OGH vom 19.11.2002, 4Ob249/02z

OGH vom 19.11.2002, 4Ob249/02z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Werner A*****, vertreten durch Dr. Bertram Maschke, Rechtsanwalt in Radstadt, gegen die beklagte Partei Bettina B*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in Radstadt, wegen 7.005,48 EUR, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 54 R 62/02k-29, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Radstadt vom , GZ 2 C 1043/99w-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 499,39 EUR (darin 83,23 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den OGH nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Die Beklagte hat sich in der Beweisrüge ihrer Berufung darauf beschränkt, unrichtige oder fehlende Feststellungen im Zusammenhang mit der unterlassenen Aufklärung über die Kostentragung der Operation in der Privatklinik des Klägers geltend zu machen und auch allein dieses Thema zum Gegenstand der Rechtsrüge (dort unter den Aspekten der Irrtumsanfechtung und der Beweislastverteilung im Zusammenhang mit der ärztlichen Aufklärungspflicht) gemacht. Die Beklagte hat demgegenüber die Feststellung, vor der Operation über die medizinische Vorgangsweise aufgeklärt worden zu sein, in zweiter Instanz unbekämpft gelassen, weshalb sie in der Revision die Wirksamkeit ihrer Einwilligung nicht mit dem Argument in Frage stellen kann, sie sei über die Bedeutung des vorgesehenen Eingriffs und seine möglichen Folgen nicht hinreichend aufgeklärt worden.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung und Lehre, den ärztlichen Behandlungsvertrag, der wesentliche Elemente des Beratungsvertrags umfasst (SZ 72/91), als im Gesetz nicht näher typisiertes Vertragsverhältnis zu qualifizieren, auf Grund dessen der Arzt dem Patienten eine fachgerechte, dem objektiven Standard des besonderen Faches entsprechende Behandlung, nicht aber einen bestimmten Erfolg schuldet (SZ 57/98 mwN; JBl 1992, 50; RdM 1995,69). Wegen der Besonderheit dieses Vertragsverhältnisses, in dessen Rahmen regelmäßig in die körperliche Unversehrtheit eines Vertragsteils eingegriffen wird, unterliegt der andere Vertragsteil besonderen Aufklärungspflichten. Die ärztliche Aufklärungspflicht umfasst die Verpflichtung des Arztes, den Patienten über die Art und Schwere sowie die möglichen Gefahren und schädlichen Folgen einer Behandlung zu unterrichten (vgl etwa SZ 67/9; weitere Nachweise in RIS-Justiz RS0038176) und soll den einwilligenden Patienten instandsetzen, die Tragweite seiner Einwilligung zu überschauen (vgl etwa SZ 69/199; weitere Nachweise in RIS-Justiz RS0026413).

In Fragen der Entgeltlichkeit unterscheidet sich hingegen der ärztlichen Behandlungsvertrag nicht von vergleichbaren synallagmatischen Vertragsbeziehungen. In der Rechtsprechung wurde deshalb schon vertreten, dass die Bestimmung des § 1152 ABGB auf den Behandlungsvertrag analoge Anwendung findet (EvBl 1968/340): Wird kein Entgelt vereinbart und ist auch nicht ausdrücklich Unentgeltlichkeit vereinbart, gilt ein angemessenes Entgelt als bedungen. Ist demnach in der Frage der Entgeltlichkeit ein Arzt nach denselben Grundsätzen zu behandeln wie jeder sonstige Unternehmer, der Leistungen gegen Entgelt anbietet, besteht - entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerberin - kein Anlass, dem Arzt besondere Aufklärungs- oder Warnpflichten betreffend die Kosten des Behandlungsvertrags aufzuerlegen; auch aus der in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung 7 Ob 233/00s = RZ 2001/31 = RdM 2002, 23 lässt sich solches nicht ableiten.

Abgesehen davon, dass die Beklagte im Verfahren nicht erklärt hat, den Behandlungsvertrag wegen Irrtums anzufechten, hält sich die Beurteilung der Vorinstanzen, es unterliege einem - im Streitfall unbeachtlichen - Motivirrtum, wer die Höhe der von ihm zu tragenden Kosten oder den von ihm zu tätigenden Aufwand falsch einschätze, im Rahmen höchstgerichtlicher Rechtsprechung (EvBl 1983/100; RZ 1987/21; 1 Ob 577/90); dass der Kläger einen der Beklagten unterlaufenen Irrtum gekannt und ausgenützt habe, wurde ebensowenig festgestellt wie ein Einvernehmen der Vertragsparteien dahin, dass die Behandlung durch eine Kostenübernahme durch die Versicherung der Beklagten bedingt sein solle.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung inhaltlich auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen und dessen Zurückweisung beantragt hat, diente sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.