; G. Kodek, Besitzstörung 308), selbst wenn sich die Ansprüche nachträglich als unbegründet herausstellen, bedeutet die - wenn auch wie im vorliegenden Fall unberechtigte - Aufforderung zur Unterlassung einer bestimmten Berichterstattung keinen von der Rechtsordnung verpönten Eingriff in das grundsätzlich absolute Recht der Klägerin auf freie Meinungsäußerung. Insoweit gilt für die Androhung gerichtlicher Schritte dasselbe wie für die unberechtigte Klageerhebung selbst, die - abgesehen vom Fall des Missbrauchs - grundsätzlich nicht als rechtswidrig einzustufen ist (vgl F. Bydlinski, Schadenersatz wegen materiell rechtswidriger Verfahrenshandlungen, JBl 1986, 626; Lovrek, Schadenersatz für Prozesshandlungen im Wohnrecht, WoBl 2000, 281; Gursky aaO).

5.2. Dazu kommt, dass es der klagenden Partei freistand, der Unterlassungsaufforderung des Beklagten nicht zu folgen und solcherart - im Sinne der Schadensminderungspflicht des § 1304 ABGB - die Entstehung eines Schadens überhaupt zu vermeiden. Im Übrigen ist im vorliegenden Fall auch nicht ansatzweise erkennbar, welche konkrete Schäden die Aufforderung des Beklagten vom ausgelöst hat oder in Zukunft auslösen kann. Wenngleich für das Vorliegen eines rechtlichen Interesses an der Feststellung der Haftung für künftige Schäden noch kein Primärschaden eingetreten sein muss, sondern die Möglichkeit eines künftigen Schadenseintritts genügt (1 Ob 208/04a; 1 Ob 151/06x), setzt die Bejahung eines Feststellungsinteresses doch die konkrete Möglichkeit eines künftigen Schadenseintritts voraus (1 Ob 151/06x). Insoweit war die Klagsabweisung durch die Vorinstanzen daher zu bestätigen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43, 50 ZPO. Die klagende Partei hat ihre beiden Begehren nicht gesondert bewertet. In einem derartigen Fall hat das Gericht die Quote des Obsiegens nach freiem Ermessen zu bestimmen (LGZ Wien EFSlg 90.837 und EFSlg 101.778; JBl 2001, 309 [Pfersmann]; M. Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPO² § 43 Rz 2). Mangels anderer Anhaltspunkte ist von einer Gleichwertigkeit der beiden Begehren und damit vom Obsiegen und Unterliegen auszugehen (M. Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPO² § 43 Rz 2; 4 Ob 316/99w; 4 Ob 168/99f uva). Daher waren die Kosten gegenseitig aufzuheben; die klagende Partei hat lediglich nach § 43 Abs 1 Satz 3 ZPO für alle Instanzen Anspruch auf Ersatz der Hälfte der Pauschalgebühren.