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OGH vom 26.05.1997, 2Ob555/95

OGH vom 26.05.1997, 2Ob555/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Friedrich W*****, und 2.) Josefine W*****, beide vertreten durch Dr.Edgar Kollman, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Marica J***** vertreten durch Dr.Werner Mayerhofer, Rechtsanwalt in Wien, sowie des Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Partei Dr.Rudolf L*****, ebenfalls vertreten durch Dr.Werner Mayerhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 742.900,- s.A., infolge Rekurses des Nebenintervenienten gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Berufungsgericht vom , GZ R 700/94-23, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Tulln vom , GZ 2 C 78/93i-16 aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die beklagte Partei ist Eigentümerin einer Liegenschaft, auf der ein Freizeitzentrum errichtet ist.

Die Kläger als Pächter und die beklagte Partei der Verpächterin unterfertigten am einen Pachtvertrag über ein Gastlokal im Bereich dieses Freizeitzentrums. Nachstehende wesentliche Punkte wurden vereinbart:

Das Pachtverhältnis beginnt am und wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen (Punkt 2.1. des Pachtvertrages). Betriebsbeginn ist der .

Beide Teile sind berechtigt, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten jeweils zum 30.6. bzw 31.12. eines jeden Jahres aufzukündigen, die Kläger jedoch erstmals zum , die beklagte Partei erstmals zum .

Eine fristlose Auflösung des Vertrages ist jederzeit möglich, wenn der andere Teil gegen eine wesentliche Bestimmung des Vertrages verstößt.

Das Bestandobjekt darf ausschließlich zum Betrieb eines Gastgewerbes in Form einer Pizzeria oder eines italienischen Restaurants verwendet werden, die Kläger sind berechtigt und verpflichtet, den Pachtbetrieb im branchenüblichen Umfang zu führen, es besteht Betriebspflicht "während der zu vereinbarenden Öffnungszeiten Montag bis Sonntag in der Zeit von 16.00 Uhr bis 02.00 Uhr".

Die Kläger erklären, alle für den gegenständlichen Pachtbetrieb erforderlichen behördlichen Bewilligungen zu besitzen bzw innerhalb der gesetzlichen oder behördlichen Frist auf eigene Kosten zu besorgen sowie allfällige Auflagen zu erfüllen.

Der monatliche Pachtschilling beträgt S 25.000,- zuzüglich Umsatzsteuer und ist nach dem Verbraucherpreisindex 1986 wertgesichert.

Die Kläger leisten für die von der beklagten Partei getätigten Investitionen im Bereich des Gebäudes, der Einrichtungen, der Gartenanlage und des Parkplatzes einen Baukosten- und Investitionsbeitrag von S 2,000.000,- zuzüglich Umsatzsteuer, wobei ein Teilbetrag von S 700.000,- durch ein von den Klägern aufzunehmendes und grundbücherlich sicherzustellendes Darlehen zu Handen des Nebenintervenienten mit dem einseitig unwiderruflichen Auftrag bezahlt wird, diesen Betrag an die beklagte Partei auszufolgen, sobald die Verbücherung des Pfandrechtes in dem von der kreditgewährenden Bank bedungenen Rang zustandegekommen ist. Ein weiterer Teilbetrag wird nach Maßgabe von den von den Kläger abzuschließenden Rabattvorauszahlungsverträgen (Bierbezugsverträge) bezahlt; diese Guthaben werden an die beklagte Partei abgetreten. Die Zahlung aus diesen Verträgen hat bis längstens zu erfolgen.

Der Restbetrag ist in monatlichen Raten zu je S 50.000,- beginnend mit , bei Terminsverlust mit zwei Raten zur Zahlung fällig. Der Restbetrag ist ab Vertragsabschluß bis zur Zahlung mit 12 % p.a. zu verzinsen. Die Umsatzsteuer wird im Verrechnungsweg nach den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung durch einen Umbuchungsauftrag beglichen.

Wird ein dem Erstkläger gehörendes Haus früher verkauft, ist aus diesem Erlös primär der Baukosten- und Investitionsbeitrag zu bezahlen, darüberhinaus verpfändet der Erstkläger diese Liegenschaft für die genannten Forderungen der beklagten Partei.

Sollte das Vertragsverhältnis aus Gründen, die die Kläger zu vertreten haben, vorzeitig beendet werden, so verfallen die von den Kläger geleistete Investitions- und Baukostenbeiträge zugunsten der beklagten Partei aus dem Titel des Schadenersatzes. Die Kläger nehmen in diesem Zusammenhang zur Kenntnis, daß sich dieser pauschalierte, einem richterlichen Mäßigungsrecht nicht unterliegende Schadenersatz durch neue Anlaufkosten bei der Suche eines neuen Pächters, zwischenzeitige Betriebsstillegung usw ergibt.

Die Übergabe des Pachtgegenstandes erfolgt wie besichtigt, eine Gewährleistung ist ausgeschlossen.

Den Klägern steht ein Weitergaberecht für das Pachtrecht zu; zugunsten der beklagten Partei ist ein Vorpachtrecht vereinbart.

Die Kläger bezahlten der beklagten Partei S 700.000,- an Baukosten- und Investitionsbeitrag sowie an das Finanzamt S 42.000 zur Vergebührung dieses Pachtvertrages.

Die Kläger begehren von der beklagten Partei Zahlung von S 742.900,-

mit der Begründung, von den Vertretern der beklagten Partei in Irrtum geführt worden zu sein. Es sei ihnen erzielbarer Umsatz vorgegaukelt worden, der nicht der Realität entspreche. Der Vertrag sei insgesamt sittenwidrig, weil unausgewogen. Sie seien nämlich als "Kaufleute" bezeichnet worden, um die für die beklagte Partei günstigeren handelsrechtlichen Bestimmungen zu erreichen; dies treffe zumindest auf die Zweitklägerin nicht zu. Im Vertrag sei auch festgehalten worden, daß sie über die notwendigen behördlichen Bewilligungen verfügten, was ebenfalls nicht der Fall gewesen sei. Schließlich sei vereinbart worden, daß der geleistete Investitionsbeitrag verfallen solle, wenn der Vertrag aus von ihnen zu vertretenden Gründen vorzeitig aufgelöst werde. Dem stehe aber keine Vereinbarung gegenüber, was zu geschehen habe, wenn der Vertrag ansonsten vor Zeitablauf ende. Es sei daher davon auszugehen, daß die geleisteten Beträge nicht zurückzuzahlen seien; dies begründe ebenfalls grobe Unausgewogenheit. Der vereinbarte Verfall des Investitionsbeitrages als nicht dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliegender pauschalierter Schadenersatz sei nach § 1 Abs 3 KSchG unzulässig, weil sie (Kläger) nicht als Unternehmer anzusehen seien. Gegenüber der Zweitklägerin bestehe kein wirksam abgeschlossener Vertrag, weil diese geborene Philippinen und der deutschen Sprache zumindest in Schriftform nicht mächtig sei. Am sei mit der beklagten Partei vereinbart worden, daß der Betrieb wieder von ihr geführt werde; der Vertrag sei daher einvernehmlich aufgelöst worden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Kläger seien in den Vorgesprächen vor Vertragserrichtung ausführlich über die Situation unterrichtet worden. Sie hätten sich selbst vom Geschäftsgang ein Bild machen können und seien daher über die Rentabilität des Pachtobjektes informiert gewesen. Die Ursache des von den Klägern behaupteten schlechten Geschäftsganges liege im Verhalten der Kläger. So hätten Verwandte der Zweitklägerin im Betrieb mitarbeiten sollen, um die Kosten niedrig zu halten. Die Zweitklägerin habe sich aber geweigert, im Betrieb mitzuwirken. Der Erstkläger habe es nicht verstanden, die Gäste zur Konsumation zu veranlassen.

Der Erstkläger habe sich wegen seiner vorangegangenen unternehmerischen Tätigkeiten als Kaufmann bezeichnet. Zur Erlangung der behördlichen Bewilligungen sei von den Klägern eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet worden, für die ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt werden sollte. Diese Konstruktion sei von ihnen bevorzugt worden. Da sie auch den Pachtvertrag schuldhaft nicht erfüllt hätten lägen auch die Voraussetzungen für den Verfall des Geleisteten als pauschalierter Schadenersatz vor.

Die Zweitklägerin sei über die Einzelheiten des Vertrages informiert worden; teilweise seien ihr die Vertragsbestimmungen und die Erörterungen übersetzt worden.

Der Vertrag sei nicht einvernehmlich aufgelöst worden, weil sich die beklagte Partei nach der Ankündigung des Erstklägers das Lokal zuzusperren, nur bereit erklärt habe, den Betrieb zur Vermeidung einer völligen Schließung vorläufig selbst weiterzuführen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es traf nachstehende wesentliche Feststellungen:

Der Erstkläger war zuvor als selbständiger Handelsvertreter tätig. Er betrieb in den Jahren 1990/1991 einen Salon mit Spielautomaten in Belgrad und zog sich im Sommer 1991 aus diesem Geschäft zurück. Obwohl er nie im Gastgewerbe tätig war, beabsichtigte er, ein Gastlokal zu eröffnen. Die Zweitklägerin, seine Frau, sollte sich um die Führung des Lokales selbst kümmern, er die kaufmännische Seite erledigen. Über eine Zeitungsannonce wurde der Kontakt mit Friedrich K*****, der als Vertreter der beklagten Partei auftrat, hergestellt. Die Verhandlungen mit ihm führten letztlich zur Errichtung des eingangs auszugsweise wiedergegebenen Pachtvertrages durch den Nebenintervenienten.

Der Vertragserrichtung gingen zahlreiche Gespräche zwischen dem Vertreter der beklagten Partei, dem Nebenintervenienten und den Klägern voraus. Vor Unterfertigung des Pachtvertrages wurde der Vertrag Punkt für Punkt erörtert. Die Zweitklägerin ist philippinischer Abstammung und versteht Deutsch besser, als sie es reden oder lesen kann. Sowohl der Erstkläger als auch der Nebenintervenient übersetzten ihr einzelne Teile des Gespräches und auch der Vertragspunkte in die englische Sprache. Die Zweitklägerin hatte über die wesentlichen Vertragsbestimmungen volle Kenntnis. Sie war vor Abschluß des Pachtvertrages nur unselbständig tätig. Gegenstand dieser Besprechungen waren unter anderem die Rentabilität des zu führenden Betriebes. Dabei äußerte der Vertreter der beklagten Partei, es sei daran ein monatlicher Rohertrag von S 100.000,- zu erzielen, die Mitarbeit von Familienangehörigen der Zweitklägerin vorausgesetzt. Die Kläger arbeiteten vor Unterfertigung des Vertrages auch an mehreren Wochenenden im Betrieb mit.

Da den Klägern die Gewerbeberechtigung fehlte, wurde die Gründung einer Gesellschaft mbH besprochen wobei der Vertreter der beklagten Partei auch auf die Möglichkeit hinwies, notfalls auf den bereits für den Betrieb tätigen gewerberechtlichen Geschäftsführer zurückzugreifen. Der Gesellschaftsvertrag wurde am geschlossen. Gesellschafter waren die Kläger. Ein gewerberechtlicher Geschäftsführer wurde aber nicht bestellt. Der Erstkläger erhielt nach Sicherstellung auf seiner Liegenschaft einen Barkredit von S 700.000,-.

Die Kläger begannen am den Betrieb auf ihre Rechnung zu führen. Dabei wurde zum großen Teil das bereits vorhandene Personal übernommen. Der Speiseumsatz konnte zunächst gesteigert werden, doch ließ der Umsatz an alkoholischen Getränken nach. Der Erstkläger lehnte es an Antialkoholiker ab, Gäste zur Konsumation alkoholischer Getränke zu animieren. Die Kläger sahen sich wegen der erzielten Geschäftsergebnisse nicht in der Lage, den Betrieb wirtschaftlich zu führen.

Der Vertreter der beklagten Partei und die Kläger versuchten in der Folge einen Dritten für die Übernahme des Betriebes und die Bezahlung der Investitionsablöse zu finden. Dabei drängte der Vertreter der beklagten Partei darauf, einen Geschäftsstillstand zu vermeiden. Mit Schreiben vom teilte der Nebenintervenient dem nunmehrigen Klagevertretern mit, daß der Betrieb von der beklagten Partei bis auf weiteres zur Vermeidung von Schäden aus einer Betriebssperre übernommen werde. Für die Zeit dieser Betriebsführung sei von den Klägern keine Pacht zu bezahlen, doch sollten allfällige Ertragsüberschüsse der beklagten Partei zustehen.

Die Kläger sahen keine Möglichkeit, aus den erzielten Erträgen ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, und stellten ihre Betriebstätigkeit Ende November 1991 ein; Ursache für den Geschäftsrückgang war primär, daß der Erstkläger kein Gastronom im engeren Sinn und daher nicht in der Lage war, die Gäste zu entsprechendem Konsum zu animieren. Nicht festgestellt werden konnte, ob objektiv die Ertragssituation des Unternehmens so schlecht war, daß die Verpflichtungen aus den Erträgen nicht erfüllt werden konnten.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß die Zweitklägerin über die wesentlichen Vertragsinhalte informiert gewesen sei und sich allenfalls Aufklärung verschaffen hätte können. Von einer Nichtigkeit des Vertrages ihr gegenüber könne daher keine Rede sein. Ebenso seien weder einzelne Bestimmungen noch der Gesamtvertrag sittenwidrig. Der Ausschluß des richterlichen Mäßigungsrechtes dem Erstkläger gegenüber sei wirksam, weil er als Kaufmann anzusehen sei. Ein Rückzahlungsanspruch der Zweitklägerin bestehe schon deshalb nicht, weil sie den Betrag nicht bezahlt habe. Die Kläger seien auch nicht in Irrtum geführt worden, weil sie umfangreiche Informationsmöglichkeiten gehabt hätten. Sie hätten auch den in Aussicht genommenen Umsatz annähernd erzielt. Der Umsatzrückgang sei auf die mangelnden gastronomischen Fähigkeiten des Erstklägers zurückzuführen. Die Ursache für die Aufgabe des Betriebes liege in der Sphäre der Kläger.

Das Berufungsgericht gab der von den Klägern gegen dieses Urteil des Erstgerichtes erhobenen Berufung Folge und hob das Urteil zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht auf. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Dabei erachtete das Berufungsgericht noch nähere Feststellungen für erforderlich, was die Kläger unter dem Begriff "Rohertrag" verstehen durften und ob ein solcher Rohertrag unter den von den Parteien zugrundegelegten Prämissen und durchschnittlichem Einsatz erzielbar gewesen wäre. Die Ertragsfähigkeit eines Unternehmens sei nämlich eine Eigenschaft der Sache, die Gegenstand einer Qualitätszusage sein könne. Die Äußerung des Vertreters der beklagten Partei, es sei ein Rohertrag von S 100.000,- monatlich zu erzielen, sei als ausdrücklich Qualitätszusage zu verstehen. Stehe aber fest, daß ein Rohertrag in der zugesagten Höhe zu erzielen gewesen wäre, werde es den Klägern verwehrt sein, sich darauf zu berufen, daß auch ein solcher Rohertrag nicht ausgereicht hätte, um den Betrieb angesichts der bestehenden fixen Belastungen wirtschaftlich zu führen, weil diese Beurteilung im Kalkulationsrisiko der Kläger selbst liege.

Das Berufungsgericht trat der Rechtsmeinung des Erstgerichtes bei, daß weder einzelne Vertragspunkte noch der Gesamtvertrag sittenwidrig seien, weil die Verpflichtung des Pächters zur Beschaffung der behördlichen Bewilligungen einen durchaus üblichen und alltäglichen Vorgang darstellten. Der Verfall der Investitionsablöse für den Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung aus von den Klägern zu vertretenden Gründen sei ebenfalls nicht sittenwidrig. Bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung aus anderen Gründen müsse es zu einer ergänzenden Vertragsauslegung im Sinne des § 914 ABGB kommen. Die bloße Bezeichnung der Kläger als "Kaufleute" sei rechtlich nicht von Relevanz. An der Wirksamkeit der rechtsgeschäftlichen Erklärungen sei ebenfalls nicht zu zweifeln. Zur Aktivlegitimation der Zweitklägerin können noch nicht abschließend Stellung genommen werden. Diese könne aber nicht ausgeschlossen werden, weil die Zahlung von S 700.000,-

auf eine Verpflichtung beider Kläger geleistet worden sei und das Innenverhältnis, aus wessen Mitteln dieser Betrag aufgebracht worden sei, für die Aktivlegitimation der Zweitklägerin nicht von Bedeutung sei.

Zur Anwendbarkeit des richterlichen Mäßigungsrechtes im Sinne des § 1336 ABGB führte das Berufungsgericht noch aus, daß grundsätzlich der Erwerb eines fortzuführenden Unternehmens als Handelsgeschäft, das nach § 348 HGB das richterliche Mäßigungsrecht ausschließe, anzusehen sei. Der Abschluß des Pachtvertrages als vorbereitendes Geschäft sei daher für die Kläger ein Handelsgeschäft gewesen, auch wenn sie noch keine Erfahrung im Bereich der Gastronomie gehabt hätten. Dieses Ergebnis wiederspreche allerdings der dem § 1 Abs 3 KSchG zugrundeliegenden Grundwertung, wenn auch der Regelungsbereich des KSchG primär nicht Verträge wie den gegenständlichen Pachtvertrag im Auge habe. § 7 leg cit weite den Anwendungsbereich des § 1336 Abs 2 ABGB über den eigentlichen Anwendungsbereich im Rahmen der Konventionalstrafenvereinbarungen aus. Verpflichte sich eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebes ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen zu einer Konventionalstrafe, sei sie noch nicht als Unternehmer anzusehen und berechtigt, das richterliche Mäßigungsrecht in Anspruch zu nehmen. Vorbereitungsgeschäfte für den Betrieb eines Handelsgeschäftes könnten zumindest dann nicht als Handelsgeschäfte beurteilt werden, wenn die für die Bestimmungen des KSchG vorausgesetzte typische Ungleichgewichtslage zwischen den Vertragsteilen gegeben sei. Eine solche liege vor, auch wenn der Vertrag nicht als sittenwidrig im Sinne des § 879 ABGB anzusehen sei. Das richterliche Mäßigungsrecht könne daher trotz vertraglichen Ausschlußes in Anspruch genommen werden.

Der Nebenintervenient beantragt mit seinem gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobenen Rekurs auszusprechen, daß "die Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechtes gemäß § 1336 Abs 2 ABGB nicht statthaft ist".

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist entgegen der in der Rekursbeanwortung vertretenen Rechtsmeinung zulässig, weil mit dem Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluß auch allein dessen Begründung angefochten werden kann (SZ 55/133 mwN), er istaber nicht berechtigt.

Nach § 1336 ABGB können Vertragsparteien eine besondere Übereinkunft treffen, daß für den Fall des entweder gar nicht oder nicht auf gehörige Art oder zu spät erfüllten Versprechens anstatt des zu vergütenden Nachteiles ein bestimmter Geld- oder anderer Betrag entrichtet werden solle. Nach Abs 2 dieser Bestimmung ist der Vergütungsbetrag, wenn er vom Schuldner als übermäßig erwiesen wird, von dem Richter, allenfalls nach Einvernehmung von Sachverständigen, zu mäßigen.

§ 348 HGB bestimmt dagegen, daß eine Vertragsstrafe, die von einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes versprochen ist, nicht auf Grund der Vorschriften des § 1336 Abs 2 ABGB herabgesetzt werden kann. Dies bedeutet, daß auch diejenigen Vereinbarungen unter § 348 HGB fallen, die nur im weiteren Sinn als Konventionalstrafe bezeichnet werden können (Kramer in Straube, HGB2 Rz 5 zu § 348). Für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung kommt es auf die Vollkaufmannseigenschaft des Versprechenden im Zeitpunkt des Strafversprechens an (Kramer aaO Rz 7 mwN).

Wie vom Berufungsgericht bereits richtig dargelegt, sind Handelsgeschäfte im Sinne des § 343 HGB nach der ständigen Rechtsprechung (EvBl 1996/8; SZ 68/66; WBl 1992, 96; EvBl 1974/247; SZ 39/88) und Lehre (Kramer aaO Rz 11 zu §§ 343, 344; Schlegelberger - Hefermehl HGB5 Rz 17 zu § 343) auch vorbereitende Handelsgeschäfte. Voraussetzung für die Annahme eines vorbereitenden Handelsgeschäftes ist die Kaufmannseigenschaft der Vertragspartei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder die spätere Betriebsaufnahme bezüglich des bei Vertragsabschluß in Aussicht genommenen Handelsgewerbes (SZ 68/66).

Hingegen bestimmt § 1 Abs 3 KSchG, daß Geschäfte, die eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebes ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen dafür tätigt, noch nicht im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 KSchG zu diesem Betrieb gehören. Das Gesetz weicht somit bewußt vom Handelsrecht ab (744 BlgNR 14. GP 16). Dies kann nach Welser in Krejci, KSchG-Handbuch 198 FN 15) zu der interessanten Konstellation führen, daß ein Geschäft als ein beiderseitiges Handelsgeschäft gilt und dennoch dem I. Hauptstück des KSchG unterliegt.

Zum Spannungsverhältnis zwischen den Bestimmungen des Handelsrechtes und des KSchG hat der Oberste Gerichtshof bereits Stellung genommen und ausdrücklich ausgeführt, daß die rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers, für künftige Unternehmertätigkeit noch "Verbraucherschutz" zu gewähren, für alle künftigen Unternehmer gelten müssen, gleichgültig, ob die von ihnen abgeschlossenen Vorbereitungsgeschäfte wegen ihrer künftigen Kaufmannseigenschaft Handelsgeschäfte sind oder nicht. Gründungsgeschäfte eines Verbrauchers seien daher Verbrauchergeschäfte nach § 1 Abs 3 KSchG (SZ 68/66). Daher wurde einem Verbraucher, der einen Kaufvertrag über einen Würstelstand abgeschlossen hat, ausdrücklich das Recht zugebilligt, die Einrede der laesio enormis zu erheben.

Zur Frage, ob eine innerhalb eines Gründungsgeschäftes versprochene Konventionalstrafe dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliegt, hat der Oberste Gerichtshof aber noch nicht Stellung genommen.

Welser (aaO 202) führt aus, daß ein nach § 1 Abs 3 KSchG als Verbrauchergeschäft qualifiziertes Geschäft diese Eigenschaft auch dann beibehält, wenn der bisherige Konsument die Stellung eines Unternehmens erlangt, also den Betrieb aufnimmt. Die zwingenden Vorschriften des I. Hauptstückes des KSchG seien auf jene Vereinbarungen anzuwenden, die sich auf die Begründung des Schuldverhältnisses und die Bindung daran beziehen. Hier komme nämlich die typische Unerfahrenheit des Noch-Nicht-Unternehmers noch voll zum Tragen (aaO 205).

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsmeinung an.

Der Abschluß der Konventionalstrafe fiel noch in das Gründungsgeschäft und ist daher im Lichte des KSchG zu beurteilen. Auch wenn der Sachverhalt, der die Konvenzionalstrafe als pauschalierten Schadenersatz auslöste, zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die Kläger schon Unternehmer bzw Kaufleute waren, muß der vom KSchG verfolgte Gesetzeszweck, auch das Mäßigungsrecht wirksamer zu gestalten (§ 7 KSchG), beachtet werden. Die Konventionalstrafe wurde eben im Zusammenhang mit der Begründung des Schuldverhältnisses versprochen und unterliegt daher der richterlichen Mäßigung. Es ist ohne Bedeutung, daß in § 7 leg cit auf die offensichtlich als selbstverständlich vorausgesetzte Anwendbarkeit des § 1336 Abs 2 ABGB bei Verbrauchergeschäften - wie hier - nicht noch ausdrücklich hingewiesen wurde. Nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers sollten sowohl das Reuegeld (§ 909 ABGB) und die Vertragsstrafe (§ 1336 ABGB) in Beziehung auf das Mäßigungsrecht gleichgestellt werden (744 BlgNR 14. GP 27).

Auf die übrigen im angefochtenen Beschluß noch enthaltenen Rechtsausführungen muß nicht eingegangen werden, weil hiezu im Rekurs nichts vorgebracht wird.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO (vgl gegebenenfalls zur Kostenersatzpflicht der Hauptpartei EvBl 1974/71 sowie M. Bydlinski, Kostenersatz 33).