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OGH vom 20.12.2011, 4Ob168/11a

OGH vom 20.12.2011, 4Ob168/11a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers C*****, vertreten durch Mag. Arno Pajek, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Stadt Wien, MA 64, Wien 8, Lerchenfelderstraße 4, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kostenersatz nach §§ 50, 55 WrBauO, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 286/11a-28, womit infolge Rekurses der Antragsgegnerin der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 10 Nc 12/10h-22, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens.

Text

Begründung:

Der Antragsteller stellte als Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch ***** am im Verfahren der Antragsgegnerin MA 64 1578/2009 das Ansuchen um baubehördliche Genehmigung der Grundabteilung der Liegenschaft EZ ***** auf zwei Bauplätze. Mit Bescheid vom bewilligte die Antragsgegnerin die begehrte Abteilung von Grundstücken nach dem vorgelegten Teilungsplan und schrieb vor, dass das provisorische Grundstück 1317/15 gemäß § 17 Abs 4 lit a und b Wr BauO gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung der Abteilung unentgeltlich und lastenfrei in das öffentliche Gut zu übertragen sei (Punkt I 1.). Sie sprach weiters aus, dass gemäß § 50 Wr BauO iVm § 55 Wr BauO der Eigentümer der Bauplätze rot 1 (provisorisches Grundstück 1324) und rot 2 (provisorisches Grundstück 1325/1) [das ist der Antragsteller] verpflichtet sei, der Antragsgegnerin für die nach Maßgabe der Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans aus Anlass der Grundabteilung gemäß § 17 Abs 1 und 4 BauO unentgeltlich in das öffentliche Gut abzutretenden Grundflächen, welche jedoch bereits im öffentlichen Gut lägen, einen Kostenersatz für insgesamt 286 m² in der Höhe des vollen Grundwerts von 260 EUR pro m², insgesamt daher 74.360 EUR zu leisten.

Der Antragsteller stellte am gemäß § 59 Abs 8 Wr BauO den Antrag auf Entscheidung durch das Gericht und begehrte, dass ihm kein Kostenersatz auferlegt werde, hilfsweise, dass er zu einem Kostenersatz in geringerer Höhe als dem von der Antragsgegnerin festgesetzten verpflichtet werde. Die Antragsgegnerin gehe ohne jeden Beweis davon aus, dass die betreffenden Grundstücke noch nie als Bauplätze genehmigt und vor 100 Jahren mit nicht genehmigten Superädifikaten bebaut worden seien. Da für Nachbargrundstücke Baubewilligungen nach § 70 Wr BauO vorlägen, sei von einer konsensmäßigen Bebauung der bewilligten Bauplätze durch die Superädifikate auszugehen. Der Antragsteller habe als Verpächter stets größten Wert darauf gelegt, dass Bautätigkeit der Pächter nur unter Einhaltung der jeweils gültigen Bebauungsbestimmungen erfolge. Bei den Superädifikaten handle es sich um einen alten Bestand mit der Vermutung der Rechtmäßigkeit. Der entgeltliche Erwerb der im Bescheid als unentgeltlich in das öffentliche Gut abzutretend bezeichneten Grundflächen durch die Antragsgegnerin mit Kaufvertrag vom habe überdies nicht der in § 50 Wr BauO vorgesehenen Eröffnung von Verkehrsflächen, sondern dem Ausbau einer bereits vorhandenen Verkehrsfläche gedient. Selbst wenn man eine Kostenersatzpflicht bejahte, hätte bei der Festsetzung deren Höhe angemessen berücksichtigt werden müssen, dass der Grund des Kaufs neben dem Zweck des Ausbaus der Verkehrsfläche auch die gärtnerische Ausgestaltung der Straße gewesen sei. Zur Höhe werde weiters vorgebracht, dass als Bewertungsstichtag für die abzutretenden Grundflächen der (Abschluss des Kaufvertrags) anzusetzen gewesen wäre. Eine Bezifferung des Eventualbegehrens sei ohne Sachverständigengutachten nicht möglich.

Die Antragsgegnerin begehrte, den Antrag wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen. Dass eine Kostenersatzpflicht überhaupt nicht bestehe, könne nur mit Berufung gegen den Bescheid geltend gemacht werden; das Gericht könne nur zur Höhe des Kostenersatzes angerufen werden. Die Kostenersatzpflicht sei dem Grunde nach berechtigt, weil die Antragsgegnerin unentgeltlich abzutretende Grundflächen gegen Entgelt erworben habe (§ 17 Wr BauO) und zuvor keine Bewilligungen für Grundabteilungen und keine Baubewilligungen für die durch Grundabteilung entstandenen Bauplätze erteilt worden seien. Unter „Eröffnung von Verkehrsflächen“ iSd § 50 Wr BauO sei nicht nur die Neuerrichtung einer Straße, sondern auch deren straßenmäßiger Ausbau zu verstehen. Die Angemessenheit des Kostenersatzes ergäbe sich aus der im Verwaltungsverfahren erfolgten Grundwertschätzung durch Sachverständigen, die weder dort noch im Gerichtsverfahren in Frage gestellt worden sei.

Das Erstgericht stellte fest, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin gegenüber aus Anlass der mit Bescheid vom , MA 64-1578/2009, bewilligten Grundabteilung der betroffenen Liegenschaft nicht zum Kostenersatz gemäß §§ 50, 55 Wr BauO verpflichtet sei. Es traf folgende Feststellungen:

Die Antragsgegnerin hat mit Kaufvertrag MA 65-XXI/43/1/59 vom das Grundstück 1355/2 (vormals 1570/4 KG D*****) vom Antragsteller zwecks Ausbaus und gärtnerischer Ausgestaltung der Straße Wien 21, *****, um 170.400 ATS gekauft (./A). Das Grundstück wurde 1960 an die Antragsgegnerin übergeben und die Einverleibung ins öffentliche Gut im Jahr 1960 zur TZ 243/60 grundbücherlich durchgeführt. Bereits zu diesem Zeitpunkt war auf der Liegenschaft 1355/2 eine Straße errichtet. Die nunmehr einer Abteilung zuzuführenden Grundstücke sind seit mehreren Jahrzehnten mit Superädifikaten bebaut. Es kann nicht festgestellt werden, ob für diese jemals Bewilligungen erteilt wurden. Für Nachbargrundstücke liegen Baubewilligungen vor.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass gemäß § 55 Wr BauO für die durch Bescheid festzusetzenden Kostenersätze § 59 Abs 8 Wr BauO sinngemäß gelte, wonach es jeder Partei frei stehe, binnen drei Monaten ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheids die Entscheidung der ordentlichen Gerichte über die Entschädigung zu begehren. Zu prüfen sei, ob die Voraussetzungen eines Kostenersatzes vorlägen, wozu auch gehöre, dass die Gemeinde Grundstücke „zur Eröffnung von Verkehrsflächen“ gegen Entgelt erworben habe. Solches sei hier nicht der Fall, weil im Zeitpunkt des Erwerbs durch die Antragsgegnerin bereits eine Straße bestanden habe und das Grundstück nur zum Zweck des straßenmäßigen Ausbaus erworben worden sei; „Eröffnung“ bedeute im üblichen Wortsinn die erstmalige Schaffung bzw Erschließung einer Verkehrsfläche.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Rechtsprechung zur Auslegung des § 50 Wr BauO zulässig sei. Ob die Antragsgegnerin dem Grunde nach einen Anspruch auf Kostenersatz gemäß §§ 50, 55 Wr BauO besitze, sei gerichtlich zu prüfen (§ 59 Abs 8 Wr BauO). Die Wortfolge „zur Eröffnung von Verkehrsflächen“ in § 50 Wr BauO sei nach Sinn und Zweck der Regelung dahin auszulegen, dass damit nur die erstmalige Schaffung einer Verkehrsfläche, nicht aber auch der Ausbau einer schon bestehenden Verkehrsfläche zu verstehen sei, zumal der Gesetzgeber an anderer Stelle für Ausbauvorhaben den eigenen Begriff „Verbreiterung“ verwende (§ 17 Abs 4 lit b Wr BauO). Da das betreffende Grundstück ausdrücklich für den Ausbau und die gärtnerische Gestaltung einer bestehenden Straße erworben worden sei, fehle schon aus diesem Grund eine der Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Kostenersatzes nach § 55 Wr BauO. Ihre Behauptung, die Parzellen seien unbefugt bebaut worden (in welchem Fall das Grundstück nach § 14 Wr BauO als unbebaut gelte), habe die Antragsgegnerin nicht erwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt.

1.1. § 17 Wr BauO regelt Grundabtretungen zu Verkehrsflächen bei Abteilungen im Bauland. Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

Bei der Schaffung oder Änderung von Bauplätzen, Baulosen oder Teilen von solchen sind die nach Maßgabe der Baulinien zu den Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen bei beiderseitiger Bebauungsmöglichkeit bis zur Achse der Verkehrsfläche, bei einseitiger Bebauungsmöglichkeit bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, in beiden Fällen aber nur bis zu 20 m, senkrecht zur Baulinie und von dieser aus gemessen, gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung satz- und lastenfrei in das öffentliche Gut zu übertragen; eine Belastung durch Verpflichtungen, die der Herstellung, Erhaltung und Benützung öffentlicher Aufschließungsleitungen oder Zwecken des öffentlichen Verkehrs dienen, hindert die Übertragung in das öffentliche Gut nicht (Abs 1 erster Satz).

Soweit die Verpflichtung zur Übertragung in das öffentliche Gut gemäß Abs 1 besteht, sind hiebei entlang der Baulinien unbeschadet des Abs 5 unentgeltlich abzutreten:

a) alle zu den neuen Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen, wobei als neue Verkehrsflächen solche anzusehen sind, an die nach Maßgabe des festgesetzten Bebauungsplans erstmals angebaut werden soll,

b) die zur Verbreiterung bestehender Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen bei Abteilung einer Grundfläche, die bisher unbebaut war und als Bauplatz beziehungsweise als Baulos noch nicht behördlich genehmigt worden ist (Abs 4).

1.2. § 50 Wr BauO regelt nach seiner Überschrift den Beitrag zu den Kosten der Erwerbung von Verkehrsflächen. Die Bestimmung lautet:

In den Fällen des § 10 Abs 1 lit a bis c [lit b: bewilligungspflichtige Grundabteilungen] besteht die Verpflichtung zum Kostenersatz, sobald die Gemeinde zur Eröffnung von Verkehrsflächen von den Anrainern

1. unentgeltlich abzutretende (§§ 17 Abs 1 und 4 und 18) oder

2. von § 17 Abs 4a erfasste Grundflächen

gegen Entgelt erworben hat. Zu ersetzen sind im Falle der Z 1 die Kosten für den Erwerb und die Freimachung der Grundflächen sowie die Herstellung der Höhenlage, im Falle der Z 2 die Kosten für die Freimachung der Grundflächen sowie die Herstellung der Höhenlage. Wurden von der Gemeinde die Grundflächen vor mehr als fünf Jahren erworben oder die Höhenlage vor mehr als fünf Jahren hergestellt, ist der Kostenersatz neu zu bemessen.

1.3. § 55 Wr BauO regelt nach seiner Überschrift den Kostenersatz. Abs 1 dieser Bestimmung lautet:

Die gemäß § 17 Abs 7 und 8, § 50 und § 54 Abs 5 und 8 zu leistenden Kostenersätze sind durch Bescheid festzusetzen. Die Kostenersätze sind innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Kostenersatzbescheides zu leisten. Hinsichtlich der Kostenersätze gilt nach der erstinstanzlichen Entscheidung § 59 Abs 8 sinngemäß.

1.4. Gemäß § 59 Abs 8 Wr BauO steht es jeder Partei des Einlösungsverfahrens frei, binnen drei Monaten ab Zustellung des Einlösungsbescheids die Entscheidung der ordentlichen Gerichte über die Entschädigung zu begehren. Das Gericht hat über den Antrag im Verfahren außer Streitsachen zu erkennen. Mit dem Einlangen des Antrags bei Gericht tritt die Entscheidung über die Entschädigung außer Kraft.

2.1. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller mit Bescheid vom aus Anlass deren Antrags auf Abteilung von Grundstücken verpflichtet, ihr einen Kostenersatz von 74.360 EUR für jene Grundflächen zu leisten, die gemäß § 17 Abs 1 und 4 Wr BauO unentgeltlich in das öffentliche Gut abzutreten waren, jedoch bereits im öffentlichen Gut liegen, weil sie die Antragsgegnerin schon 1959 gegen Entgelt erworben hat.

2.2. Der damit verfolgte Kostenersatzanspruch beruht auf § 50 Wr BauO. Infolge fristgerechten Antrags des Antragstellers bei Gericht, die Entscheidung der ordentlichen Gerichte über die Entschädigung zu begehren, trat die Entscheidung der Antragsgegnerin über die Entschädigung außer Kraft (§ 55 Abs 1 iVm § 59 Abs 8 Wr BauO).

2.3. Diese Regelung einer sukzessiven Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nach den Verwaltungsbehörden erfolgte im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 11.760), die für Entschädigungsverfahren ein Tatsachengericht fordert, sodass eine bloß nachprüfende Kontrolle der Entscheidung einer Verwaltungsbehörde durch den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf Art 6 EMRK nicht ausreicht. Dies gilt nicht nur bei Entscheidungen über eine Entschädigung der Höhe nach, bei denen ein Teil des geltend gemachten Anspruchs zuerkannt wurde, sondern auch dann, wenn die Verwaltungsbehörde über die Gewährung einer Entschädigung dem Grunde nach, also insbesondere auch bloß abweisend, entschieden hat (VfSlg 13.807, 13.979, 16.692, 17.072, 17.242). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dieser Auffassung angeschlossen (vgl VwGH 2006/05/0214).

3. Die Parteien streiten über die Auslegung des Begriffs „Eröffnung von Verkehrsflächen“ in § 50 Wr BauO. Nach Auffassung der Antragsgegnerin komme es für den Tatbestand der Kostenersatzpflicht allein darauf an, dass sie - wie im Anlassfall - ihr nach § 17 Wr BauO unentgeltlich abzutretende Flächen gegen Entgelt erworben habe; unbeachtlich sei hingegen, ob diese Flächen schon als Verkehrsflächen ausgebaut seien. Demgegenüber teilt der Antragsteller den Standpunkt der Vorinstanzen, unter „Eröffnung“ sei nur die erstmalige Schaffung von Verkehrsflächen zu verstehen, nicht hingegen der Ausbau bestehender Verkehrsflächen.

4.1. Grenzt ein Grundstück an eine öffentliche Verkehrsfläche, bringt dies den Vorteil der leichteren Benutzbarkeit mit sich. Dieser „Aufschließungsvorteil“ ist regelmäßig mit einer Werterhöhung des Grundstücks verbunden. Die Gemeinde ist daher berechtigt, bei erstmaligem Anbau an neuen Verkehrsflächen ebenso wie für schon bestehende Verkehrsflächen von den Anliegern einen Kostenbeitrag zur Herstellung von Verkehrsflächen einzuheben (§ 51 Abs 1 Wr BauO). Solche Anliegerbeiträge sind keine Abgaben, sondern Entgelte für die Vorteile aus der Aufschließung (VwSlgNF 2298 A).

4.2. Die Anliegerleistung (Überschrift zum 5. Teil der Wr BauO) im Fall des § 50 Wr BauO knüpft nicht an eine Bauführung, sondern ua an eine mit der „Eröffnung von Verkehrsflächen“ verbundene Grundabteilung an und verpflichtet die Anrainer zu einem Beitrag zu den Kosten der Erwerbung von Verkehrsflächen (Überschrift zu § 50 Wr BauO).

4.3. Grundsätzlich ist die Verpflichtung zur unentgeltlichen Abtretung einer Grundfläche in das öffentliche Gut eine Enteignung. Deren Rechtfertigung liegt in der Regel darin, dass dem Wert des abzutretenden Grundes die so genannten „Aufschließungsvorteile“ in Form des Frontrechts gegenüberstehen ( Riegler , Bauordnung für Wien, 85). Frontrecht ist das Recht des Bauplatzeigentümers, gegen die öffentliche Verkehrsfläche Ausgänge und Ausfahrten anzuordnen, Fenster einzurichten und Anschlüsse an die in der öffentlichen Verkehrsfläche liegenden Leitungen herzustellen (vgl § 5 Abs 6 lit a Wr BauO). Dem steht die Verpflichtung zur Erbringung der Anliegerleistungen gegenüber.

4.4. Sachliche Rechtfertigung für eine durch einen Antrag auf Grundabteilung ausgelöste Anliegerleistung nach § 50 Wr BauO kann nur sein, dass mit der Grundabteilung für den Anrainer Vorteile verbunden sind, die es billig erscheinen lassen, ihn auch an den Kosten der Herstellung angrenzender Verkehrsflächen zu beteiligen. Tatsächlich besteht ein Anrainervorteil in diesem Fall darin, dass dem Eigentümer mit der Grundabteilung künftig mehr nutzbare Grundstücke - wenn auch bei gleichgebliebener Fläche - zur Verfügung stehen, deren Gesamtwert (insbesondere in Gegenden mit knappem Bauland) regelmäßig höher liegt als der Wert des zuvor bestehenden ungeteilten Grundstücks. Der „Aufschließungsvorteil“ durch die angrenzende öffentliche Verkehrsfläche wirkt sich zugunsten aller abgeteilten Grundstücke aus.

4.4. Hängt der Aufschließungsvorteil im Fall des § 51 Abs 1 Wr BauO (erstmaliger Anbau) schon nach dem Gesetzeswortlaut richtigerweise nicht davon ab, ob die angrenzende Verkehrsfläche schon besteht oder neu geschaffen wird, weil die Interessenlage zwischen erstmalig anbauendem Anrainer und Gemeinde davon unbeeinflusst bleibt, ob die Verkehrsanbindung bereits besteht oder erst geschaffen werden muss, muss gleiches auch für die Anliegerleistung nach § 50 Wr BauO für den Fall gelten, dass an die durch Grundabteilung neu gebildeten Grundstücke nach Maßgabe des festgesetzten Bebauungsplans erstmals angebaut werden soll (§ 17 Abs 4 lit a Wr BauO).

4.5. Als neue Verkehrsflächen iSd § 17 Abs 4 lit a Wr BauO sind nach der Legaldefinition solche anzusehen, an die „nach Maßgabe des festgesetzten Bebauungsplans erstmals angebaut werden soll“.

4.6. An eine Verkehrsfläche wird dann „erstmalig angebaut“, wenn ein „Frontrecht“ bisher noch nicht ausgeübt wurde ( Geuder , Sammlung des Wiener Baurechts § 51 BO Anm 4; VwGH 2429/76).

4.7. Nach der Legaldefinition des § 17 Abs 4 lit a Wr BauO knüpft die Kostenersatzpflicht an einen Vorgang auf dem angrenzenden Grundstück (nämlich an den erstmaligen Anbau) an und stellt nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen der Verkehrsfläche im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kostenersatzpflicht ab.

4.8. Dies ist sachlich auch gerechtfertigt. Werden nämlich - wie hier - durch die Grundstücksabteilung erst die Voraussetzungen für die Widmung von neuen Bauplätzen geschaffen, zieht der Antragsteller einen Aufschließungsvorteil aus der dadurch bewirkten Werterhöhung, und er kann die durch die Grundstücksabteilung neu entstandenen Frontrechte für beide Bauplätze ausüben. Es ist dann nur billig, ihn auf der anderen Seite (ebenso wie im Fall des § 51 Abs 1 Wr BauO) auch an den Kosten der Herstellung angrenzender Verkehrsflächen unabhängig davon zu beteiligen, ob diese schon bestehen oder erst geschaffen werden. Auch wird auf diese Weise die Gleichbehandlung aller Anrainer der öffentlichen Verkehrsfläche erreicht, die Aufschließungsvorteile unabhängig davon lukrieren, ob sie ihre abgeteilten Grundstücke vor oder nach Errichtung der Verkehrsfläche erstmals bebauen.

4.9. Auch aus der Beziehung Bebauungsplan Verkehrsfläche in § 17 Wr BauO ist zu schließen, dass damit Verkehrsflächen gemeint sind, die im Bebauungsplan festgelegt sind, unabhängig davon, ob sie bereits tatsächlich ausgebaut sind oder nicht ( Geuder/Hauer , Wiener Bauvorschriften 5 § 17 BO Anm 6).

5. Die voranstehenden Erwägungen lassen sich in folgender Weise zusammenzufassen:

§ 50 Wr BauO verpflichtet die Anrainer ua für den Fall einer mit der „Eröffnung von Verkehrsflächen“ verbundenen Grundabteilung zu einem Beitrag zu den Kosten der entgeltlichen Erwerbung von angrenzenden Verkehrsflächen durch die Gemeinde. Diese Kostenersatzpflicht knüpft an den Tatbestand des § 17 Abs 1 und 4 Wr BauO an und hängt davon ab, dass die angrenzenden Verkehrsflächen im Bebauungsplan festgelegt sind und ein neues Frontrecht des Anrainers erstmals ausgeübt wird, nicht hingegen davon, ob die Verkehrsflächen bereits ausgebaut sind oder künftig ausgebaut werden sollen.

6.1. Im Anlassfall steht fest, dass durch die antragsgemäß bewilligte Grundabteilung zwei Bauplätze entstanden sind, die dem Antragsteller neue Frontrechte einräumen. Damit ist der Tatbestand des § 17 Abs 4 lit a Wr BauO verwirklicht, weil nunmehr an die angrenzende Verkehrsfläche nach Maßgabe des festgesetzten Bebauungsplans erstmals angebaut werden soll.

6.2. Dass die von der Grundabteilung betroffene Liegenschaft schon zuvor aufgrund einer Baubewilligung bebaut war, steht nicht fest. Dies geht nach allgemeinen Beweislastregeln zu Lasten des Antragstellers, der für den rechtsvernichtenden Einwand, die Grundabteilung habe eine nach im Zeitpunkt der Bebauung geltendem Bebauungsplan rechtmäßig an öffentlichen Verkehrsflächen angebaute Liegenschaft betroffen (weshalb durch diesen Vorgang keine neuen Frontrechte entstanden seien), beweispflichtig war.

6.3. Da die Antragsgegnerin 1959 die für die angrenzende Verkehrsfläche benötigten Grundstücke gegen Entgelt erworben hat, ist sie berechtigt, vom Grundeigentümer Kostenersatz gemäß § 50 Wr BauO für die unentgeltlich abzutretenden Grundflächen ungeachtet dessen zu verlangen, dass die Verkehrsfläche im Zeitpunkt der Grundabteilung bereits ausgebaut ist.

6.4. Somit steht für das weitere Verfahren bindend fest, dass der Antragsteller aus Anlass der Grundabteilung im Verfahren der Antragsgegnerin MA 64 1578/2009 dem Grunde nach verpflichtet ist, für die nach Maßgabe der Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans unentgeltlich in das öffentliche Gut abzutretenden Grundflächen (§ 17 Abs 1 und 4 BauO), die nach entgeltlichem Erwerb durch die Antragsgegnerin bereits im öffentlichen Gut liegen, Kostenersatz gemäß § 50 Wr BauO zu leisten.

7.1. Feststellungen zur Höhe des angemessenen Kostenersatzes fehlen. Dem Revisionsrekurs ist deshalb Folge zu geben und dem Erstgericht im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags eine Entscheidung zur Höhe des Kostenersatzanspruchs nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

7.2. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren davon auszugehen haben, dass der Bewertungsstichtag auf den Tag der Bewilligung der Grundabteilung (§ 10 Abs 1 lit b Wr BauO), das ist der , fällt. Erst an diesem Tag stehen einander nämlich Aufschließungsvorteile und Kostenbeitragspflicht (§ 50 Z 1 Wr BauO iVm §§ 17 Abs 1, 10 Abs 1 lit b Wr BauO) zum ersten Mal gegenüber (vgl zuvor Punkt 4.4.). Für diese Lösung spricht auch § 50 letzter Satz Wr BauO, wonach der Kostenersatz dann neu zu bemessen ist, wenn die Grundflächen vor mehr als fünf Jahren erworben worden sind. Wollte man mit dem Antragsteller auf den weit davor liegenden Tag der Grundabtretung abstellen, würde dies der Interessenlage der Beteiligten deshalb nicht gerecht, weil dieser Vorgang weder eine Kostenersatzpflicht nach § 50 Wr BauO ausgelöst noch dem Grundeigentümer einen Aufschließungsvorteil in Form der Schaffung von Bauplatz gewährt hat.

8. Eine endgültige Sachentscheidung ist noch nicht möglich. Die Kostenentscheidung ist deshalb der Endentscheidung vorzubehalten (§ 78 Abs 1 AußStrG).