OGH vom 21.03.2018, 7Ob203/17d

OGH vom 21.03.2018, 7Ob203/17d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. J***** L***** und 2. E***** L*****S*****, beide *****, beide vertreten durch Pallauf Meissnitzer Staindl Partner, Rechtsanwälte in Zell am See, gegen die beklagte Partei F***** AG, *****, vertreten durch Dr. Erwin Wibmer, Rechtsanwalt in Matrei in Osttirol, wegen 12.144 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 131/17m34, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Lienz vom , GZ 5 C 56/16x29, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit 460,40 EUR (darin 76,73 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision „im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen der §§ 411, 412 ABGB auf den vorliegenden Fall“ zulässig sei, „da es eine Vielzahl von Geschieberückhaltebecken (gebe)“.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Das von der Beklagten verbrachte Geschiebematerial befand sich zur Zeit des Abtransports durch die Beklagte auf der Liegenschaft der Kläger. Soweit es sich dabei um Ablagerungen von Materialien aus einer oberhalb gelegenen Liegenschaft gehandelt haben sollte, bejahte das Berufungsgericht das Eigentum der Kläger zwar primär auf der Grundlage des § 411 ABGB; es erachtet aber selbst bei Anwendung des § 412 ABGB ein Dritteigentum infolge unterbliebener Geltendmachung binnen Jahresfrist als verloren. Die Beklagte tritt dieser Beurteilung insoweit entgegen, als sie § 411 ABGB im vorliegenden Fall für unanwendbar erachtet. Im Übrigen bestreitet die Beklagte zwar pauschal die Eigentümerstellung der Kläger am Geschiebematerial, hält allerdings dem vom Berufungsgericht gegebenenfalls nach § 412 ABGB angenommenen Eigentumsverlust durch Nichtausübung keine Sachargumente entgegen, vermag auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen auch sonst keine Grundlage für Dritteigentum aufzuzeigen und erachtet im Übrigen die Beurteilung der Eigentümerstellung am Geschiebematerial für nicht entscheidungsrelevant. Damit wird die vom Berufungsgericht für die Zulässigkeit der Revision als maßgeblich erachtete Rechtsfrage nicht zielführend aufgegriffen.

2. Soweit die Beklagte das Vorliegen einer Vereinbarung über die Ablagerung des Geschiebematerials bestreitet, verkennt sie, dass sich das Berufungsgericht insoweit nicht bloß auf eine näher bezeichnete Äußerung der Rechtsvorgänger der Kläger im Verwaltungsverfahren gestützt hat. Entscheidend für das Berufungsgericht war vielmehr, dass die Ablagerung des Geschiebematerials einvernehmlich über Jahrzehnte hinweg bereits ca 15-mal auf Liegenschaften der nunmehrigen Kläger erfolgte. Wenn das Berufungsgericht daraus eine (zumindest auch) schlüssige Vereinbarung (§ 863 ABGB) der Beklagten mit den (Rechtsvorgängern der) Kläger(n) abgeleitet hat, stellt dies jedenfalls keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Einzelfalls dar (RIS-Justiz RS0043253 [T2]).

3. Die Kläger haben zwar in ihrem Schreiben vom an die Verwaltungsbehörde auf den Umstand hingewiesen, dass die Beklagte ihrer bescheidmäßigen Verpflichtung zur zeitgerechten Räumung des Schotterfanges nicht nachgekommen sei. Damit sollte die Behörde auf die möglichen Gefahren aufmerksam gemacht werden, die aus einer Überlastung des Auffangbeckens durch umfangreichen Geschiebeeintrag resultieren könnten. Wo zu räumendes Geschiebematerial anschließend abzulagern sei, wird damit nicht angesprochen, sodass daraus – entgegen der Ansicht der Beklagten – auch kein Verzicht der Kläger auf dieses Material abgeleitet werden kann.

4.1. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision unzulässig und daher zurückzuweisen.

4.2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00203.17D.0321.000

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