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OGH vom 28.06.2000, 6Ob258/99f

OGH vom 28.06.2000, 6Ob258/99f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Baumann, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth N*****, vertreten durch Dr. Rainer Cuscoleca, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Johann S***** und 2. Dorothea S*****, beide vertreten durch Dr. Erich Kafka und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Zuhaltung eines Mietvertrages und Übergabe einer Wohnung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 41 R 153/99z-16, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 30 C 1412/97i-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, 1. der Klägerin binnen 14 Tagen die Wohnung top Nr 11 im Haus 1030 Wien, M*****gasse 21, zu übergeben und 2. den am über diese Wohnung abgeschlossenen Mietvertrag zuzuhalten, abgewiesen wird.

Die Klägerin hat den Beklagten die für alle Instanzen mit insgesamt 53.005,94 S (darin enthalten 8.323,66 S Umsatzsteuer und 3.064 S Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten sind je zur Hälfte Eigentümer eines Hauses in Wien, mit dessen Verwaltung ein näher genannter Hausverwalter betraut ist, der seinerseits hiefür eine näher bezeichnete Angestellte als Sachbearbeiterin einsetzte.

Die Wohnung top Nr 11 wurde mit Mietvertrag vom an eine näher so bezeichnete Vormieterin auf unbestimmte Zeit vermietet. Im Mietvertrag wurde ihr das Recht eingeräumt, "innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren gerechnet ab Vertragsabschluss einen Mietrechtsnachfolger vorzustellen, mit welchem ein Hauptmietverhältnis geschlossen wird, wobei die Bonität des Mieters zu entsprechen hat". In der Folge wurde dieses Recht zunächst befristet und schließlich unbefristet für die Dauer des Mietverhältnisses verlängert.

Von diesem Recht wollte die Vormieterin 1996 Gebrauch machen. Aufgrund eines entsprechenden Inserates kam die Vormieterin mit der Klägerin in Kontakt und nannte ihr eine an sie zu zahlende Ablösesumme von 600.000 S. Die Klägerin wollte ein Weitergaberecht eingeräumt erhalten, womit der Hausverwalter einverstanden war. Die Vormieterin und die Klägerin einigten sich schließlich auf eine Ablösesumme von 500.000 S. Die Vormieterin teilte der Hausverwaltung telefonisch mit, dass sie einen Nachmieter gefunden habe und die Hausverwaltung einen entsprechenden Mietvertrag vorbereiten könne. Als Termin für dessen Abschluss mit der neuen Mieterin und Abgabe der Verzichtserklärung der Vormieterin auf ihre Mietrechte wurde der vereinbart. Die Klägerin war damit einverstanden, bei diesem Termin auch die vereinbarte Ablöse an die Vormieterin zu zahlen. Nach Einholung der Zustimmung der Beklagten verfasste die Sachbearbeiterin des Hausverwalters einen Mietvertragsentwurf in dreifacher Ausfertigung, in dem sie die Klägerin als Mieterin einsetzte. Weiters bereitete sie ein Beiblatt zum Mietvertrag vor.

Die Klägerin erschien beim vereinbarten Termin am in den Räumlichkeiten der Hausverwaltung in Begleitung eines Bekannten. Sie hatte den soeben von ihrem Sparbuch behobenen Barbetrag von 100.000 S und das Sparbuch mit dem verbliebenen Einlagestand von 400.000 S bei sich. Bei dem nun folgenden Gespräch waren die Sachbearbeiterin des Hausverwalters, die Vormieterin, die Klägerin und ihr Bekannter anwesend. Es herrschte Einvernehmen darüber, dass die Vormieterin die Wohnung direkt der Klägerin übergeben werde. Auf Aufforderung der Klägerin verfasste die Vormieterin mit Unterstützung der Sachbearbeiterin folgendes Schriftstück: "Verzichtserklärung -

Ich,... (Vormieterin) verpflichte mich, die Wohnung... an Frau...

(Klägerin) am zu übergeben - ... (Vormieterin). Die Klägerin gab dieses Schriftstück ihrem Bekannten, der es einsteckte. Sodann wurde der Mietvertrag Punkt für Punkt mit der Klägerin durchbesprochen. Die Sachbearbeiterin forderte die Klägerin auf, diesen zu unterfertigen. Die Klägerin wies jedoch darauf hin, dass noch immer eine Unsicherheit betreffend die Erlangung der Hauptmietrechte bestehe, weil sie an die Vormieterin eine Ablöse zu zahlen habe, und forderte die Sachbearbeiterin auf, den Mietvertrag als Erste zu unterfertigen. Die Sachbearbeiterin unterfertigte alle drei vorbereiteten Ausfertigungen des Mietvertrages - mit Ausnahme des jeweiligen Beiblattes und der Hausordnung - und legte diese Ausfertigungen sodann der Klägerin zur Unterschrift vor. Die Klägerin unterfertigte ebenfalls die drei Mietvertragsausfertigungen, nahm sodann eine Ausfertigung an sich und gab diese an ihren Bekannten weiter, der diese Urkunde ebenfalls einsteckte.

Die Sachbearbeiterin forderte den Bekannten der Klägerin auf, diese Ausfertigung wieder herauszugeben, was dieser jedoch verweigerte. Nunmehr erklärte die Klägerin, dass die vereinbarte Ablösezahlung zu hoch sei und dass die Schlichtungsstelle in Anspruch nehmen werde. Sie bot an, 100.000 S sofort zu begleichen und den Differenzbetrag durch einen Sachverständigen ermitteln zu lassen. Sie sagte auch, dass sie den Betrag von 400.000 S von ihrem Sparbuch beheben und ebenfalls sofort begleichen könne, verwies aber nochmals darauf, dass sie in diesem Fall die Schlichtungsstelle anrufen und den nicht angemessenen Differenzbetrag zurückverlangen werde. Nach einer darauf folgenden verbalen Auseinandersetzung entfernten sich die Klägerin und ihr Bekannter, ohne dass Letzterer die an sich genommenen Urkunden wieder herausgab und ohne dass ein Geldbetrag übergeben wurde.

In der Folge forderte die Klägerin von der Hausverwaltung, ihr Zutritt zur Wohnung zu verschaffen und die Ausübung des Mietrechtes zu ermöglichen. Von der Vormieterin forderte sie die Übergabe der Wohnung, wobei sie ihre Bereitschaft erklärte, 100.000 S und einen noch höheren Betrag zu zahlen, falls ein solcher dem Wert der Investitionen entspreche. Schließlich kündigte sie die gerichtliche Hinterlegung von 250.000 S an. Die Vormieterin erklärte ihrerseits den Vertragsrücktritt, weil die vereinbarte Ablöse trotz Nachfristsetzung nicht bezahlt worden sei. Die Klägerin hat weder irgendeinen Ablösebetrag bezahlt noch gerichtlich hinterlegt. Die Vormieterin stellte die Wohnung nicht an die Vermieter zurück. Der Mietzins wird ihr weiterhin zur Zahlung vorgeschrieben.

Die Klägerin begehrte wie aus dem Spruch ersichtlich. Sie berief sich auf die mit der Vormieterin vereinbarte Übertragung der Mietrechte. Ihre Auseinandersetzung mit der Vormieterin über die Höhe der Ablösezahlung berechtige die Beklagten nicht, vom abgeschlossenen Mietvertrag zurückzustehen.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrages mit der Klägerin sei der wirksame Verzicht der Vormieterin auf ihre Hauptmietrechte und die Herausgabe einer Verzichtserklärung an die Hausverwaltung gewesen. Diese Bedingungen seien nicht eingetreten, weil der angemessene Ablösebetrag von 600.000 S nicht bezahlt worden sei. Sollte der Mietrechtsverzicht von der Vormieterin wirksam erklärt worden sein, habe die Vormieterin hievon zurücktreten können. Im Übrigen seien auch weitere Voraussetzungen, nämlich die Zahlung der Vertragserrichtungskosten durch die Klägerin und die Unterfertigung der Beiblätter zum Mietvertrag, nicht erfüllt worden. Hilfweise werde die Anfechtung des Mietvertrages wegen Irrtums und List erklärt. Es werde Unmöglichkeit der Leistung eingewendet, weil die Vormieterin nach wie vor Mieterin der Wohnung sei. Im Fall der Berechtigung des Klagebegehrens werde beantragt, die Beklagten nur Zug um Zug gegen Zahlung von 600.000 S zur Übergabe der Wohnung und Zuhaltung des Mietvertrages zu verpflichten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und wies letzteren Antrag der Beklagten ab. Die Vormieterin habe von ihrem Repräsentationsrecht Gebrauch gemacht. Die von den Beklagten behaupteten Bedingungen seien nicht vereinbart worden. Sowohl der von der Vormieterin erklärte Mietrechtsverzicht als auch der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Mietvertrag seien wirksam geworden. Die Ansicht der Klägerin, dass die Ablöseforderung zu hoch und teilweise gemäß § 27 MRG verboten sei, begründe weder eine arglistige Täuschung noch die Veranlassung eines Irrtums. Die Rücktrittserklärung der Vormieterin betreffe nur das Rechtsverhältnis zwischen dieser und der Klägerin, weshalb sich die Beklagten darauf nicht berufen könnten. Ein Leistungsaustausch Zug um Zug sei nicht vereinbart worden. Unmöglichkeit der Leistung liege nicht vor.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es billigte im Wesentlichen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes. Die Ablösezahlung sei nicht einmal Motiv für den Abschluss des Mietvertrages gewesen. Die Beklagten könnten den Mietvertrag schon deshalb nicht wegen Arglist anfechten, weil die Klägerin ihnen gegenüber zur Aufklärung über die Zahlung der Ablöse nicht verpflichtet gewesen sei. Die Wirksamkeit der Vereinbarung zwischen der Vormieterin und der Klägerin habe auf das Rechtsverhältnis der Klägerin mit den Beklagten keinen Einfluss. Die Vereinbarung, auf die Mietrechte zu verzichten, sei gemäß § 27 MRG zwingend unentgeltlich, weshalb ein Rücktritt wegen Verzuges mit einer Ablösezahlung ausscheide.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist entgegen dem diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig und auch berechtigt.

Das Erstgericht hat unbekämpft und zutreffend das der Vormieterin eingeräumte Recht, einen Mietrechtsnachfolger "vorzustellen", als (bloßes) Präsentationsrecht und nicht als Weitergaberecht beurteilt.

Vom Weitergaberecht, bei dem der Vermieter vorbehaltlos einem

Mieterwechsel - sei es auch eingeschränkt auf einen bestimmten

Personenkreis - von vornherein zustimmt, unterscheidet sich das

Präsentationsrecht dadurch, dass Letzteres nur die Verpflichtung des

Vermieters gegenüber dem Mieter enthält, unter gewissen Bedingungen

mit einem vom Mieter vorgeschlagenen geeigneten Dritten einen Vertrag

gleichen oder bestimmten anderen Inhaltes abzuschließen (4 Ob 548/90

= WoBl 1991, 57; 8 Ob 504/92 = WoBl 1992, 119 ua). Im vorliegenden

Fall spricht schon die Formulierung, dass die Vormieterin bloß das

Recht habe, einen Mietrechtsnachfolger "vorzustellen" sowie der

Hinweis darauf, dass mit diesem ein Hauptmietvertrag abgeschlossen

werde, für ein Präsentationsrecht. Dazu kommt, dass sich die

Vermieter eine Bonitätsprüfung vorbehielten und letztlich, dass für

den neuen Mieter ein höherer Mietzins (nämlich von 3.550 S anstatt

von ursprünglich 3.050 S) vorgesehen war. Auch die Parteien fassten

die betreffende Vertragsbestimmung als Präsentationsrecht auf, stand

für sie doch außer Zweifel, dass die Begründung eines

Mietverhältnisses mit der Klägerin den Abschluss eines Mietvertrages

zwischen den Beklagten und der Klägerin voraussetze. Nur für den

Fall, dass der Bestandgeber den Bestandnehmer das Recht eingeräumt

hat, durch bloße Erklärung alle Rechte und Pflichten aus dem

Bestandverhältnis auf einen Dritten mit der Wirkung zu übertragen,

dass dieser an seiner Stelle Bestandnehmer wird, ohne dass es einer

(weiteren) Erklärung des Bestandnehmers bedarf, liegt ein als Fall

der Vertragsübernahme zu beurteilendes Weitergaberecht vor, bei dem

der Nachmieter in den Bestandvertrag eintritt, sobald er dem

Bestandgeber bekanntgeworden ist, ohne dass es des Abschlusses eines

neuen Mietvertrages bedurfte (7 Ob 2048/96v = immolex 1997, 137

[Pfiel] = MietSlg 49.092 mwN ua).

Im vorliegenden Fall konnte daher ein wirksames Mietrechtsverhältnis zwischen den Streitteilen nur durch eine Dreiparteieneinigung, nämlich zwischen der Klägerin, der Vormieterin und den Beklagten begründet werden. Dies musste auch der Klägerin klar sein, wusste sie doch aufgrund der Gespräche mit der Vormieterin, dass mit der Hausverwaltung ein Termin zwecks Vertragsabschlusses zu vereinbaren sei. Es herrschte auch Übereinstimmung dahin, dass bei diesem Termin

die vereinbarte Ablöse zu zahlen sei und die Vormieterin dann auf

ihre Mietrechte verzichten werde. Ablösezahlung, Mietrechtsverzicht

und Abschluss des neuen Mietvertrages sollten also nach dem Willen aller drei Vertragsparteien uno actu erfolgen, wobei für alle Beteiligten auf der Hand lag, dass das jeweils eine Geschäft das jeweils andere Geschäft bedingte und für sich allein keine Wirksamkeit entfalten sollte. Als selbstverständlich dem Vertragsrücktritt und Abschluss des neuen Mietvertrages unterstellt war hiebei, dass die Klägerin die verlangte Ablöse zahlen werde, war doch nicht zuletzt auch für die Klägerin offenkundig, dass das primäre Interesse der Vormieterin der Erlangung der Ablösesumme galt. Die Klägerin selbst war es auch, die der für die Beklagten als Vermieter handelnden Sachbearbeiterin des Hausverwalters gegenüber auf ihre Verpflichtung zur Ablösezahlung hinwies und diese mit entsprechender Begründung zur Unterfertigung des Mietvertrages als Erste aufforderte. Die Ablösezahlung ist daher hier als allseits zugrunde gelegte Bedingung anzusehen. Durch die unmittelbar auf die Abgabe der Rücktrittserklärung und die Unterfertigung des Mietvertragsformulars durch die Sachbearbeiterin folgende Weigerung der Klägerin, die vereinbarte Ablösesumme zu zahlen, fiel diese Bedingung sowohl des Mietrechtsverzichtes als auch des neuen Mietvertrages weg, sodass keines dieser in untrennbarer Verbindung mit der Ablösezahlung stehenden Rechtsgeschäfte wirksam wurde. Dass die Klägerin nicht ernstlich gewillt war, auch nur einen Teil der zugesicherten Ablösesumme tatsächlich zu entrichten, zeigt ihr nachfolgendes Verhalten, wonach sie zwar mehrmals zumindest Teilzahlung und letztendlich gerichtliche Hinterlegung des ihr offenbar angemessen erscheinenden Teilbetrages ankündigte, jedoch bislang weder Zahlung leistete noch irgendeinen Betrag hinterlegte. Keinesfalls aber war sie zur bedingungslosen Begleichung der vereinbarten Ablösesumme bereit, die das wirksame Zustandekommen der Rechtsgeschäfte aber nach dem allseitigen Parteiwillen vorausgesetzt hätte.

Hätte die Vormieterin mit dem Verhalten der Klägerin, das der Verzichtserklärung unmittelbar nachfolgte, gerechnet, hätte sie die Verzichtserklärung nicht abgegeben, und es ist auch auszuschließen, dass die Vertreterin der Beklagten bzw die für sie einschreitende Sachbearbeiterin des Hausverwalters den neuen Mietvertrag in diesem Fall unterfertigt hätte.

Das von einem wirksamen Mietvertragsabschluss ausgehende Klagebegehren erweist sich daher als verfehlt, weshalb es in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen abzuweisen war.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. (Die Pauschalgebühr in zweiter Instanz beträgt 726 S und nicht, wie verzeichnet, 5.300 S.)