OGH vom 24.06.1999, 6Ob108/99x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Dr. Andreas S*****, vertreten durch Dr. Rudolf Christian Stiehl, Rechtsanwalt in Wien, 2. Dr. Walter H*****, und 3. Felix N*****, gegen die Antragsgegnerin Stadt Wien, vertreten durch die Magistratsdirektion der Stadt Wien, 1082 Wien, Rathaus, wegen Einräumung eines Notweges über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Servitutsberechtigten Edea Massimo M*****, vertreten durch Dr. Helmut Buchgraber, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 76/99s-19, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Dem bereits mit dem verfahrenseinleitenden Antrag der drei Antragsteller als jeweilige Alleineigentümer von Grundstücken auf Einräumung eines Notweges vorgelegten Grundbuchsauszug ist zu entnehmen, daß ob der im Alleineigentum der Antragsgegnerin stehenden - nach den im erstgerichtlichen Beschluß getroffenen Anordnungen von der Einräumung eines Notweges betroffenen - Liegenschaft die "Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens gemäß Abs VI des Kaufvertrages vom über Gst 816/11" ua auch für das Grundstück (GSt) 814/22, das der im Alleineigentum des nunmehrigen Rechtsmittelwerbers stehenden Liegenschaft zugehört, einverleibt ist.
Das Erstgericht hat im Notwege-Verfahren, dem der Rechtsmittelwerber erst durch Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung beigezogen wurde und ohne auch nur einen Sachverständigen an Ort und Stelle beizuziehen (§ 12 NWG), 1. die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragstellern als Eigentümern näher bezeichneter Liegenschaften "einen Notweg in Form der Dienstbarkeit eines Fahrweges in einer Breite von 3 m und die Herstellung einer Weganlage über die der Antragsgegnerin gehörigen, in öffentlichem Gut stehenden Liegenschaft ... über die Grundstücke ... zu gewähren, ... 2. den Antragstellern zur Herstellung der unterirdischen Einbauten einen Notweg über diese GSte eingeräumt, dessen Verlauf dem angeschlossenen, "einen integrierenden Bestandteil" dieses Beschlusses bildenden Plan Beilage C zu entnehmen ist, 3. die Antragsteller zur ungeteilten Hand verpflichtet, den Zufahrtsweg über diese beiden GSte der Antragsgegnerin in straßenbautechnisch geeigneter Weise auf eigene Kosten herzustellen und zu erhalten, sowie ausgesprochen 4. daß den Notwegeberechtigten zur ungeteilten Hand die ordnungsgemäße Betreuung und Erhaltung des Notweges samt allen Nebenanlagen iSd § 1319a ABGB obliegt, 5. daß die Antragsteller zur ungeteilten Hand für alle Schäden, die bei der Errichtung und Benützung des Notweges entstehen, haften und die Antragsgegnerin hinsichtlich allfälliger Ersatzansprüche schad- und klaglos zu halten haben, 6. daß allfällige Entschädigungsansprüche der derzeitigen Grundbenützer von den Notwegeberechtigten zur ungeteilten Hand abzugelten seien, 7. daß für den Fall, daß gegen die bestehende Verkehrsfläche (ausgebauter Teil der ...-Gasse) eine Einfriedung mit Tor geschaffen werde, dafür durch die Notwegeberechtigten eine Baubewilligung zu erwirken sei, andernfalls der Notweg als Privatstraße zu kennzeichnen sei, und 8. daß das Notwegerecht mit dem straßenmäßigen Ausbau der ...-Gasse im Bereich der beiden Grundstücke ... ende und die Notwegeberechtigten in diesem Fall zur ungeteilten Hand alle Herstellungen (Befestigung der Zufahrt samt privaten Einbauten etc) auf eigene Kosten zu entfernen haben, sowie 9. festgestellt, daß die Antragsgegnerin auf Entschädigungsansprüche gemäß § 5 NWG verzichtete.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Servitutsberechtigten ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
a) Die zweite Instanz verneinte in seiner bestätigenden Entscheidung eine Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens iSd § 477 Abs 1 Z 4 ZPO, weil der Rechtsmittelwerber zwar dem Verfahren als Beteiligter hätte beigezogen werden müssen, aber im zufolge § 9 Abs 3 NWG anzuwendenden Außerstreitverfahren eine Verletzung des rechtlichen Gehörs schon dann nicht mehr vorliege, wenn die Partei - wie hier - die Gelegenheit gehabt habe, ihrem Standpunkt in dem gegen die wegen einer solchen Verletzung bekämpfte erstgerichtliche Entscheidung erhobenen Rekurs Geltung zu verschaffen. Nach stRspr (EFSlg 85.719 ua; RIS-Justiz RS0007232) kann eine dem Erstgericht unterlaufene Nichtigkeit, die vom Rekursgericht infolge des im Verfahren außer Streit nicht geltenden Unmittelbarkeitsgrundsatzes beseitigt werden konnte, im Revisionsrekursverfahren nicht mehr geltend gemacht werden.
b) Seine Beteiligtenstellung im Notwegeverfahren leitete der Rechtsmittelwerber in seinem Rekurs nicht als dinglich Berechtigter des vom Notwegeverfahren betroffenen Grundstückes iSd §§ 5 Abs 2, 22 NWG (vgl Petrasch in Rummel2, § 480 ABGB Rz 11) ab, sondern als Eigentümer eines an den Notweg anrainenden Grundstückes ("eine übermäßige, sachlich nicht gerechtfertigte einseitige Belastung im Falle der Schneeräumung, Salzstreuung und dergleichen"). Daraus kann aber die Beteiligtenstellung nicht abgeleitet werden.
Dem erstmals im außerordentlichen Revisionsrekurs erhobenen Einwand des Servitutsberechtigten, er müsse sich anteilig seiner Benützung an den Kosten der Instandhaltung des Notweges beteiligen, ist folgendes zu entgegnen: Abgesehen davon, daß es sich dabei um eine unbeachtliche Neuerung handelt (vgl EFSlg 82.855, 85.717 ua), kommt gemäß § 5 Abs 2 NWG der bezügliche Entschädigungsanspruch dem Eigentümer der belasteten Liegenschaft gegen den wegebedürftigen Eigentümer unmittelbar zu. Andere an dieser Liegenschaft Berechtigte (Nutzungsberechtigte, Bestandnehmer usw) sind mit ihren Entschädigungsansprüchen, sofern es sich nicht um dingliche Rechte handelt, zu deren Befriedigung das Entschädigungskapital zu dienen hat (§ 22 NWG), an den Eigentümer derselben gewiesen; bei der Feststellung der Entschädigung ist auch auf diejenigen Nachteile Rücksicht zu nehmen, welche diese Berechtigten durch die Einräumung des Notweges erleiden. Der Entschädigungsanspruch steht nur dem Eigentümer der belasteten Liegenschaft zu, an ihn sind die anderen an der Liegenschaft Berechtigten gewiesen; doch wird auf sie insofern Bedacht genommen, als bei Belastung der Liegenschaft mit dinglichen Rechten die Entschädigung zu Gericht zu erlegen und nach den Grundsätzen für die Verteilung des Meistbotes zu verteilen ist (§§ 5, 6, 15 und 22 NWG; Menzel, Das Recht des Nothweges [1896] 18; Klang in Klang2 II 160; Feil, Liegenschaftsrecht 208 f; vgl auch Egglmeier in Schwimann2 §§ 9-28 Rz 2).
Bei Einräumung einer Mitbenutzung fremder Privatwege umfaßt die dem Grundeigentümer zu leistende Entschädigung den anteiligen Verkehrswert der betroffenen Grundstücke (1 Ob 701/86) und abweichend von § 483 zweiter Satz und § 494 ABGB auch die Mehrauslagen der künftigen Wegeerhaltung (§ 6 NWG; SZ 49/99; JBl 1976, 317; Petrasch aaO Rz 10; Egglmeier aaO §§ 5 ff NWG Rz 2). Bei erforderlicher Herstellung einer Wegeanlage kann der Eigentümer Grundablöse begehren (§ 7 NWG), sonst obliegen Herstellung und laufende Kosten bei Alleinbenützung dem wegebedürftigen Antragsteller (§ 3 NWG, §§ 482 f ABGB; JBl 1976, 317; Petrasch aaO Rz 10). Ob diese Erwägungen auch dann fruchtbar zu machen sind, wenn dem Notwegeberechtigten die Benutzung eines Weges eingeräumt wird, für den bereits das Wegerecht eines dinglichen Servitutsberechtigten besteht, muß hier nicht entschieden werden. Denn der Servitutsberechtigte hat in seinem Rekurs keine Entschädigung angesprochen und auch sonst nichts vorgetragen, das in diese Richtung ginge. Verwiesen wird im übrigen auf Punkt 6. des erstgerichtlichen Beschlusses.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 9 Abs 3 NWG iVm § 16 Abs 3 AußStrG, § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).