OGH vom 04.07.2018, 7Ob208/17i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** P*****, vertreten durch MMag. Hermann Bogensperger, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei M***** H*****J*****, vertreten durch Dr. Schartner Rechtsanwalt GmbH, wegen 140.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 8/17h62, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 26 Cg 46/15p56, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil einschließlich seines unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Teils insgesamt wie folgt zu lauten hat:
„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 33.500 EUR samt 4 % Zinsen seit zu bezahlen.
2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 106.500 EUR samt 4 % Zinsen seit zu bezahlen, wird abgewiesen.
3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen 15.044,06 EUR (darin 2.445,39 EUR an Umsatzsteuer und 371,75 EUR an Barauslagen) an Verfahrenskosten zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen 4.198,92 EUR (darin 529,57 EUR an Umsatzsteuer und 1.021,50 EUR an Barauslagen) an Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen 3.903,54 EUR (darin 78,09 EUR an Umsatzsteuer und 3.435 EUR an Barauslagen) an Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Zwischen den Parteien bestand von 1999 bis 2013 eine Lebensgemeinschaft, der eine 2003 geborene Tochter entstammt. Vor der Lebensgemeinschaft war die Beklagte verheiratet und hatte einen Sohn, für den sie (zuletzt) eine Halbwaisenrente bezog; der Kläger ist für diesen nicht sorgepflichtig.
Die Beklagte musste im Zusammenhang mit ihrer Scheidung im Jahr 1999 ihrem Ehegatten eine Ausgleichszahlung von 400.000 ATS bezahlen, über welchen Betrag sie nicht verfügte. Der Kläger, der in die Beklagte verliebt war und sich dadurch eine Festigung der Beziehung erhoffte, stellte ihr 200.000 ATS (14.534,57 EUR) zur Verfügung, wofür er ein Bankdarlehen aufnahm. Die andere Hälfte finanzierte die Beklagte aus einer Lebensversicherung.
Kurze Zeit später zog der Kläger in das Haus der Beklagten ein. Eine Vereinbarung, wer welche Kosten der täglichen Lebensführung trägt, gab es nicht. Die Parteien verfügten auch über kein gemeinsames Haushaltskonto. Im Zeitraum 1999 bis 2003 zahlte die Beklagte die Raten der Kredite für den Hausbau allein und finanzierte den überwiegenden Teil der Betriebskosten und der Kosten des täglichen Bedarfs. Der Kläger zahlte den von ihm für die Ausgleichszahlung aufgenommenen Kredit zurück und leistete gelegentliche Zahlungen für den täglichen Bedarf oder für Einrichtungsgegenstände.
Im Jahr 2003 entschlossen sich die Parteien, den Keller des Reihenhauses auszubauen und einen Wintergarten zu errichten. Im selben Jahr kam die gemeinsame Tochter zur Welt. Der Kläger war bis dahin noch bei seiner Herkunftsfamilie behördlich gemeldet; ab Mai 2003 befand sich sein Hauptwohnsitz auch offiziell im Haus der Beklagten. Im Dezember 2003 mussten die Streitteile eine Nachzahlung für ein Wohnbaudarlehen leisten, weil nunmehr zwei Einkommensbezieher im Objekt gemeldet waren. Die Parteien besprachen daraufhin ihre finanzielle Situation. Die Beklagte meinte, sie könne künftig nicht mehr alles wie bisher bezahlen. Der Kläger erklärte sich daraufhin bereit, die Rückzahlungen für die offenen Kredite zu übernehmen. Er betrachtete das als seinen Beitrag zur weiteren gemeinsamen Lebensführung und Investition in die gemeinsame Zukunft und leistete die Zahlungen, weil er vom Fortbestand der Lebensgemeinschaft ausging. Die Beklagte wies den Kläger nicht darauf hin, dass die Zahlungen als Miete und Alimente zu verstehen seien; ob sie selbst innerlich dieser Ansicht war, steht nicht fest. Für den Kläger war eine allfällige derartige Vorstellung der Beklagten nicht erkennbar.
Insgesamt waren fünf Kredite offen: ein Wohnbaudarlehen und drei Kredite bei einer R*****kasse, bei denen die Beklagte die Kreditnehmerin war, sowie ein Kredit bei einer anderen R*****kasse, der anlässlich des Umbaus von beiden Parteien gemeinsam aufgenommen worden war. Die Kreditrückzahlungen des Klägers beliefen sich insgesamt auf 225.776,04 EUR. Im Vertrauen auf den Fortbestand der Lebensgemeinschaft zahlte er in den Jahren 2003 bis 2006 darüber hinaus 56.870,45 EUR für den Kellerausbau des Hauses sowie den Zubau des Wintergartens und erbrachte dafür auch Eigenleistungen in nicht mehr feststellbarem Umfang. Schließlich beglich er in den Jahren 2003 bis 2013 diverse Betriebskosten (Heizöl, Strom, Grundsteuer, Rauchfangkehrer, Kabel TV, Internet) in der Höhe von insgesamt 32.347,75 EUR.
Die Beklagte betreibt als Einzelunternehmerin einen Kindergarten bzw eine Kinderbetreuung, zahlt sich dafür ein Gehalt von rund 1.500 EUR netto monatlich aus und tätigt darüber hinaus Privatentnahmen von durchschnittlich 2.000 EUR monatlich. Zeitweise arbeitete sie noch in einem weiteren Betrieb. Sie finanzierte den weitaus überwiegenden Teil der gemeinsamen Lebenshaltungskosten, zB Lebensmittel und Hygieneartikel, Kleidung, Haushaltsgegenstände, Urlaube und diverse Versicherungen (Haushaltsversicherung, Kranken- und Unfallzusatzversicherung und Rechtsschutzversicherung). Die Beklagte trug auch die monatlichen Kosten für die Schule und das Internat ihres Sohnes und den Hort der gemeinsamen Tochter. Darüber hinaus zahlte sie die Leasingraten der zum Teil vom Kläger, zum Teil von ihr privat und betrieblich genutzten PKW und die Kosten der dafür anfallenden Kasko- und Haftpflichtversicherung. Gelegentlich tankte der Kläger auf Rechnung der Beklagten. Die Höhe der monatlichen Gesamtausgaben der Beklagten für den gesamten Haushalt über den gesamten Zeitraum hinweg steht nicht fest.
Von 2002 bis 2006 war der Kläger beruflich in der Schweiz tätig. Er arbeitete jeweils neun Tage hintereinander und hatte anschließend fünf Tage frei, die er zu Hause verbrachte. Den gleichen Arbeitsrhythmus hielt er auch bei seinen anschließenden Tätigkeiten in Wien (2007 und 2011) und in Slowenien (2011 bis 2013) ein. Im Zeitraum, in dem er in Wien arbeitete, machte er die Kreditzahlungen als steuerliche Sonderausgaben geltend. Die dadurch erzielte Steuerersparnis steht nicht fest.
Im Lauf der Zeit entwickelte sich die Beziehung der Streitteile auseinander.
Als der Kläger arbeitslos war, konnte er – ua weil die Rückzahlungsraten des Wohnbaudarlehens mittlerweile eine beträchtliche Höhe erreichten – die Zahlungen nicht mehr bewerkstelligen. Er zahlte deshalb ab April 2013 keine Kreditraten mehr, sondern überwies der Beklagten zunächst im Mai 2013 600 EUR und dann 1.000 EUR im Monat für das Wohnen im Haus und als Unterhalt.
Durch den Zubau des Wintergartens und den Ausbau des Kellers erhöhte sich der Verkehrswert der Liegenschaft um 33.500 EUR. Im Jahr 2015 hafteten insgesamt noch rund 120.000 EUR an Krediten aus.
Hätte der Kläger im Zeitraum Jänner 2000 bis August 2013 ein dem (gesamten) Haus insbesondere in Bezug auf Größe und Ausstattung vergleichbares Objekt gemietet, wären ihm Nettomietkosten (ohne Betriebskosten) von 79.500 EUR entstanden. Vergleichbare Häuser werden meist von Privatvermietern angeboten, sodass keine Umsatzsteuer auf die Miete zu entrichten ist. Die Betriebskosten vergleichbarer Objekte betragen monatlich durchschnittlich 2,60 EUR je Quadratmeter. Die durchschnittlichen monatlichen Haushaltsausgaben für einen Drei-Personen-Haushalt betrugen im Jahr 2012 – ohne Miete, Betriebskosten und Kosten der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel – rund 1.630 EUR.
Der Kläger begehrte von der Beklagten die Zahlung von 140.000 EUR sA und brachte vor, er habe Kredite der Beklagten zurückgezahlt sowie Zu- und Umbauarbeiten am Haus der Klägerin finanziert. Aufgrund der von der Beklagten verschuldeten Auflösung der Lebensgemeinschaft stehe ihm bereicherungsrechtlich die Rückforderung des begehrten Betrags zu.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger müsse sich für den Zeitraum, in dem er das Haus bewohnt habe, fiktive Miet- und Betriebskosten anteilig anrechnen lassen. Die Beklagte habe sämtliche Kosten des täglichen Lebens getragen. Der Kläger habe die Kreditzahlungen steuerlich geltend gemacht und müsse sich daher diesen Vorteil anrechnen lassen. Er habe für die gemeinsame Tochter keinen Unterhalt gezahlt, weshalb der ersparte Geldunterhalt von einer allfälligen Forderung abzuziehen sei. Unter Berücksichtigung all dieser Abzugsposten stehe dem Kläger jedenfalls nichts mehr zu.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 70.000 EUR sA und wies das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 70.000 EUR sA ab. Es war rechtlich der Ansicht, dass der Kläger – weil der verbleibende Nutzen in der ersparten Fremdfinanzierung liege – Anspruch habe auf Rückzahlung seiner gesamten Aufwendungen für die Kreditrückzahlungen und für den Umbau des Hauses. Darauf müsse er sich unter Berücksichtigung der von ihm getragenen Betriebskosten die festgestellten fiktiven Mietkosten, die fiktiven Betriebskosten und die – gemäß § 273 ZPO mit 2.000 EUR festgesetzten – sonstigen Haushaltskosten jeweils zur Hälfte anrechnen lassen. Vom daraus resultierenden Betrag seien – nach § 273 ZPO bestimmte – Vorteile durch die steuerliche Geltendmachung der Kreditrückzahlung als Sonderausgaben in Abschlag zu bringen. Dies ergebe einen gerundeten Zuspruch von 70.000 EUR sA.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht, jener des Klägers teilweise Folge und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 90.000 EUR sA. Es war der Rechtsansicht, dass im Fall einer späteren Aufhebung der Lebensgemeinschaft laufende Aufwendungen von Lebensgefährten für die während der Lebensgemeinschaft gemeinsame Wohnung oder sonstige Leistungen für zum sofortigen Verbrauch bestimmte Anschaffungen, insbesondere laufende Zahlungen für gemeinsamen Unterhalt, ihrer Natur nach für den entsprechenden Zeitraum der bestehenden Lebensgemeinschaft bestimmt und daher nicht rückforderbar seien. Nur außergewöhnliche Zuwendungen, etwa für den Erwerb einer Wohnung, die erkennbar in der Erwartung des Fortbestands der Lebensgemeinschaft gemacht würden, könnten bei Zweckverfehlung zurückgefordert werden.
Von 1998 bis 2002 habe die Beklagte die Raten der Kredite für den Hausbau und der Kläger den Kredit für die Finanzierung der von der Beklagten zu leistenden Ausgleichszahlung bezahlt. Der letztgenannte Kredit sei im Berufungsverfahren nicht mehr releviert worden, weshalb Ansprüche der Streitteile für diesen Zeitraum ausscheiden würden.
Der Verkehrswert der Liegenschaft habe sich aufgrund der Investition des Klägers in den Kellerausbau des Hauses und den Zubau des Wintergartens in der Höhe von 56.870,45 EUR um 33.500 EUR erhöht. Dieser Nutzen habe die Auflösung der Lebensgemeinschaft überdauert und sei von der Beklagten jedenfalls zu ersetzen.
Einer differenzierteren Betrachtung bedürften die vom Kläger geleisteten Kreditrückzahlungen (insgesamt 225.776,04 EUR). Ein Teil der Rückzahlungen – und zwar nach dem Vorbringen des Klägers insgesamt 43.059,56 EUR – sei auf den von den Streitteilen anlässlich des Umbaus gemeinsam aufgenommenen Kredit geleistet worden, habe daher der Schaffung eines nach der Auflösung der Lebensgemeinschaft fortbestehenden Vermögenswerts von 33.500 EUR gedient und sei daher aus den Kreditrückzahlungen auszuscheiden.
Auszugehen sei ferner davon, dass nicht nur die Zahlung der Kredite, sondern auch deren steuerliche Geltendmachung vom Konsens der Streitteile getragen gewesen sei, sodass vom Ausgangsbetrag der nach § 273 ZPO nach freier Überzeugung festzusetzende Steuervorteil abzuziehen sei. Mangels anderer Anhaltspunkte sei dabei in Annäherung an das (ursprüngliche) Vorbringen des Klägers eine Gesamtleistung von etwa 173.000 EUR anzunehmen, die der Sicherung des (reinen) Wohnbedarfs gedient habe. Diese habe sich jedoch nicht nur auf die laufenden Kosten bezogen, sondern auch auf die Sicherung des Wohnbedarfs in der Zukunft. In Anwendung des § 273 ZPO seien für den relevanten Zeitraum von 2003 bis März 2013 die fiktiv aufzuwendenden Nettomietkosten mit etwa 60.000 EUR festzusetzen. Wenn daher dieser Anteil der Sicherung des laufenden Wohnbedarfs für die Streitteile, die gemeinsame Tochter sowie den Sohn der Beklagten gedient habe, so sei durch die gesamten Kreditrückzahlungen für einen zukünftigen Wohnbedarf in Höhe von 113.000 EUR vorgesorgt worden. Mit diesem Betrag überdauere der Nutzen der Kreditrückzahlungen die Auflösung der Lebensgemeinschaft.
Bei der Bestimmung der Höhe des Rückforderungsanspruchs müsse berücksichtigt werden, dass die Frage, von wem Leistungen auf welche Einzelpositionen der – täglichen oder auch „vorsorgenden“ – Lebensführung erbracht würden, von Zufälligkeiten abhingen, die in der „Abwicklung“ der Lebensgemeinschaft keine Rolle spielen dürften. Dies stehe auch damit im Einklang, dass selbst die Übernahme von – grundsätzlich nicht ersatzfähigen – Lebenshaltungskosten zu einem bereicherungsrechtlichen Anspruch führen könne, wenn diese Kosten im Hinblick auf eine zukünftige Gegenleistung getragen würden. Die Beklagte habe durch die Übernahme eines Teils der Betriebskosten sowie der „sonstigen Haushaltskosten“ zur Lebensführung mit etwa 37.000 EUR und der Kläger mit etwa 32.000 EUR beigetragen, womit rund 5.000 EUR für die Beklagte verblieben.
Bei der Annahme der Lebenshaltungskosten für die Streitteile und die gemeinsame Tochter sei zu berücksichtigen, dass sich aus der Aufstellung der Beklagten für den Zeitraum von 1998 bis 2014 ausschließlich ihren Sohn betreffende Aufwendungen von 111.430 EUR – also durchschnittlich 550 EUR monatlich – und aus dem jeweils halben Gesamtbedarf an Kleidung und Schulbedarf – also 2.000 EUR und 1.000 EUR jährlich – weitere Aufwendungen von 250 EUR monatlich ergeben würden. Selbst nach dieser Aufstellung seien daher insgesamt durchschnittlich zumindest 800 EUR monatlich ausschließlich auf den Sohn entfallen, die jedenfalls von den von der Beklagten angenommenen gesamten Haushaltskosten von 3.500 EUR abzuziehen seien.
Wenn ein Elternteil ganz deutlich überwiegend die Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernehme, so sei zwar der nicht betreuende, aber im selben Haushalt lebende andere Elternteil verpflichtet, für die nicht in der Betreuung gelegenen naturaliter erforderlichen Sach- und Dienstleistungen einschließlich der Wohnungskosten, für ein angemessenes Taschengeld und allenfalls auch für einen Sonderbedarf des Kindes aufzukommen. Eine gesonderte Berücksichtigung – indem die Kostenanteile herausgerechnet werden, auf den Unterhaltsanspruch der Tochter gewidmet und dann die Differenz abgerechnet würde – scheide jedoch aufgrund der einvernehmlichen Aufteilung der Kostentragung aus.
Anzumerken sei überdies, dass Teile der vom Kläger getragenen fiktiven Mietkosten sowie der Betriebskosten auf den Sohn der Beklagten entfielen und daher als zusätzliche Leistungen des Klägers auf den Unterhalt der gemeinsamen Tochter anzurechnen wären und diese erst im Jahr 2003 geboren sei. In diesem Jahr sei der Regelbedarf bei 157 EUR monatlich und der Unterhaltsstopp bei 314 EUR monatlich gelegen. Insgesamt hätten damit der Kläger durch seine Zahlungen auf die Kredite, die Investitionen in den Ausbau des Kellers und den Zubau des Wintergartens und die von ihm getragenen Betriebskosten und die Beklagte durch die Übernahme der restlichen Betriebskosten sowie der „sonstigen Haushaltskosten“ für die Streitteile und die gemeinsame Tochter – unabhängig davon, ob diese mit 2.200 EUR oder mit 2.600 EUR angesetzt würden – in etwa gleichviel zur Schaffung der „Vorsorge für zukünftige Wohnkosten“ beigetragen. Dem Kläger sei daher daran ein Anteil in der Höhe der Hälfte – also von 56.500 EUR – zuzurechnen, den er von der Beklagten zurückverlangen könne, weil die Zahlungen auf die dem – im Eigentum der Beklagten stehenden – Haus zugeordneten Kredite nach Auflösung der Lebensgemeinschaft ausschließlich der Beklagten zugute kämen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die zu lösenden Rechtsfragen unter Bedachtnahme auf die Besonderheiten des Einzelfalls auf Grundlage der bestehenden höchstgerichtlichen Rechtsprechung hätten beantwortet werden können.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem – erschließbaren – Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wird. Hilfsweise stellt die Beklagte auch einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger erstattete eine – ihm freigestellte – Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise dieser nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die Vorinstanzen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sind; sie ist auch teilweise berechtigt.
1.1. Die von einem Lebensgefährten während der Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen und Aufwendungen sind in der Regel unentgeltlich und können daher grundsätzlich nicht zurückgefordert werden (5 Ob 174/09p; vgl RIS-Justiz RS0033705 [T2]). Leistungen und Aufwendungen, die keinen in die Zukunft reichenden Zweck aufweisen, sondern ihrer Natur nach für den entsprechenden Zeitraum der bestehenden Lebensgemeinschaft bestimmt sind, haben bei einer späteren Aufhebung der Lebensgemeinschaft ihren Zweck nicht verfehlt (RIS-Justiz RS0033701). Ein Partner kann allerdings nach dem Ende der Lebensgemeinschaft nach § 1435 ABGB – zumal außergewöhnliche (vgl 5 Ob 174/09p) – Leistungen (zB Erwerb einer Wohnung oder der Errichtung eines Hauses [vgl RIS-Justiz RS0033921]) zurückfordern, die er erkennbar im Hinblick auf das Weiterbestehen der Gemeinschaft erbracht hat (vgl RIS-Justiz RS0033952; RS0033698; RS0033914), soweit ein die Lebensgemeinschaft überdauernder Nutzen verbleibt (vgl RIS-Justiz RS0033921 [insb T10]).
1.2. Insbesondere auflaufende Aufwendungen von Lebensgefährten für die während der Lebensgemeinschaft gemeinsame Wohnung oder sonstige Leistungen für zum sofortigen Verbrauch bestimmte Anschaffungen sind dagegen ihrer Natur nach für den entsprechenden Zeitraum der bestehenden Lebensgemeinschaft bestimmt und haben daher im Fall einer späteren Aufhebung der Lebensgemeinschaft ihren Zweck anders als die Aufwendungen für Dauerinvestitionen nicht verfehlt (vgl RIS-Justiz RS0033701; ferner RS0033705 [insb T2]).
1.3. Diese in der Judikatur entwickelten Kriterien zur Zweckverfehlung von Leistungen bei Auflösung der Lebensgemeinschaft und der Forderung auf Verschaffung des Restnutzens kommen allerdings dann nicht zur Anwendung, wenn eine – auch nur schlüssige (vgl 6 Ob 57/99x) – vertragliche Regelung getroffen wurde; eine solche schließt die Heranziehung von Bereicherungsgrundsätzen aus (5 Ob 156/06m; vgl auch 4 Ob 189/13t = iFamZ 2014/63 [zust Deixler-Hübner]; RIS-Justiz RS0033585).
2. Der Kläger hat (teilweise offenbar mit Kredit) den Zubau eines Wintergartens und den Ausbau des Kellers am Objekt der Beklagten finanziert. Daraus resultierte eine Erhöhung des Verkehrswerts ihrer Liegenschaft um 33.500 EUR. In diesem Umfang lag ein nach dem Ende der Lebensgemeinschaft zugunsten der Beklagten fortdauernder Nutzen vor. In diesem Umfang haben die Vorinstanzen einen Anspruch des Klägers mit Recht bejaht und dagegen vermag die Beklagte in ihrer Revision auch nichts Stichhaltiges einzuwenden.
3. Den vom Kläger für die Ausgleichszahlung der Beklagten aufgenommenen und zurückbezahlten Kredit hat das Berufungsgericht ausgeschieden, weil dieser vom Erstgericht übergangen und im Berufungsverfahren vom Kläger nicht mehr releviert wurde.
4. Vom Kläger von 1999 bis 2013 geleistete Beiträge zu Betriebskosten sind als laufende Aufwendungen nicht zweckverfehlt und daher schon aus diesem Grund keiner bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung zugänglich.
5. Betreffend die vom Kläger ab 2003 geleisteten Kreditrückzahlungen haben die Parteien eine als Vereinbarung zu wertende Regelung getroffen. Nachdem der Kläger ab 2003 bei der Beklagten offiziell gemeldet war, haben die Parteien nämlich ihre finanzielle Situation besprochen: „Die Beklagte meinte, sie könne künftig nicht mehr alles wie bisher bezahlen. Der Kläger erklärte sich daraufhin bereit, die Rückzahlungen für die offenen Kredite zu übernehmen.“ Diese Absprache ist als Vereinbarung zu verstehen, nach der sich der Kläger als Beitrag zum gemeinsamen Lebensaufwand zur Bezahlung besagter Kreditraten verpflichtete. Auf die rein subjektive Einschätzung des Klägers kommt es nicht an. Diese Vereinbarung schließt eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung aus (vgl Punkt 1.3.).
6.1. Im Ergebnis steht dem Kläger ein auf § 1435 ABGB gestützter Anspruch nur im Umfang der aus dem Zubau des Wintergartens und dem Ausbau des Kellers am Objekt der Beklagten resultierenden Erhöhung des Verkehrswerts ihrer Liegenschaft um 33.500 EUR sA zu. In teilweiser Stattgebung der Revision war daher der Zuspruch auf diesen Betrag zu reduzieren.
6.2. Die Kostenentscheidung gründet hinsichtlich aller Instanzen auf § 43 Abs 1 ZPO (iVm § 50 ZPO). Im Verfahren erster Instanz ist der Kläger mit rund ¼ seiner Forderung durchgedrungen und hat daher der Beklagten die Hälfte ihrer Vertretungskosten zu ersetzen. Von den vom Kläger beanstandeten Schriftsätzen der Beklagten waren (nur) ON 22, 24, 29 und 52 nicht aufgetragen bzw nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich und daher nicht ersatzfähig. Beim Schriftsatz ON 51 war die Bemessungsgrundlage zu korrigieren. Die erstinstanzlichen Vertretungskosten der Beklagten betragen einschließlich Umsatzsteuer insgesamt 29.344,62 EUR, wovon der Kläger die Hälfte, also 14.672,31 EUR (darin 2.445,39 EUR an Umsatzsteuer) zu ersetzen hat. An anteiligen Barauslagen gebühren der Beklagten zusätzlich 371,75 EUR, insgesamt daher 15.044,06 EUR.
Im Berufungsverfahren war der Kläger mit seinem Rechtsmittel erfolglos und hat daher der Beklagten die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen. Die Beklagte war mit ihrer Berufung etwa zur Hälfte erfolgreich, weshalb insoweit Kostenaufhebung eintritt. Der Kläger hat der Beklagten allerdings die halbe Pauschalgebühr zu ersetzen.
Im Revisionsverfahren ist die Beklagte mit rund 60 % durchgedrungen und hat daher Anspruch auf 20 % der Vertretungskosten und 60 % der Pauschalgebühr.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00208.17I.0704.000 |
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