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OGH vom 25.08.2022, 5Ob175/21b

OGH vom 25.08.2022, 5Ob175/21b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *, vertreten durch die Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei B* Aktiengesellschaft, *, vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 28.705,88 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.176,47 EUR), über die Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Partei gegen das Endurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 166/18p-33, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 57 Cg 45/16t-18, teilweise abgeändert wurde, zu I. den Beschluss gefasst und zu II. zu Recht erkannt:

Spruch

I. 

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 335,64 EUR (darin 55,94 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. 

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts richtet.

Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 418,78 EUR (darin 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger ist ein zur Unterlassungsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband.

[2] Die Beklagte betreibt eine Internetbank, die über keine Filialen verfügt. Sie bietet bundesweit Bankgeschäfte an und verwendet im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und/oder Vertragsformblätter.

[3] Der Kläger begehrte, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern die Verwendung von und die Berufung auf bestimmte von ihm beanstandete oder sinngleiche Klauseln zu untersagen sowie ihm die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung zu erteilen. Die beanstandeten Klauseln seien überraschend iSd § 864a ABGB, gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG und/oder sie verstießen gegen Bestimmungen des ZaDiG.

[4] Die Beklagte bestritt das Klagevorbringen und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens sowie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des abweisenden Urteils.

[5] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in Bezug auf sämtliche zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung noch streitanhängige Klauseln (Klauseln 2 bis 17) statt.

[6] Das Berufungsgericht unterbrach das Berufungsverfahren über das die Klausel 2 betreffende Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das vom Obersten Gerichtshof zu 8 Ob 24/18i gestellte Vorabentscheidungsersuchen. Im Übrigen gab es der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das Ersturteil mit Teilurteil teilweise ab.

[7] Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionen beider Parteien zum Teil Folge und änderte das Teilurteil des Berufungsgerichts teilweise ab.

[8] Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom über das vom Obersten Gerichtshof zu 8 Ob 24/18i gestellte Vorabentscheidungsverfahren entschieden (C-287/19 – DenizBank). Das Berufungsgericht setzte daraufhin das in Ansehung der Klausel 2 unterbrochene Berufungsverfahren über Antrag des Klägers mit dem in sein Endurteil vom aufgenommenen Beschluss fort.

[9] Mit dem Endurteil gab das Berufungsgericht der Berufung der Beklagten in Ansehung der Klausel 2 teilweise Folge und änderte das insoweit klagestattgebende Ersturteil (nur) dahin ab, dass es auch für die Berufung auf diese Klausel oder sinngleiche Klauseln eine Leistungsfrist von vier Monaten setzte.

[10] Gegen diese Entscheidung richten sich die – vom jeweiligen Rechtsmittelgegner – beantworteten Revisionen beider Parteien. Der Kläger bekämpft die Einräumung einer Leistungsfrist auch für den Tatbestand des Sich-Berufens, die Beklagte die Bestätigung des Unterlassungsgebots und der Veröffentlichungsermächtigung sowie die Kostenentscheidung.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die Revision des Klägers ist mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 ZPO unzulässig. Die Revision der Beklagten ist insoweit jedenfalls unzulässig, als sie sich gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts wendet. Im Übrigen ist die Revision zulässig, aber nicht berechtigt.

A. Zur Revision der Beklagten

[12] 1. Der Oberste Gerichtshof hat die für dieses Verfahren wesentlichen Grundsätze der Klauselprüfung im Rahmen eines Verbandsverfahrens (zu §§ 28, 29 KSchG, §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB, § 6 Abs 3 KSchG) insbesondere auch in Bezug auf die Bestimmungen des ZaDiG 2009 und ZaDiG 2018 in seiner Entscheidung im Revisionsverfahren über das Teilurteil dargestellt (5 Ob 15/20x). Auf diese Ausführungen, die in den Revisionen auch nicht in Frage gestellt werden, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

2. Dieim Revisionsverfahren über das Endurteil strittige Klausel 2 lautet:

„1.11.2.2. Die Möglichkeit zu Leistungsänderungen auf diesem Weg ist auf sachlich gerechtfertigte Fälle beschränkt; eine sachliche Rechtfertigung liegt insbesondere dann vor, wenn die Änderung durch gesetzliche oder aufsichtsbehördliche Maßnahmen notwendig ist, die Änderung die Sicherheit des Bankbetriebs oder die Abwicklung der Geschäftsverbindung mit dem Kunden fördert, die Änderung zur Umsetzung technischer Entwicklungen erforderlich ist, vereinbarte Leistungen nicht mehr kostendeckend erbracht werden können oder die Leistungen auf Grund geänderter Kundenbedürfnisse nur mehr von wenigen Kunden nachgefragt werden.“ (Punkt 1.11.2.2 BB * karte – Fassung März 2016)

3. Das Erstgericht gab dem auf diese Klausel bezogenen Klagebegehren statt.

[14] Mit dieser Klausel behalte sich die Beklagte vor, im Weg der Zustimmungsfiktion vereinbarte Leistungen beispielsweise dann zu ändern, wenn diese nicht mehr kostendeckend erbracht werden können oder aufgrund geänderter Kundenbedürfnisse nur mehr von wenigen Kunden nachgefragt werden. Bei kundenfeindlichster Auslegung ermögliche diese Klausel der Beklagten, ihre vereinbarten (Haupt-)Leistungen in beliebigem Umfang einzuschränken oder gar einzustellen. Der Verbraucher könne nicht überprüfen, ob die von der Beklagten behaupteten, nach der Klausel dafür notwendigen Voraussetzungen auch tatsächlich vorliegen. Auch die Zumutbarkeit der Leistungseinschränkung für den Verbraucher werde nicht berücksichtigt.

[15] Die Klausel sei daher gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 KSchG und intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG. Als intransparent habe der Oberste Gerichtshof Zustimmungsfiktionsklauseln dann erachtet, wenn sie Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß nahezu unbeschränkt zulassen und es völlig unbestimmt bleibt, welche Leistungen die Bank mit fingierter Zustimmung einschränken kann. Eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB liege darin, dass die jeweilige Klausel nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lasse, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile bei Änderungen des Vertrags mittels Zustimmungsfiktion schützen könnte.

[16] Entgegen der Argumentation der Beklagten lege die Zahlungsdienstrichtlinie nicht fest, dass inhaltlich völlig unbeschränkte Vertragsänderungen im Weg der Erklärungsfiktion zulässig sein müssen. Die Änderung von AGB im Weg der Erklärungsfiktion setze vielmehr voraus, dass Klauseln im Vorhinein so gestaltet werden, dass die Spielräume innerhalb derer Vertragsänderungen im Weg der Erklärungsfiktion vorgenommen werden könnten, bestimmt, transparent und inhaltlich angemessen in der zuvor bestehenden Vereinbarung zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsdienstnutzer festgelegt seien. Es sei nicht erforderlich, in der Klausel jede mögliche Vertragsänderung vorzusehen, sondern es seien lediglich die Bedingungen so präzise und ohne ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume für den Zahlungsdienstleister so festzulegen, dass eine entsprechende Beurteilung für den Verbraucher, ob die vorgeschlagene Vertragsänderung dieser Klausel entspricht, auch möglich sei.

4. Das Berufungsgericht teilte die Auffassung des Erstgerichts.

[18] In seiner Entscheidung C-287/19 – DenizBank habe der EuGH hervorgehoben, dass die Vermutung der stillschweigenden Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers, deren Geltung mit dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden sei, nach Art 52 Nummer 6 a) der Zahlungsdienste-Richtlinie RL 2015/2366/EU (und damit auch nach der nahezu identen Bestimmung des Art 44 Abs 1 der Zahlungsdienste-Richtlinie RL 2007/64/EG) nur „Änderungen“ der Bedingungen des Rahmenvertrags erfasse, also Anpassungen, die sich auf die Bedingungen dieses Rahmenvertrags nicht in einem solchen Maße auswirkten, dass der Vorschlag des Dienstleisters in Wirklichkeit dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkomme, wobei es Aufgabe des nationalen Gerichts sei, bei dem ein Rechtsstreit über eine solche stillschweigende Zustimmung anhängig sei, zu prüfen, ob diese Voraussetzung erfüllt sei. Auf diese Weise könnten daher nicht nur Neben-, sondern auch Hauptleistungen geändert werden, solange kein Abschluss eines neuen Vertrags vorliege.

[19] Die beanstandete Klausel lasse Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion ihrem Ausmaß nach nahezu unbeschränkt zu. Mit dieser könne die Bank den mit dem Verbraucher vereinbarten Leistungsumfang so weit einschränken, dass die Leistungen zur Gänze entfielen oder ihrer Art nach mit der ursprünglich erbrachten Leistung nicht mehr vergleichbar seien. Die Klausel lasse eine Änderung wesentlicher Pflichten (Leistungen) der Bank in nahezu jede Richtung und in unbeschränktem Ausmaß zu. Es könnten auch alle von der Bank geschuldeten Leistungen ohne irgendeine inhaltliche Einschränkung geändert werden, sodass nicht ausgeschlossen werden könne, dass dadurch für den Verbraucher eine Situation geschaffen werde, die dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkomme.

[20] Der EuGH habe weiters ausgeführt, dass das nationale Gericht bei einem Verbraucher als Nutzer eine Zustimmungsfiktionsklausel nicht nur allein nach Maßgabe von Art 52 Nr 6 Buchst a der Zahlungsdienste-Richtlinie RL 2015/2366/EU in Verbindung mit deren Art 54 Abs 1, sondern auch nach Maßgabe der Bestimmungen der EWG-RL 93/13/EWG – missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen zu prüfen und gegebenenfalls die Konsequenzen aus einer Missbräuchlichkeit dieser Klausel zu ziehen habe. Damit sei klargestellt, dass die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs weiterhin gelte, wonach eine Zustimmungsfiktionsklausel nicht allein deshalb automatisch zulässig sei, weil sie die Formalerfordernisse der Zahlungsdienste-Richtlinie erfülle, sondern der Kontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG unterliege.

[21] Die zu beurteilende Klausel lasse den Verbraucher über die Gründe im Unklaren, die mittels Zustimmungsfiktion zu Leistungsänderungen bis hin zum Entfall der Leistungserbringung führen könnten. Mit dem Hinweis auf „sachlich gerechtfertigte Fälle“ und das exemplarisch genannte Beispiel der „notwendigen Änderung durch gesetzliche und aufsichtsbehördliche Maßnahmen“ werde vorerst der Eindruck erweckt, es handle sich dabei um nicht aus der Sphäre der Beklagten stammende und von deren Willen unabhängige (objektive) Determinanten als Rechtfertigung für eine Änderung der Hauptleistung. Erst aus dem weiteren Beispiel der Veränderungen des Sach- und Personalaufwands („Änderungen, die die Sicherheit des Bankbetriebs betreffen“ oder „die Abwicklung der Geschäftsverbindung mit den Kunden fördert“) werde erkennbar, dass die Beklagte nicht nur veränderte Rahmenbedingungen, sondern jede Entwicklung der ihr entstehenden Kosten („wenn die Leistung nicht mehr kostendeckend erbracht werden kann“ oder „die Leistungen auf Grund geänderter Kundenbedürfnisse nur mehr von wenigen Kunden nachgefragt werden“) im Zusammenhang mit der Dauerleistung als Anlass für eine Änderung ihrer Leistungserbringung ansehe und in Zukunft als solche heranziehen wolle. Die Beschränkung der Leistungsanpassung auf „sachlich gerechtfertigte Fälle“ stelle damit keinen sachlichen Bezug zur Leistungsänderung her, sondern schaffe der Beklagten einen Ermessensspielraum, auf (aus welcher Ursache auch immer) gestiegene Kosten durch Leistungsanpassungen bis hin zum Entfall zu reagieren oder Leistungsanpassungen vorzunehmen, wenn die Leistungen nur mehr von wenigen Kunden nachgefragt werden. Enthalte die Klausel in Wirklichkeit eine dem Grund nach nicht näher konkretisierte, unbeschränkte Möglichkeit der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion, sei der Verweis auf „sachlich gerechtfertigte“ Umstände als intransparent anzusehen. Die Klausel werde den Vorgaben an eine möglichst präzise und sachliche Determinierung nicht gerecht. Der Inhalt und die Tragweite der Klausel bleibe in ihren Auswirkungen nicht durchschaubar. Die Klausel vermittle dem Kunden ein unklares Bild seiner vertraglichen Position und sei daher als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG zu qualifizieren. Auf den Umstand, ob eine Kundengruppe schützenswerter als eine andere sei, komme es entgegen den Behauptungen der Beklagten daher gar nicht an.

[22] Die Klausel lasse in Wahrheit keine Beschränkung erkennen, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile bei Änderungen des Vertrags mittels Zustimmungsfiktion schützen könnte. Sie lasse eine Änderung wesentlicher Pflichten der Beklagten zu Gunsten der Bank in nahezu jede Richtung und in unbeschränktem Ausmaß zu. Nach ständiger Rechtsprechung verstoße eine Klausel, die Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zulasse und nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lasse, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile schützen könnte, gegen das Transparenzgebot. Die vertragliche Zustimmungsfiktion laufe in der Praxis trotz des formalen Widerspruchsrechts weitgehend auf eine einseitige Änderungsbefugnis des Unternehmers hinaus, weil sich Verbraucher erfahrungsgemäß mit Änderungsangeboten nicht auseinandersetzen, weshalb ihnen infolge der Gefahr ihrer Passivität ein Schutzbedürfnis zuzubilligen sei. Diese Überlegungen träfen auf die inkriminierte Klausel zu. Nicht jede Vertragsanpassung über eine in AGB vereinbarte Zustimmungsfiktion sei unzulässig, sondern nur eine derart weitreichende und letztendlich für den Verbraucher unbeschränkte. Die Klausel verstoße daher auch gegen § 879 Abs 3 ABGB.

5. Die Beklagte vertritt in ihrer Revision den Standpunkt, als Folge des EuGH-Urteils C-287/19DenizBank müsse der Oberste Gerichtshof seine Judikatur zu Vertragsänderungen mittels Zustimmungsfiktion im Anwendungsbereich des ZaDiG ändern, weil nationale Gerichte keine über die Zahlungsdienste-Richtlinie hinausgehenden Anforderungen, insbesondere keine Anforderungen in Bezug auf Inhalte und Transparenz festlegen dürften. Eine Klausel, die wie die Klausel 2, den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben des § 48 Abs 1 Z 6 iVm § 50 Abs 1 ZaDiG 2018 und der Art 52 Nr 6 und Art 54 der Zahlungsdienste-Richtlinie RL 2015/2366/EU (und den damit identischen Bestimmungen des ZaDiG 2009 und der ersten Zahlungsdienste-Richtlinie RL 2007/64/EG) entspreche, müsse ohne weitere Zulässigkeitserfordernisse wirksam sein. Eine diesen spezialgesetzlichen, bewusst bloß formalen Voraussetzungen entsprechende Klausel könne auch von vornherein nicht intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB oder missbräuchlich iSd der Klausel-Richtlinie 93/13 sein.

[24] Unabhängig davon sei selbst nach der extensiven Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nur eine Klausel, die Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zulasse und nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lasse, intransparent und unwirksam. Der Oberste Gerichtshof fordere zwar fallweise im Widerspruch dazu eine ganz konkrete, bis ins geringste Detail ausformulierte und mehrfache Beschränkung mit einer absoluten Vorhersehbarkeit der Auswirkungen. Damit stelle er aber unerfüllbare Transparenzerfordernisse auf; insbesondere übersehe er die Unvorhersehbarkeit des Änderungsbedarfs. Diese Rechtsprechung entbehre auch einer sachlichen Rechtfertigung. Zum einen stelle sie auf die Interessen einer nicht schützenswerten Kundengruppe ab, zum anderen seien die Folgen eines unterlassenen Widerspruchs gering. Eine vom Kunden aufgrund seiner eigenen Sorglosigkeit verursachte Änderung von Hauptleistungen könne für den Kunden zu keinem dauerhaften Nachteil führen, weil er den Vertrag jederzeit und kostenlos beenden und die Bank wechseln könne. Diesem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis der Kunden stehe das Interesse der Kreditinstitute gegenüber, auch (Haupt)Leistungen und Entgelte bei Dauerschuldverhältnissen ändern zu können, um diese in einer massengeschäftstauglichen Form an unvorhersehbare Änderungen anpassen zu können. Diese Möglichkeit zur Änderung des Kartenvertrags einschließlich der vereinbarten Leistungen sei nicht nur wegen faktischer Veränderungen (etwa für die Möglichkeiten zum Einsatz der Karte aufgrund technischer Entwicklungen) zwingend erforderlich, sondern auch wegen Änderungen der Rechtslage.

[25] Die Klausel 2 biete der Beklagten daher keine Möglichkeit, die Rahmenverträge einseitig zu ändern. Eine Änderung der Leistungen setze vielmehr den Abschluss einer Vereinbarung voraus, wobei der Verbraucher über alle dafür wesentlichen Umstände sowie über seine Zustimmung durch das Unterlassen des Widerspruchs zu informieren sei. Die Möglichkeit der Vertragsänderung mit Zustimmungsfiktion sei zudem auf sachlich gerechtfertigte Fälle beschränkt. Die Klausel 2 lasse also keine nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkte Änderung zu, sondern schränke Änderungen auf sachlich gerechtfertigte Fälle ein. Die Wortfolge „sachlich gerechtfertigte Fälle“ habe eine eindeutige Bedeutung und sei daher – so wie vergleichbare Formulierungen, etwa die Auflösung eines Vertrags aus „wichtigem Grund“ – transparent. Diese Regelung wäre damit an sich ausreichend. Die Beklagte habe das Vorliegen eines sachlich gerechtfertigten Falls durch Beispiele erläutert, um die Transparenz noch weiter zu erhöhen. Die Karteninhaber hätten damit eine klare Vorstellung, wann ein sachlich gerechtfertigter Fall vorliege. Der verständige, gut unterrichtete und aufmerksame Durchschnittsverbraucher als die relevante Maßfigur verstehe den Inhalt der Klausel. Er wisse, unter welchen Voraussetzungen eine Leistungsänderung möglich sei und könne sich anhand des Änderungsangebots mit der detaillierten Beschreibung der angebotenen Änderungen informiert und in Kenntnis aller Details entscheiden, ob er die vorgeschlagene Änderung akzeptiere.

[26] Alle Beispielfälle seien vom Willen der Beklagten unabhängig, auch die Fälle, dass vereinbarte Leistungen nicht mehr kostendeckend erbracht werden können, oder die Leistungen aufgrund geänderter Kundenbedürfnisse nur mehr von wenigen Kunden nachgefragt werden. Auch die Umsetzung technischer Entwicklungen bilde zweifellos einen objektiven Grund, der eine Leistungsänderung sachlich rechtfertige.

[27] Eine noch weitergehende Einschränkung im Sinn einer absoluten Vorhersehbarkeit durch eine bis ins kleinste definierte Determination sei schlicht unmöglich. Es gebe auch keine sachliche Rechtfertigung, dies zu verlangen; die Interessen der Karteninhaber seien durch den in der Klausel abgebildeten gesetzlichen Schutzmechanismus gewahrt.

[28] Die Klausel 2 sei auch nicht gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Sie ermögliche dem Unternehmen nicht, Leistungen oder Entgelte einseitig zu ändern und das Äquivalenzverhältnis uneingeschränkt zu verschieben; es bedürfe nämlich der Zustimmung des Kunden, auch wenn er diese durch sein Stillschweigen erteile. Die Beklagte könne den Karteninhabern also keine Leistungsänderungen aufdrängen. Sollte der Karteninhaber einen unveränderten Leistungsumfang wünschen, müsse er das Änderungsangebot nur ablehnen, was ihm ohne Einschränkung möglich sei. Dem Verbraucher sei auch nicht wegen der Gefahr seiner Passivität ein Schutzbedürfnis zuzubilligen. Der Verbraucher erhalte gemäß den gesetzlichen Vorgaben ein schriftliches Anbot, die Leistungen im detailliert beschriebenen Umfang zu ändern, und habe danach mindestens zwei Monate Zeit, sich zu überlegen, ob er das Anbot durch sein Stillschweigen annehme oder ablehne. Für den Karteninhaber habe es auch keine Nachteile, wenn er aufgrund seiner Sorglosigkeit passiv sei und dem Änderungsangebot nicht widerspreche. Der Karteninhaber könne jederzeit den Kartenvertrag und/oder den Kontovertrag beenden und ein Konto bei einer anderen Bank unter Ausstellung einer Kontokarte eröffnen; den Kontowechsel müssten die beteiligten Banken für ihn vornehmen. Eine aufgrund seiner Sorglosigkeit und Passivität erklärte Zustimmung zur Leistungsänderung könne für den Verbraucher also keine wirtschaftlichen Nachteile haben.

[29] Alle in der Klausel 2 angeführten Fälle seien sachlich gerechtfertigt. Die Abwicklung von Bankgeschäften ändere sich laufend, was etwa zu dem beispielhaft genannten Fall führe, dass vereinbarte Leistungen nicht mehr kostendeckend erbracht werden könnten. Für bestimmte Leistungen fielen ja nicht nur die mit ihnen an sich verbundenen Kosten an, sondern auch die Kosten für die dafür erforderliche Infrastruktur. Auch der Grund der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Maßnahmen sei gerechtfertigt. Es bestehe ein sachlicher Bezug zwischen der gesetzlichen bzw aufsichtsbehördlichen Maßnahme und der Leistungsänderung, sodass nur solche Gesetze und aufsichtsbehördlichen Maßnahmen zum Anlass für eine Leistungsänderung genommen werden könnten, welche die Leistungsanpassung erforderlich machten. Der Begriff „Aufsichtsbehörde“ sei auch nicht intransparent, weil er eine klare Bedeutung habe.

[30] Die Klausel 2 spreche nur von „Änderungen“ der im Rahmenvertrag (Kartenvertrag) vereinbarten Leistungen; sie könne daher nur in dem Sinn ausgelegt werden, dass sie bloß Änderungen der Bedingungen des Rahmenvertrags erlaube. Wenn man das Verbot von Änderungen, die dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkommen, aus dem Wortlaut der § 48 Abs 1 Z 6 iVm § 50 Abs 1 ZaDiG 2018 (und Art 52 Nr 6 iVm Art 54 Zahlungsdienste-Richtlinie) ableite, müsse man ein solches Verbot auch aus dem Wortlaut der Klausel 2 ableiten; Klausel 2 setze diese gesetzliche Vorgabe ja nur um. Klausel 2 regle demnach sowohl nach ihrem eindeutigen Wortlaut als auch nach ihrem klaren Inhalt bloß Änderungen der vereinbarten Leistungen, um sie an die rechtlichen und faktischen Entwicklungen anzupassen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Klausel ohne irgendeine inhaltliche Einschränkung Änderungen in nahezu jede Richtung zulasse, stehe in krassem Widerspruch zur Klausel, die Leistungsänderungen auf sachlich gerechtfertigte Fälle beschränke. Es könne daher keine Situation geschaffen werden, die dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkomme. Zwar könne es bedingt durch die gesetzlichen Änderungen oder technische Entwicklungen auch dazu kommen, dass bestimmte Leistungen eingestellt werden müssten. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass es die Klausel zulasse, alle Leistungen der Beklagten abzuschaffen, sodass sie nur mehr das vereinbarte Entgelt kassiere, aber keine Leistungen mehr erbringe, sei aber aufgrund des Widerspruchs zum Wortlaut und zum Inhalt der Klausel ausgeschlossen und außerdem lebensfremd.

[31] Das Argument des Berufungsgerichts, für Konsumenten sei nicht überprüfbar, ob die Leistung tatsächlich nicht mehr kostendeckend erbracht werden kann, übersehe, dass eine Bank, die sich auf die Klausel berufe, behaupten und beweisen müsse, dass die Voraussetzungen im Einzelfall gegeben seien. Die Frage der Beweislast für die Voraussetzungen im Einzelfall sei daher für die Beurteilung der Klausel irrelevant.

6. Die Revision der Beklagten ist insoweit nicht berechtigt.

6.1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass eine Zustimmungsfiktionsklausel nicht allein deshalb automatisch zulässig ist, weil sie die gesetzlichen Formalerfordernisse erfüllt, sondern dass auf diesem Weg ermöglichte Vertragsänderungsklauseln zusätzlich der Kontrolle iSd Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sowie deren nationaler Umsetzung (§ 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG) unterliegen (RIS-Justiz RS0128865; 5 Ob 117/21y [Rz 82], 8 Ob 105/20d [Rz 16], 8 Ob 24/18i [Pkt V.1.] je mwN).

[34] Der EUGH hat mit Urteil vom , C-287/19 – DenizBank, zwar ausgeführt, dass Art 52 Nr 6 Buchst a in Verbindung mit Art 54 Abs 1 der Richtlinie (EU) 2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (PSD II oder Zahlungsdienste-Richtlinie II) dahin auszulegen ist, dass [...] er […] keine Beschränkungen hinsichtlich der Eigenschaft des Nutzers oder der Art der Vertragsbedingungen, die Gegenstand einer solchen Vereinbarung [Anm: über die Modalitäten der Zustimmung] sein können, festlegt. Die Beklagte übergeht aber den zweiten Teil der Antwort des EuGH, wonach die Möglichkeit der Prüfung, ob AGB-Klauseln im Licht der Bestimmung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen missbräuchlich sind, davon jedoch unberührt bleibt, wenn es sich bei dem Nutzer um einen Verbraucher handelt (5 Ob 117/21y [Rz 82]).

[35] Die vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätze sind damit mit den Vorgaben der Zahlungsdienste-Richtlinie (PSD II) vereinbar (5 Ob 117/21y [Rz 83]; 8 Ob 105/20d [Rz 18]). Auch im Anwendungsbereich des diese Richtlinie umsetzenden ZaDiG 2018 ist daher nicht jede Vertragsanpassung über eine in AGB vereinbarte Zustimmungsfiktion schlechthin zulässig, nur weil sie den gesetzlichen Formerfordernissen entspricht (5 Ob 117/21y; 8 Ob 105/20d). Entsprechendes gilt für das zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz (noch) geltende ZaDiG 2009, das die ZahlungsdiensteRichtlinie (PSD) 2007/64/EG umgesetzt hat, weil die Bestimmungen zu Vertragsänderungen mit Zustimmungsfiktion in beiden Richtlinien sowie in beiden Gesetzen im Wesentlichen identisch sind.

6.2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt aus Anlass von gegen Banken gerichteten Verbandsklagen Zustimmungsfiktionsklauseln unter den Aspekten des Transparenzgebots des § 6 Abs 3 KSchG und der gröblichen Benachteiligung gemäß § 879 Abs 3 ABGB beurteilt (1 Ob 210/12g; 2 Ob 131/12x; 8 Ob 58/14h; 9 Ob 26/15m; 10 Ob 60/17x; 5 Ob 117/21y).

[37] Als unzulässig wurde dabei nicht jede Vertragsanpassung über eine in AGB vereinbarte Zustimmungsfiktion angesehen, sondern nur eine völlig uneingeschränkte (RS0128865). Intransparent ist eine Zustimmungsfiktionsklausel nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dann, wenn sie Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß nahezu unbeschränkt zulässt und es nicht nur völlig unbestimmt bleibt, welche Leistungen die Bank mit fingierter Zustimmung einschränken kann, sondern auch, in welchem Umfang eine Änderung der vom Verbraucher entrichteten Entgelte vorgenommen werden kann. Eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB wird gesehen, wenn die Klausel nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lässt, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile bei Änderungen des Vertrags mittels Zustimmungsfiktion schützen könnte. Dahinter steht, dass die vertragliche Zustimmungsfiktion in der Praxis trotz des formalen Widerspruchsrechts weitgehend auf eine einseitige Änderungsbefugnis des Unternehmers hinausläuft, weil sich Verbraucher erfahrungsgemäß mit Änderungsangeboten nicht auseinandersetzen, weswegen ihnen ein Schutzbedürfnis zuzubilligen ist (5 Ob 117/21y [Rz 80]; 10 Ob 60/17x [Pkt. I.3.3]). Im Fall einer nicht näher konkretisierten und unbeschränkten Möglichkeit der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion steht die dem Kunden zugedachte Rechtsposition im auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition der Beklagten, zumal sie ihr ermöglicht, das Äquivalenzverhältnis von Leistungen und Gegenleistungen über die Zustimmungsfiktion erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben und die Position des Vertragspartners zu entwerten (8 Ob 58/14h [Pkt 2.8.]).

[38] 6.3. Zu 10 Ob 60/17x (Klausel 1) beurteilte der Oberste Gerichtshof eine Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, die scheinbar keine völlig uneingeschränkte Vertragsanpassung mittels Zustimmungsfiktion enthielt. Diese Klausel hatte folgenden Wortlaut:

„Eine von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex abweichende Entgeltanpassung darf das Kreditinstitut mit dem Kunden auf dem in Abs. 1 vorgesehenen Weg nur unter folgenden Voraussetzungen vereinbaren:

- Die im Zeitraum, der nach Abs. 2 für die Entgeltsanpassung maßgeblich ist, eingetretene Entwicklung der Kosten, die dem Kreditinstitut im Zusammenhang mit der jeweiligen Dauerleistung entstehen, weicht unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden sachlich gerechtfertigten Umstände (insbesondere Veränderung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen des Personal- oder Sachaufwands) von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex ab und die angebotene Entgeltsanpassung entspricht dieser abweichenden Kostenentwicklung.

- Eine Entgelterhöhung entspricht zuhöchst dem Dreifachen einer Entgeltserhöhung, die sich aus der Entwicklung des Verbraucherpreisindex ergeben würde.

- Im Änderungsangebot wird darauf hingewiesen, dass die angebotene Entgeltsänderung höher ist als jene, die sich aus der VPI-Entwicklung ergäbe.“

[39] Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass die Klausel zwar den Mechanismus der Vertragsanpassung durch Zustimmungsfiktion für den Durchschnittsverbraucher in durchschaubarer Weise präsentiere. Sie enthalte auch keine völlig uneingeschränkte Vertragsanpassung mittels Zustimmungsfiktion (etwa auch der von der beklagten Partei geschuldeten Leistungen), sondern erfasse lediglich vom Verbraucher zu leistende Entgelte für die in § 1 Abs 2 ZaDiG definierten Zahlungsdienste. Die beabsichtigten Entgelterhöhungen seien der Höhe nach insofern begrenzt, als sie – bei kundenfeindlichster Auslegung – nur einmal jährlich erfolgen und jeweils das Dreifache des Verbraucherpreisindex nicht übersteigen dürfen. Im Hinblick auf die aus dem Transparenzgebot abzuleitende Pflicht zur Vollständigkeit müsse der Verbraucher aber von Anfang an auch über die Gründe und die maßgeblichen Indizes für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion informiert werden, andernfalls die Auswirkungen der Klausel für ihn unklar blieben. Nur auf diese Weise könne dem Risiko der künftigen Passivität des Verbrauchers ausreichend Rechnung getragen werden. Der gegenteiligen Ansicht, ein Gebot der Umschreibung von zukünftigen, ungewissen Veränderungen der Rahmenbedingungen in AGB sei aus dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG nicht ableitbar, werde nicht gefolgt, denn die Parameter, die für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion eine Rolle spielten, müssten aus der Klausel selbst hervorgehen, damit diese dem Transparenzgebot entspreche. Die zu beurteilende Klausel lasse den Verbraucher aber über die Gründe, die in Hinkunft mittels Zustimmungsfiktion zu Entgelt- bzw Zinsanpassungen führen sollten, im Unklaren. Mit dem Hinweis auf „alle in Betracht kommenden sachlich gerechtfertigten Umstände“ und das exemplarisch genannte Beispiel der „Veränderung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen“ werde vorerst der Eindruck erweckt, es würde sich dabei um nicht aus der Sphäre der beklagten Partei stammende und von deren Willen unabhängige (objektive) Determinanten als Rechtfertigung für eine Entgeltanpassung handeln. Erst aus dem weiteren Beispiel der Veränderungen des Sach- und Personalaufwands werde erkennbar, dass die beklagte Partei nicht nur veränderte Rahmenbedingungen wie etwa die Steigerung von Kollektivvertragsgehältern, sondern jede Entwicklung der ihr entstehenden Kosten im Zusammenhang mit der Dauerleistung als Anlass für eine Entgelterhöhung ansehe und in Zukunft als solche heranziehen wolle. Der Hinweis auf „alle in Betracht kommenden sachlich gerechtfertigten Umstände“ stelle damit keinen Bezug zwischen einem Entgeltindikator und dem anzupassenden Entgelt her, der es gerechtfertigt erscheinen lasse, das Entgelt entsprechend den Änderungen des Indikators anzupassen, sondern schaffe der beklagten Partei einen Ermessensspielraum, auf (aus welcher Ursache auch immer) gestiegene Kosten durch Entgelterhöhungen zu reagieren. Mangels Gewichtung der als „sachlich gerechtfertigt“ anzusehenden Umstände könnte die beklagte Partei bei kundenfeindlichster Auslegung primär auch auf eigene betriebswirtschaftliche Entscheidungen (allenfalls auch Fehlentscheidungen) zurückzuführende Kostensteigerungen zum Anlass für Entgelterhöhungen nehmen. Enthalte die Klausel in Wirklichkeit eine dem Grund nach nicht näher konkretisierte, unbeschränkte Möglichkeit der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion, sei der Verweis auf „sachlich gerechtfertigte“ Umstände als intransparent anzusehen. Sie werde den Vorgaben an eine möglichst präzise und sachliche Determinierung nicht gerecht. Der Inhalt und die Tragweite der Klausel bleibe demnach in ihren Auswirkungen ungeachtet der nach oben hin gegebenen jährlichen Begrenzung nicht durchschaubar. Die Klausel vermittle dem Kunden ein unklares Bild seiner vertraglichen Position und sei daher als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG zu qualifizieren. Ob die Klausel zugleich gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB sei, könne dahingestellt bleiben.

[40] 6.4. Zu 5 Ob 117/21y legte der 5. Senat der Beurteilung mehrerer Klauseln (Klauseln 11a, 11b, 12a, 12b und 15), die für Änderungen der AGB aufgrund eines entsprechenden Querverweises die stillschweigende Zustimmung des Karteninhabers genügen ließen, die vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätze zur Zulässigkeit von Zustimmungsfiktionsklauseln zugrunde. Insbesondere die Klausel 11a sei mit der zu 10 Ob 60/17x (Klausel 1) beurteilten Regelung vergleichbar. Die Klausel 11a hatte dabei folgenden Wortlaut:

„(18.3.) Ist eine Änderung der AGB aufgrund geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen, technischer Innovationen oder aus sonstigen sachlich gerechtfertigten (sicherheitsrelevanten) Gründen erforderlich […] bedarf es der Zustimmung durch den KI.“

[41] Der Oberste Gerichtshof beurteilte diese Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Der 10. Senat habe zu 10 Ob 60/17x bereits ausgeführt, dass der Verweis auf „sachlich gerechtfertigte“ Umstände als intransparent anzusehen sei, wenn die Klausel – wie die inkriminierte Klausel 11a – eine dem Grund nach nicht näher konkretisierte, völlig unbeschränkte (arg: „Änderung der AGB“) Möglichkeit der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion eröffne. Die von der Beklagten gesehene Einschränkung, weil die „sonst sachlich gerechtfertigten Gründe“ den „geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen und technischen Innovationen“ als gleichwertig gegenüberstünden, ergebe sich aus dem Wortlaut keineswegs zwingend und habe daher bei kundenfeindlichster Auslegung außer Betracht zu bleiben. Für den Verbraucher bleibe letztlich auch unklar, ob der Klammerausdruck „sicherheitsrelevant“ nur als Beispiel für eine sachliche Rechtfertigung angeführt sei oder ob ein sicherheitsrelevanter Grund zwingende Voraussetzung einer Änderung der AGB sein müsse. Im Hinblick auf die aus dem Transparenzgebot abzuleitende Pflicht zur Vollständigkeit müsse der Verbraucher aber von Anfang an auch über die Gründe und die maßgeblichen Faktoren für eine Änderung der AGB mittels Zustimmungsfiktion informiert werden. Die Klausel 11a lasse den Verbraucher sowohl über die Gründe als auch den Umfang einer möglichen Vertragsänderung über eine Zustimmungsfiktion, auf die er darüber hinaus auch erst durch einen Querverweis hingewiesen werde, im Unklaren und sei damit intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.

6.5. Die in den Entscheidungen 10 Ob 60/17x (Klausel 1) und 5 Ob 117/21y (Klausel 11a) angestellten Erwägungen zur Intransparenz einer Zustimmungsfiktionsklausel, auch wenn diese gewisse Einschränkungen der Anwendungsmöglichkeit formuliert, gelten auch für die hier zu beurteilende Regelung.

[43] Die Klausel 2 enthält zwar keine völlig uneingeschränkte Vertragsanpassung mittels bloßer Zustimmungsfiktion (vgl 5 Ob 117/21y [„Änderung der AGB“]), sie erfasst aber alle von der Beklagten geschuldeten Leistungen (vgl 10 Ob 60/17x [„lediglich“ vom Verbraucher zu leistende Entgelte]) und lässt Änderungen des mit dem Verbraucher vereinbarten Leistungsumfangs ihrem Ausmaß nach nahezu unbeschränkt zu. Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhob, die Beklagte selbst zugesteht und sich insbesondere auch aus den exemplarischen Rechtfertigungsgründen ergibt, könnte die Beklagte für den Verbraucher wesentliche Leistungspflichten durch bloße Zustimmungsfiktion auch zur Gänze entfallen lassen.

[44] Im Hinblick auf die aus dem Transparenzgebot abzuleitende Pflicht zur Vollständigkeit muss der Verbraucher aber von Anfang an (schon in der Klausel selbst) auch über die Gründe und die maßgeblichen Kriterien für eine solche Leistungsänderung auf Basis einer Zustimmungsfiktion informiert werden. Andernfalls bleiben die Auswirkungen der Klausel für ihn unklar. Auch die hier zu beurteilende Klausel lässt den Verbraucher über die Gründe, die in Hinkunft mittels Zustimmungsfiktion zu Leistungsänderungen führen sollen, aber letztlich im Unklaren. Mit der Beschränkung „auf sachlich gerechtfertigte Fälle“ und das erste exemplarisch genannte Beispiel der Notwendigkeit der Änderung durch gesetzliche oder aufsichtsbehördliche Maßnahmen wird vorerst der Eindruck erweckt, es handle sich dabei um nicht aus der Sphäre der Beklagten stammende und von deren Willen unabhängige (objektive) Gründe als Rechtfertigung für eine Leistungsanpassung. Aus den weiteren Beispielen Förderung der Sicherheit des Bankbetriebs oder der Abwicklung der Geschäftsverbindung mit dem Kunden, Erforderlichkeit der Umsetzung technischer Entwicklungen, mangelnde Kostendeckung für die vereinbarten Leistungen und geringe Nachfrage aufgrund geänderter Kundenbedürfnisse wird erkennbar, dass die Beklagte mehr oder weniger jede Entwicklung im Zusammenhang mit der Erbringung ihrer Leistungen, und zwar bei kundenfeindlichster Auslegung auch solche die auf eigene betriebswirtschaftliche Entscheidungen zurückzuführen sind, als Anlass für eine Leistungsänderung ansieht und in Zukunft als solche heranziehen will.

[45] Die Klausel enthält demnach in Wirklichkeit eine dem Grund nach nicht ausreichend konkretisierte, unbeschränkte Möglichkeit der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion. Der Verweis auf „auf sachlich gerechtfertigte Fälle“ ist damit als intransparent anzusehen. Der Inhalt und die Tragweite der Klausel bleibt in ihren Auswirkungen ungeachtet der genannten Beispielfälle unklar. Die Klausel vermittelt dem Kunden ein unklares Bild seiner vertraglichen Position und ist daher intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.

6.6. Die Revision der Beklagten ist daher in der Hauptsache jedenfalls nicht berechtigt. Ob die beanstandete Klausel zugleich als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB anzusehen ist, kann damit dahingestellt bleiben.

7. Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz im Kostenpunkt sind ausnahmslos unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO; RS0053407, RS0044233, RS0044228). Dies gilt auch für eine in einer Revision enthaltene Anfechtung der Kostenentscheidung (RS0053407 [T7]) und Kostenentscheidungen, die das Berufungsgericht funktionell als erste Instanz gefällt hat (RS0110033).

B. Zur Revision des Klägers

[48] 1. Die Revision des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon aufgrund eines den Betrag von 5.000 EUR nicht übersteigenden Revisionsinteresses absolut unzulässig. Nach § 502 Abs 3 ZPO ist in vermögensrechtlichen Streitigkeiten für die Zulässigkeit der Revision nämlich nicht der Wert des Revisionsgegenstands, sondern jener des gesamten Streitgegenstands maßgebend, auf den sich das Urteil des Berufungsgerichts erstreckt (RS0042821). Eine Revision auch nur gegen die Entscheidung über die Leistungsfrist kann daher zulässig sein, sofern der berufungsgerichtliche Streitgegenstand die relevanten Wertgrenzen übersteigt.

[49] 2. Die Beklagte machte in ihrer Berufung geltend, der Spruch des Ersturteils sei unklar, weil sich daraus nicht eindeutig ergebe, ob sich die Leistungsfrist von vier Monaten auch auf den Tatbestand des Sich-Berufens beziehe. Hilfsweise beantragte sie daher, auch für das Verbot des Sich-Berufens ausdrücklich eine Leistungsfrist in den Urteilsspruch aufzunehmen.

[50] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten – in seinem Teilurteil in Bezug auf die damit entschiedenen Klauseln und in seinem Endurteil in Bezug auf die Klausel 2 – insoweit Folge und gewährte der Beklagten auch für den Tatbestand des Sich-Berufens eine Leistungsfrist von vier Monaten.

[51] Das Erstgericht habe in den Spruch für den Tatbestand des „Sich-Berufens“ keine Leistungsfrist aufgenommen und auch in den Entscheidungsgründen im Zusammenhang mit der Leistungsfrist auf den Tatbestand des „Sich-Berufens“ nicht Bezug genommen. Das Erstgericht habe daher mit seiner Entscheidung für diesen Tatbestand keine Leistungsfrist eingeräumt.

[52] In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung werde die Frage der Zulässigkeit einer Leistungsfrist für das Sich-Berufen auf unzulässige Klauseln nicht generell nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip beantwortet. Es könne schließlich Klauselwerke geben, die ein sofortiges Abstandnehmen von einem Sich-darauf-Berufen erlauben und zur Umsetzung dieses Unterlassungsgebots keine weiteren aktiven Vorkehrungen erfordern. Es könne aber auch Klauselwerke geben, die bestimmter betrieblicher und/oder organisatorischer Maßnahmen bedürfen, um zu verhindern, dass sie weiter der Gestion von Altverträgen zugrunde gelegt werden. Ausgehend von diesem weiten Verständnis des „Sich-Berufens“ auf eine Klausel sei der Beklagten im Hinblick auf ihr Vorbringen, es bedürfe solcher zusätzlicher Vorkehrungen, dieselbe Leistungsfrist auch für das „Sich-Berufen“ zuzubilligen.

3. Der Kläger bekämpft mit seiner Revision die Entscheidung des Berufungsgerichts, dem Kläger auch für den Tatbestand des Sich-Berufens eine Leistungsfrist von vier Monaten zu gewähren. Die Zulässigkeit wie auch die inhaltliche Berechtigung der Revision ergebe sich daraus, dass das Berufungsgericht die vom Obersten Gerichtshof in seiner bisherigen Judikatur zur Leistungsfrist für das Sich-Berufen erstellten Grundsätze grob unrichtig angewandt habe. Der Kläger regt weiters an, dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage der Vereinbarkeit der Setzung von Leistungsfristen in Verfahren nach §§ 28 ff KSchG mit unionsrechtlichen Normen unter dem Gesichtspunkt der Art 7 Abs 1 und 2 der KlauselRL vorzulegen und seine ablehnende Rechtsprechung dazu zu überdenken.

[54] Zwischen dem Sich-Berufen auf eine Erklärungsfiktionsklausel und anderen Klauseln, wie etwa Entgelt- oder Haftungsregelungen, sei zu unterscheiden, weil eine Leistungsfrist im Fall der Erklärungsfiktionsklausel dazu dienen könne, noch während dieser Leistungsfrist den Rahmenvertrag mit Hilfe eben der für unzulässig erkannten Klausel zu ändern. Daher müsse eine Leistungsfrist für das SichBerufen bei Zustimmungsfiktionsklauseln im ZaDiG, wenn sie überhaupt gesetzt werde, stets kürzer sein als die vom ZaDiG vorgesehene Frist für die Änderung der Rahmenverträge. Nur damit könne sichergestellt werden, dass der Unternehmer eine Rechtsposition nicht unzulässigerweise aufrecht erhalten und eben „noch schnell“ eine Änderung via Erklärungsfiktion „durchwinken“ könne, die dann unter Umständen auch noch Jahre nachträglich wirke. Wenn das Berufungsgericht der Beklagten eine längere Leistungsfrist einräume, gestehe sie der Beklagten zu, diese unzulässige Erklärungsfiktionsklausel aufgrund eigener Entscheidung während der Leistungsfrist noch zur Durchführung inhaltlich praktisch unbeschränkter Vertragsänderungen im Weg einer fingierten Zustimmung ihrer Vertragspartner zu verwenden. Damit wende das Berufungsgericht die von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hinsichtlich der Festsetzung einer Leistungsfrist für das sich aus § 28 Abs 1 Satz 2 KSchG ergebende Unterlassungsgebot verlangte differenzierte Betrachtung im Einzelfall grob unrichtig an.

4. Die Revision des Klägers ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

4.1. Der Argumentation der Beklagten, der Revision des Klägers stehe schon die Rechtskraft der Entscheidung über die Leistungsfrist entgegen, ist nicht zu folgen. Die Rechtskraftwirkung eines Urteils wird grundsätzlich durch den Spruch bestimmt. Nur soweit es für die Auslegung seiner Tragweite erforderlich ist, sind auch
die Entscheidungsgründe heranzuziehen (RS0000300, RS0043259, RS0041331, RS0041357). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Erstgericht habe für den Tatbestand des „Sich-Berufens“ keine Leistungsfrist eingeräumt, ist jedenfalls keine im Interesse der Rechtssicherheit ausnahmsweise im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung.

4.2. Nach § 409 Abs 1 Satz 1 ZPO ist, wenn in einem Urteil die Verbindlichkeit zu einer Leistung auferlegt wird, zugleich auch die Frist für diese Leistung zu bestimmen. Wird jedoch die Pflicht zur Verrichtung einer Arbeit oder eines Geschäfts auferlegt, so hat das Gericht nach § 409 Abs 2 Satz 1 ZPO zur Erfüllung der Verbindlichkeit mit Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Verpflichteten eine angemessene Frist zu bestimmen.

[58] Die Leistungsfrist des § 409 ZPO ist eine dem Beklagten vom Gericht eingeräumte Exekutionsstundung, die jedoch nicht ex lege eintritt. Vielmehr gebietet das Gesetz dem Richter, im Urteil eine Leistungsfrist auszusprechen (RS0123981). Enthält das Klagebegehren keine Leistungsfrist, so hat das Gericht sie von Amts wegen festzusetzen. Ein Antrag oder ein Vorbringen zu den tatsächlichen Voraussetzungen für die Leistungsfrist nach § 409 Abs 2 ZPO ist nicht erforderlich (1 Ob 105/14v [Pkt 14.]).

[59] Die Argumentation der Beklagten zur fehlenden Antragstellung, zur Unterlassung der Rüge der Nichterledigung eines etwaigen Antrags und zur Verletzung des Neuerungsverbots geht daher ins Leere.

4.3. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist auch bei Unterlassungsklagen nach § 409 Abs 2 ZPO eine angemessene Leistungsfrist zu bestimmen, wenn die Unterlassung die Pflicht zur Änderung eines Zustands einschließt (RS0041260 [T2]; RS0041265 [T2, T3]). Die Leistungsfrist ist einzelfallbezogen zu beurteilen (9 Ob 38/19g [Pkt c)]; 9 Ob 11/18k [Pkt 5.]). Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die Umsetzung des Unterlassungsgebots aktiver Vorkehrungen wie bestimmter betrieblicher und/oder organisatorischer Maßnahmen bedarf (vgl RS0041265 [T12]).

[61] Ebenso entspricht es der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die Frage nach der Zulässigkeit einer Leistungsfrist für die Unterlassung des Sich-Berufens auf unzulässige Klauseln nicht generell nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip zu beantworten ist. Es kann Klauselwerke geben, die ein sofortiges Abstandnehmen von einem Sich-darauf-Berufen erlauben und zur Umsetzung dieses Unterlassungsgebots keine weiteren aktiven Vorkehrungen erfordern. Angesichts des weiten Verständnisses des Sich-Berufens auf eine Klausel kann es aber ebenso Klauselwerke geben, die sehr wohl bestimmter betrieblicher und/oder organisatorischer Maßnahmen bedürfen, um zu verhindern, dass sie weiter der Gestion von Altverträgen zugrunde gelegt werden (9 Ob 38/19g [Pkt c)] mwN; 9 Ob 82/17z [Pkt III.8.] = RS0041260 [T9], RS0041265 [T12]). Bedarf es demnach einer Leistungsfrist für die Unterlassung des Sich-Berufens auf unzulässige Klauseln, wird darauf Bedacht zu nehmen sein, dass der Unternehmer seine Rechtsposition aus den rechtswidrigen Klauseln keinesfalls ohne Notwendigkeit aufrechterhalten können soll, was im Zweifel für eine knappere Bemessung der Frist sprechen wird (9 Ob 82/17z [Pkt III.8.] = RS0041260 [T10], RS0041265 [T13]). Im Individualprozess kommt eine im Verbandsprozess gesetzte Leistungsfrist freilich nicht zum Nachteil des einzelnen Verbrauchers zum Tragen (9 Ob 82/17z [Pkt III.9.] = RS0041260 [T11], RS0041265 [T14]).

4.4. Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht der Beklagten unter Verweis auf das weite Verständnis des Sich-Berufens auf eine Klausel und den von der Beklagten daher auch insoweit vorzunehmenden zusätzlichen Vorkehrungen, auch bezogen auf die Zustimmungsfiktionsklausel, die gleiche Leistungsfrist zugebilligt. Auf die damit vom Berufungsgericht beurteilten Umstände des konkreten Einzelfalls nimmt der Kläger in seiner Revision nicht Bezug. Mit seiner Argumentation lehnt er vielmehr das Setzen einer Leistungsfrist für die Berufung auf eine Zustimmungsfiktionsklausel grundsätzlich oder zumindest in einer die jeweilige Widerspruchsfrist übersteigenden Dauer generell ab. Damit zeigt die Revision aber keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts auf. Der Oberste Gerichtshof hat in der Vergangenheit wiederholt Leistungsfristen für die Unterlassung des SichBerufens auch in Bezug auf unzulässige Zustimmungsfiktionsklauseln gewährt (2 Ob 131/12x; 8 Ob 58/14h, 9 Ob 26/15m).

5. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass das Setzen einer Leistungsfrist in Verfahren nach §§ 28 ff KSchG unter dem Gesichtspunkt der Bestimmungen des Art 7 der Klausel-Richtlinie 93/13/EWG nicht unionsrechtswidrig ist (9 Ob 82/17z [Pkt III.10.] mwN). Der Oberste Gerichtshof sah und sieht sich daher nicht veranlasst, ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten.

C. Zu den Kostenentscheidungen

[64] Die Kostenentscheidungen beruhen jeweils auf den §§ 41, 50 ZPO.

[65] Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen; auch ihr steht daher der Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung zu (RS0112296). Die Bemessungsgrundlage dafür bestimmt sich in sinngemäßer Anwendung des § 12 Abs 4 lit b RATG.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00175.21B.0825.000

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