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OGH vom 27.09.2007, 2Ob135/07b

OGH vom 27.09.2007, 2Ob135/07b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach Stefan P*****, vertreten durch Dr. Harald Bösch, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagte Partei G***** AG, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Pfeifer, Dr. Keckeis, Dr. Fiel, Dr. Scheidbach OEG in Feldkirch, wegen EUR 71.649,90 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse EUR 15.000 sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 97/07g-29, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ 5 Cg 77/06p-22, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie einschließlich der rechtskräftigen Zurück- und Abweisung lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen zuhanden des Klagevertreters EUR 69.229,90 samt 4 % Zinsen aus EUR 11.947,60 von bis , aus EUR 58.574,50 von bis , aus EUR 68.486,90 von bis und aus EUR 69.229,90 seit zu bezahlen sowie die mit EUR 17.509,48 bestimmten Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz (darin enthalten EUR 2.197,92 USt, EUR 2.112 Barauslagen und EUR 2.209,94 vorprozessuale Kosten) zu ersetzen.

Das Mehrbegehren von EUR 2.420 samt 4 % Zinsen seit wird abgewiesen.

Das Klagebegehren von EUR 950 (vorprozessuale Kosten) wird zurückgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit EUR 2.043,34 (darin enthalten EUR 145,89 USt und EUR 1.168 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Mutter des am durch Selbstmord verstorbenen Stefan P***** wurde am bei einem Verkehrsunfall getötet. Der seit seiner Geburt () minderbegabte Verstorbene besuchte eine Sonderschule. Nach dem frühen Tod seines Vaters (1986) hatte er sich sehr stark auf seine Mutter fixiert, deren einziges Kind er war und mit der er bis zum Zeitpunkt des tödlichen Unfalls zusammenlebte. Der Unfalltod der Mutter, zu der ein starkes Abhängigkeitsverhältnis bestanden hatte, löste zunächst keine akute Krise aus. Ab Anfang des Jahres 2003 verschlechterte sich der psychische Zustand des Sohnes. Er entwickelte zunehmend eine depressive Symptomatik, die medikamentös vom Hausarzt behandelt wurde. Aufgrund der Verschlechterung des psychischen Bildes musste der Sohn des Unfallopfers im September 2003 seine berufliche Tätigkeit aufgeben. Am wurde er wegen einer schweren Depression mit Suizidalität in einem Krankenhaus aufgenommen. Nach seiner Entlassung aus dem Spital war er zunächst vom bis in einer betreuten Wohngemeinschaft untergebracht. Trotz aller therapeutischen Bemühungen verschlechterte sich das depressive Zustandsbild soweit, dass ein neuerlicher stationärer Aufenthalt vom bis notwendig wurde. Der Verstorbene war nach seiner Entlassung im August 2004 bis zu seinem Selbstmord am bei der Lebenshilfe Vorarlberg untergebracht. Die depressive Entwicklung und der Suizid waren eine Folge des Verlustes der Mutter als Bezugsperson. Aufgrund seiner mangelnden intellektuellen Ausstattung war der Sohn des Unfallopfers nicht in der Lage, den Todesfall wie ein Gesunder zu verarbeiten. Mit den depressiven Erkrankungen waren zehn Tage starke, 37 Tage mittelstarke und 247 Tage leichte Schmerzen in komprimierter Form verbunden. Im Revisionsverfahren ist nur mehr die Höhe des ursprünglich mit EUR

35.100 (nunmehr: 35.000) geltend gemachten „Angehörigenschmerzengeldes" strittig.

Das Erstgericht hielt diesen Betrag angesichts der erlittenen Beeinträchtigungen und Schmerzperioden für angemessen. Das nur von der Beklagten angerufene Berufungsgericht teilte diese Auffassung nicht und reduzierte den Zuspruch an Schmerzengeld auf EUR 20.000.

Die außerordentliche Revision der Klägerin bekämpft dieses Urteil in der Abweisung des Mehrbegehrens von EUR 15.000 sA mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren auch hinsichtlich dieses Betrages stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, das gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig; sie ist auch berechtigt.

Die Höhe des angemessenen Schmerzengeldes ist zwar eine Frage des Einzelfalls, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet (RIS-Justiz RS0042887). Dies gilt aber nicht im Fall einer eklatanten Fehlbemessung des Schmerzengeldes, die aus dem Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung fällt (RIS-Justiz RS0031075).

Um im konkreten Fall eine derartige, korrekturbedürftige Fehlbemessung aufzuzeigen, soll zunächst die bisherige, jüngere Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Bemessung des „Angehörigenschmerzengeldes" skizziert werden.

1. Psychische Alteration mit Krankheitswert/Schockschaden

Die (schon vom Berufungsgericht zitierte) Entscheidung 2 Ob 111/03t =

SZ 2003/67 = ZVR 2004/26 betraf eine zum Unfallszeitpunkt

vierzehnjährige Klägerin, deren Eltern bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wurden und mehrere Wochen in stationärer Behandlung waren. Als Belastungsreaktion kam es bei der Klägerin zu der psychosomatischen Erkrankung „Anorexia nervosa" verbunden mit einer (lebensbedrohlichen) Gewichtsabnahme auf zuletzt 33 kg bei einer Körpergröße von 162 cm und suizidalen Tendenzen. Die Eltern besuchten die Minderjährige während ihres stationären Aufenthalts laufend und unterstützten sie auch bei den Therapien. Der Oberste Gerichtshof erachtete den in dritter Instanz noch begehrten Schmerzengeldbetrag von EUR 21.500 (eingeklagt: ATS 300.000 = EUR 21.801,85) aufgrund der besonders dramatisch ausgeprägten Gesundheitsschädigung für durchaus angemessen.

In der öfters als Extremfall bezeichneten Entscheidung 2 Ob 186/03x = ZVR 2004/6 bejahte der Oberste Gerichtshof die Angemessenheit des in dritter Instanz noch strittigen Schmerzengeldes von EUR 65.000: Ein 55-jähriger Familienvater hatte bei einem Unfall seine gesamte nahe Familie (Ehefrau und drei minderjährige Kinder) verloren, was mit schweren andauernden psychischen Beeinträchtigungen (bis zur Berufsunfähigkeit und zu Suizidgedanken) verbunden war. Die Entscheidung 2 Ob 292/04m = ZVR 2005/109 sprach einer 31-jährigen zweifachen Mutter, die nach dem tödlichen Arbeitsunfall ihres gleichaltrigen Mannes etwa ein Jahr unter einer depressiven Störung mit Suizidgefährdung litt und insgesamt 23 kg an Gewicht verlor, deren Status aber zuletzt nach Aufnahme einer neuen Beziehung etwa zwei Jahre nach dem Unfall als unauffällig beurteilt wurde, ein Schmerzengeld von EUR 25.000 zu.

Die Entscheidung 2 Ob 136/00i = ZVR 2001/72 (schwere, wahrscheinlich lebenslange, depressive Psychose nach Unfalltod des erwachsenen Sohnes) ist für die hier zu beurteilende Bemessungsfrage wenig aussagekräftig: Der vorgenommene Zuspruch von EUR 7.267,28 = ATS 100.000 entsprach dem eingeklagten Begehren.

2. Physiologische Trauerreaktion ohne Krankheitswert/Trauerschmerzengeld

In der Entscheidung 2 Ob 141/04f = ZVR 2004/86 wurde bei einer trotz fehlender Haushaltsgemeinschaft besonders engen und intensiven Beziehung zwischen der getöteten 61-jährigen Mutter und dem 40-jährigen Sohn ein Trauerschmerzengeld von EUR 13.000 als angemessen angesehen.

In der Entscheidung 2 Ob 90/05g = SZ 2005/59 = ZVR 2005/73 bezifferte der erkennende Senat den Anspruch auf Trauerschmerzengeld eines Klägers, der bei einem Verkehrsunfall seinen um zwei Jahre jüngeren, behinderten Bruder verloren hatte, mit EUR 9.000. Berücksichtigt wurde dabei die zwischen dem Kläger und seinem Bruder bestandene intensive, fürsorgliche, einem Vater-Sohn-Verhältnis nahezu gleichkommende Beziehung.

In jüngster Zeit erachtete der Oberste Gerichtshof zu 2 Ob 263/06z den Zuspruch eines Trauerschmerzengeldes von je (ungekürzt) EUR 20.000 an Eltern, die ihre sechsjährige Tochter bei einem Verkehrsunfall in nur 300 m Entfernung vom Wohnhaus der Familie verloren und knapp nach dem Unfall ihre verunglückten Angehörigen an der Unfallstelle vorfanden, insbesondere wegen der besonderen Intensität der familiären Nahebeziehung nicht für überhöht. Beide zu 1 und 2 genannten Themenkreise überschnitten sich in dem zu 2 Ob 212/04x entschiedenen Fall eines Klägers, der nach dem Tod seiner Lebensgefährtin zunächst ca zwei Wochen an einer psychischen Störung mit Krankheitswert litt, die dann in einen physiologischen Trauerzustand überging. Ihm wurde das begehrte Schmerzengeld von (ungekürzt) EUR 11.000 zuerkannt. Der Oberste Gerichtshof führte dazu aus, dass die Intensität einer Beziehung zwischen Lebensgefährten zumindest das geltend gemachte Schmerzengeld rechtfertige, zumal der Verlust eines Lebenspartners, mit dem der bisherige Alltag geteilt worden sei, die Lebenssituation drastisch ändere und daher als besonders schmerzlich empfunden werde.

Sämtliche Entscheidungen stellen bei der Bemessung der Anspruchshöhe auf die Intensität der familiären Bindung ab und betonen, dass neben dem Alter von Unfallopfer und Angehörigen insbesondere das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft von Bedeutung sei (insb 2 Ob 141/04f mit Nachweisen zur Schweizer Rechtslage).

Die soeben zitierte Entscheidung misst dem Vorliegen einer eigenen Gesundheitsschädigung (eines krankheitswertigen „Schockschadens") erhöhende Auswirkungen bei der auch im Fall von seelischen Schmerzen global vorzunehmenden (Danzl in Danzl/Gutiérrez-Lobos/Müller, Schmerzengeld8, 115 f; vgl RIS-Justiz RS0031040; Griehser/Tutsch, Schmerzengeld für psychische Alterationen - Abgeltung für seelische Schmerzen, ZVR 2006/74, 260 ff) Bemessung des Schmerzengeldes zu. Ein Abgehen vom Grundsatz der Globalbemessung bei psychischen Schäden lässt sich auch der zu RIS-Justiz RS0118172 = 1 Ob 200/03y = ZVR 2004/49 im zweiten Satz (missverständlich) dokumentierten Aussage nicht entnehmen, wonach der Ausmittlung des zur Abgeltung psychischer Schäden zuzuerkennenden Schmerzengeldes bedenkenlos „Schmerzperioden" zugrundegelegt werden können. Die zitierte Entscheidung betont nämlich durchaus, dass einzelne Bemessungskriterien als „bewegliches System" zu verstehen sind, innerhalb dessen Grenzen ein weiter Spielraum für die den Erfordernissen des Einzelfalls jeweils gerecht werdende Ermessensausübung besteht. Überdies bezeichnet sie Schmerzperioden als Berechnungshilfe (dazu ausführlich Danzl aaO 91). Schmerzperioden haben letztlich auch bei psychischen Beeinträchtigungen primär die Funktion, die Dauer und damit die Intensität einer derartigen Gesundheitsschädigung greifbar zu machen. Im konkreten Fall löste der Unfalltod der Mutter bei dem damals knapp siebzehnjährigen Sohn zeitverzögert eine massive Depression aus, die mit Selbstmord endete. Es handelte sich um eine psychische Störung mit Krankheitswert, weshalb ohne Zweifel die Voraussetzungen für den Zuspruch von Schmerzengeld als Abgeltung des Schockschadens verwirklicht sind.

Der Versuch, bei der Bemessung des Angehörigenschmerzengeldes die Entscheidung 2 Ob 111/03t = SZ 2003/67 = ZVR 2004/26 als Orientierungshilfe für eine Art Obergrenze heranzuziehen, scheitert aus mehrfachen Erwägungen:

Zwar sind mehrere, für die Bemessung relevante Faktoren wie adoleszentes Entwicklungsstadium des Geschädigten, die Eltern-Kind-Beziehung als Anhaltspunkt für die Intensität der Gefühlsgemeinschaft, der gemeinsame Haushalt, mehrfache Krankenhausaufenthalte, suizidale Tendenzen, vergleichbar. Zu berücksichtigen ist aber zunächst, dass der in der eben zitierten Entscheidung vorgenommene Zuspruch durch das Begehren begrenzt war. Der entscheidende Unterschied liegt aber vorrangig darin, dass die dortige Klägerin nicht mit dem endgültigen Verlust ihrer durch den Unfall schwer verletzten Eltern konfrontiert war und sie - ungeachtet des noch nicht gänzlich abgeschlossenen Heilungsprozesses - sich nach Behandlung und Rehabilitation wieder in das Alltagsleben eingliedern konnte. Die Eltern konnten ihr während der Behandlung zur Seite stehen und die Rehabilitation fördern. Diese Möglichkeit bestand hier nicht; der Sohn des Unfallopfers verlor mit seiner Mutter die einzige wichtige Bezugsperson in seinem Leben, zu der ein starkes Abhängigkeitsverhältnis bestanden hatte. Ihm fehlte nicht nur der familiäre Rückhalt in der verbliebenen Kernfamilie (Eltern-Kinder), er verfügte auch aufgrund seiner intellektuellen Besonderheit nicht über die entsprechenden „Bewältigungs-Mechanismen". Die dramatische Entwicklung als Reaktion auf den Verlust der Kernfamilie rückt die Situation in die Nähe des „Extremfalles" 2 Ob 186/03x. Eine Abgrenzung der beiden Fälle mit Hilfe der Opferzahl erscheint ebenso unangebracht wie das Argument der zeitlichen Begrenzung des depressiven Zustandes durch den Selbstmord und der dadurch ausgeschlossenen Möglichkeit des Geschädigten, allenfalls in Zukunft entgangene Lebensfreude durch mittels des Schmerzengeldes zu finanzierende Anschaffungen zu kompensieren.

Der erkennende Senat hält aus diesen Erwägungen das in dritter Instanz noch begehrte Schmerzengeld von insgesamt EUR 35.000 nicht für überhöht.

Die von Griehser/Tutsch aaO geäußerten Befürchtungen, eine exzessive Judikatur mit vorrangigem Blick auf eine Pönalfunktion des Schmerzengeldes fördere den Einzug amerikanischer Verhältnisse bei Schadenersatzansprüchen - Stichwort: „punitive damages" - kann der erkennende Senat bei einem Vergleich zwischen österreichischen und notorisch höheren amerikanischen Zusprüchen nicht teilen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41,§ 43 Abs 2 erster Fall und § 50 Abs 1 ZPO.

Das Erstgericht hat seiner Kostenentscheidung § 43 Abs 2 erster Fall ZPO (geringfügiges Unterliegen der Klägerin) zugrundegelegt und der Klägerin Kosten von insgesamt EUR 19.927,02 zugesprochen (darin enthalten EUR 7.702,20 vorprozessuale Kosten).

Die Beklagte hat in ihrem Kostenrekurs ON 23, der vor ihrer Berufung eingebracht und vom Berufungsgericht aufgrund seiner abändernden Berufungsentscheidung nicht gesondert behandelt wurde, ausschließlich den Zuspruch vorprozessualer Kosten bekämpft, soweit diese EUR 850,14 überstiegen. Die vom Obersten Gerichtshof hier zu beachtenden Argumente des Kostenrekurses sind zum Teil berechtigt:

Gemäß § 23 Abs 4 RATG sind außergerichtliche Nebenleistungen vom Einheitssatz umfasst, falls sie keinen erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe erforderten (1 Ob 69/05p = RIS-Justiz RS0120431 [T 2]). Mehrere der von der Klägerin verzeichneten Leistungen, wie Besprechungen, Telefonate und Schriftverkehr, betreffen nicht ausschließlich Ansprüche der Klägerin bzw deren Rechtsvorgängers, sondern Ansprüche des Lebensgefährten der beim Verkehrsunfall Getöteten (Schmerzengeld, Hausfrauenrente). Ein Zuspruch dieser Leistungen kommt schon mangels Prozessbezogenheit nicht in Betracht. Die sonstigen Nebenleistungen sind von ihrer Anzahl als solche zu qualifizieren, wie sie mit der Geltendmachung einer Vielzahl von Schadenersatzansprüchen aus einem Verkehrsunfall typischerweise verbunden sind (Aufforderungsschreiben, mehrere Telefonate etc). Sie rechtfertigen nicht die Annahme eines erheblichen Aufwandes, zumal sich den vorgelegten Aufzeichnungen die Dauer der Telefonate oder Besprechungen nicht lückenlos entnehmen lässt.

Als ersatzfähig werden lediglich folgende Positionen gewertet: Die Anträge auf pflegschaftsgerichtliche und verlassenschaftsgerichtliche Genehmigung (M. Bydlinski in Fasching/Konecny I², § 41 ZPO Rz 43; Obermaier, Kostenhandbuch, Rz 65 f) - Kosten insgesamt EUR 1.218,12 -, die Gebühren für die Einholung von Krankengeschichten von EUR 41,82 sowie die Kosten für das der Prozessvorbereitung dienende Privatgutachten (M. Bydlinski aaO, Rz 40; vgl RIS-Justiz RS0117340; Obermaier aaO, Rz 68 f) von EUR 950. Damit errechnet sich ein Zuspruch von EUR 2.209,94 an vorprozessualen Kosten. Im Rechtsmittelverfahren hat die Klägerin zur Gänze obsiegt (Revisionsverfahren) bzw ist sie nur mit einem geringfügigen Betrag von EUR 100 (Berufungsverfahren) unterlegen, weshalb ihr nach § 41 ZPO,§ 43 Abs 2 erster Fall ZPO und § 50 Abs 1 ZPO die gesamten Kosten ihrer Schriftsätze im Rechtsmittelverfahren zu ersetzen sind. Eine Honorierung von Kostenrekurs der Klägerin bzw Kostenrekursbeantwortung der Beklagten hat neben den Kosten des Berufungsverfahrens aus folgenden Gründen nicht zu erfolgen: Gemäß § 55 ZPO kann die Kostenentscheidung des Erstgerichts entweder mit gesondertem Rekurs oder im Rahmen der Berufung angefochten werden. Für die Kosten dieser Anfechtung kann es keinen Unterschied machen, ob ein Rechtsmittelwerber - wie hier - zwei Schriftsätze, nämlich Kostenrekurs und Berufung, oder nur einen Schriftsatz, nämlich nur Berufung (auch im Kostenpunkt) einbringt. Sobald er auch die Entscheidung des Erstgerichts in der Hauptsache bekämpft, bleibt bei der Kostenentscheidung des Rechtsmittelverfahrens ein allfälliger - hier teilweiser - Erfolg im Kostenpunkt nach der (nicht auf das Recht der sachlichen Zuständigkeit beschränkten) Wertung des § 54 Abs 2 JN unberücksichtigt; es kommt nur auf den Erfolg in der Hauptsache an. Bei Erfolglosigkeit der Berufung in der Hauptsache hat daher der Ansatz von Kosten eines hypothetischen („angenommenen") Kostenrekurses zu unterbleiben. Zur Anwendung von § 11 RATG kommt es bei der Kostenentscheidung nur dann, wenn der Rechtsmittelwerber eine Berufung in der Hauptsache unterlässt und lediglich Kostenrekurs erhebt (vgl hiezu 8 ObA 117/04w; M. Bydlinski aaO, § 50 ZPO Rz 6;

ders, Neues vom OGH zum Kostenersatz, ZAK 2005/76, 43; aM 1 Ob 8/06t;

Obermaier, Kostenhandbuch Rz 278; ders, Zur Ersatzfähigkeit der „Berufung im Kostenpunkt", AnwBl 2006, 314; vgl auch Fucik in Rechberger³ § 55 ZPO Rz 5, 6; RIS-Justiz RS0087844, RS0119892).