OGH vom 30.11.2016, 7Ob201/16h

OGH vom 30.11.2016, 7Ob201/16h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** G*****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei C***** G*****, wegen Unterlassung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 134/16b 5, womit der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 5 Cg 86/16t 2, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht ließ im Zusammenhang mit der Verneinung der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und der internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte für die Klage samt deren Zurückweisung den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob für Klagen nach § 1328a ABGB der Gerichtsstand des § 99 Abs 1 JN greift, vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts – nicht zulässig. Dessen Zurückweisung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO).

1. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und damit auch die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte (vgl § 27a JN) kann nicht auf § 99 Abs 1 JN gestützt werden:

Der Gerichtsstand nach § 99 Abs 1 JN besteht nur für „vermögensrechtliche Ansprüche“. Dieser Ausdruck steht im Gegensatz zu Ansprüchen, die dem Personen- und Familienrecht angehören (1 Ob 196/75 = RIS Justiz RS0046451). Vermögensrechtliche Ansprüche sind solche, die auf Geld oder Geldeswert gerichtet sind oder sich aus vermögensrechtlichen Beziehungen ableiten. Es entscheidet die Natur des Rechts, dessen Schutz der Kläger begehrt (RIS Justiz RS0045946). Ein auf den Schutz der Privatsphäre (§§ 16, 1328a ABGB) gerichteter Unterlassungsanspruch ist nicht vermögensrechtlicher Natur (7 Ob 138/16v; vgl auch RIS Justiz RS0042418 [T9, T 10]).

Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts nach den §§ 16, 1328a ABGB und damit auf keinen vermögensrechtlichen Anspruch. Die Vorinstanzen haben daher im Einklang mit der Judikatur die von der Klägerin behauptete Zuständigkeit nach § 99 Abs 1 JN verneint.

2. Zu bedenken ist weiters, dass aus der Tatsache, dass zur Sicherung des mit Klage verfolgten Anspruchs auch eine einstweilige Verfügung – hier nach der „Anti Stalking Regelung“ des § 382g EO – beantragt worden ist (und nur durch eine Klagsführung beim inländischen Gericht dem Auftrag zur Einbringung der Klage nach § 391 EO entsprochen werden könnte), nicht zwangsläufig die Bejahung der Zuständigkeit des inländischen Gerichts folgt (6 Ob 562/91 mwN = RIS Justiz RS0005621).

3. Außerdem besteht im vorliegenden Fall auch ohne das Erfordernis eines Rechtfertigungsverfahrens die Möglichkeit zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes zur Sicherung des Anspruchs auf Unterlassung von Eingriffen in die Privatsphäre nach § 382g Abs 1 Z 1 bis 6 EO. Dies ist dann der Fall, wenn die einstweilige Verfügung für längstens ein Jahr getroffen oder nach Zuwiderhandeln durch den Antragsgegner mit dieser Höchstfrist verlängert wird (§ 382g Abs 2 EO).

4. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0070OB00201.16H.1130.000