OGH vom 17.11.2009, 1Ob183/09g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Prunbauer Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, vertreten durch Dr. Peter Bibiza, Rechtsanwalt in Wien, wegen 461.213 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 14/09k-67, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 58 Cg 2/05y-61, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird eine neuerliche Entscheidung über die Berufung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin) beteiligte sich im Jahr 2002 an einer Ausschreibung der Beklagten über die Aufstellung und den Betrieb von Kopiergeräten. Bei der Ausschreibung gab die Beklagte für die verschiedenen „Leistungsgruppen" (mit jeweils unterschiedlichen Leistungsanforderungen) einen „angenommenen Jahresdurchschnitt" an Kopien bekannt, den sie allerdings nicht aus den tatsächlichen Erfahrungswerten der Vergangenheit ermittelte, sondern mit dem rechnerischen Mittelwert aus der angegebenen Bandbreite der gewünschten Leistungskapazität (Kopienzahl) der betreffenden Geräte. In den Ausschreibungsunterlagen erklärte die Beklagte, die jeweils angegebene Kopienanzahl sei ein „geschätzter Wert", und forderte die Interessenten auf, in ihren Angeboten in den einzelnen Leistungsgruppen jene Preise bekannt zu geben, die sie pro (tatsächlich angefertigter) Kopie verlangen. Eine Kalkulation des so geforderten Angebotspreises setzt voraus, dass dabei nicht nur die Eigenkosten des Anbieters (Anschaffungspreis für Geräte, Zubehör und Verbrauchsmaterial, Wartungs- und Reparaturkosten, Kosten für An- und Abtransport, anteilige Verwaltungskosten, Finanzierungskosten ...) berücksichtigt werden, sondern erfordert auch eine Abschätzung der voraussichtlich - durchschnittlich bzw im gesamten Vertragszeitraum - anfallenden Gesamtanzahl an Kopien. Die Klägerin ging bei ihrer Kalkulation von jenen Kopienzahlen aus, die in der Ausschreibung als „angenommer Jahresdurchschnitt" bekannt gegeben worden waren.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten - nach mehrfacher Klageeinschränkung und nach Vorliegen eines Sachverständigengutachtens - 461.213 EUR samt Zinsen und brachte dazu im Wesentlichen vor, die Beklagte habe sie vorsätzlich bzw zumindest fahrlässig durch Angabe einer unrealistisch hohen Zahl zu erwartender Kopien in die Irre geführt. Wären realistische Werte bekannt gegeben worden, hätte sie das um einen erheblich zu geringen Preis kalkulierte Angebot nicht gestellt und den Vertrag mit der Beklagten nicht geschlossen. Über die gesamte Vertragslaufzeit hätte die Klägerin wegen des erheblich geringeren Volumens an von der Beklagten angefertigten und bezahlten Kopien laufend Verluste erlitten.
Nachdem die Klägerin ursprünglich den Ersatz des Erfüllungsinteresses (berechnet auf der Basis jener Kopienpreise, die sie - bei sonst gleichartiger Kalkulation - unter Zugrundelegung der letztlich tatsächlich in Anspruch genommenen Kopien verlangt hätte) bzw die Vertragsanpassung wegen Irrtums verlangt hatte, stützt sie ihr Schadenersatzbegehren nun allein auf den Rechtsgrund der culpa in contrahendo. Dazu stellte sie im Zusammenhang mit einer Klageeinschränkung einer Berechnung des ursprünglich begehrten Erfüllungsinteresses von rund 778.000 EUR eine andere Berechnung gegenüber, aus der sich ein Endbetrag von 550.419,47 EUR ergibt. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, dieser Betrag ergebe sich, wenn man ihrer Preiskalkulation auf Grundlage der Ausschreibung eine Preiskalkulation „nach dem tatsächlichen Volumen" gegenüber stelle. Diese Aufstellung sei aufgrund der vom Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluss geforderten Schadensberechnung erstattet worden. (Dieses hatte ausgesprochen, der Klägerin wäre allenfalls jener Schaden zu ersetzen, der nicht eingetreten wäre, wenn die Irreführung unterblieben wäre.) Der Klägerin könne auch nicht der Vorwurf der Verletzung einer Schadensminderungspflicht gemacht werden. Hätte sie unter Berufung auf die Irreführung durch die Beklagte vorzeitig die Auflösung des befristet abgeschlossenen Vertrags begehrt, wäre der ihr entstandene Schaden noch höher gewesen. Mit der Beklagten sei zwar im Anschluss an das ursprüngliche Vertragsverhältnis ein weiterer Vertrag über Kopierleistungen abgeschlossen worden. Daraus könne jedoch keine Reduzierung ihres Schadens abgeleitet werden, zumal sich die Klägerin durch den lediglich verschobenen Abtransport der Geräte nichts erspare. Derzeit werde immer noch ein „negativer Deckungsbeitrag" erzielt.
Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, sie habe in der Ausschreibung darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um einen „angenommenen" Jahresdurchschnitt handle und für eine geringere Inanspruchnahme von Kopierleistungen keine Mehrforderungen geltend gemacht werden könnten. Da die Klägerin das Angebot, den Vertrag per zu beenden, nicht angenommen habe, habe sie auch gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Weiters müsse sich die Klägerin eine Investitionsersparnis von zumindest 210.000 EUR anrechnen lassen, weil das Vertragsverhältnis einvernehmlich für die Zeit vom bis verlängert worden sei. Jedenfalls sei dadurch der von der Klägerin behauptete Schaden massiv reduziert worden. Gegen den im Zuge der Klageausdehnung geltend gemachten Schadenersatzanspruch werde auch Verjährung eingewendet. Während die Klägerin ihr Schadenersatzbegehren bisher auf „die Soll-Kopien" gestützt habe, stütze sie sich nun auf einen „abgeänderten Preis auf Basis der Ist-Kopien". Diesbezüglich sei sämtlicher Schaden, der zwischen (Vertragsbeginn) und (3 Jahre vor Einlangen des Schriftsatzes bei Gericht) eingetreten ist, ebenfalls verjährt. Eine schuldhafte Irreführung sei der Beklagten auch deshalb nicht vorzuwerfen, weil sich die vor der Ausschreibung erhobenen Verbrauchswerte der den einzelnen Leistungspositionen zugeordneten Geräte in den vergangenen Jahren „innerhalb der jeweiligen Bandbreite" befunden hätten. Die Bedarfserhebungen seien damit gewissenhaft und sorgfältig auf Grundlage der bisherigen Verbrauchswerte erfolgt. Das arithmetische Mittel sei nur deshalb für diesen Positionspreis herangezogen worden, weil nach den Vergaberechtsbestimmungen für den sachlichen Geltungsbereich ein geschätzter Auftragswert zu bestimmen sei. Dies habe auch der Klägerin bekannt sein müssen, sodass sie daraus seriöserweise nicht den tatsächlichen Kopienverbrauch hätte ableiten dürfen. Die übrigen Bestbieter seien jedenfalls nicht davon ausgegangen, das für die Preisermittlung herangezogene Mittel würde den tatsächlichen Kopienverbrauch wiedergeben; diese hätten im Bereich des Mindestvolumens kalkuliert und seien mit den Geschäftsergebnissen über die gesamte Vertragsdauer sehr zufrieden.
Das Erstgericht gab dem (eingeschränkten) Klagebegehren zur Gänze statt. Es stellte unter anderem fest, die Abweichung der Kopienzahl gegenüber dem in der Ausschreibung „angenommenen Jahresdurchschnitt" habe im Vertragszeitraum vom bis in den verschiedenen Leistungsgruppen durchschnittlich -24,03 %, -54,14 %, -46,5 % bzw -16,7 % betragen. Eine Kalkulation der Klägerin auf Basis eines realistischen Kopienverbrauchs wäre für alle Leistungsgruppen zusammen um 461.213 EUR höher gewesen. Bei einer Kündigung des Vertrags nach 36 Monaten hätte die Klägerin zwar einen kalkulierten Verlust von 108.946 EUR (für das letzte Vertragsjahr) verhindert, gleichzeitig jedoch auf Einnahmen von 209.211 EUR verzichten müssen. Die Beklagte hafte wegen culpa in contrahendo, weil sie die Klägerin schuldhaft dazu veranlasst habe, ihr Angebot auf der Basis einer ungeeigneten Kalkulationsgrundlage zu erstellen. Auch wenn die Klägerin damit habe rechnen müssen, dass der Jahresverbrauch in einer gewissen Bandbreite schwanken könne, habe sie doch die tatsächlich eingetretenen außergewöhnlichen Abweichungen von den von der Beklagten vorgegebenen Umsatzzahlen nicht erwarten können. Es sei jener Schaden zu ersetzen, der nicht eingetreten wäre, wenn die schuldhafte Verletzung von Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten nicht stattgefunden hätte. Die Beklagte habe daher das „Integritätsinteresse" zu ersetzen. Die Klägerin habe ihre Schadensminderungspflicht nicht verletzt. Auch Verjährung sei nicht eingetreten, da die Klägerin erst nach Vertragsbeginn in der Lage gewesen sei, festzustellen, dass außergewöhnliche Abweichungen vorlagen. Mit der am eingebrachten Klage sei Schadenersatz für den Zeitraum bis begehrt und darüber hinaus ein Feststellungsbegehren hinsichtlich des zukünftigen Schadens erhoben worden.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es das Klagebegehren - wegen Unschlüssigkeit - abwies; die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt. Zum (von der Klägerin allein aufrecht erhaltenen) Rechtsgrund der Haftung aus culpa in contrahendo führte es im Wesentlichen aus, auch bei fahrlässiger Irreführung richte sich der Anspruch auf das negative Vertragsinteresse, sodass jener Schaden zu ersetzen sei, der nicht eingetreten wäre, wäre die Irreführung unterblieben. Allenfalls zu ersetzen wäre der Klägerin daher lediglich jener Schaden, der nicht eingetreten wäre, weil das Geschäft überhaupt nicht abgeschlossen worden und damit auch kein Aufwand entstanden wäre. Einen solchen Vertrauensschaden mache die Klägerin aber (weiterhin) nicht geltend. Sie begehre vielmehr die Differenz aus den Umsätzen eines auf Basis der tatsächlich angefallenen Kopien kalkulierten Geschäfts und dem ihrer Ansicht nach mit einem (schuldhaft herbeigeführten) Willensmangel behafteten, tatsächlich abgeschlossenen Geschäft. Sie wolle also so gestellt werden, als ob ihr aus Verschulden der Beklagten ein günstigeres Geschäft - etwa mit der Beklagten selbst - entgangen wäre. Dafür fehle es aber sowohl nach dem Vorbringen der Klägerin als auch nach den Beweisergebnissen an ausreichend konkreten Anhaltspunkten. Losgelöst von der Frage, ob überhaupt eine fahrlässige Veranlassung eines beachtlichen Irrtums vorliege, ließen sich Anhaltspunkte für einen Vertrauensschaden, wie ihn die Klägerin allenfalls zu fordern berechtigt wäre, ihrem Vorbringen - ungeachtet den Ausführungen im Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts im ersten Rechtsgang in keiner Weise mit der für den Zivilprozess erforderlichen Deutlichkeit entnehmen. Auch die Behauptung, der Schaden wäre bei einer frühzeitigen Auflösung des Vertrags höher gewesen als der nunmehrige Klagebetrag, entspreche nicht dem Erfordernis nach einem ausreichend konkreten Vorbringen, zumal das Vorbringen der Klägerin hier ausschließlich Umsatzdifferenzen gegenüberstelle. Auf die Mängel- und Beweisrüge in der Berufung der Beklagten müsse daher nicht mehr eingegangen werden. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Frage, ob ausreichend konkrete Behauptungen für den Ersatz des Vertrauensschadens vorliegen, als Frage des Einzelfalls nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.
Die Revisionswerberin stellt nicht in Frage, dass sie im Rahmen des Vertrauensschadenersatzes (nur) Anspruch darauf hat, so gestellt zu werden, als wäre ein Vertrag mit der Beklagten nicht zustandegekommen und ihr insoweit auch kein Aufwand entstanden. Sie zieht nicht in Zweifel, dass sie bei einer solchen Schadensberechnung keinen kalkulatorischen Gewinn lukrieren kann und behauptet auch nicht, sie wolle ihren Ersatzanspruch darauf stützen, dass bei wahrheitsgemäßer Information durch die Beklagte ein Vertrag mit abweichendem Inhalt zustandegekommen wäre; auf die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts und der Revisionsgegnerin muss somit nicht eingegangen werden.
Die Revisionswerberin macht vielmehr allein geltend, das Berufungsgericht habe ihr Vorbringen missverstanden. Ihrer Schadensberechnung (mit rund 550.000 EUR), der sie die Berechnung des Erfüllungsinteresses mit rund 778.000 EUR gegenübergestellt habe, sei das negative Vertragsinteresse zugrunde gelegen. Es habe sich „nur um eine Berechnung der echten Ausgaben" gehandelt. Die dargestellte Berechnung des negativen Vertragsinteresses habe eine Aufstellung über die konkreten Kosten enthalten, die in dieser Branche „auch über den Preis pro Kopie" berechnet würden. Sowohl das Erstgericht als auch der Sachverständige hätten die in ihrem Vorbringen nach dem Aufhebungsbeschluss enthaltene Aufstellung als die Berechnung des negativen Vertragsinteresses verstanden. Auch die Beklagte habe nicht eingewendet, dass es sich nicht um die Berechnung des Vertrauensschadens handle. Wenn das Berufungsgericht der Ansicht sei, die Schadensberechnung stelle nicht das negative Vertragsinteresse dar, hätte es eine mündliche Berufungsverhandlung abhalten können, um die Angelegenheit zu erörtern. Da dies unterlassen wurde, liege ein Verstoß gegen § 503 Z 2 und/oder Z 3 ZPO vor. Selbst wenn aber die Schadensberechnung durch die Klägerin zu Unrecht auch einen Rohgewinn enthalten sollte, könnte dies nicht die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens rechtfertigen, sondern allenfalls eine Teilabweisung.
Vorerst ist klarzustellen, dass die Auffassung des Berufungsgerichts, das Vorbringen der Klägerin einschließlich der angestellten Berechnungen sei nicht ausreichend nachvollziehbar, um den geltend gemachten Schadenersatz in Höhe des negativen Vertragsinteresses zu ermitteln, zutrifft. Wäre dies bereits dem Erstgericht aufgefallen, wäre dieses gemäß § 182a ZPO verpflichtet gewesen, das Vorbringen der Klägerin im Hinblick darauf zu erörtern und auf eine Klarstellung, Ergänzung bzw Vervollständigung zu dringen. Es hätte jedoch ohne eine solche Erörterung das Klagebegehren nicht wegen Unschlüssigkeit abweisen dürfen, weil das Gericht seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur dann stützen darf, wenn es diese mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat; hier hat die Klägerin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie sei der - in Wahrheit irrigen - Ansicht, mit ihren Darlegungen zur Schadensberechnung der Forderung des Berufungsgerichts zu entsprechen. Auch das Rechtsmittelgericht darf die Parteien nicht mit einer Rechtsansicht im Sinn des § 182a ZPO überraschen (Schragel in Fasching/Konecny² II/2 §§ 182, 182a Rz 20, Fucik in Rechberger³ § 182a ZPO Rz 1).
Einen solchen Verstoß gegen das „Verbot der Überraschungsentscheidung" macht die Revisionswerberin nun geltend, wenn sie ausführt, das Berufungsgericht hätte ihr im Rahmen der Erörterung in einer mündlichen Verhandlung Gelegenheit geben müssen, darzulegen, dass ihre Schadensberechnung sich ohnehin auf das negative Vertragsinteresse bezieht.
Auch wenn der Rechtsmittelwerber regelmäßig darzulegen hat, was er im Falle einer ordnungsgemäßen Erörterung (weiter) vorgebracht hätte (9 Ob 6/02a; vgl auch 5 Ob 18/08w; 5 Ob 32/09f; weitere Nachweise bei Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 503 ZPO Rz 136), darf diese Konkretisierungspflicht doch nicht überspannt werden. Insoweit können die Ausführungen der Revisionswerberin als gerade noch ausreichend angesehen werden. Eine vollständige Darstellung aller für die Nachvollziehbarkeit der Schadensberechnung erheblichen Zeiträume und einzelnen Positionen ist zur Darstellung der Erheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels jedenfalls dann nicht zu verlangen, wenn aufgrund allgemeinerer Ausführungen des Rechtsmittelwerbers mit einiger Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, er werde in der Lage sein, nach entsprechender Erörterung ein detaillierteres, nachvollziehbares Vorbringen zu erstatten.
Sollte das Berufungsgericht nicht etwa aus anderen Gründen zu einer Klageabweisung gelangen - so hat es etwa die Frage nach dem behaupteten schuldhaften Herbeiführen eines für die Klägerin (potenziell) nachteiligen Vertrags ausdrücklich offen gelassen; der ursprünglich erhobene Verjährungseinwand wurde von der Beklagten im Berufungsverfahren allerdings nicht aufrecht erhalten -, wird es der Klägerin Gelegenheit zu geben haben, klarzulegen, inwieweit die von ihr angefertigte Aufstellung die Berechnung ihres Vertrauensschadens darstellt und unklare Positionen durch nachvollziehbares Aufzeigen der diesen zugrunde gelegten Einzeldaten plausibel zu machen bzw durch fehlendes Datenmaterial zu ergänzen. Dabei kommt insoweit auch eine Zurückverweisung an das Erstgericht in Betracht, hat dieses doch übersehen, dass - wie das Berufungsgericht zutreffend aufzeigt - auch der bei der Klägerin eingetretene Geschäftserfolg der „Vertragsverlängerung" nicht außer Acht gelassen werden darf, und dazu keine Feststellungen getroffen.
Zur materiellen Schadenersatzfrage ist zusammenfassend festzuhalten, dass - sollte sich eine Ersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach ergeben - die Klägerin insgesamt so zu stellen ist, als wäre ein Vertragsverhältnis mit der Beklagten überhaupt nicht zustandegekommen. Zur Ermittlung des Vertrauensschadens wäre somit die Differenz zwischen sämtlichen mit der Vertragserfüllung durch die Klägerin verbundenen Kosten (Anschaffungs- und Wartungskosten, Finanzierungskosten, Verwaltungsaufwand, Kosten für Ersatzteile und Verbrauchsmaterial, Kosten für An- und Abtransport ...) auf der einen Seite und den von ihr aus dem Geschäft lukrierten Vorteilen (erhaltenes Kopierentgelt, verbleibender Verkehrswert der Geräte bzw Verkaufserlös) auf der anderen Seite - ausgehend von den dazu aufzustellenden (ergänzenden) Prozessbehauptungen der Klägerin - zu ermitteln. Die Ermittlung des Vertrauensschadens ist also nicht das Ergebnis einer Kalkulation, sondern allein einer Gegenüberstellung der tatsächlichen vermögenswerten Vor- und Nachteile, die durch das haftungsbegründende Verhalten ausgelöst wurden. Dass dabei unter Umständen einzelne Aufwandspositionen wegen der Unmöglichkeit oder Unwirtschaftlichkeit einer exakten Feststellung (vgl § 273 ZPO) mit Erfahrungs- oder Näherungswerten angesetzt werden, ist dadurch nicht ausgeschlossen.
Mangels abweichender Parteienbehauptungen wird dabei auch die Entwicklung im Rahmen der nachträglich vereinbarten „Vertragsverlängerung" zu berücksichtigen sein, ist doch bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass es zu dieser Phase des (weiteren) Leistungsaustauschs nicht gekommen wäre, hätte die Beklagte nach der Ausschreibung nicht mit der Klägerin, sondern mit einem anderen Anbieter kontrahiert. Ein ergänzendes Vorbringen der Klägerin zur Berechnung des ihr entstandenen Vertrauensschadens wird sich daher gegebenenfalls auch auf diesen Zeitraum zu erstrecken haben. Nur soweit sich insgesamt ein „Vermögensminus" der Klägerin feststellen ließe, könnte dem Klagebegehren Berechtigung zukommen.
Eine allfällige Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Klägerin wegen des behaupteten Versäumnisses, das Vertragsverhältnis nicht bereits früher durch Berufung auf den von der Beklagten veranlassten Irrtum zum Wegfall gebracht zu haben, wird sich erst beurteilen lassen, wenn ausreichende Feststellungen über den Schadensverlauf vorliegen. Weiters wird unter anderem auch von Bedeutung sein, mit welchem Ergebnis die Beklagte voraussehbarer Weise die angeschafften Geräte zu einem früheren Auflösungszeitpunkt bzw zum vereinbarten Vertragsende hätte verwerten können, bzw ob die Beklagte überhaupt bereit gewesen wäre, der Klägerin die Geräte im Falle einer Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums unverzüglich zurückzustellen. Eine solche Bereitschaft der Beklagten ist durchaus zweifelhaft, hat sie doch nach den Feststellungen einer Beschwerde der Klägerin Ende Mai 2003 entgegen gehalten, diese müsse sich aufgrund der Vertragsbestimmungen auch mit geringeren Kopienanzahlen abfinden, und hat sie ihre Auffassung, die Klägerin sei zu einer Irrtumsanfechtung nicht berechtigt, auch in diesem Verfahren vertreten.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.