OGH vom 26.03.2020, 1Ob208/19y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin H*****, vertreten durch die Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH, Graz, gegen den Antragsgegner J*****, vertreten durch Dr. Fritz Starnberg, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom , GZ 2 R 176/19k-37, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Judenburg vom , GZ 20 Fam 42/18h-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Umfang des (vom Erstgericht so bezeichneten) Punktes I. aufgehoben.
Dem Erstgericht wird insoweit eine neuerliche Beschlussfassung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Parteien heirateten im Mai 1990 und wurden im Februar 2018 geschieden. Zu beurteilen ist im vorliegenden Aufteilungsverfahren (nur mehr) die Frage der Einbeziehung der im April 2004 von den Streitteilen je zur Hälfte erworbenen Eigentumswohnung in einem beliebten Ferienort an der italienischen Adria. Die 180.000 EUR für den Ankauf der Wohnung (samt Garage) stammten allein aus Mitteln, die die Frau aus dem Verkauf des ihr von ihrer Mutter übertragenen und gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG von der Aufteilung ausgenommenen Vermögens lukriert hatte.
Beide Parteien bezogen die Eigentumswohnung (zumindest den Anteil des Mannes) in die Aufteilung ein und schlugen – insoweit noch übereinstimmend – vor, den Miteigentumsanteil des Mannes auf die Frau zu übertragen; uneins waren sie nur darüber, ob dies gegen (oder ohne) Ausgleichszahlung zu geschehen habe.
Das Erstgericht wies die Anträge, den Mann dazu zu verpflichten seinen Hälfteanteil an dieser Eigentumswohnung an die Frau zu übertragen und ihr (ua auch für die Übertragung dessen Hälfteanteils) eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen, ab. Es berief sich dabei darauf, dass die Eigentumswohnung nicht der Aufteilung unterliege, weil sie mit dem Erlös aus einer geschenkten und damit von der Aufteilung gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG ausgenommenen Sache finanziert worden sei. Dieses Äquivalent sei aufgrund des Surrogationsprinzips von der Aufteilung ebenfalls ausgenommen. Eine Schenkung unter Eheleuten sei insoweit neutral, als sie weder der Aufteilung unterliegende Sachen dem Aufteilungsverfahren entziehen, noch die Zuständigkeit des Außerstreitrichters dafür begründen könne.
Dem nur von der Frau erhobenen Rechtsmittel gab das Rekursgericht nicht Folge. Es bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts unter Berufung auf die schon von diesem herangezogene Entscheidung zu 1 Ob 197/99y
(= RIS-Justiz RS0113355), wonach Schenkungen eines Ehegatten an den anderen keinen Einfluss auf die Frage hätten, ob eine Sache zur Aufteilungsmasse gehöre. Anderes hätte nur zu gelten, wenn feststünde, dass die Wohnung zu Urlaubs- und Ferienzwecken angeschafft und von den Ehegatten gemeinsam genutzt worden sei. Bei ihrer Bemängelung im Rekurs, es fehle dazu eine Feststellung, die sich im vorliegenden Fall auf die übereinstimmenden Aussagen beider Parteien stützen könne, lasse die Frau außer Acht, dass sie in erster Instanz dazu kein Vorbringen erstattet habe. Aussagen von Parteien oder Zeugen (dazu, dass die Eigentumswohnung als Ferienwohnung gemeinsam benutzt worden sei) könnten aber Prozessvorbringen nicht ersetzen. Für den Fall, dass sie von der Rechtsansicht des Erstgerichts überrascht worden sei und das Erstgericht seine Anleitungspflicht verletzt habe, wäre ein solcher Mangel nur aufzugreifen gewesen, wenn ihn die Frau im Rechtsmittel geltend gemacht hätte, was aber nicht der Fall gewesen sei.
Dagegen richtet sich die Frau in ihrem (vom Mann nach Freistellung durch den Obersten Gerichtshof beantworteten) Revisionsrekurs, mit dem sie die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dahin anstrebt, dass die Anteile des Antragsgegners an der Eigentumswohnung in Italien – ohne Ausgleichszahlung – an sie übertragen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des in eventu gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.
1. Die Frau beruft sich darauf, dass es durch den gemeinsamen Ankauf (beider Ehegatten) zumindest schlüssig zu einer „Umwidmung“ ihrer im Sinne des § 82 Abs 1 Z 1 EheG ausgenommenen Mittel gekommen sei. Dann gelte das Surrogationsprinzip nicht. Trotz der „Außerstreitstellung“, dass die Wohnung der Aufteilung unterliege (weswegen ihr die Notwendigkeit weiteren Vorbringens nicht erkennbar gewesen sei), habe sie ohnehin dezidiert vorgebracht, dass es sich bei der Wohnung um eine Ferienwohnung handle, die von den Streitteilen und der gemeinsamen Tochter regelmäßig benützt worden sei. Schon wegen des im Außerstreitverfahren herrschenden Untersuchungsgrundsatzes hätte von Amts wegen erhoben und festgestellt werden müssen, dass es sich um eheliches Gebrauchsvermögen handelte. Da die Wohnung gemeinsam gekauft worden sei, handle es sich zumindest um eheliche Ersparnisse, die aber wegen der Schenkung der aus ausgenommenen Vermögen stammenden Mittel ohne Ausgleichszahlung auf sie rückzuübertragen seien.
Der Mann hält im Revisionsrekursverfahren dagegen, es könnten nur Tatsachen außer Streit gestellt werden. Seine Außerstreitstellung (dazu, dass diese Wohnung der Aufteilung unterliege) habe sich nur auf eine Rechtsmeinung bezogen und sei irrtümlich erfolgt. Eine derartige „Außerstreitstellung“ bedeute nicht, dass seine Rechtsmeinung nicht doch falsch gewesen sein konnte.
2.1. Zwar endet ungeachtet des im Aufteilungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 16 Abs 1 AußStrG) die Pflicht des Gerichts zur amtswegigen Prüfung des Sachverhalts dort, wo ein Vorbringen der Parteien überhaupt nicht vorliegt (3 Ob 320/05p mwN); dies ist hier aber nicht der Fall.
2.2. Das eheliche Gebrauchsvermögen wird im Ehegesetz mit den Worten „die beweglichen oder unbeweglichen körperlichen Sachen, die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben“ umschrieben. Dazu gehört auch die Ehewohnung (§ 81 Abs 2 EheG). Sowohl beim (Rechts-)Begriff des ehelichen Gebrauchsvermögens wie auch bei dem der „Ehewohnung“ im Sinne des Ehegesetzes handelt es sich um gängige und häufig kürzelhaft verwendete Ausdrücke für bestimmte Tatsachenkomplexe. Unter Ehewohnung (s dazu, dass auch mehrere Wohnungen Ehewohnungen sein können: RS0057678 [T2]) kann (im allgemeinen Sprachgebrauch) zumindest eine gemeinsam benutzte Wohnung verstanden werden.
Die Frau hat in ihrem Antrag – gerade im direkten Zusammenhang mit ihrem Vortrag zum Vermögensgegenstand „Wohnung in [dem italienischen Ferienort]“ – behauptet, es bestünden keine ehelichen Ersparnisse, die Eigentumswohnung aber als aufzuteilenden Vermögensgegenstand aufgelistet. Mit ihrem Vorschlag, „die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse im Sinne der § 81 ff Ehegesetz in folgender Form:“ vorzunehmen, sprach sie – denklogisch – in Bezug auf die Wohnung in Italien eheliches Gebrauchsvermögen an; anders kann auch ihr Vortrag zu einer erfolgten „Umwidmung“ des Vermögens nicht verstanden werden. Der Mann ist nicht nur ebenso wie die Frau von der Einbeziehung dieser Wohnung ins Aufteilungsverfahren ausgegangen (wenn auch mit der Behauptung, sie mitfinanziert zu haben), sondern hat sie seinerseits sogar explizit als „Ehewohnung“ bezeichnet. Auch er schlug in seinem „Gegenantrag“ vor, seine Anteile an dieser Eigentumswohnung der Frau zu übertragen.
Bei dieser Sachlage kann der Frau nicht vorgeworfen werden, sie hätte ein „näheres Tatsachensubstrat“ zur Qualifikation als eheliches Gebrauchsvermögen anführen müssen (etwa die im Rekurs von ihr ausgeführte Anschaffung der Wohnung zu Urlaubs- und Ferienzwecken und deren gemeinsame Nutzung, die hier schon aufgrund der Lage der Wohnung in einem beliebten italienischen Urlaubsort und dem Vorbringen des Mannes [direkt am Hafen, unweiter Badestrand] nahe lag). Im Allgemeinen hat zwar jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen (zu behaupten und) zu beweisen (RS0037797). So wie aber ausdrücklich oder schlüssig zugestandene Tatsachenbehauptungen des Gegners im Sinne des § 33 Abs 1 AußStrG nicht (mehr) bewiesen werden müssen, bedarf es, wenn die Gegenseite bereits bestimmte Tatsachen behauptet hat, keiner „Wiederholung“ dieser ([auch] für ihren Standpunkt günstigen) Fakten durch die andere Partei mehr (vgl zum [nicht dem Untersuchungsgrundsatz unterliegenden] Zivilprozess etwa 1 Ob 73/18v = RS0039941 [T6]). Dies muss umso mehr in einem (Außerstreit-)Verfahren, in dem nicht bloß eine Partei „ihren Anspruch“ durchsetzen kann, sondern beiden Parteien ihr billiger Anteil an der gesamten Aufteilungsmasse zuzuweisen ist, Beachtung finden.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen wäre daher von ausreichendem (und insoweit übereinstimmendem) Vorbringen dazu, dass die Wohnung als eheliches Gebrauchsvermögen zu behandeln war, auszugehen gewesen.
3. Damit hätte der Antrag, die Miteigentumsanteile an der Eigentumswohnung auf die Frau zu übertragen, schon aufgrund der (von der Frau behaupteten) und festgestellten Umstände, dass die Wohnung gemeinsam, also je zur Hälfte, gekauft wurde, die Mittel dazu aber allein aus dem der Frau von ihrer Mutter übertragenen Vermögen stammten (und insoweit von der Frau dem Mann geschenkt wurden), nicht abgewiesen werden dürfen:
3.1. Sachen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder ihm ein Dritter geschenkt hat, unterliegen nicht der Aufteilung (§ 82 Abs 1 Z 1 EheG). Die Ausnahme wegen Schenkung gilt nicht für Sachen, die einem Ehepartner vom anderen Ehegatten (und nicht von einem Dritten) geschenkt wurden (vgl RS0057377). Nach dem Substitutionsprinzip bleiben auch Gegenstände, die während der Ehe von einem Ehegatten mit von § 82 Abs 1 Z 1 EheG erfassten Mitteln bzw aus dem Erlös der nach dieser Bestimmung ausgenommenen Sachen angeschafft und damit an deren Stelle getreten sind, von der Aufteilung ausgenommen (RS0057478 [T2]; RS0057305; RS0057322).
Unbestritten ist, dass eine aus ehelicher Errungenschaft (also aus während der ehelichen Gemeinschaft Erarbeitetem oder Erspartem [RS0057486]) erworbene Sache (auch dann) in die Aufteilung fällt, wenn sie dem anderen Ehepartner geschenkt wurde. Was hat aber zu gelten, wenn ein Ehepartner eine Sache eingebracht, durch Schenkung oder von Todes wegen erworben hat, sie dann aber entweder dem anderen Ehepartner – allenfalls nur anteilig – (weiter-)schenkt oder ihm die aus dem Verkauf dieser Sache lukrierten (oder etwa aus einer Erbschaft stammenden) Geldmittel zum (gemeinsamen) Ankauf einer anderen Sache zur Verfügung stellt?
3.2. Dazu wurde judiziert, dass ein von einem Ehepartner eingebrachter, geschenkter oder ererbter Teil des ehelichen Gebrauchsvermögens, der (teilweise) an einen Ehepartner (weiter-)geschenkt wurde, (im Umfang des geschenkten Anteils) aufzuteilenist (8 Ob 569/85; 4 Ob 565/94; 1 Ob 158/08d; 8 Ob 61/10v) und die (in einem Fall vom damaligen Rekursgericht verneinte) Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs ausdrücklich bejaht (9 Ob 20/09w).
Ob die in der Entscheidung zu 5 Ob 548/89 in die Aufteilung einbezogenen (zuvor der Frau von ihren Eltern und dann) dem Mann (zur Hälfte) geschenkten Liegenschaften als eheliches Gebrauchsvermögen oder (teilweise) als eheliche Ersparnis angesehen wurden, lässt sich der Begründung nicht entnehmen. Dies bleibt auch im Beschluss 4 Ob 242/00t offen, mit dem den Vorinstanzen die inhaltliche Entscheidung über die Aufteilung der Liegenschaftshälfte der Frau an einem während der Ehe erworbenen Haus in Florida „jedenfalls“ aufgetragen wurde; als Erwerbstitel für den Hälfteanteil der Frau an dieser Liegenschaft war damals entweder deren Mitfinanzierung durch die Frau oder die schenkungsweise Überlassung nach Finanzierung mit vom Mann im Sinne des § 82 Abs 1 Z 1 EheG eingebrachten oder ihm von Dritten geschenkten Mitteln in Frage gekommen. Ausdrücklich im Zusammenhang mit einer solchen (im Raum stehenden) Schenkung erläuterte der vierte Senat damals, dass Geschenke eines Ehegatten an den anderen während der Ehe nicht unter das Surrogationsprinzip fielen. In dem zu 2 Ob 25/10f (= EF-Z 2011, 67 [abl Gitschthaler]) entschiedenen Fall wurde eine einem Ehepartner weitergeschenkte Liegenschaftshälfte [als während aufrechter Ehe angesammelte eheliche Ersparnis] in die Aufteilung einbezogen, wiewohl sie nicht zum Gebrauchsvermögen zählte und bis zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft unbebaut und ohne anderweitige Nutzung geblieben war.
3.3. Ein anderer – gegenteiliger (und von Gitschthaler [Aufteilungsrecht² Rz 252 5.] geteilter) – Standpunkt wurde in der von den Vorinstanzen zitierten Entscheidung 1 Ob 197/99y (= RS0113355) vertreten: Schenkungen eines Ehegatten an den anderen während aufrechter Ehe seien insoweit „neutral“, als sie weder sonst der Aufteilung unterliegende Sachen dem Aufteilungsverfahren entziehen, noch die Zuständigkeit des Außerstreitrichters für jene Sachen begründen könnten, die aus einem der in § 82 Abs 1 Z 1 EheG genannten Gründe nicht der Aufteilung unterliegen. Dieser Auffassung tritt der Fachsenat aus folgenden Gründen nicht bei:
3.4. Für die Frage der Anwendung des Substitutionsprinzips ist zu beachten, dass § 82 EheG in seinem Absatz 1 ganz unterschiedliche Fälle regelt.
Die in § 82 Abs 1 Z 2 bis 4 EheG normierten Ausnahmen knüpfen an die besondere Qualität und Verwendung der Sache an; die Herausnahme aus der Aufteilung wird wegen der „Eigenschaften“ der Sachen selbst gemacht (bei Z 2 leg cit geht es um Sachen des „persönlichen Gebrauchs“ und der Berufsausübung, bei der Z 3 leg cit um zu einem Unternehmen gehörende Sachen [wie letztlich, vom telos her, auch bei Z 4 leg cit]). Dagegen betrifft die Z 1 leg cit die Frage, auf welche Weise (bzw wann) ein Ehepartner das Eigentum am Vermögensgut erworben hat (also die Herkunft der Sache). Ausgenommen sind danach diejenigen Vermögenswerte, die ein Ehegatte (oder beide) entweder im Wege der Schenkung durch Dritte oder im Erbweg erhalten oder schon vor der Ehe besessen (besser: erwirtschaftet) hat; oder anders gesagt: deren Wert nicht durch Bemühungen während der Ehe geschaffen wurde.
Dass nach dem Substitutionsprinzip (RS0057478 [T2]; RS0057305) auch Surrogate solcher geschenkter, geerbter oder eingebrachter Vermögensgüter ausgenommen bleiben, hat dann zu gelten, wenn derjenige, der die Sache in die Ehe eingebracht oder von einem Dritten geschenkt erhalten oder von Todes wegen erworben hat, sie gegen eine andere Sache „austauscht“. Dann tritt (gleich ob durch Tausch oder Verkauf der „alten“ und Ankauf einer „neuen“ Sache oder überhaupt durch Ankauf aus „aufteilungsfreiem“ Geld) aus Sicht des jeweiligen Eigentümers während der aufrechten Ehe an die Stelle „seines“ (nicht aus ehelichen Beiträgen erwirtschafteten) Vermögensguts bloß (nachverfolgbar) ein anderes (das – verkürzt gesagt – wiederum mit der Ehe „nichts zu tun“ hat).
Eine Schenkung unter Ehegatten erfolgt aber in aller Regel nicht ohne Bezug zur Ehe. Ihr liegt typischerweise die Annahme zugrunde, die Ehe werde Bestand haben (1 Ob 158/08d = RS0033063 [T1]; 1 Ob 10/18d = iFamZ 2018/67 [Deixler-Hübner]). Daher lässt sich der (anteilige) Erwerb eines Ehepartners durch Schenkung während der Ehe zumeist (nur oder doch ganz überwiegend) auf die Ehe zurückführen und geschieht nicht losgelöst von der (im Schenkungszeitpunkt aufrechten) ehelichen Gemeinschaft. Der Fall, dass ein Ehepartner eine – zugunsten des anderen von der Aufteilung ausgenommene – Sache (teilweise) von diesem geschenkt bekommt (oder ihm die Mittel, die aus dem Erlös von „dessen und für ihn“ nach § 81 Abs 1 Z 1 EheG ausgenommenen Sache für den Ankauf einer anderen Sache zur Verfügung stellt), ist daher anders zu betrachten.
Für die Frage, ob eine Sache oder ein Anteil daran der Aufteilung unterliegt, ist – ganz grundsätzlich – auf die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Trennung abzustellen, die sich regelmäßig zwischen den Ehegatten danach nicht mehr verändern. Die in § 82 Abs 1 Z 1 EheG zum Ausdruck kommende Fragestellung nach der Mittelherkunft für eine Ausnahme von der Aufteilung ist damit auch nicht aus der Sicht des schenkenden Ehepartners, sondern aus dem Blickwinkel des beschenkten Ehegatten zu lösen; schließlich geht es ja darum, ob (nach formalen Gesichtspunkten) „sein“ Eigentum aufzuteilen ist. Die Zielsetzung des Aufteilungsverfahrens ist es letztlich, das während der Ehe erzielte „Wirtschaftsergebnis“ unter möglichst weitgehender Trennung der Sphären (§ 84 EheG) und in billiger Weise untereinander zu verteilen – das „andere“ Vermögen aber bei dem zu belassen, der es „von außen“ in die Ehe (mit-)gebracht hat (sei es als vor der Eheschließung selbst Erwirtschaftetes [Einbringung] oder aus einem Nachlass oder als Geschenk). § 82 Abs 1 Z 1 EheG ist daher schon aufgrund dieser Zielsetzungen so auszulegen, dass es für die Ausnahme einer Sache aus der Aufteilung darauf ankommt, ob sie derjenige (Ehepartner), dem sie im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gehört, „in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder [ob sie] ihm ein Dritter geschenkt hat“. Gerade angesichts dieses Zwecks des Aufteilungsverfahrens kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, er habe (trotz des im EheG verankerten Trennungsgrundsatzes [§ 84 EheG]) eine ursprünglich nur einem gehörende und zu dessen Gunsten ausgenommene Sache (oder Geldmittel) auch dann (weiter) von der nachehelichen Aufteilung ausnehmen wollen, wenn sie gerade (nur) wegen des Ehebands und im Hinblick auf den Fortbestand der Ehe (also während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft) durch Schenkung auch nach außen hin entweder von einem Ehepartner zu einer „gemeinsamen“ Sache gemacht wurde oder überhaupt zur Gänze dem anderen übertragen wurde. Es soll doch nur das Vermögen desjenigen, der es ohne Bezug zur Ehe erworben hat, im Aufteilungsverfahren nicht angetastet werden. Der Erwerbsvorgang des vom anderen beschenkten Ehegatten weist hingegen im typischen Regelfall (weil das Eigentum durch den Beschenkten in einem solchen Fall nicht nur während, sondern auch nur wegen der Ehe begründet wurde) einen ganz engen Konnex zur Ehe auf, sodass es insofern aus Sicht des beschenkten Ehegatten zu einem „Ansammeln“ während der Ehe gekommen ist. Gleiches muss – für den wertungsmäßig nicht anders gelagerten Fall – gelten, in dem ein Ehepartner eine ausgenommene Sache verkauft und mit dem Erlös (oder den ansonsten ausgenommenen Geldmitteln) eine andere Sache „für den anderen“ kauft; dieser wird auch dann während (und wegen) der Ehe, aber mit den (nur) zugunsten des anderen Ehepartners ausgenommenen Mitteln Eigentümer.
Für die Vornahme einer Rückabwicklung im Rahmen der nachehelichen Aufteilung spricht auch, dass selbst dann, wenn dieses Vermögensgut als Ganzes nicht zur Aufteilungsmasse zählte, bei der nachehelichen Aufteilung jedenfalls dessen auf eheliche Beiträge zurückgehende Wertsteigerung zu berücksichtigen ist (RS0130671; RS0114449; RS0057308).Die Zuweisung dieser ehelichen Wertschöpfung (und wer dafür in welchem Ausmaß eine Ausgleichszahlung zu leisten hätte) hinge dann allein vom aktuellen (von der Aufteilung nach Ansicht der Vorinstanzen unberührten) Eigentum(-santeil) und dem Aufteilungsschlüssel ab. In diesem Zusammenhang ist nun zu bedenken, dass bei Schenkung einer Sache unter Eheleuten zwar die Vorschriften über das Aufteilungsverfahren anderen Bestimmungen, wie etwa § 1266 ABGB, als leges speciales vorgehen (1 Ob 10/18d = iFamZ 2018/67 [zust Deixler-Hübner] unter Verweis auf RS0022434, RS0022395). Im Aufteilungsverfahren wäre dann dem beschenkten Ehegatten als nunmehrigem Eigentümer eine (nach den Grundsätzen der Billigkeit im Aufteilungsverfahren und damit in einer Gesamtbetrachtung bewerteten) Ausgleichszahlung für eine solche Wertsteigerung aufzuerlegen, obwohl noch gar nicht gesichert ist, ob er die Sache letztlich behalten darf. In analoger Anwendung des § 1266 ABGB, wonach der an der Scheidung Schuldlose oder zu gleichen Teilen Schuldige eine Schenkung an seinen ehemaligen Gatten widerrufen kann, kann es nämlich dann doch noch (allerdings erst nach streitigem Prozess) zu einer Rückübertragung einer unter Eheleuten geschenkten (und – folgte man der zu 1 Ob 197/99y vertretenen Auffassung – der Aufteilung weiterhin entzogenen) Sache kommen (RS0022390; M. Bydlinski in Rummel4 II/1 § 1246 ABGB Rz 1, § 1266 Rz 1, 5; Koch in KBB5§ 1246 Rz 1, 6 mwN; Jesser-Huß in Schwimann/Kodek, Praxiskommentar4§ 1246 ABGB Rz 2, § 1266 ABGB Rz 7; Fucik in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04§ 1246 Rz 1, § 1266 Rz 6; Hopf/Kathrein, Eherecht3§ 1246 ABGB Rz 2, § 1266 ABGB Rz 8, 9; aA Deixler-Hübner, EF-Z 2008, 213 [214 f]).
3.5. Soweit der beschenkte Ehegatte nicht behauptet und bewiesen hat, dass ausnahmsweise eine Schenkung aus (vom Bestand der Ehe unabhängiger) Freigebigkeit vorliegt, die bei der nachehelichen Aufteilung nicht als Vermögensbeitrag des Schenkers zu werten wäre (vgl 5 Ob 506/93 = RS0018850), ist demnach das einem Ehegatten während der Ehe vom anderen geschenkte Vermögensgut (oder der daran geschenkte Anteil) in die Aufteilung einzubeziehen, und zwar auch wenn es der (schenkende) Ehepartner in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder seinerseits (von einem Dritten) geschenkt erhalten hat. Dass Geschenke eines Ehegatten an den anderen während der Ehe nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 82 Abs 1 Z 1 EheG fallen (RS0057377; Deixler-Hübner, Scheidung, Ehe und Lebensgemeinschaft 150 f), gilt daher auch in einem solchen Fall, was auch in Einklang mit der zu Pkt 3.2. zitierten überwiegenden Rechtsprechung steht.
4. Bei Aufteilung solcher Geschenke wird es in ständiger Rechtsprechung als billig angesehen, den Anteil oder die Sache auf den Schenkenden (dem sie nach dem telos der Bestimmungen im EheG ja „bleiben“ soll) rückzuübertragen (1 Ob 10/18d mwN; RS0113358) und dem Umstand, dass das Vermögensgut allein von der Seite des Geschenkgebers stammt, dadurch Rechnung zu tragen, dass bei der Ermittlung einer dem Geschenkgeber (ansonsten) aufzuerlegenden Ausgleichsbetrags der Wert des Geschenks außer Ansatz zu bleiben hat (RS0115775; RS0113358 [T4, T 5]). Dies führt in der Regel dazu, dass dem seinerzeit beschenkten Ehegatten für die Rückübertragung des geschenkten Anteils kein wertmäßiger Ausgleich zugebilligt wird (1 Ob 97/19z uva). Nur eine auf Arbeitsleistungen oder Investitionen der Ehegatten beruhende Wertsteigerung wäre angemessen zu berücksichtigen (RS0115775).
5. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass entgegen der Ansicht der Vorinstanzen der Hälfteanteil des Mannes an der Eigentumswohnung in Italien in die Aufteilung einzubeziehen ist. Der Mann hat diesen Anteil während aufrechter Ehe erworben (und aus seiner Sicht als beschenkter Eigentümer nicht von einem Dritten erhalten). Für eine „eheunabhängige“ und aus reiner Freigiebigkeit erfolgte Schenkung bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Mangels einer auf Arbeitsleistungen oder Investitionen der Ehegatten beruhenden Wertsteigerung der Wohnung kommt eine Ausgleichszahlung für die Übertragung des Miteigentumsanteils des Mannes auf die Frau nicht in Betracht.
6. Das Verfahren ist aber, weil es sich um eine Wohnung in Italien handelt, ergänzungsbedürftig. Das Gericht hat nämlich gemäß § 93 EheG die zur Durchführung der Aufteilung nötigen Anordnungen zu treffen. Die Anordnung des Gerichts hat (nach österreichischem Recht) bei einer Übertragung von Liegenschaftsanteilen keine Verfügungswirkung, überträgt oder begründet also nicht unmittelbar Eigentum oder sonstige Rechte, sondern bildet bloß den Titel dafür (Hopf/Kathrein,Eherecht3 Rz 3 zu § 86 EheG mwN). Die Frau hat nach ihrem Antrag die Übertragung der Miteigentumsanteile des Mannes an der in Italien gelegenen (zwar näher umschriebenen, aber ohne Kataster- und Grundbuchsangaben gebliebenen) Wohnung samt Garage und Inventar begehrt. Die Frage, wie ein im Aufteilungsverfahren im Inland geschaffener Titel zur Übertragung der in Italien gelegenen Wohnung führen und umgesetzt werden könnte oder welchen Wortlaut ein solcher für eine Durchsetzbarkeit in Italien haben müsste, ist aber – ausgehend von der nicht geteilten Rechtsansicht der Vorinstanzen – mit den Parteien bisher nicht erörtert worden. Dies wird im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein, sofern die Parteien nicht zu einer einvernehmlichen Erledigung gelangen.
7. Der Kostenvorbehalt beruht darauf, dass die Sache noch nicht im Sinne des § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG erledigt ist.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00208.19Y.0326.000 |
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