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OGH vom 15.12.1998, 4Ob289/98y

OGH vom 15.12.1998, 4Ob289/98y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dipl.-Ing. Gerhard K*****, 2. Johann S*****, beide vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Ing. Anton S*****, vertreten durch Dr. Helmut Destaller und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen S 84.000,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 102/98m-17, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 8 C 58/97p-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit 6.695,04 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 1.115,84 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft mit einem Gebäude in S*****. Im Jänner 1996 wandte sich der Beklagte an den Erstkläger, weil er Lager- und Büroflächen für die S***** GmbH mieten wollte, die er mit Gesellschaftsvertrag vom gemeinsam mit zwei weiteren Gesellschaftern gegründet hatte. Der Beklagte war als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer auf der Suche nach einem geeigneten Bestandobjekt für die Erzeugung von Massageliegen.

Am besichtigte der Beklagte gemeinsam mit dem Erstkläger die Halle. Da ihm das Bestandobjekt - nach Durchführung von Umbauten und Instandsetzungsarbeiten - geeignet erschien, vereinbarte er mit dem Erstkläger einen gemeinsamen Besprechungstermin mit dem Zweitkläger. Am einigten sich die Streitteile im Büro des Zweitklägers, daß die S***** GmbH das Bestandobjekt ab zu einem Mietzins von 105.000,-- S zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten mietet. Die Kläger sollten die Halle nach den Wünschen des Beklagten instandsetzen und umbauen. Die Kläger kamen mit dem Beklagten überein, den schriftlichen Mietvertrag am zu unterfertigen.

Bereits am begannen die Kläger mit den vereinbarten Arbeiten, so daß die Umbau- und Instandsetzungsarbeiten am zum größten Teil abgeschlossen waren. Für diese Arbeiten verrechnete das Innenausbauunternehmen des Zweitklägers der S***** GmbH am 221.611,20 S.

Unmittelbar nach dem übermittelten die Kläger dem Beklagten den Mietvertrag. Der Beklagte kam jedoch nicht zur vereinbarten Vertragsunterzeichnung, sondern erklärte, das Bestandobjekt doch nicht mieten zu wollen. Da die Kläger mit den Umbau- und Instandsetzungsarbeiten bereits begonnen hatten, machten sie ihre Zustimmung zur Vertragsauflösung von einer Abstandszahlung abhängig. Der Beklagte versprach, den letztlich vom Erstkläger geforderten Betrag von 70.000 S netto zu zahlen. Als er zum vereinbarten Zahlungstermin nicht erschien, stellten ihm die Kläger diesen Betrag zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung.

Die Kläger haben die Umbau- und Instandsetzungsarbeiten fertiggestellt. Ende Februar 1996 fanden sie einen Mieter, der bereit war, das Bestandobjekt ab Sommer 1996 zu mieten. Für diesen Mieter mußten einige der mit dem Beklagten vereinbarten Umbauten rückgängig gemacht werden.

Die S***** GmbH wurde am im Firmenbuch des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz eingetragen.

Die Kläger begehren 84.000,-- S sA. Die Streitteile hätten die Abstandszahlung vereinbart; hilfsweise werde das Klagebegehren auch auf den Titel des Schadenersatzes und den mündlichen Mietvertrag gestützt. Da die S***** GmbH erst nach Abschluß des Mietvertrages in das Firmenbuch eingetragen worden sei, hafte der Beklagte auch noch als Handelnder gemäß § 2 GmbHG.

Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Ein Mietvertrag sei nie zustandegekommen. Als Mieter sei im übrigen die S***** GmbH und nicht der Beklagte vorgesehen gewesen. Der Beklagte sei nicht passiv legitimiert, weil die S***** GmbH nach ihrer Eintragung im Firmenbuch sämtliche Verbindlichkeiten übernommen habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Beklagte habe für die Vorgesellschaft gehandelt. Die persönliche Haftung des Handelnden ende, sobald die GmbH im Firmenbuch eingetragen sei und das Rechtsgeschäft ihr gegenüber wirksam werde. Dazu bedürfe es der Genehmigung des Geschäfts durch die Geschäftsführer nach der Eintragung der GmbH. An die Genehmigung des Geschäfts würden keine besonderen Anforderungen gestellt. § 2 Abs 2 GmbH sei nicht anwendbar, wenn - wie hier - das Rechtsgeschäft durch die Geschäftsführer der GmbH und nicht durch vollmachtslose oder ihre Vollmacht überschreitende Vertreter geschlossen worden sei. Der Beklagte hafte für die von ihm zugesagte Abstandszahlung so lange persönlich, bis die von ihm vertretene GmbH die Verpflichtung übernehme. Zu einer solchen Übernahme sei es bisher nicht gekommen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Der Beklagte sei als allein vertretungsbefugter Geschäftsführer der noch nicht in das Firmenbuch eingetragenen S***** GmbH Handelnder im Sinne des § 2 Abs 1 GmbHG. Ein automatisch auf die GmbH übergehendes Rechtsgeschäft liege nicht vor. Die GmbH habe die Schuld auch weder ausdrücklich noch schlüssig übernommen. Das folge schon daraus, daß der Beklagte bis zum Schluß der Verhandlung ein die Vorgesellschaft bindendes Rechtsgeschäft bestritten habe. Es sei auch zu keiner Geschäftsbeziehung zwischen den Klägern und der eingetragenen GmbH gekommen. Mangels Übernahme der Verpflichtung durch die GmbH hafte der Beklagte persönlich.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Beklagten ist unzulässig.

Das Berufungsgericht hat die Revision unter Hinweis auf die in der deutschen Rechtsprechung und Lehre sowie im österreichischen Schrifttum vertretenen Auffassungen zum Übergang der Rechte und Pflichten der Vorgesellschaft auf die eingetragene GmbH ohne besondere Genehmigung oder Schuldübernahme durch die GmbH zugelassen. Auf diese Rechtsprechung und Lehre bezieht sich der Beklagte. Er macht geltend, daß er den Mietvertrag für die Vorgesellschaft abgeschlossen habe. Eine nachträgliche Genehmigung durch die GmbH sei nicht erforderlich gewesen, weil er weder vollmachtslos noch in Überschreitung seiner Vollmacht gehandelt habe.

Die Kläger haben vorgebracht, den Klagebetrag mit dem Beklagten als Abstandszahlung vereinbart zu haben. Hilfsweise haben sie ihr Begehren auch auf den Titel des Schadenersatzes und den mit der S***** GmbH mündlich geschlossenen Mietvertrag gestützt. Insoweit haben sie die Haftung des Beklagten als Handelnder im Sinne des § 2 GmbHG in Anspruch genommen.

Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage ist im Zusammenhang mit der behaupteten Haftung des Beklagten als Handelnder gemäß § 2 GmbHG von Bedeutung. Primäre Anspruchsgrundlage ist aber die von den Klägern behauptete und auch bewiesene Vereinbarung mit dem Beklagten. Danach hat der Beklagte den Klägern eine Abstandszahlung von 70.000 S netto zugesagt. Diesen Betrag haben die Kläger ihm auch in Rechnung gestellt.

Nach den Feststellungen hat der Beklagte bei Vereinbarung der Abstandszahlung im eigenen Namen und nicht im Namen der (schon errichteten, aber noch nicht eingetragenen) GmbH gehandelt. Damit fehlt aber eine Grundvoraussetzung für eine Haftung des Beklagten als Handelnder im Sinne des § 2 HGB:

Nach § 2 Abs 1 GmbHG besteht die Gesellschaft als solche vor der Eintragung in das Firmenbuch nicht. Wird vorher im Namen der Gesellschaft gehandelt, so haften die Handelnden persönlich zur ungeteilten Hand (Gesamtschuldner). Abs 2 regelt die "Schuldübernahme" durch die eingetragene GmbH: Übernimmt die Gesellschaft eine vor ihrer Eintragung in ihrem Namen eingegangene Verpflichtung durch Vertrag mit dem Schuldner in der Weise, daß sie an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt, so bedarf es zur Wirksamkeit der Schuldübernahme der Zustimmung des Gläubigers nicht, wenn die Schuldübernahme binnen drei Monaten nach der Eintragung der Gesellschaft vereinbart und dem Gläubiger von der Gesellschaft oder dem Schuldner mitgeteilt wird.

§ 2 GmbHG erfaßt nur Rechtshandlungen im Namen der Gesellschaft. Ob darunter Handeln im Namen der Vorgesellschaft, Handeln im Namen der künftigen Gesellschaft oder Handeln im Namen sowohl der Vorgesellschaft als auch der künftigen Gesellschaft zu verstehen ist, ist umstritten. Nach neuerer Auffassung ist es unerheblich, ob im Namen der Vorgesellschaft oder der künftigen Gesellschaft gehandelt wird; in beiden Fällen liegt Handeln "im Namen der Gesellschaft" im Sinne des § 2 GmbHG vor (s Geist, Grundprobleme der Kapital-Vorgesellschaft 118f mwN; zum mit § 2 GmbHG insoweit inhaltsgleichen § 34 AktG s Jabornegg in Schiemer/Jabornegg/Strasser, Kommentar zum Aktiengesetz**n § 34 Rz 15, jeweils mwN).

Voraussetzung ist aber immer, daß der Handelnde im Namen der Gesellschaft und nicht im eigenen Namen auftritt. Handelt er im eigenen Namen, so ist § 2 GmbHG nicht anwendbar (s SZ 64/4; ecolex 1998, 138 [Fantur]; Koppensteiner, GmbH-Gesetz Kommentar § 2 Rz 39 mwN). Der Handelnde haftet persönlich; seine Haftung kann nicht durch eine "Schuldübernahme" im Sinne § 2 Abs 2 GmbHG erlöschen. Ebensowenig kommt ein (automatischer) Übergang der Verbindlichkeit auf die eingetragene GmbH - sei es durch Gesamtrechtsnachfolge (Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht**2 Rz 1/533;

Koppensteiner aaO § 2 Rz 30f, jeweils mwN) oder infolge Identität von

Vorgesellschaft und eingetragener GmbH (Geist aaO 163; Grünwald,

Gedanken zum Verhältnis zwischen Vorgesellschaft und der "fertigen"

Kapitalgesellschaft, GesRZ 1996, 19 [22f]; Fantur, Das Haftungssystem

der GmbH-Vorgesellschaft 177f, jeweils mwN) - in Frage. Von der vom

Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage, ob entgegen

der bisherigen Rechtsprechung (ua GesRZ 1986, 196 = RdW 1986, 305; NZ

1989, 101 = WBl 1989, 28; ecolex 1990, 153 = WBl 1990, 187; ecolex

1995, 102 = GesRZ 1995, 56) die Haftung des Handelnden mit der

Eintragung der GmbH auch endet, wenn es sich weder um Aufwendungen aus rechtlich oder wirtschaftlich notwendigen Geschäften handelt noch die GmbH das Geschäft, sei es ausdrücklich oder schlüssig, genehmigt, hängt die Entscheidung daher im vorliegenden Fall nicht ab.

Die Revision war als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Da die Kläger auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben, diente ihre Revisionsbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.