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OGH vom 19.12.2012, 6Ob235/12w

OGH vom 19.12.2012, 6Ob235/12w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts St. Pölten zu FN ***** eingetragenen S*****GmbH, mit dem Sitz in W*****, vertreten durch Nusterer Mayer Rechtsanwälte OG in St. Pölten, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 194/12y 5, womit der Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom , GZ 18 Fr 2486/12f 2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

In der Generalversammlung der Rechtsmittelwerberin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, vom , wurde beschlossen, den Gesellschaftsvertrag dahingehend zu ändern, dass der Stichtag für den Jahresabschluss vom 31. Dezember auf den 30. Juni geändert werde, wobei das laufende Geschäftsjahr mit ende. Diese Änderung des Gesellschaftsvertrags wurde am beim Erstgericht zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet.

Die Vorinstanzen wiesen dieses Eintragungsbegehren ab. Das Rekursgericht setzte sich mit jüngerer Lehre auseinander, wonach es für die Änderung des Geschäftsjahrs reiche, dass diese vor dem neuen Stichtag für den Jahresabschluss liege; sowohl die Firmenbuchanmeldung als auch die Firmenbucheintragung könnten nach dem neuen Stichtag liegen und hinderten die Firmenbucheintragung nicht. Das Rekursgericht schloss sich diesen Meinungen nicht an und hielt an seiner Rechtsansicht fest, dass eine rückwirkende Änderung des Geschäftsjahrs durch Satzungsänderung nur dann zulässig sei, wenn der Änderungsbeschluss vor Ablauf des neu gebildeten Rumpfgeschäftsjahrs gefasst und auch der Antrag auf Eintragung der Satzungsänderung vor diesem Zeitpunkt bei Gericht eingelangt sei.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Änderung des Stichtags für den Jahresabschluss unter Einbeziehung der inzwischen erschienenen Literatur und den Argumenten zu § 82 Abs 5 GmbHG, wenn die entsprechende Änderung vor dem neuen Stichtag beschlossen, aber erst danach die Eintragung der Satzungsänderung beim Firmenbuch beantragt werde, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die Vorinstanzen haben sich zutreffend auf die einschlägige und eindeutige oberstgerichtliche Rechtsprechung (6 Ob 24/94; 6 Ob 184/05k: RIS Justiz RS0060426; vgl auch 4 Ob 593/71 = RIS Justiz RS0087313) gestützt. Weder ist das Rekursgericht von dieser Rechtsprechung abgewichen, noch fehlt oberstgerichtliche Rechtsprechung, noch ist sie uneinheitlich. Die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG liegen daher nicht vor.

Die seit der Entscheidung 6 Ob 184/05k erschienene Literatur gibt keinen Anlass, von der zitierten Rechtsprechung abzugehen.

Kalss/Eckert , Der maßgebliche Zeitpunkt für die Änderung des Bilanzstichtages, NZ 2006/83, 353 ff, wollen die (bloße) Beschlussfassung vor dem Stichtag des neuen Geschäftsjahrs ausreichen lassen und kritisieren die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs mit dem Argument, die Bezugnahme auf die deutsche Rechtsprechung sei verfehlt. Dem deutschen Recht fehle eine dem § 82 Abs 5 GmbHG gleichkommende Bestimmung. Die Gefahr, dass es durch eine Bilanzverkürzung zu einer (verfrühten) Gewinnausschüttung kommen könne, die etwa durch ein schlechteres Ergebnis bei Ablauf der gesamten bisherigen Periode entfiele, sei nach der österreichischen Rechtslage nicht gegeben. Verschlechterungen des Vermögensstands zwischen dem Stichtag des Jahresabschlusses und dessen Feststellung seien durch ein Ausschüttungsverbot des in der Bilanz ausgewiesenen Gewinns und dessen Vortrag auf das nächste Geschäftsjahr gemäß § 82 Abs 5 GmbHG zu berücksichtigen. Das Unterbleiben einer Rückdatierung des Beschlusses nach Ablauf des neuen Stichtags werde schon durch die Beiziehung eines Notars ausreichend kontrolliert. Die Dauer des Eintragungsverfahrens sei für die Gesellschaft nicht steuerbar und könne sich über mehrere Jahre hinziehen. Es genüge daher, wenn der neue Stichtag zum Zeitpunkt der Anmeldung der Satzungsänderung nicht mehr als neun Monate zurückliege (und damit innerhalb der Offenlegungsfrist läge). § 49 Abs 2 GmbHG enthalte keine Aussage über den zeitlichen Anwendungsbereich einer Satzungsänderung und schließe eine Rückwirkung per se nicht aus.

Dem ist zu entgegnen:

Die Frage, ob Gewinne, die in der Bilanz eines verkürzten Rumpfgeschäftsjahrs ausgewiesen werden können, die aber in der Bilanz bei nicht geändertem Jahresabschlussstichtag nicht ausgewiesen werden könnten, ausgeschüttet werden können, stellt sich unabhängig davon, ob die Anmeldung (oder auch die Eintragung) einer Satzungsänderung betreffend den Jahresabschlussstichtag vor dem geänderten Stichtag erfolgen muss oder nicht. § 82 Abs 5 GmbHG hat somit für die gegenständliche Frage keine Relevanz.

Dass die Gesellschaft keinen Einfluss auf die Dauer des Eintragungsverfahrens hat, ist zwar richtig, aber in Fällen wie dem vorliegenden irrelevant, in denen schon die Firmenbuchanmeldung nach dem geänderten Stichtag erfolgte. Davon abgesehen hat schon das Rekursgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass Firmenbucheintragungen in aller Regel binnen weniger Tage nach Anmeldung erfolgen.

Die Meinung, eine Satzungsänderung könne auch erst viele Monate nach Beschlussfassung zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet werden, verkennt, dass § 10 Abs 1 FBG die unverzügliche Anmeldung der Änderung eingetragener Tatsachen vorschreibt. Überdies würde die Ansicht, wonach allein die Beschlussfassung vor dem neuen Stichtag maßgeblich sein soll, Spielraum für ungesetzliche Manipulationen eröffnen: Die Gesellschafter könnten eine Änderung des Bilanzstichtags „auf Vorrat“ beschließen und diese je nach Bedarf Monate später durch Anmeldung zum Firmenbuch rückwirkend wirksam werden lassen oder auch nicht.

Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, ist zumindest dafür, dass die Firmenbuchanmeldung der Änderung des Bilanzstichtags nach diesem Stichtag erfolgen kann, keine praktische Notwendigkeit zu erkennen. Von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen, besteht daher kein Grund.

Im Übrigen vertreten in der jüngeren Kommentarliteratur nur Rauter/Milchrahm in Straube , GmbHG (2010), § 49 Rz 142, die Ansicht von Kalss/Eckert. Dagegen meint die Mehrheit der Kommentatoren der letzten Jahre, eine rückwirkende Änderung des Stichtags für den Jahresabschluss sei nur dann zulässig, wenn der Änderungsbeschluss vor Ablauf des (neugebildeten) Rumpfgeschäftsjahrs gefasst und (zumindest) auch die entsprechende Firmenbuchanmeldung vor diesem Zeitpunkt bei Gericht eingelangt ist ( Koppensteiner/Rüffler , GmbHG 3 [2007], § 49 Rz 17; Umfahrer , GmbHG 6 [2008]; Rz 521, Zib in Zib/Dellinger , Großkomm UGB [2010], § 7 Rz 95; E. Gruber in Doralt/Nowotny/Kalss , AktG 2 [2012], § 145 Rz 34; vgl auch Nagele/Lux in Jabornegg/Strasser , AktG 5 [2010], § 145 Rz 10).

Da auch die Revisionsrekurswerberin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt hat, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.