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OGH vom 28.03.2017, 2Ob128/16m

OGH vom 28.03.2017, 2Ob128/16m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach DI K***** P*****, verstorben am *****, zuletzt wohnhaft in *****, über die Revisionsrekurse 1. der R***** G*****, vertreten durch Dr. Lucas Lorenz, Rechtsanwalt in Innsbruck, sowie 2. C***** P*****, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 53 R 113/15d-175, womit infolge Rekurses beider Revisionsrekurswerber der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 3 A 552/14s-169, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs des C***** P***** wird zurückgewiesen.

2. Hingegen wird dem Revisionsrekurs der R***** G***** nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die am Verstorbene hinterließ vier volljährige Kinder, nämlich Ch***** P*****, C***** P*****, R***** G***** und DI K***** P*****. Für die am geborene Ch***** P***** ist C***** P***** als Sachwalter bestellt. Die Betroffene ist dauerhaft zu 100 % behindert und außerstande, sich selbst Unterhalt zu verschaffen. Eine verringerte Lebenserwartung besteht nicht. Sie ist ständig im Familienverband des Sachwalters wohnhaft und wird dort betreut und gepflegt.

Mit Beschluss des Erstgerichts vom wurde C***** P***** zum Verlassenschaftskurator bestellt (ON 9), mit Beschluss vom eine Rechtsanwältin zur Kollisionskuratorin für Ch***** P***** (ON 18).

Die Verstorbene hinterließ kein Testament. In ihrem Eigentum standen mehrere Liegenschaften in Österreich und Deutschland.

Nach Schätzung der in Österreich und Deutschland gelegenen Liegenschaften und Errichtung eines Inventars, in dem die Nachlassaktiva mit 1.596.185,89 EUR, die Passiva mit 161.032,52 EUR festgestellt wurden, der Reinnachlass daher mit 1.435.153,37 EUR, gaben die vier Kinder der Verstorbenen jeweils bedingte Erbantrittserklärungen aufgrund des Gesetzes zu je einem Viertel ab.

Am schlossen die Erben ein Erbenübereinkommen ab, das betreffend Ch***** P***** mit Beschluss des Sachwalterschaftsgerichts vom genehmigt wurde (ON 114 und 117).

Eine Aufforderung des Verlassenschaftsgerichts an den Gerichtskommissär, gemäß § 176 AußStrG für die Sicherstellung der übergegangenen Unterhaltsansprüche der Ch***** P***** zu sorgen, kam dieser mit dem Hinweis nicht nach, dass eine solche rechtlich keine Deckung finde und im Hinblick auf die Einkommenssituation der Betroffenen (monatliches Einkommen von rund 3.000 EUR aus Pflegegeld Stufe 7, Familienbeihilfe und Mieteinnahmen) der Unterhalt gesichert sei. Auch sei ungeklärt, ob die Pflichtteilsansprüche den allfällig zukünftigen Unterhaltsansprüchen vorgingen, was eine Halbierung des Haftungsfonds zur Folge hätte (ON 121).

Der Sachwalter übermittelte in der Folge eine Aufstellung über den zu erwartenden Pflegebedarf (ON 128). Die übrigen Erben äußerten sich dahingehend, dass zwar eine bestmögliche Vorsorge für ihre Schwester befürwortet werde, die Aufstellung des Sachwalters aber nicht nachvollziehbar sei. Auch die Kollisionskuratorin legte eine Aufstellung vor (ON 138, 139).

Daraufhin forderte dass Erstgericht R***** G*****, C***** P***** und DI K***** P***** zuerst (samt spruchmäßigem Hinweis, wenn die Sicherheit nicht geleistet werde, „hat an die betreffenden Erben ein Beschluss mit einer vollstreckbaren Zahlungsverpflichtung zu ergehen“) auf (ON 162) und trug ihnen in der Folge mit dem angefochtenen Beschluss auf, jeweils 215.000 EUR zur Sicherung der Unterhaltsansprüche von Ch***** P***** binnen 14 Tagen beim Gerichtskommissär zu erlegen (ON 169). Der rechnerische Wert der Erbquote der Betroffenen betrage 358.788,32 EUR. Aufgrund des Erbenübereinkommens erhalte sie einen rechnerischen Wert von 256.843,50 EUR plus den anteiligen Verkaufserlös einer Liegenschaft von 110.833,33 EUR und der Guthaben der Positionen 7–20 des Inventars (Anm: rund 93.000 EUR). Im Jahr 2010 seien ihrem Jahreseinkommen von 25.895 EUR Ausgaben von 40.085 EUR gegenüber gestanden. Mit der Einantwortung werde sich ihr Vermögen von 66.661,12 EUR auf 427.852,79 EUR erhöhen, wodurch Zuschüsse und Vergünstigungen wegfallen würden. Nach der Einantwortung würden daher bei häuslicher Pflege den jährlichen Einnahmen von 35.120 EUR Ausgaben von 58.560 EUR entgegenstehen somit ein Fehlbetrag von 23.440 EUR, bzw inklusive notwendig werdender Investitionskosten von 25.085 EUR. Daraus errechne sich bei häuslicher Pflege ab Verbrauch des Eigenvermögens ein zu deckender Pflegekostenbedarf von 388.000 EUR und ab Wegfall der Einnahmen aus der Liegenschaft von 115.000 EUR, insgesamt daher 503.000 EUR, woraus sich ein Sicherstellungsbedarf von 361.000 EUR ableite.

Bei Fremdpflege sei mit monatlichen Kosten je nach Unterbringung zwischen 4.663 EUR und 5.667 EUR zu rechnen und daher mit einem jährlichen Fehlbetrag von 32.880 EUR bzw nach Verbrauch des Eigenvermögens von 44.080 EUR, sodass sich ein Sicherstellungsbedarf von 646.000 EUR ergebe.

Gemäß § 233 ABGB gehe die Schuld des Elternteils, dem Kind Unterhalt zu leisten, bis zum Wert der Verlassenschaft auf die Erben über. Hier sei angesichts der Vermögensverhältnisse der Erblasserin (Eigenpension und Witwenpension, Liegenschaften mit Miet- und Pachteinnahmen von ca 6.200 EUR monatlich und einem Reinnachlass von 1,4 Millionen EUR) von überdurchschnittlicher Leistungsfähigkeit und angesichts der schweren Behinderung der Tochter von weit überdurchschnittlichen Kosten wegen erheblichen existenziellen Sonderbedarfs auszugehen, die dauerhaft die Einnahmen überstiegen und daher zu einem regelmäßigen Fehlbetrag führten. Gemäß § 176 AußStrG sei vor der Einantwortung Sicherheit zu leisten (§ 56 ZPO). Mangels Solidarhaftung der Erben und im Hinblick auf die teilbare Verbindlichkeit hätten die Erben anteilig bis zur jeweiligen Erbquote einzustehen. Ob der Pflichtteil freibleiben müsse, sei strittig, ergebe sich aus dem Wortlaut des § 233 ABGB allerdings nicht und lasse sich mit dem Gedanken der Subsidiarität staatlicher Leistungen gegenüber Unterhaltsleistungen nicht in Einklang bringen.

Das Rekursgericht hob diese Entscheidung, die betreffend DI K***** P***** als unangefochten in Rechtskraft erwuchs, in Bezug auf C***** P***** und R***** G***** wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens auf. Das Erstgericht habe zwar Feststellungen getroffen, es fehle aber eine Beweiswürdigung. Grundsätzlich sei eine Sicherheit für die besachwalterte Unterhaltsberechtigte iSd § 176 Abs 2 AußStrG zu leisten. Es fehlten aber Feststellungen zur Bemessung des zustehenden Unterhalts, insbesondere zur Bemessungsgrundlage und Prozentmethode, zur Luxusgrenze und zum Sonderbedarf. Vielmehr habe sich das Erstgericht alleine am Bedarf der Unterhaltsberechtigten orientiert. Auch werde sich das Erstgericht mit dem Vorbringen der Rechtsmittelwerber zur Sicherstellung aus dem Nachlass zu befassen haben.

Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 30.000 EUR und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zu den rechtlichen Grundsätzen für die weitere Vorgangsweise, insbesondere zur Frage, wie die Unterhaltshöhe zu ermitteln sei, keine gesicherte Rechtsprechung vorliege.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse der Tochter R***** G***** und des Sohnes C***** P*****, jeweils mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss ersatzlos zu beheben.

Revisionsrekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

I. Der Revisionsrekurs des C***** P***** ist verspätet.

Die Rekursentscheidung wurde ihm am zugestellt; die Rechtsmittelfrist beträgt 14 Tage (§ 65 Abs 1 AußStrG). Der erst am eingebrachte Revisionsrekurs ist daher verspätet und aus diesem Grund zurückzuweisen.

II. Dagegen ist der Revisionsrekurs der R***** G***** (rechtzeitig und) zulässig, weil zur Frage der Sicherheitsleistung nach § 176 Abs 2 AußStrG für Ansprüche nach § 233 ABGB keine höchstgerichtliche Rechtsprechung besteht; er ist aber nicht berechtigt.

II.1. Rechtsmittelvorbringen:

Die Rechtsmittelwerberin hält die Vorgangsweise des Erstgerichts deshalb für falsch, weil zuerst ein Unterhaltstitel geschaffen werden müsse. Davor sei eine Vorgangsweise nach § 176 Abs 2 AußStrG unzulässig. Auch habe ein großjähriges Kind keinen Anspruch auf Erhaltung seines Vermögens, dieses sei daher, ebenso wie das Eigeneinkommen zu berücksichtigen. Zu den Einkommensverhältnissen der Erblasserin fehlten Feststellungen. Selbst wenn man aber die Luxusgrenze mit 1.000 EUR monatlich annehme, könne die Betroffene diesen Betrag aus dem eigenen Einkommen decken. Bezüglich des Sonderbedarfs sei ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Ansprüche gegen die Erben seien daher rein hypothetischer Natur. Der errechnete Fehlbetrag sei durch das Vermögen der Betroffenen abgedeckt. Auch stehe ihr der unbeeinspruchte Sicherungsbetrag DI K***** P*****s zu Verfügung. Im Übrigen hätten die Unterhaltsansprüche keinen Vorrang gegenüber Pflichtteilsansprüchen. § 233 ABGB normiere mit „bis zum Wert der Verlassenschaft“ lediglich die absolute Belastungsobergrenze, daraus könne aber nicht geschlossen werden, dass bis zu dieser Höhe – bzw wegen des Vorrangs der Pflichtteilansprüche, bis zur Hälfte dieses Betrags – jedenfalls zu leisten sei.

II.2. Zum „anderen erbrechtlichen Anspruch“:

II.2.1. Nach § 176 Abs 1 AußStrG sind vor der Einantwortung alle Personen, denen an der Verlassenschaft andere erbrechtliche Ansprüche zustehen als die eines Erben, nachweislich von diesen zu verständigen. Stehen Pflegebefohlenen Ansprüche nach Abs 1 zu, die noch nicht erfüllt sind, so ist nach Abs 2 leg cit vor Einantwortung Sicherheit zu leisten (§ 56 ZPO). Diese kann auch beim Gerichtskommissär hinterlegt werden. Wird die Sicherheit trotz fristgebundener Aufforderung nicht erlegt, so hat das Verlassenschaftsgericht den Erlag mit Beschluss aufzutragen. Letztlich kann nach Abs 3 der Bestimmung die Sicherheit auch aus dem Verlassenschaftsvermögen gestellt werden.

II.2.2. Es stellt sich daher die Frage, ob unter „andere erbrechtliche Ansprüche“ auch nach § 233 ABGB übergegangene Unterhaltsansprüche zu verstehen sind.

Die Materialien zu § 176 AußStrG (abgedruckt bei Fucik/Kloiber, AußStrG § 176 AußStrG) führen dazu aus, der Sicherstellung nach Abs 2 unterlägen alle „auf die Verlassenschaft bezogenen Rechte, die sich aus dem Recht der Vermögensnachfolge von Todes wegen ('erbrechtliche Ansprüche') ergeben, ohne eine Erbenstellung zu verleihen, […] insbesondere also Pflichtteilsansprüche und Ansprüche aus Vermächtnissen […]“.

Auf die genannten Vermächtnisnehmer und Noterben bezieht sich auch Sailer (in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 176 Rz 1); Bittner in Rechberger AußStrG² § 176 Rz 1 nennt Legatare und Nacherben.

II.1.3. Nach § 233 ABGB (idF KindNamRÄG 2013 BGBl I 2013/15) geht die Schuld eines Elternteils, dem Kind den Unterhalt zu leisten, bis zum Wert der Verlassenschaft auf seine Erben über. In den Anspruch des Kindes ist alles einzurechnen, was es nach dem Verstorbenen durch eine vertragliche oder letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil, als Pflichtteil oder durch eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Leistung erhält. Reicht der Wert der Verlassenschaft nicht aus, um dem Kind den geschuldeten Unterhalt bis zum voraussichtlichen Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit zu sichern, so mindert sich der Anspruch des Kindes entsprechend.

Diese Unterhaltsschuld ist keine Nachlassverbindlichkeit iSd § 105 AußStrG 1854 aF (Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen2 [1984] § 105 E 8; nunmehr ähnlich § 167 Abs 3 AußStrG idF des AußStrG 2003, BGBl I 2003/111), das heißt keine Erblasserschuld, sondern eine Erbgangsschuld. Sie geht nicht als familienrechtliche Verpflichtung über, sondern entsteht neu (7 Ob 290/00y SZ 73/191; 10 Ob 46/08z; RISJustiz RS0114540).

II.1.3. Der Unterhaltsanspruch nach § 233 ABGB ist daher ein solcher, der sich aus dem Recht der Vermögensnachfolge von Todes wegen ergibt, und somit ein „erbrechtlicher Anspruch“ im Sinn der zitierten Materialien zu § 176 AußStrG. Dies entspricht auch seinem durch die Einführung der Vererblichkeit der Unterhaltspflicht für alle Kinder mit § 142 ABGB idF des BGBl 1977/403 (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht³ Rz 851 f) – als Vorgängerbestimmung des nunmehrigen § 233 ABGB (Barth/Dokalik/Potyka, ABGB25 167 zu § 233) – verstärkten Versorgungscharakter ähnlich einem Pflichtteil. Sein Versorgungscharakter zeigt sich auch aus der Bestimmung des dritten Satzes des § 233 ABGB, wonach, wenn der Wert der Verlassenschaft nicht ausreicht, um dem Kind den geschuldeten Unterhalt bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit zu sichern, sich der Anspruch des Kindes entsprechend mindert – sodass dem Kind möglichst lange eine ins Gewicht fallende Unterhaltsleistung gewährt werden kann (7 Ob 290/00y SZ 73/191, Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht8, 204).

II.1.4. Ähnlich haftet auch der Unterhaltsanspruch des Ehegatten nach § 796 ABGB aF (nunmehr § 747 ABGB idF ErbRÄG 2015 BGBl I 2015/87) auf dem ganzen reinen Nachlass und geht nach der Rechtsprechung den Ansprüchen aller Legatare und Erben, auch der versorgten Noterben, vor (RIS-Justiz RS0015444).

II.3. Sicherstellung:

II.3.1. Nach älterer Rechtsprechung (SZ 19/85) bestand weder ein materiell-rechtlicher noch auch ein verfahrensrechtlicher Anspruch auf Sicherung des Unterhaltsanspruchs des außerehelichen Kindes gegen die Erben seines Vaters (RISJustiz RS0048522). Der Oberste Gerichtshof lehnte in dieser Entscheidung jegliche Sicherung zugunsten eines noch nicht fälligen Unterhaltsanspruchs eines unehelichen Kindes ab.

In der jüngeren Judikatur ist nur geklärt, dass mangels Bestehens eines familienrechtlichen Bandes ein solcher Anspruch nach § 796 ABGB aF, der vergleichbare Regelungen zum Ehegattenunterhalt enthält, nicht gemäß § 382 Z 8 EO gesichert werden kann (vgl RIS-Justiz RS0005279, RS0005872).

II.3.2. In der Lehre verweisen Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB³ [Klang 2008], § 142 Rz 23 f zur Vorgängerbestimmung des § 233 ABGB zur Sicherung des Anspruchs auf die Nachlassseparation und auf die Sicherstellung nach § 147 AußStrG, wo allerdings die Sicherstellung der Verlassenschaft durch den Gerichtskommissär bei Gefahr des Abhandenkommens von Nachlassbestandteilen geregelt ist. Da es sich nicht (mehr) um familienrechtliche Ansprüche handle, gebe es zugunsten von solchen Ansprüchen keine einstweilige Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8a und § 382a EO.

Damit fast deckungsgleich ist die Darstellung bei Stabentheiner/Reiter in Rummel/Lukas, ABGB4§ 233 Rz 10. Sie meinen aber darüber hinaus, die Entscheidung SZ 19/85, die auf die gebotene Analogie zur Legatssicherung nicht Bedacht nehme, vermöge nicht zu überzeugen.

Neuhauser in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 233 Rz 11, führt aus, es könne durch Separation nach § 812 ABGB gesichert werden.

Zdesar, Die Vererblichkeit des Unterhaltes der Kinder und ihre Behandlung im Verlassenschaftsverfahren: Versuch einer Auslegung des § 142 ABGB, NZ 1979, 23, führt als mögliches Sicherungsmittel nur die Nachlassseparation an.

Diese hält auch Zemen, Unterhaltsschuld des Erben und Pflichtteilsansprüche, JBl 1984, 337 [346 f] für gerechtfertigt. Als einziger spricht er darüber hinaus von einer „gesetzlichen Sicherstellung“. Die Unterhaltsansprüche, die vor den Vermächtnissen zu erfüllen seien, seien als „Legalvermächtnisse“ zu qualifizieren. Wenn das AußStrG selbst für einfache Vermächtnisse einen Anspruch auf materiellrechtliche Sicherstellung gewähre, so müsse ein solcher kraft Größenschlusses umso mehr den im Rang vorgehenden Unterhaltsgläubigern eingeräumt werden. Bei pflegebefohlenen Unterhaltsberechtigten müsse das Verlassenschaftsgericht in Analogie zum Pflichtteils- und Vermächtnisrecht von Amts wegen auf die Sicherstellung achten, die neben anderen Sicherungsmitteln wie § 812 ABGB, zusätzlich den gerichtlichen Erlag umfasse.

II.3.3. Angesichts der nunmehrigen Regelung des § 176 Abs 2 AußStrG und der Qualifikation des Anspruchs nach § 233 ABGB als „anderen erbrechtlichen Anspruch“ iSd § 176 Abs 1 AußStrG stellt sich die Frage einer analogen Anwendung der dortigen Sicherungsbestimmungen für Pflichtteile und Vermächtnisse nicht mehr, sondern sind sie direkt anzuwenden. Ob eine Sicherung auch anders, etwa nach § 812 ABGB, erfolgen könnte, ist nicht entscheidungsrelevant.

II.4. Zur Rangfolge:

Die Lehre geht überwiegend davon aus, dass der Unterhaltsanspruch gemäß § 233 ABGB bzw nach der Vorgängerbestimmung des § 142 ABGB aF den Pflichtteilsansprüchen nachgeordnet ist (vgl Hopf in KBB5, § 233 Rz 1; Neuhauser in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 233 Rz 5; Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB³ [Klang], § 142 Rz 2 und 6; Stabentheiner/Reiter in Rummel/Lukas, ABGB4 Rz 4 mit Anführung der Gegenstimmen; Zemen, Unterhaltsschuld des Erben und Pflichtteilsansprüche, JBl 1984, 337; vgl auch Eccher in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 796 Rz 5; Welser in Rummel/Lukas, ABGB4§ 796 Rz 10).

Dies korrespondiert auch mit den Überlegungen zur Nichteinführung des in der damaligen RV enthaltenen § 796a ABGB des EheRÄG 1978, BGBl 1978/280 (136 BlgNR 14. GP), in dem eine ausdrückliche Absicherung des Pflichtteilsanspruchs gegenüber dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch des überlebenden Ehegatten vorgesehen war; der Justizausschuss sah eine solche ausdrückliche Absicherung nicht als erforderlich an (AB 916 BlgNR 14. GP, 6; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht8, 203 f).

Auch nach 7 Ob 290/00y SZ 73/191 kommt der Unterhaltsschuld Vorrang gegenüber Vermächtnissen (außer solchen des gesetzlichen Unterhalts in dem nach § 233 ABGB gegebenen Ausmaß), nicht aber gegenüber Pflichtteilsansprüchen zu.

Der erkennende Senat schließt sich diesen Überlegungen an, weil das Pflichtteilsrecht als nicht zu beschneidende Mindestgarantie der Familienerbfolge anzusehen ist (vgl auch Neuhauser in Schwimann/Kodek4§ 233 Rz 5).

II.5. Wie bereits das Rekursgericht ausgeführt hat, haftet der Erbe nur in dem Ausmaß für die Unterhaltsschuld, in dem sie zu Lebzeiten des Erblassers nach dessen Lebensverhältnissen bestand (RIS-Justiz RS0109604). Maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Höhe der auf den Erben übergegangenen Unterhaltspflicht, insbesondere für die „Angemessenheit“ der Kindesbedürfnisse und die Leistungsfähigkeit des verpflichteten Elternteils sind die zuletzt gegebenen Lebensverhältnisse des verstorbenen Elternteils. Eine Veränderung gegenüber dem im Verlassenschaftsverfahren aufgrund einer schätzungsweisen Kapitalisierung errechneten Unterhaltsbetrag kann sich dadurch ergeben, dass sich die Bedürfnisse des Kindes im Laufe der Zeit ändern (RISJustiz RS0047870 [T2]).

Soweit die Revisionsrekurswerberin darauf verweist, dass auch das Vermögen der Betroffenen einbezogen werden müsse, ist sie darauf zu verweisen, dass die Feststellungen des Erstgerichts über die zukünftig zu erwartenden Fehlbeträge ohnehin von einer Verwertung des Vermögens ausgehen.

Dagegen gibt es für das – ohnehin eine bloße Behauptung bleibende – Vorbringen, dass zuerst ein Unterhaltstitel geschaffen werden müsse, keine rechtliche Grundlage. Wie bereits aufgezeigt, handelt es sich beim Anspruch nach § 233 ABGB um keinen unterhaltsrechtlichen, sondern einen erbrechtlichen, der daher auch immer im Prozessweg durchzusetzen ist (RISJustiz RS0048553; 10 Ob 46/08z).

II.6. Es hat daher bei der aufhebenden Entscheidung des Rekursgerichts zu verbleiben. Auf die Möglichkeit, eine allenfalls notwendig werdende Sicherstellung nach § 176 Abs 3 AußStrG aus dem Verlassenschaftsvermögen zu stellen, hat bereits das Rekursgericht verwiesen.

Ein Ersatz der Vertretungskosten findet gemäß § 185 AußStrG nicht statt.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00128.16M.0328.000
Schlagworte:
Erb- und Verlassenschaftssachen

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