OGH vom 08.12.1948, 2Ob364/48

OGH vom 08.12.1948, 2Ob364/48

Norm

ABGB § 647;

ABGB § 1054;

ABGB § 1056;

ABGB § 1255 - 1258;

Grundbuchsgesetz § 94;

Kopf

SZ 22/2

Spruch

Ein Verkauf auf den Todesfall ist nicht ein Vermächtnisvertrag, sondern ein gültiger, zur Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers nach dem Tod des Verkäufers ausreichender Kaufvertrag (§§ 1054 ff., 1255 - 1258 ABGB. und § 94 GBG.).

Entscheidung vom , 2 Ob 364/48.

I. Instanz: Bezirksgericht Wels; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

S. verkaufte mit einem in der Form eines Notariatsaktes errichteten Vertrag auf den Todesfall sein Haus in W. an M. Als Kaufpreis wurde der Wert vereinbart, den das Haus am Todestag des Verkäufers habe und der gerichtlich zu erheben sei; er war drei Monate nach dem Tod bei dem Notar E. zu erlegen. Die tatsächliche Übergabe und Übernahme des Hauses hatte am Todestag zu erfolgen. M. beantragte unter Vorlage des Vertrages, des Totenscheines des S., des gerichtlichen Schätzungsgutachtens und der Quittung des Notars über den eingezahlten Kaufpreis die Einverleibung seines Eigentumsrechtes.

Das Erstgericht bewilligte die Einverleibung.

Das Rekursgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, daß das vereinbarte Entgelt die Qualifizierung des Vertrages als Schenkung auf den Todesfall ausschließe, daß offenkundig eine unwiderrufliche Verfügung über einen Nachlaßgegenstand für den Fall des Ablebens vorliege, daß Erbverträge nur zwischen Ehegatten errichtet werden können, daß es sich im gegenständlichen Fall um einen Vermächtnisvertrag handle und solche Verträge gleichfalls nur zwischen Ehegatten und nur als Advitalitätsverträge (§§ 1255 - 1258 ABGB.) zugelassen seien.

Der Oberste Gerichtshof stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der zwischen S. und M. errichtete Vertrag kann als Vermächtnisvertrag schon aus dem Grund nicht angesehen werden, weil M. für das ihm zu übertragende Haus eine Gegenleistung zu erbringen hatte, welche als dem Wert des Hauses entsprechend angenommen werden konnte. Der Umstand, daß der Vertrag nach dem Willen der Parteien mit dem Tode des Eigentümers des Hauses Wirksamkeit erlangen sollte, bietet keinen Anlaß, den Vertrag als eine Verfügung über eine in den künftigen Nachlaß gehörige Sache zu beurteilen. Die Vertragsparteien vereinbarten die Überlassung des Hauses gegen ein Entgelt, das im Wege einer gerichtlichen Schätzung durch das Bezirksgericht festzusetzen war, der sich beide Parteien unter Verzicht auf jede Anfechtung unterwarfen und das daher nach den Umständen bestimmbar war (§§ 1054 und 1056 ABGB.). Es lag somit ein rechtsgültiger Kaufvertrag vor, auf Grund dessen, da auch der Eintritt der Rechtswirksamkeit durch Vorlage des Totenscheines nachgewiesen wurde, die grundbücherliche Durchführung zu bewilligen war.