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OGH vom 21.10.2004, 6Ob101/04b

OGH vom 21.10.2004, 6Ob101/04b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Linz zu FN ***** eingetragenen M***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in L***** über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch ihre Geschäftsführer Ing. Herbert L***** und Wilfried L*****, diese vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 6 R 244/03z-8, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Linz vom , GZ 32 Fr 3620/03h-5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Gesellschafter der M***** Gesellschaft mbH sind Ing. Friedrich L***** mit einer Stammeinlage von 6 Mio S sowie Wilfried L***** und Ing. Herbert L***** mit Stammeinlagen von jeweils 3 Mio S. Die Stammeinlagen sind zur Gänze eingezahlt. Selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer sind Wilfried L***** und Ing. Herbert L*****. Gemäß Punkt VII (6) des Gesellschaftsvertrags ist die Beschlussfassung über eine allfällige Ausschüttung des Bilanzgewinns der Generalversammlung vorbehalten, welche mit einfacher Mehrheit darüber entscheidet. Die Verteilung des Bilanzgewinns unter den Gesellschaftern hat stets im Verhältnis der übernommenen Stammeinlagen zu erfolgen. Im Jahresabschluss zum , der mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers versehen ist, werden unter der Position "Eigenkapital" außer dem Stammkapital von 872.474,01 EUR Kapitalrücklagen von 406.132,02 EUR, Gewinnrücklagen von 400.000 EUR sowie ein Bilanzgewinn von 912.322,63 EUR bei Berücksichtigung des Verlustvortrags aus dem Vorjahr von 601,046,62 EUR ausgewiesen. Mit Umlaufbeschluss vom 24. und wurde der Jahresabschluss festgestellt. Weiters wurde der Jahresgewinn mit 1,513.369,25 EUR festgestellt. Unter Berücksichtigung des Verlustvortrags vom von -601.046,62 EUR ergebe sich zum ein Bilanzgewinn von 912.322,63 EUR. Hievon seien 400.000 EUR an die Gesellschafter auszuschütten und der Restbetrag von 512.322,63 EUR auf neue Rechnung vorzutragen. Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde im Zusammenhang mit der Anpassung des Gesellschaftsvertrags an die Bestimmungen des 1. Euro-JuBeG eine Kapitalerhöhung von bisher 872.074,01 EUR um 127.925,99 EUR aus Gesellschaftsmitteln auf 1 Mio EUR durch Umwandlung eines Teils des im festgestellten Jahresabschluss zum ausgewiesenen Gewinnvortrags beschlossen. Weiters wurde der Gesellschaftsvertrag durch Erhöhung der Stammeinlagen der Gesellschafter Ing. Friedrich L***** auf 500.000 EUR und der Gesellschafter Wilfried L***** und Ing. Herbert L***** auf je 250.000 EUR angepasst.

Mit am überreichtem Antrag beantragten die Geschäftsführer, die mit Beschluss der Generalversammlung vom vorgenommene Euroumstellung, die Erhöhung des Stammkapitals aus Gesellschaftsmitteln um 127.925,99 EUR auf 1 Mio EUR und die Änderung des Gesellschaftsvertrags in den Punkten IV (Stammkapital und Stammeinlagen) und VII (Anpassung des Stimmrechts in der Generalversammlung) im Firmenbuch einzutragen.

Das Erstgericht wies die Antragsteller zunächst darauf hin, dass nach dem eindeutigen und ausdrücklichen Wortlaut des § 2 Abs 3 Kapitalberichtigungsgesetz (KapBG) nur die im zugrundeliegenden Jahresabschluss ausgewiesenen offenen Rücklagen einschließlich eines Gewinnvortrags umgewandelt werden könnten. Im Generalversammlungsbeschluss werde ausgeführt, dass die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln um 127.925,99 EUR durch Umwandlung eines Teils des im festgestellten Jahresabschluss zum ausgewiesenen Gewinnvortrags erfolgen solle. Tatsächlich sei jedoch in diesem Jahresabschluss kein Gewinnvortrag ausgewiesen. Vielmehr sei im Bilanzgewinn offensichtlich ein Verlustvortrag enthalten. Zur Kapitalerhöhung könne daher nicht der Bilanzgewinn herangezogen werden. Denkbar wäre allerdings die Heranziehung der ausgewiesenen Gewinnrücklagen. Hiezu bedürfe es aber eines ergänzenden Generalversammlungsbeschlusses.

In ihrer Äußerung vertraten die Geschäftsführer den Standpunkt, dass als Gewinnvortrag auch jener Teil des Bilanzgewinns zu verstehen sei, der nicht ausgeschüttet, sondern auf neue Rechnung vorgetragen werden solle. Der nicht ausgeschüttete Bilanzgewinn sei begrifflich sofort nach dem entsprechenden Gewinnverwendungsbeschluss der Generalversammlung als Gewinnvortrag zu verstehen und könne für eine Kapitalberichtigung herangezogen werden. Es werde um antragsgemäße Erledigung des Eintragungsgesuchs ersucht. Die Fassung eines ergänzenden Generalversammlungsbeschlusses werde abgelehnt.

Das Erstgericht wies hierauf den Antrag ab. Der Kapitalerhöhungsbeschluss stehe mit zwingenden gesetzlichen Bestimmungen im Widerspruch. Nach dem klaren Wortlaut des § 2 Abs 3 KapBG könnten nur die im Jahresabschluss ausgewiesenen offenen Rücklagen einschließlich eines Gewinnvortrags umgewandelt werden. Solle ein Gewinnvortrag umgewandelt werden, müsse dieser im zugrundeliegenden Jahresabschluss als solcher ausgewiesen sein. Es könne sich also nur um den Gewinnvortrag des Vorjahrs handeln. "Gewinnvorträge", die nicht im zugrundeliegenden Jahresabschluss ausgewiesen seien, sondern erst anlässlich des Gewinnverwendungsbeschlusses gebildet und für das nächste Geschäftsjahr auf Rechnung vorgetragen würden, könnten nicht zur Kapitalberichtigung herangezogen werden. Vielmehr entspreche es allgemeiner Auffassung, dass die umzuwandelnden Rücklagen, zu denen jedenfalls für die Kapitalberichtigung auch ein Gewinnvortrag zähle, im Jahresabschluss, der der Kapitalerhöhung zugrunde gelegt werde, enthalten seien müssten. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass der Gewinnvortrag im Zusammenhang mit der Kapitalberichtigung als Rücklage zu behandeln sei. Dass der Gesetzgeber nun den Gewinnvortrag als Teil des Bilanzgewinns behandle (§ 224 Abs 3 HGB), ändere an diesem Verständnis des § 2 Abs 3 KapBG nichts. Auch Rücklagen seien nur solche Beträge, die im bereits festgestellten Jahresabschluss ausdrücklich als solche ausgewiesen seien und nicht Beträge, die erst für ein Datum nach dem Stichtag des Jahresabschlusses aus dem Bilanzgewinn zur Bildung von Rücklagen herangezogen würden. Auch nach der früheren deutschen Rechtslage, die für das KapBG als Vorbild gedient habe, sei der Bilanzgewinn nicht als umwandlungsfähig beurteilt worden. Erst durch das Bilanzrichtliniengesetz 1985 sei mit § 57d Abs 1 GmbHG und § 208 Abs 1 AktG die Möglichkeit geschaffen worden, dass auch solche Teile des Bilanzgewinns zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln herangezogen werden könnten, die im Beschluss über die Verwendung des Jahresüberschusses oder des Bilanzgewinns als Zuführung zu den Kapitalrücklagen oder Gewinnrücklagen ausgewiesen seien. In Österreich habe es aber keine solche Gesetzesänderung gegeben. Abgesehen davon genüge auch nach der neuen deutschen Rechtslage nicht, dass im Beschluss über die Verwendung des aktuellen Bilanzgewinns ein Teil desselben auf neue Rechnung vorgetragen, also ein Gewinnvortrag für das nächste Geschäftsjahr gebildet werde, sondern es müssten nach § 57d dGmbHG und § 208 dAktG solche Teile des Bilanzgewinns, die zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln herangezogen werden sollten, im Beschluss über die Gewinnverwendung ausdrücklich als Zuführung zu den "Kapitalrücklagen" oder "Gewinnrücklagen" ausgewiesen sein. Durch die Anordnung, dass nur die in der geprüften Bilanz ausgewiesenen Rücklagen einschließlich eines Gewinnvortrags zur Kapitalberichtigung herangezogen werden dürften, solle im Interesse der Gläubiger sichergestellt werden, dass im Gesellschaftsvermögen die Beträge auch tatsächlich vorhanden seien, um die das Stamm- oder Grundkapital erhöht werde. Diese Sicherstellung sei bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ein entscheidendes Anliegen des Gesetzgebers. Es komme auch bei der effektiven Kapitalerhöhung wesentlich darauf an, die Aufbringung des erhöhten Kapitals tatsächlich - etwa durch die strengen Nachweise der Einzahlung des Kapitalerhöhungsbetrags bei einer baren Kapitalerhöhung oder durch Einhaltung der strengen Sachgründungsvorschriften, etwa durch die gerichtliche Sacheinlagenprüfung - zu gewährleisten. Jener Teil des Bilanzgewinns, der erst für das kommende Jahr auf neue Rechnung vorgetragen werde und somit nicht im Jahresabschluss nach § 2 Abs 2 KapBG ausgewiesen sei, könne daher nicht zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln herangezogen werden.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss. Auf die Frage, ob die Heranziehung eines Bilanzgewinns zur Kapitalberichtigung - ohne diesen davor zu Gewinnrücklagen zuzuweisen - zulässig sei, müsse hier dahingestellt bleiben, weil die Gesellschafter solches nicht beschlossen hätten. Im Kapitalerhöhungsbeschluss sei vielmehr von der Umwandlung eines Teils des im festgestellten Jahresabschluss zum ausgewiesenen Gewinnvortrags die Rede, obwohl darin ein Gewinnvortrag nicht ausgewiesen sei und auch nicht ausgewiesen habe werden können. Dies würden zwar auch die Antragsteller erkennen, indem sie ausführten, die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln um 127.925,99 EUR auf 1 Mio EUR sei durch Umwandlung eines Teils des im festgestellten Jahresabschluss zum ausgewiesenen Gewinnvortrags - richtig: Bilanzgewinns - beschlossen worden. Die Gesellschafter hätten es aber trotz eines entsprechenden Hinweises im Verbesserungsauftrag unterlassen, eine Klarstellung ihres Beschlusses vom vorzunehmen. Sei im Jahresabschluss kein Gewinnvortrag ausgewiesen, könne ein solcher auch nicht umgewandelt werden. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil es mangels entsprechender Beschlussfassung auf die Lösung der im Rekurs relevierten Rechtsfrage nicht ankomme.

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft ist jedoch zulässig, weil die Entscheidung entgegen der Ansicht des Rekursgerichts von der bisher vom Obersten Gerichtshof nicht entschiedenen Rechtsfrage abhängt, ob eine nominelle Kapitalerhöhung nach dem KapBG auch durch Umwandlung von Bilanzgewinn möglich ist. Er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Generalversammlungsbeschluss vom enthält zwar die Wendung "Umwandlung eines Teiles des im festgestellten Jahresabschluss zum ausgewiesenen Gewinnvortrags". An der Richtigkeit der Behauptung der Antragsteller, dass unter dem Begriff "Gewinnvortrag" in diesem Zusammenhang der im Jahresabschluss zum ausgewiesene Bilanzgewinn gemeint ist, kann jedoch kein Zweifel bestehen. Einerseits enthält der genannte Jahresabschluss keinen mit "Gewinnvortrag" bezeichneten Posten. Andererseits haben die Gesellschafter bereits mit Umlaufbeschluss vom 24. und beschlossen, einen Teil des sich aus dem Jahresabschluss ergebenden Bilanzgewinns "auf neue Rechnung vorzutragen". Demnach ist ausgeschlossen, dass die Gesellschafter die im bezeichneten Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinnrücklagen von 400.000 EUR oder einen sonstigen Bilanzposten mit dem Begriff "Gewinnvortrag" bezeichnen wollten. Es ist vielmehr ohne weiteres davon auszugehen, dass nach dem dem Eintragungsantrag zugrundeliegenden Generalversammlungsbeschluss ein Teil des "auf neue Rechnung vorzutragenden" Betrags, also ein Teil des Bilanzgewinns, der beschlossenen Kapitalerhöhung dienen soll. Auch das Erstgericht hat die entsprechende Willensrichtung der Gesellschafter, die in den Ausführungen der Geschäftsführer zur Frage der Zulässigkeit der Heranziehung des Bilanzgewinns zur Kapitalberichtigung dargelegt wurde, seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu der damit von den Antragstellern aufgeworfenen Rechtsfrage ist zu erwägen:

Der hiefür wesentliche erste Satz des § 2 Abs 3 KapBG lautet: "Nur in dem im Absatz 2 bezeichneten Jahresabschluss (das ist der dem Beschluss auf Kapitalerhöhung vorangehende Jahresabschluss) ausgewiesene offene Rücklagen einschließlich eines Gewinnvortrags können umgewandelt werden, soweit ihnen nicht ein Verlust einschließlich eines Verlustvortrags gegenübersteht".

Obgleich der Gewinnvortrag nach aktueller Rechtslage als Teil des Bilanzgewinns auszuweisen ist (§ 224 Abs 3 A. IV HGB), stammt der Gewinnvortrag (wie der Verlustvortrag) jedenfalls "aus dem Vorjahr" (vgl § 231 Abs 2 Z 28 GmbHG) und ist somit ein bereits in der Vorjahresbilanz ausgewiesener unverteilter Bilanzgewinn (Göth in Straube, HGB II2 § 231 Rz 60). Der Teil des aktuellen Bilanzgewinns, der den unverteilten Gewinn des Vorjahrs übersteigt, ist daher nach wie vor nicht vom Gesetzesbegriff des Gewinnvortrags umfasst. Wie schon das Erstgericht ausgeführt hat, stellt § 2 Abs 3 erster Satz KapBG - ungeachtet der begrifflichen Zuordnung des Gewinnvortrags zu den Rücklagen oder zum Bilanzgewinn - insoweit klar, dass der Gewinnvortrag bei der Kapitalberichtigung formell zu den Rücklagen zählt. Dass nunmehr im Gewinnvortrag ein Teil des Bilanzgewinns erblickt wird, vermag daran nichts zu ändern, dass der in der aktuellen Bilanz ausgewiesene Bilanzgewinn als solcher, auch wenn er nach dem Willen der Gesellschafter nicht verteilt werden soll, nicht unter den Begriff "offene Rücklagen einschließlich eines Gewinnvortrags" subsumiert werden kann.

§ 2 Abs 3 KapBG regelt, wie sich schon aus dem mehrfach verwendeten Wort "nur" ergibt, die Bilanzposten, die umgewandelt werden können, abschließend. Gegen die Auslegung der Bestimmung dahin, dass davon auch der in der aktuellen Bilanz ausgewiesene Bilanzgewinn (oder Reingewinn, wie er in der Stammfassung des GmbHG bezeichnet wurde) nach dem zu unterstellenden Willen des Gesetzgebers umfasst seien sollte, spricht schon der insoweit unmissverständlich formulierte Gesetzeswortlaut.

Ein Analogieschluss setzt eine Gesetzeslücke voraus. Es muss eine planwidrige Unvollständigkeit, eine nicht gewollte Lücke vorliegen (RIS-Justiz RS0098756). Eine Lücke im Rechtssinn ist dort anzunehmen, wo das Gesetz gemessen an seiner eigenen Absicht und seinem immanenten Zweck unvollständig und daher ergänzungsbedürftig ist, ohne dass die Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Hat der Gesetzgeber eine bestimmte Rechtsfolge zu einem bestimmten Sachverhalt bewusst nicht angeordnet, fehlt es an einer Gesetzeslücke. Dass eine Regelung wünschenswert wäre, rechtfertigt noch nicht die Annahme einer Gesetzeslücke (RIS-Justiz RS0008866). Dafür, dass bei der Aufzählung der umwandlungsfähigen Bilanzposten in § 2 Abs 3 KapBG keine Lücke im aufgezeigten Sinn zu schließen ist, spricht neben dem Wortlaut auch die Entstehungsgeschichte des KapBG, die in den Gesetzesmaterialien (416 BlgNR 11. GP 3 ff) dargestellt wird. Dort wird ausgeführt, dass sich das österreichische Schrifttum und auch die Rechtsprechung (SZ 34/135 = JBl 1962, 208 [zustimmend Kastner]) darüber einig seien, dass bei Kapitalgesellschaften zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln die unmittelbare Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital schon nach geltendem Gesellschaftsrecht vorgenommen werden könne, ohne eine Ausschüttung der umgewandelten Rücklagen als Gewinn an die Gesellschafter annehmen zu müssen. Aus Anlass der Erlassung eines Bundesgesetzes über steuerliche Maßnahmen bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln solle eine der Klarstellung von Zweifelsfragen dienende und sowohl den Interessen der Gesellschafter als auch der Gläubiger - insbesondere durch Sicherungen dafür, dass ein den Rücklagen entsprechendes Vermögen vorhanden sei - dienende Regelung erlassen werden. Hiebei werde auf die Erfahrungen, die in Deutschland mit der Kapitalberichtigung (Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln [KapErhG 1959]) gemacht worden seien, entsprechend Bedacht genommen. Zu § 2 Abs 3 KapBG führen die erläuternden Bemerkungen aus, dass darin ausdrücklich festgelegt werde, dass nur offene, nicht aber stille Rücklagen umgewandelt werden könnten und auch der Gewinnvortrag bei einer Umwandlung als offene Rücklage zu behandeln sei. Um den zulässigen Rahmen der Umwandlung möglichst weit abzustecken, werde auch die Umwandlung zweckbestimmter Rücklagen gestattet, soweit es mit ihrer Zweckbestimmung vereinbar sei.

Auch dem als Vorbild dienenden deutschen KapErhG 1959 lag die schon davor im Schrifttum vertretene Ansicht zugrunde, dass es sich bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nicht um eine "Doppelmaßnahme" (Ausschüttung von Rücklagen und Wiedereinlage der daraus resultierenden Gesellschafterforderungen im Wege der Verrechnung), sondern um einen einheitlichen Vorgang, nämlich um eine "Umbuchung" von Rücklagen auf Nennkapital handle. Durch die ermöglichte Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital sollte gegen das in der Nachkriegszeit bei Aktiengesellschaften entstandene Missverhältnis der umfangreichen Rücklagen zum Grundkapital, das zu hohen Aktienkursen, aber geringen (Ausschüttungs-)Renditen führte, Abhilfe geschaffen und damit eine breitere Streuung des Aktienbesitzes erreicht werden (Priester in Scholz, Komm zum GmbHG6 Anhang 57b § 1 KapErhG Rz 1 ff). Damit, dass - infolge Fehlens eines Rücklagenausweises - nicht der Bilanzgewinn als solcher umwandlungsfähig sein sollte, wollte der Gesetzgeber Eingriffe in die Rechte der Gesellschafter auf Gewinnausschüttung verhindern (Priester aaO § 2 KapErhG Rz 6). Auch in der in den österreichischen Gesetzesmaterialien zitierten Entscheidung SZ 34/135 ging es um die Zulässigkeit der Umwandlung einer Rücklage (und nicht des aktuellen Bilanzgewinns) in Nennkapital. Es ist daher davon auszugehen, dass eine (ergänzende) Auslegung des § 2 Abs 3 KapBG in dem Sinn, dass auch der ausgewiesene (den allfälligen Gewinnvortrag übersteigende) Bilanzgewinn der aktuellen Bilanz ohne weiteres in Nennkapital umgewandelt werden kann, der vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht.

Der grundsätzliche Anspruch der Gesellschafter auf den (dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile entsprechenden) Bilanzgewinn (vgl § 29 GmbHG in der Stammfassung) kann zwar nun auch durch den Beschluss der Gesellschafter, denen die Beschlussfassung über die Verteilung des Bilanzgewinns von Jahr zu Jahr im Gesellschaftsvertrag vorbehalten wurde (vgl §§ 35 Abs 1 Z 1, 82 Abs 1 GmbHG), wie dies im vorliegenden Fall im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, eingeschränkt oder ganz beseitigt werden. Obwohl damit das Argument, dass der Bilanzgewinn zur Auszahlung an die Gesellschafter zur Verfügung stehen und nicht durch Kapitalvermehrung in deren Rechte eingegriffen werden solle, relativiert wurde, hat sich der österreichische Gesetzgeber zu einer Änderung des § 2 Abs 3 KapBG nicht veranlasst gesehen.

Auch in Deutschland wurde das Vollausschüttungsgebot des § 29 aF GmbHG dahin abgeschwächt, dass die Mehrheit der Gesellschafter die Gewinnausschüttung (durch Rücklagenbildung) begrenzen kann (§ 29 Abs 2 dGmbHG). In Deutschland wurde in der Folge überwiegend die Ansicht vertreten, dass auch der Gewinn des letzten Geschäftsjahrs zur Kapitalerhöhung verwendet werden könne, wobei im deutschen Schrifttum zur Überwindung der gesetzlich vorgesehenen Reihenfolge von Bilanzfeststellung und Gewinnverteilung (mit der Folge, dass die Rücklagendotierung deshalb nur im Rahmen der Gewinnverteilung erfolgen könnte und dann in der maßgeblichen Jahresbilanz nicht enthalten wäre) verschiedene Vorschläge erarbeitet wurden. Die Rücklagendotierung im maßgebenden Jahresabschluss selbst bzw im Rahmen der Bilanzfeststellung wurde bei entsprechender Satzungsgrundlage oder Zustimmung aller Gesellschafter letztlich als bilanzrechtlich unbedenklich angesehen (Scholz aaO Anhang § 57b Rz 7 ff mwN). Auch nach dieser Ansicht konnte daher der Bilanzgewinn als solcher nicht zur nominellen Kapitalerhöhung herangezogen werden. Der deutsche Gesetzgeber hat inzwischen insoweit Klarheit geschaffen: Nach § 57 dGmbHG müssen die Kapital- und Gewinnrücklagen, die in Stammkapital umgewandelt werden sollen, in der letzten Jahresbilanz und, wenn dem Beschluss eine andere Bilanz zugrundegelegt wird, auch in dieser Bilanz unter "Kapitalrücklage" oder "Gewinnrücklage" oder - als Neuerung gegenüber der ursprünglichen Regelung - im letzten Beschluss über die Verwendung des Jahresergebnisses als Zuführung zu diesen Rücklagen ausgewiesen sein. Zudem gestattet nunmehr § 268 Abs 1 dHGB, die Bilanz unter Berücksichtigung der vollständigen oder teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses aufzustellen. Im Rahmen der Bilanzfeststellung können die Gesellschafter - mangels entgegenstehender Satzungsbestimmungen - demnach bereits Thesaurierungen des Jahresergebnisses vornehmen. Die derart geschaffenen Gewinnrücklagen sind umwandlungsfähig. Dessen ungeachtet wurde am formellen Bilanzausweis als Kapital- bzw Gewinnrücklage festgehalten. Der Jahresüberschuss als solcher ist nach wie vor nicht umwandlungsfähig (Priester in Scholz, Kommentar zum GmbHG9 [2002] § 57d Rz 8). Der offene Ausweis der Rücklagen in der Bilanz wird jedenfalls als unabdingbar angesehen (Lutter/Hommelhoff GmbHG16 [2004] § 57d Rz 4). Die formellen Regeln für den Bilanzausweis der zur Umwandlung in Nennkapital heranzuziehenden Eigenmittel soll einerseits für eine gewisse Konsolidierung des zu verwendenden Eigenkapitals sorgen, andererseits die Prüfung ihres Vorhandensseins erleichtern. Dementsprechend kann sich der Gegenstand der Prüfung durch das Registergericht darauf beschränken, ob die verwendeten Rücklagen in der Erhöhungsbilanz (bzw letzten Jahresbilanz) als solche ausgewiesen und ob sie umwandlungsfähig sind (Priester in Scholz, Komm zum GmbHG9 § 57d Rz 1 und 10). Dass auch der deutsche Gesetzgeber zumindest am formellen Erfordernis der Rücklagenbildung für die nominelle Kapitalerhöhung festgehalten hat, ist daher nicht nur unter dem Aspekt des Gläubigerschutzes zu sehen, der - wie den Antragstellern einzuräumen ist - auch durch die direkte Umwandlung von (aktuellem) Bilanzgewinn in Nennkapital gegenüber der Umwandlung einer umwandlungsfähigen Rücklage - abgesehen von Konsolidierungserwägungen - nicht wesentlich beeinträchtigt erscheint.

Der österreichische Gesetzgeber hat eine entsprechende Adaption des KapBG bislang unterlassen. Ob es auch bei der geltenden Rechtslage als zulässig anzusehen ist, in der Höhe des Jahresüberschusses eine Zuweisung zur freien Rücklage im Sinn des § 231 Abs 2 Z 27 bzw Abs 3 Z 26 HGB vorzunehmen (vgl § 229 Abs 3 HGB), wie Tichy (in Doralt/Nowotny/Kalss, Komm z AktG II § 2 KapBG Rz 13) vorschlägt, kann hier dahin gestellt bleiben, weil die Antragsteller ausdrücklich an ihrer Ansicht festhielten, dass der auf neue Rechnung vorzutragende aktuelle Bilanzgewinn bei entsprechender Fassung des Gesellschaftsvertrags zur Gewinnverteilung und jedenfalls bei Einstimmigkeit der Gesellschafter ohne weiteres für eine Kapitalerhöhung herangezogen werden könne. Die Heranziehung des Bilanzgewinns als solcher kommt aber nach der geltenden Rechtslage nicht in Frage. Die von den Antragstellern zur Begründung ihrer Ansicht zitierten Belegstellen (Tichy aaO; Feil in Gellos, Komm zum GmbHG5 § 52 GmbHG Rz 2) ist Gegenteiliges nicht zu entnehmen. Tichy bezeichnet zwar die Differenzierung des Gesetzes insofern, als es nicht gleich auf den in der Bilanz ausgewiesenen Bilanzgewinn abstellt, als überholt, bezieht zur Frage, ob dies auch nach dem geltenden Recht möglich sei, nur dahin Stellung, dass er eine Zuweisung zur freien Rücklage in der Höhe des Jahresüberschusses als Ausweg ansieht. In der anderen Belegstelle wird zwar ausgeführt, dass eine Kapitalerhöhung auch (nur) nominell dadurch erfolgen könne, dass offene oder stille Reserven aufgelöst werden oder der Bilanzgewinn zur Vermehrung des Stammkapitals verwendet werde. Ob damit tatsächlich der aktuelle Bilanzgewinn gemeint ist, ist aber fraglich, weil diesen allgemeinen Ausführungen zur Kapitalerhöhung im Kapitel "Kapitalberichtigung" Ausführungen dahin folgen, dass zur Kapitalberichtigung nur jene Rücklagen bzw Gewinnvorträge herangezogen werden könnten, die zum Stichtag des zugrundegelegten Jahresabschlusses bereits im Vermögen der Gesellschaft bestanden hätten. Zur Kapitalerhöhung könnten nur die offenen Rücklagen einschließlich des Gewinnvortrags herangezogen werden (Feil aaO Rz 14, 15).

Die den Antrag abweisenden Beschlüsse der Vorinstanzen sind daher zu bestätigen.