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OGH vom 21.06.2007, 6Ob114/07v

OGH vom 21.06.2007, 6Ob114/07v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Vanessa E*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf, Jugendabteilung, über den Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom (in den Ausfertigungen unrichtig: ), GZ 20 R 122/06s-39, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom , GZ 1 P 197/04h-34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten haben wie folgt:

„Der mj Vanessa E***** , wird für den Zeitraum bis gemäß § 4 Abs 5 UVG Unterhaltsvorschuss in Höhe von EUR 105,40 (für einen Monat) gewährt.

Der Präsident des Oberlandesgerichts Wien wird um die Auszahlung des Vorschusses an den Zahlungsempfänger ersucht.

Dem Unterhaltsschuldner wird aufgetragen, die Pauschalgebühr in Höhe von EUR 52,70 binnen 14 Tagen zu bezahlen, und zwar auf die Kontoverbindung BLZ 60.000 Kto Nr 00005460786 des Bezirksgerichts Gänserndorf.

Dem Unterhaltsschuldner wird aufgetragen, alle Unterhaltsbeträge - sonst hätten sie keine schuldbefreiende Wirkung - an den in der Pflegschaftssache genannten Jugendwohlfahrtsträger als gesetzlichen Vertreter des Kindes zu zahlen.

Der Jugendwohlfahrtsträger wird ersucht, die bevorschussten Unterhaltsbeträge einzutreiben und soweit eingebracht monatlich dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien zu überweisen."

Das Mehrbegehren auf Zuerkennung eines Unterhaltsvorschusses bereits ab wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Erstgerichts vom wurde der Minderjährigen gemäß § 382a EO beginnend mit ein vorläufiger monatlicher Unterhaltsbeitrag in Höhe von EUR 105,40 zuerkannt und der in Makedonien lebende Vater der Minderjährigen zur Bezahlung dieser Beträge verpflichtet. Der Versuch, diese einstweilige Verfügung im Rechtshilfeweg zuzustellen, blieb erfolglos. Tatsächlich erfolgte eine Zustellung der einstweiligen Verfügung erst an den in der Folge bestellten Abwesenheitskurator des Unterhaltsschuldners Rechtsanwalt Dr. Johannes Bruck am (ON 32).

Bereits am beantragte die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf als Vertreterin der Minderjährigen die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 4 Abs 5 UVG und brachte hiezu vor, die einstweilige Verfügung sei dem Unterhaltsschuldner zugestellt worden; dieser habe seine Unterhaltsverpflichtung bislang nicht in voller Höhe erfüllt.

Mit Beschluss vom (ON 33) setzte das Erstgericht beginnend mit den Unterhalt mit monatlich EUR 160,-- fest. Mit Beschluss vom selben Tag (ON 34) wies das Erstgericht jedoch das Begehren auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 4 Abs 5 UVG mit der Begründung ab, es bestünden im Hinblick auf den unbekannten Aufenthaltsort des Kindesvaters Bedenken, ob dieser zur Zahlung eines Betrages von EUR 105,40 monatlich in der Lage sei.

Mit Beschluss vom (ON 37) hob das Erstgericht die einstweilige Verfügung mit Ablauf des im Hinblick auf den mittlerweiligen Abschluss des Unterhaltsverfahrens auf; die Unterhaltsfestsetzung ON 33 war unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Das Rekursgericht änderte den Beschluss ON 34 dahingehend ab, dass es Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Abs 5 UVG für den Zeitraum bis gewährte.

Nach Auffassung des Rekursgerichts sei die Bestimmung des § 7 Abs 1 UVG über begründete Bedenken bei Vorschüssen nach § 4 Z 5 UVG nicht anzuwenden (unter Berufung auf Neumayr in Schwimann, ABGB3 I § 7 UVG Rz 9). Voraussetzung für die Gewährung eines Unterhaltsvorschusses im Sinne des § 4 Z 5 UVG sei lediglich, dass ein bestimmter vorläufiger Unterhaltsbeitrag in Form einer einstweiligen Verfügung nach § 382a EO festgesetzt worden sei, der ausdrücklich als solcher deklariert wurde. Weiters dürfe der vorläufige Unterhalt innerhalb Monatsfrist ab Zustellung der einstweiligen Verfügung nicht bezahlt worden sein. Beide Voraussetzungen lägen vor. Allerdings sei im Hinblick auf die mittlerweilige Aufhebung der einstweiligen Verfügung Unterhaltsvorschuss nur bis zu gewähren. Mit Beschluss vom ließ das Rekursgericht in Abänderung seines ursprünglichen Zulässigkeitsausspruchs den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Im Hinblick darauf, dass die erstinstanzliche Entscheidung am erfolgte, der Titel für die Gewährung des Vorschusses nach § 4 Z 5 UVG jedoch mit Ablauf des aufgehoben wurde, stelle sich die Frage der Anwendung des § 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG.

Der Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien ist im Interesse der Rechtssicherheit zulässig; er ist auch weitgehend berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 4 Z 5 UVG sind Vorschüsse unter anderem dann zu gewähren, wenn der Unterhaltsschuldner den vorläufigen Unterhalt nach § 382a EO nicht innerhalb eines Monats ab Zustellung der einstweiligen Verfügung an ihn voll erbringt. Voraussetzung für die Vorschussgewährung nach dieser Gesetzesstelle ist somit, dass mit einstweiliger Verfügung nach § 382a EO ein einstweiliger Unterhalt festgesetzt wurde und dieser vorläufige Unterhalt innerhalb Monatsfrist ab Zustellung der einstweiligen Verfügung nicht voll bezahlt wurde (Neumayr in Schwimann, ABGB3 I § 4 UVG Rz 98). Die einstweilige Verfügung wurde aber erst am an den Abwesenheitskurator des Unterhaltsschuldners zugestellt, sodass die Monatsfrist des § 4 Z 5 UVG erst am abgelaufen war. Maßgeblicher Stichtag für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vorschussgewährung ist im Unterhaltsvorschussverfahren stets das Datum der Entscheidung erster Instanz (EvBl 1995/10; 10 Ob 82/05i; RIS-Justiz RS0076052). Zu diesem Zeitpunkt lagen aber die Voraussetzungen für die Bewilligung von Vorschüssen nach § 4 Z 5 UVG vor. Die im Revisionsrekurs erhobene Behauptung, zu diesem Zeitpunkt sei der Titel für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen bereits beseitigt gewesen, ist nach der Aktenlage unrichtig. Wegen des Grundsatzes der Monatsbezogenheit der Vorschüsse (§ 8 UVG) bestand daher ein Anspruch auf Unterhaltsvorschussgewährung bereits mit Beginn des Monats Juni 2006. Im Hinblick auf die zwischenzeitige Aufhebung (vgl § 20 Abs 4 lit a UVG) der Grundlage für die Vorschussgewährung bildenden einstweiligen Verfügung mit Wirkung vom konnten Unterhaltsvorschüsse jedoch nur für den Juni 2006 zuerkannt werden. Insoweit waren die Entscheidungen der Vorinstanzen daher spruchgemäß abzuändern.