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OGH 30.01.2007, 2Ob134/06d

OGH 30.01.2007, 2Ob134/06d

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Stefan B*****, geboren am , *****, vertreten durch Jelena B*****, diese vertreten durch Mag. Eva Plaz, Rechtsanwältin in Wien, gegen Herbert B*****, vertreten durch Dr. Erwin Dick, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt infolge des ordentlichen Revisionsrekurses des Herbert B***** gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 43 R 144/06d-U29, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom , GZ 1 P 70/05i-U11 und U21, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht eine erstinstanzliche Unterhaltsfestsetzung, wonach der Vater des Minderjährigen, Herbert B*****, zusätzlich zu einem bereits festgesetzten Unterhaltsbetrag von EUR 450 im Monat für den Zeitraum bis einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von EUR 80, demnach insgesamt monatlich EUR 480 zu bezahlen habe.

Dagegen hat Herbert B***** einen zugelassenen ordentlichen Revisionsrekurs erhoben und die Abänderung des angefochtenen Beschlusses, in eventu die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen beantragt.

Darüber hinaus beantragte er, das Erstgericht wolle dem Revisionsrekurs hemmende Wirkung zuerkennen.

Das Erstgericht legte im Wege des Rekursgerichtes diesen ordentlichen Revisionsrekurs dem Obersten Gerichtshof vor.

Eine Zustellung des Revisionsrekurses an die Rechtsvertreterin des Minderjährigen unterblieb.

Damit verstieß das Erstgericht gegen die Vorschrift des § 48 AußStrG, wonach zur Wahrung des rechtlichen Gehörs im Rechtsmittelverfahren jeder aktenkundigen Partei ein Recht auf Zustellung eines von einer anderen Partei eingebrachten Rechtsmittels sowie die Möglichkeit zur Einbringung einer Rechtsmittelbeantwortung eingeräumt ist. Das wird das Erstgericht vor neuerlicher Vorlage an den Obersten Gerichtshof nachzuholen haben.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag, dem Revisionsrekurs des Vaters aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unerledigt blieb.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Stefan B*****, geboren , *****, vertreten durch die Mutter, Jelena B*****, diese vertreten durch Mag. Eva Plaz, Rechtsanwältin in Wien, über den Revisionsrekurs des Herbert B*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 144/06d-29, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Favoriten vom , GZ 1 P 70/05i-U11, und vom , GZ 1 P 70/05i-U21, bestätigt wurden, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Einem Unterhaltsfestsetzungsantrag der Mutter als Vertreterin des mj Stefan B***** trat dessen geldunterhaltspflichtiger Vater Herbert B***** mit dem Argument entgegen, er bezahle ohnedies EUR 450,-- monatlich an Kindesunterhalt, ein höherer Unterhalt sei weder durch den Bedarf des Minderjährigen noch durch seine Einkommensverhältnisse gerechtfertigt.

Das Erstgericht setzte nach Einholung einer Gehaltsauskunft des Unterhaltspflichtigen den für den Minderjährigen zu bezahlenden monatlichen Unterhalt für den Zeitraum vom bis mit EUR 480,-- und ab mit EUR 500,-- fest. Am wurde zwischen den Eltern des Unterhaltsberechtigten anlässlich ihrer Scheidung der Geldunterhaltsanspruch des Minderjährigen vergleichsweise mit EUR 500,-- monatlich beginnend mit vereinbart.

Im erstinstanzlichen Verfahren war zwar infolge der Einholung einer Lohnauskunft vom Dienstgeber des Unterhaltspflichtigen sein Bruttoeinkommen aktenkundig, die Frage des Bezuges der Familienbeihilfe für den Minderjährigen wurde jedoch nicht erörtert. Es wurde weder ein Vorbringen dahin erstattet noch ergab sich dieser Umstand aus dem Akteninhalt.

Einem vom unterhaltspflichtigen Vater erhobenen Rekurs gegen die beiden Unterhaltsfestsetzungsbeschlüsse des Erstgerichtes gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Erstmals im Rekurs hatte der Kindesvater vorgebracht, dass die Kindesmutter die Familienbeihilfe beziehe und sein Bruttoeinkommen eine steuerliche Berücksichtigung rechtfertige. Zu Unrecht habe daher das Erstgericht bei der Unterhaltsbemessung seine steuerliche Entlastung durch Anrechnung der den betreuenden Elternteil zukommenden Transferleistungen nicht berücksichtigt.

Das Rekursgericht vertrat dazu die Ansicht, dass eine Anrechnung von Transferleistungen zwar von Amts wegen vorzunehmen sei, dies jedoch nur, soweit die maßgeblichen Umstände unstrittig oder aktenkundig seien. Dem Akt könne hingegen nicht entnommen werden, wer die Familienbeihilfe für das Kind beziehe. Auch das Bruttoeinkommen des Unterhaltspflichtigen ergebe sich aus den im Akt erliegenden Unterlagen nicht.

Das Rekursgericht folgte dabei im Wesentlichen der in den Entscheidungen 4 Ob 254/03m und 10 Ob 4/04t vertretenen Rechtsansicht.

Allerdings meinte das Rekursgericht, dass zur Frage, ob die Anrechnung von Transferleistungen auch erstmals im Rekurs geltend gemacht werden könne, wenn die maßgeblichen Umstände unstrittig und aktenkundig seien, noch keine gefestigte höchstgerichtliche Judikatur bestehe. Damit liege eine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG vor. Das Rekursgericht erklärte daher den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes (RIS-Justiz RS0107859) ist der Revisionsrekurs des Vaters nicht zulässig.

Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (vgl Zechner in Fasching Rz 32 zu § 502 ZPO mit Rechtsprechungshinweisen).

Nach der nun gefestigten, jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist bei der amtswegigen Berücksichtigung von Transferleistungen dahin zu differenzieren, ob der Geldunterhaltspflichtige als Antragsteller eine Herabsetzung begehrt oder als Antragsgegner einem Erhöhungsbegehren des Unterhaltsberechtigten entgegentritt. Im letzteren Fall sind Transferleistungen bei der Unterhaltsbemessung auch ohne gesondertes Vorbringen des Geldunterhaltspflichtigen zu berücksichtigen, wenn die für eine Anrechnung maßgeblichen Umstände, insbesondere der Bezug der Familienbeihilfe durch den anderen Elternteil unstrittig oder aktenkundig sind (RIS-Justiz RS0117764 [T4; T7; T9]: zuletzt 2 Ob 237/06a). Somit liegt eine divergierende höchstgerichtliche Judikatur nicht vor.

Wurde zum Bezug der Familienbeihilfe kein Vorbringen erstattet und ergibt sich dieser Umstand auch nicht aus dem Akteninhalt, ist die Tatsache des Bezuges der Familienbeihilfe keinesfalls als unstrittig oder aktenkundig anzusehen. In einem solchen Fall hat eine amtswegige Anrechnung der Transferleistungen zu unterbleiben (1 Ob 71/05f). Nur in Fällen, in denen der Bezug der Familienbeihilfe und des Bruttoeinkommens des Unterhaltspflichtigen aktenkundig war, hat der Oberste Gerichtshof eine Nichtberücksichtigung dieser Umstände bei der steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen zum Anlass für eine Aufhebung der rekursgerichtlichen Entscheidung genommen (vgl etwa 4 Ob 254/03m; 10 Ob 4/04t u.a.).

Eine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG liegt daher nicht vor.

Das hatte zur Zurückweisung des Revisionsrekurses zu führen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00134.06D.0130.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAD-47590