OGH vom 24.01.2017, 4Ob263/16d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** AG N***** S***** Niederlassung Österreich *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. U***** N*****, 2. W***** N***** GmbH & Co KG, *****, 3. N***** GmbH, *****, alle vertreten durch Kadlec & Weimann Rechtsanwalts KG, wegen Feststellung (Gesamtstreitwert 324.000 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 39/16m-32, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 43 Cg 46/14h-28, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 3.420,30 EUR (darin 370,05 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die klagende Partei erwarb mit insolvenzgerichtlich genehmigtem Kaufvertrag im Insolvenzverfahren über das Vermögen der zweitbeklagten Partei deren Wiener Produktionsunternehmen N*****, einschließlich sämtlicher (auch eingetragener) Marken, Schutzrechte und Domainrechte sowie des good will und aller sonstiger materieller und immaterieller Wirtschaftsgüter der zweitbeklagten Partei. Nach der Übernahme des Unternehmens wurden auch die streitgegenständlichen Zeichen (N***** als Wort bzw als Schriftzug) als Marken zugunsten der Klägerin registriert. Die Firma der klagenden Partei verweist als beschreibende Angabe auf das hergestellte Produkt N***** S***** und den Unternehmensgegenstand der Zweigniederlassung in Österreich. Die drittbeklagte GmbH ist Komplementärin der zweitbeklagten Partei. Die Erstbeklagte ist die Tochter des Unternehmensgründers W***** N*****. Sie und ihr Lebensgefährte sind die einzigen Kommanditisten der zweitbeklagten Partei und einzigen Gesellschafter der drittbeklagten Partei.
Die Vorinstanzen gaben dem neungliedrigen Feststellungsbegehren, wonach ein Unterlassungsanspruch der beklagten Parteien gegenüber der klagenden Partei hinsichtlich der Kennzeichnung von Süßwaren und des erworbenen Unternehmens mit den streitgegenständlichen Zeichen sowie hinsichtlich der Führung der Firma H***** AG N***** S***** Niederlassung Österreich nicht zu Recht bestehe, zur Gänze statt.
Das Berufungsgericht führte aus, dass ein auf § 43 ABGB und § 1 UWG gestützter Unterlassungsanspruch der beklagten Parteien nicht bestehe. Die Befugnis der klagenden Partei zur Benutzung der Bezeichnungen zur Kennzeichnung von Süßwaren ergebe sich wegen § 11 MSchG aus den mit Kaufvertrag erworbenen eingetragenen Marken, wobei die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Veräußerung der eingetragenen Marken unstrittig sei. Die Berechtigung zur Benutzung der streitgegenständlichen Zeichen ergebe sich bereits aus dem Recht der erworbenen eingetragenen Marken. Die Kennzeichnungskraft dieser Marken sei durch das Weglassen von Markenbestandteilen nicht berührt. Zudem habe der Insolvenzverwalter in der Insolvenz der zweitbeklagten Partei wirksam auch über die Etablissementbezeichnung N***** als immaterielles Wirtschaftsgut verfügen können, das als Unternehmensbestandteil Teil der Insolvenzmasse gewesen sei. Der klagenden Partei könne die Benutzung dieser Bezeichnung zur Bezeichnung des erworbenen Unternehmens nicht untersagt werden. Die Erstbeklagte sei mit der jahrzehntelangen Verwendung ihres Namens zur Bezeichnung des Unternehmens der zweitbeklagten Partei einverstanden gewesen. Die daraus abzuleitende Rechtsposition sei durch den Kaufvertrag auf die klagende Partei übergegangen. Die Aufnahme des Wortes N***** in die Firma der klagenden Partei verletze das Namensrecht der beklagten Parteien nicht, weil sich aus der Firma der klagenden Partei ein Zusammenhang mit dem erzeugten Produkt der N***** S***** ergebe. Schließlich verhalte sich die klagende Partei durch Verwendung der Bezeichnung N***** nicht unlauter im Sinn des § 1 UWG. Der Gebrauch der Zeichen und der Firma erwecke nicht den Eindruck, dass es sich beim Unternehmensträger um ein traditionelles Familienunternehmen handle.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert der neun Feststellungsbegehren jeweils 30.000 EUR übersteige und erachtete die ordentliche Revision zur Frage zulässig, ob ein Insolvenzverwalter befugt sei, Kennzeichenrechte einer GmbH & Co KG, die den Namen einer natürlichen Person und namensgebenden Kommanditistin enthält, ohne deren Zustimmung zu veräußern.
Rechtliche Beurteilung
Die der beklagten Parteien ist ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden –berufungsgerichtlichen Zulassungsausspruchs aus Mangel an erheblichen Rechtsfragen iSv § 502 Abs 1 ZPO .
1. Die rechtswirksame Gestattung des Namensgebrauchs durch den Berechtigten schließt die Unbefugtheit des Namensgebrauchs gegenüber dem Gestattenden aus (4 Ob 85/00d). Wie weit die Gestattung dabei inhaltlich, zeitlich und räumlich reicht, richtet sich immer nach den konkreten Umständen des Einzelfalls (17 Ob 2/10h; RIS-Justiz RS0062431 [T1, T 3]) und kann daher im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage begründen.
2. Die klagende Partei leitet ihr Recht, die streitgegenständlichen Zeichen für ihre Produkte, ihr Unternehmen und ihre Firma zu verwenden, aus dem mit dem Insolvenzverwalter geschlossenen Vertrag ab. Dem sind die Vorinstanzen gefolgt, worin nach Ansicht der Revision ein Widerspruch zur Entscheidung 4 Ob 311/00i liegen soll. Dabei übersehen die beklagten Parteien, dass die von ihnen zitierte Passage dieser Entscheidung nur die dort ohne Wertung referierte Lehrmeinung von Hämmerle/Wünsch betrifft und sich aus der Entscheidung für den hier zu beurteilenden Fall gerade nicht ableiten lässt, dass der Insolvenzverwalter nicht befugt gewesen war, der klagenden Partei die strittigen Rechte zu übertragen. Nach der zitierten Entscheidung ist der Insolvenzverwalter vielmehr grundsätzlich berechtigt, das Unternehmen (einer GmbH) samt Firma auch ohne Zustimmung des namensgebenden Gesellschafters zu veräußern.
3. Die beklagten Parteien vertreten den Standpunkt, dass das Berufungsgericht die von ihm als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob ein Insolvenzverwalter bei einer Insolvenz einer GmbH Co KG befugt sei, Kennzeichenrechte ohne Zustimmung der namensgebenden Kommanditistin zu veräußern, falsch gelöst habe. In der Revision werden dabei ausschließlich (vermeintliche) Eingriffe in die namensrechtliche Position der Erstbeklagten geltend gemacht.
3.1 Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage kann die Zulässigkeit der Revision mangels Relevanz nicht begründen. Zum einen leitet sich die Bezeichnung der zweitbeklagten Partei vom Vor- und Nachnamen des Vaters der Erstbeklagten ab, wobei die Beklagten ihre behaupteten Ansprüche im erstinstanzlichen Verfahren nicht auf die (allfällige) Stellung der Erstbeklagten als Erbin stützten. Darüber hinaus kann die Erstbeklagte schon deshalb nicht die „namensgebende Kommanditistin“ sein, weil in einer Kommanditgesellschaft der Name des Kommanditisten gar nicht in die Firma aufgenommen werden darf (§ 20 UGB;Schörghofer in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht Rz 2/927 iVm Rz 2/731).
3.2 Aber auch ein Rückgriff auf eigene Namens-(Firmen- oder Marken-)rechte der Erstbeklagten kann die Zulässigkeit der Revision nicht begründen. Nach der Rechtsprechung wirkt der Gestattungsvertrag nämlich nicht nur zwischen den Vertragspartnern, sondern auch „dinglich“ gegen Dritte in dem Sinn, dass diese auch kraft eigener Namensrechte den Gebrauch nicht untersagen können (4 Ob 85/00d; 17 Ob 2/10h; RIS-Justiz RS0113851).
3.3 Abgesehen davon kann sich die klagende Partei als nunmehrige Trägerin des Unternehmens auch darauf berufen, dass der zweitbeklagten Partei als Rechtsvorgängerin die Verwendung des Familiennamens durch W***** N***** bzw die Erstbeklagte vorbehaltlos gestattet wurde (6 Ob 649/93).
4. Entgegen der Revision hat das Erstgericht auch festgestellt, dass der Insolvenzverwalter Dr. R***** der Verwendung des Kennzeichens N***** ausdrücklich zugestimmt hat, weshalb auch die behauptete Anwendung des § 22 UGB keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung begründen kann.
5. Die Auslegung des als umfassend interpretierten Gestattungsvertrags durch die Vorinstanzen hält sich im Rahmen der aufgezeigten Rechtsprechung und vermag daher – wie auch sonst bei der Vertragsauslegung von Willenserklärungen (vgl RIS-Justiz RS0044298, RS0042776, RS0044358) – keine erhebliche Rechtsfrage zu begründen.
6. Schon wegen dieser vertretbar gelösten Auslegung kommt es weder darauf an, ob die klagende Partei die strittigen Zeichen schon wegen der erworbenen eingetragenen Marken verwenden durfte, noch darauf, ob N***** als Etablissementbezeichnung zu qualifizieren ist, die einen Teil des übergegangenen good will des Unternehmens bildete (vgl 3 Ob 531/93).
7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00263.16D.0124.000 |
Schlagworte: | Wiener Süßwarentradition - Süßwarenmanufaktur,Gewerblicher Rechtsschutz |
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