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OGH vom 22.10.2007, 1Ob178/07v

OGH vom 22.10.2007, 1Ob178/07v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Rudolf S*****, vertreten durch Dr. Georg Hesz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Alexandra S*****, vertreten durch Dr. Reinhart Kolarz und Mag. Rudolf Augustin, Rechtsanwälte in Stockerau, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge der ordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 182/06x-14, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Tulln vom , GZ 1 C 31/06t-10, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch


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1.
Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
2.
Dem Revisionsrekurs des Antragstellers wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten hat:
„Der Beschluss des Erstgerichts wird aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten."
3. Die Kosten des Revisionsrekurses des Antragstellers sowie der Revisionsrekursbeantwortung der Antragsgegnerin sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Am überreichte der Antragsteller mit dem Ersuchen um einen raschest möglichen Verhandlungstermin den von beiden Ehegatten unterfertigten Antrag auf Scheidung ihrer Ehe im Einvernehmen gemäß § 55a EheG, in dem darauf hingewiesen wurde, dass zwischen den Antragstellern Einvernehmen über sämtliche gegenseitige unterhaltsrechtliche und vermögensrechtliche Ansprüche bestehe. In der daraufhin anberaumten Tagsatzung am schlossen die Ehegatten einen Vergleich, der in vermögensrechtlicher Hinsicht einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht, einen Verzicht des Antragstellers auf die Benützung der im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Ehewohnung sowie die Vereinbarung enthält, dass sämtliche in der Ehewohnung befindliche Einrichtungsgegenstände mit Ausnahme der persönlichen Sachen des Mannes in das Alleineigentum der Frau übertragen werden. Die abschließende „Generalklausel" hat folgenden Wortlaut:

„Die Ehegatten erklären, auf (weitere) Ansprüche gegeneinander hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse (§§ 81 ff EheG) sowie hinsichtlich Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen (§§ 98 ff ABGB) zu verzichten. Hiemit sind somit alle wechselseitigen Ansprüche zwischen den Parteien bereinigt und verglichen".

Hierauf verkündete der Richter den Scheidungsbeschluss und riet der Antragsgegnerin - auch wegen der Kürze der Vorbereitungszeit -, keinen Rechtsmittelverzicht abzugeben. Innerhalb der Rechtsmittelfrist zog sie den Scheidungsantrag zurück, worauf die Wirkungslosigkeit des Scheidungsbeschlusses festgestellt wurde. Am brachte die Antragstellerin eine auf § 49 EheG gestützte Scheidungsklage gegen den Antragsteller ein. Dieser erklärte, er möchte an der Ehe auch nicht mehr festhalten, und begehrte den Ausspruch, dass die Antragsgegnerin an der Zerrüttung der Ehe gleichteilig bzw überwiegend schuldig sei. Zugleich erklärte er sein Einverständnis mit einer einvernehmlichen Scheidung, sofern die Antragsgegnerin „jene Bedingungen akzeptiert, die mein Rechtsvertreter dem Klagevertreter mitteilt". In der Tagsatzung vom schlossen die Ehegatten für den Fall der rechtskräftigen Scheidung ihrer Ehe einen Vergleich, der einerseits einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht und andererseits die Verpflichtung des Mannes zum Kostenersatz enthält. Darüber hinaus ist zu von der Antragsgegnerin aufgewendeten Detektivkosten festgehalten, dass diese „der Mitregelung im Zusammenhang mit einem Verfahren gemäß §§ 81 ff bzw der gesonderten Geltendmachung einvernehmlich vorbehalten bleiben". Unmittelbar nach Abschluss dieses Vergleichs wurde das Scheidungsurteil verkündet, wobei ausgesprochen wurde, dass das überwiegende Verschulden den Mann trifft. Die Parteien erklärten einen Rechtsmittelverzicht.

Am beantragte der Antragsteller die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse hinsichtlich verschiedener im Einzelnen genannter Vermögensgegenstände der Ehegatten. Er vertrat die Auffassung, das Aufteilungsverfahren habe sich auf das gesamte eheliche Vermögen zu erstrecken, da die ursprüngliche Vereinbarung über die Vermögensaufteilung lediglich für den Fall einer einvernehmlichen Scheidung ins Auge gefasst gewesen sei und keine Verbindlichkeit mehr habe, nachdem die Antragsgegnerin der Scheidung nicht zugestimmt habe. Zufolge Rücknahme des seinerzeitigen Scheidungsantrags durch die Antragsgegnerin sei auch der abgeschlossene Vergleich auf Grund des untrennbaren Zusammenhangs des Scheidungsbeschlusses mit dem damaligen Scheidungsfolgenvergleich zum „rechtlichen Nichts" geworden. Er begehrte, der Antragsgegnerin für die eheliche Wohnung eine Ausgleichszahlung nach Billigkeit und für die übrigen der Antragsgegnerin verbleibenden Vermögenswerte eine weitere Ausgleichszahlung von EUR 52.233,59 aufzuerlegen, sowie beiden Ehegatten den Auftrag zu erteilen, zwei jeweils in ihrem gemeinsamen Eigentum stehende Liegenschaften an je eines der beiden gemeinsamen Kinder zum Zeitpunkt deren Volljährigkeit ins Eigentum zu übertragen. Die Antragsgegnerin begehrte die Abweisung des Aufteilungsantrags. Die anlässlich der ins Auge gefassten einvernehmlichen Scheidung getroffene vergleichsweise Regelung hinsichtlich der Aufteilung des ehelichen Vermögens und der ehelichen Ersparnisse sei im unmittelbaren Zusammenhang mit der nachfolgenden Scheidung der Ehe getroffen worden und daher auch im Aufteilungsverfahren umzusetzen und unverändert zu berücksichtigen. Eine allenfalls an den Antragsteller zu leistende Ausgleichszahlung sei um die aus seinem Verschulden aufgelaufenen Detektivkosten von EUR 5.739,73 zu kürzen. Die Übertragung der beiden gemeinschaftlichen Liegenschaften an die beiden Kinder könne im Sinne der Anträge des Antragstellers erfolgen. Sollte dies jedoch zu einer Ausgleichszahlung an den Antragsteller führen, werde beantragt, diese beiden Liegenschaften dem Antragsteller zuzuweisen, der dafür eine angemessene Ausgleichszahlung zu leisten habe.

Das Erstgericht wies die Aufteilungsanträge ab. Nach § 55a Abs 2 EheG dürfe eine Ehe nur geschieden werden, wenn die Ehegatten eine schriftliche Vereinbarung für den Fall der Scheidung schließen, die die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander regelt. § 224 AußStrG aF habe nomiert, dass jeder Ehegatte den Antrag auf Scheidung bis zum Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses zurücknehmen könne, womit ein schon ergangener Scheidungsbeschluss wirkungslos werde. Bezüglich des Schicksals des vor Erlassung des Scheidungsbeschlusses notwendigerweise abgeschlossenen Scheidungsfolgenvergleichs treffe das Gesetz keine korrespondierende Anordnung; es sei daher auch strittig geblieben, ob der Scheidungsfolgenvergleich vom aufgrund der Rücknahme des Scheidungsantrags durch die Antragsgegnerin hinfällig geworden sei oder ob ihm weiter wirkende Verbindlichkeit inter partes zukomme. Rechtlich sei somit das Spannungsverhältnis zwischen § 224 AußStrG aF und § 97 Abs 2 EheG aufzulösen. Zur zweitgenannten Norm habe der Oberste Gerichtshof etwa ausgeführt, dass Vereinbarungen, die die Ehegatten im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung der Ehe über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens - auch formlos - schließen, wirksam seien. Dem komme besonders im Zusammenhang mit einer einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG Bedeutung zu. Mit der zwingend vorgeschriebenen Einigung über bestimmte Scheidungsfolgen solle vermieden werden, dass nach der Scheidung zwischen den Ehegatten langwierige und aufwendige Verfahren über die Scheidungsfolgen geführt werden. Die Erreichung dieses Ziels setze voraus, dass die Ehegatten über das Gebrauchvermögen und die Ersparnisse auch schon vor der Scheidung mit der Wirkung des Ausschlusses einer nachfolgenden gerichtlichen Regelung Vereinbarungen treffen könnten. „Unmittelbar" iSd § 97 Abs 2 EheG sei der Zusammenhang dann, wenn er nicht durch irgendwelche Zwischenursachen (zB vorübergehende Versöhnung) beseitigt worden sei. Stehe ein unmittelbarer Zusammenhang in diesem Sinne fest, sei es dann unerheblich, ob zwischen der Vereinbarung und der tatsächlichen Ehescheidung einige Monate vergehen und ob die Scheidung letztlich auf Grund des Verhaltens des sich nun an die Vereinbarung nicht voll gebunden erachtenden Vertragspartners nicht nach § 55a EheG, sondern nach § 49 EheG erfolge. Angesichts des zeitlichen Ablaufs im vorliegenden Fall sei der Zusammenhang zwischen dem Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung vom und der Einbringung der Scheidungsklage bzw Verkündung des Scheidungsurteils - mangels einer Zwischenursache - nicht aufgelöst worden. Der Rechtssatz „Wird der Scheidungsbeschluss infolge Antragsrücknahme unwirksam, so werden es auch die im Zusammenhang damit geschlossenen Vereinbarungen, da ihnen die Bedingung „für den Fall der rechtskräftigen Scheidung innewohnt", sei insbesondere deshalb zu relativieren, weil das „Weitergeltenkönnen" einer Scheidungsfolgenvereinbarung trotz Zurücknahme des Scheidungsantrags in einem konkreten Einzelfall eben nicht wirklich ausgeschlossen werden könne. Es liege auch keine oberstgerichtliche Judikatur vor, nach der mit Zurücknahme des Antrags auf Scheidung im Einvernehmen automatisch auch eine Scheidungsfolgenvereinbarung wirkungslos würde, und zwar selbst dann, wenn eine rechtskräftige Entscheidung im unmittelbaren Zusammenhang dann doch erfolgt sei. Da im konkreten Einzelfall unter besonderer Bedachtnahme auf die Motivation der Antragsgegnerin zur Zurücknahme des Scheidungsantrags, auf die Kürze der sodann bis zur Einbringung der Scheidungsklage verstrichenen Frist sowie darauf, dass der Antragsteller zufolge des im strittigen Scheidungsverfahren abermals vereinbarten wechselseitigen Unterhaltsverzichts ohnedies um nichts schlechter stehe, als er stünde, wenn es seinerzeit bei der einvernehmlichen Scheidung geblieben wäre, kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen sei, dass die Scheidungsfolgenvereinbarung nur für den Fall einer einvernehmlichen Scheidung Geltung haben sollte, stehe die weiter geltende Vereinbarung der Ehegatten dem Begehren nach einer gerichtlichen Aufteilung entgegen. Die wechselseitigen Anträge der Parteien hinsichtlich anzuordnender Liegenschaftübertragungen an die gemeinsamen Kinder - diese Liegenschaften waren im Vergleich nicht erwähnt worden - seien ebenfalls abzuweisen, da auch hier von einer (zulässigerweise formfrei zustande gekommenen) Vereinbarung im Zusammenhang mit der Ehescheidung auszugehen sei und andererseits das Gesetz keine Übertragung von Eigentum an unbeweglichen körperlichen Sachen an Dritte, sondern ausschließlich zwischen den Ehegatten selbst, kenne.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss im Umfang der Entscheidung über die genannten Liegenschaften sowie im Kostenpunkt auf und bestätigte im Übrigen die Abweisung des Aufteilungsantrags; es erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Wenn auch mit der Rücknahme des Scheidungsantrags der Scheidungsbeschluss wirkungslos geworden sei, fehle auch nach der Reform des AußStrG für das rechtliche Schicksal der Scheidungsfolgenvereinbarung eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Zuletzt habe der Oberste Gerichtshof zu 9 Ob 76/04y ausgeführt, die Besonderheit des Scheidungsfolgenvergleichs liege darin, dass er als solcher für den Fall der Ehescheidung geschlossen werde und daher durch diese bedingt sei. Mit Unwirksamwerden oder bei Nichtzustandekommen der einvernehmlichen Scheidung - etwa bei Antragsrücknahme - verliere daher auch der Scheidungsfolgenvergleich seine Wirksamkeit. Folge man dieser Auffassung, wäre die Vereinbarung vom tatsächlich ein „rechtliches Nichts" und hätte keinerlei Auswirkungen auf das anhängige Aufteilungsverfahren. Aus der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur zu § 97 Abs 2 EheG folge, dass auch solche Vereinbarungen mit einem Ehescheidungsverfahren „im Zusammenhang" stünden, die unmittelbar vor der Einleitung eines solchen Verfahrens zustande kamen, wenn mit ihnen die Regelung der Scheidungsfolgen gemäß §§ 81 ff EheG bezweckt und so der Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren hergestellt gewesen sei. „Unmittelbar" sei der Zusammenhang dann, wenn er nicht durch irgendwelche Zwischenursachen (etwaige vorübergehende Versöhnung) beseitigt worden sei. Stehe ein unmittelbarer Zusammenhang in diesem Sinne fest, sei es dann unerheblich, ob zwischen der Vereinbarung und der tatsächlichen Ehescheidung einige Monate vergangen seien und ob die Scheidung letztlich auf Grund des Verhaltens des sich nun an die Vereinbarung nicht voll gebunden erachtenden Vertragpartners nicht nach § 55a EheG, sondern nach § 49 EheG erfolgt sei. Eine derartige rechtswirksame Vereinbarung nach § 97 Abs 2 EheG schließe jedoch - soweit sie reiche - eine Aufteilung gemäß den §§ 81 ff EheG aus. Im vorliegenden Fall sei der Scheidungsfolgenvergleich zwar anlässlich der einvernehmlichen Scheidung, jedoch nicht ausdrücklich „nur für den Fall der einvernehmlichen Scheidung" abgeschlossen worden. Es sei allerdings unzweifelhaft, dass zunächst alle Beteiligten von einer in der Folge einvernehmlich erfolgenden Scheidung ausgegangen seien. Im Hinblick auf die Chronologie sei der zeitliche Zusammenhang zweifellos gegeben. Dass die Ehescheidung im Ergebnis nicht nach § 55a EheG, sondern nach § 49 EheG erfolgt sei, sei im Ergebnis auf das Verhalten des Antragstellers selbst, nämlich seine Beziehung zu einer anderen Frau, zurückzuführen, was Ursache für die Zurückziehung des Scheidungsantrags durch die Antragsgegnerin gewesen sei. Es bestehe somit sehr wohl ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Vereinbarung vom und der dann am erfolgten Ehescheidung. Unerheblich sei, dass der Antragsteller die Ehewohnung der Antragsgegnerin unentgeltlich zur alleinigen Nutzung überlassen habe, weil er möglichst schnell, vor allem aber nur einvernehmlich habe geschieden werden wollen. Es handle sich bei den Zugeständnissen des Antragstellers im Vergleich bloß um das (nicht ausdrücklich zur aufschiebenden Bedingung erhobene) Motiv für einen Verzicht auf einen Ausgleichsanspruch. Dass anlässlich der Ehescheidung am neuerlich eine Vereinbarung über den Ehegattenunterhalt sowie über die Kosten des Verfahrens abgeschlossen worden sei, sei im Hinblick auf die geänderte Rechtsgrundlage gerade für den Unterhaltsanspruch äußerst vernünftig gewesen. Daraus sei nicht etwa ableitbar, dass sich beide Parteien nicht mehr an den Vergleich vom - was die Bereinigung der vom Vergleich erfassten Ansprüche nach §§ 81 ff EheG betreffe - gebunden gefühlt hätten. Vielmehr sei nur klargestellt worden, dass trotz der nun nach § 49 EheG erfolgten Scheidung bereits dem Grunde nach kein Unterhaltsanspruch der Frau bestehe. Der Mann sei damit in „keiner anderen Rechtsposition" gestanden, als dies nach der Vereinbarung vom der Fall gewesen sei. Ein solcher Unterhaltsverzicht könne auch eine auf den ersten Blick wenig ausgewogene Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse rechtfertigen. Soweit daher der am abgeschlossene Scheidungsfolgenvergleich die wechselseitigen Ansprüche nach den §§ 81 ff EheG als weiter geltende Vereinbarung nach § 97 Abs 2 EheG abschließend regle, habe das Erstgericht das darauf gestützte Begehren auf Leistung einer Ausgleichszahlung zu Recht abgewiesen. Im Umfang der Scheidungsfolgenvereinbarung sei daher kein Platz für ein gerichtliches Aufteilungsverfahren. Dieses könne und müsse nur mehr hinsichtlich der beiden Liegenschaften, über die keine Regelung getroffen worden sei, fortgeführt werden. Dem Erstgericht sei beizupflichten, dass im Rahmen des Aufteilungsverfahrens keine gesetzliche Möglichkeit für eine Übertragung von Eigentum an unbeweglichen körperlichen Sachen an Dritte bestehe. Im außerstreitigen Aufteilungsverfahren gelte allerdings der im Zivilprozess herrschende Grundsatz der strengen Bindung an die Anträge nicht. Der Außerstreitrichter könne nach den gesetzlichen Aufteilungsgrundsätzen an sich auch eine nicht beantragte Rechtsgestaltung treffen. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren eine Regelung für die beiden Liegenschaften zu treffen haben, wobei die bereits durch Vergleich getroffene Vereinbarung der früheren Ehegatten über andere Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse angemessen zu berücksichtigen sein werde. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig. Die Frage, ob und unter welchen allfälligen weiteren Voraussetzungen bei gegebenem unmittelbarem Zusammenhang auch ein in einem Verfahren nach § 55a EheG geschlossener Vergleich als Vereinbarung iSd des § 97 Abs 2 EheG gewertet werden könne, werde mit dieser Entscheidung - soweit überblickbar erstmals ausdrücklich - bejaht. Im Ergebnis weiche damit das Rekursgericht von der gegenteiligen Rechtsprechung ab; jedenfalls liege eine Rechtsfrage vor, deren Lösung über den konkret vorliegenden Einzelfall hinaus von Bedeutung sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den aufhebenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist - mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG - unzulässig; der Revisionsrekurs des Antragstellers ist hingegen zulässig und mit seinem Aufhebungsantrag berechtigt.

Zum Revisionsrekurs des Antragstellers:

Vorauszuschicken ist, dass die Prüfung, ob eine bestimmte vermögensrechtliche Vereinbarung zwischen Ehegatten einem Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG entgegensteht, in zwei Schritten zu erfolgen hat, die klar voneinander zu trennen sind. Im ersten Schritt ist im Wege der (gegebenenfalls ergänzenden) Vertragsauslegung zu ermitteln, ob die Vereinbarung nach dem übereinstimmenden Parteiwillen (auch) für die in der Folge tatsächlich erfolgte Auflösung der Ehe gemäß § 49 EheG Gültigkeit haben sollte. Nur bei Bejahung dieser Frage ist weiters zu prüfen, ob die Vereinbarung mit der konkreten Eheauflösung in einem ausreichenden Zusammenhang iSd § 97 Abs 2 EheG steht. Bereits das Erstgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die von den Ehegatten ursprünglich ins Auge gefasste einvernehmliche Scheidung gemäß § 55a Abs 2 EheG zwingend eine (schriftliche) Vereinbarung voraussetzt, die ua (abschließende) Regelungen über ihre unterhaltsrechtlichen Beziehungen und die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander für den Fall der Scheidung zu enthalten hat. Schon dies legt nahe, dass den Ehegatten - mangels konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte - im Regelfall nicht zu unterstellen ist, die (bedingt) vereinbarten Rechtsfolgen auch dann eintreten lassen zu wollen, wenn es zu der geplanten einvernehmlichen Scheidung letztlich nicht kommt. Dies muss insbesondere in Fällen gelten, in denen die Initiative zur geplanten einvernehmlichen Scheidung allein von einem Ehegatten ausgeht, dem ersichtlich an einer besonders raschen und einvernehmlichen Beendigung der Ehe gelegen ist, weshalb er sich - wovon auch das Rekursgericht ausgeht - dazu bereit findet, den anderen Ehegatten im Wege des Scheidungsvergleichs vermögensrechtlich besser zu stellen als dies bei Anwendung der §§ 81 ff EheG der Fall wäre. Angesichts der gesetzlich zwingenden Notwendigkeit des Abschlusses einer vermögensrechtlichen Vereinbarung für den Fall einer einvernehmlichen Scheidung sowie der keineswegs untypischen Interessenlage des aus der Ehe drängenden Ehegatten muss im Normalfall auch für den anderen Ehepartner klar sein, dass bei Scheitern der geplanten einvernehmlichen Scheidung eine Bindung an die getroffenen vermögensrechtlichen Vereinbarungen nicht mehr bestehen soll, und zwar ungeachtet dessen, ob ein allenfalls bald danach eingeleitetes streitiges Scheidungsverfahren in absehbarer Zeit ebenfalls zur Beendigung der Ehe führt, zumal auch der Zeitfaktor oft von Zufälligkeiten abhängt. Letztlich kann einem Ehegatten, der auf Unterhalt verzichtet hat, im Regelfall nicht unterstellt werden, an die Vereinbarung auch dann gebunden sein zu wollen, wenn er die geplante einvernehmliche Scheidung schließlich gerade deshalb verhindert, weil er zur Auffassung kommt, er könne eine Scheidung aus dem alleinigen oder überwiegenden Verschulden des anderen durchsetzen.

Schließen Ehegatten also im Zusammenhang mit einem Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung eine vermögensrechtliche Vereinbarung, die im Falle der Scheidung gelten soll, ergibt die Vertragsauslegung im Regelfall, dass bei Scheitern einer solchen einvernehmlichen Scheidung die Vereinbarung mangels Bedingungseintritts keine Rechtsfolgen nach sich ziehen soll (in diesem Sinne etwa 5 Ob 514/88, 6 Ob 2155/96x, 9 Ob 76/04y; Koch in KBB2, § 55a EheG Rz 9, Stabentheiner in Rummel3 II/4, § 55a EheG Rz 19 mwN). Soweit sich die Vorinstanzen für ihre gegenteilige Rechtsauffassung auf die Entscheidung SZ 53/125 (= 1 Ob 685/80) gestützt haben, ist ihnen entgegen zu halten, dass dort offenbar ein abweichender Sachverhalt zu beurteilen war, wurde doch in diesem Erkenntnis betont, dass kein Anhaltspunkt dafür bestanden habe, dass der zu beurteilende Schenkungsvertrag nur für den Fall einer Scheidung nach § 55a EheG gelten sollte. Dem gegenüber steht im vorliegenden Fall nicht nur fest, dass das ursprüngliche (einvernehmliche) Scheidungsbegehren im Dezember 2004 zunächst vom Antragsteller „praktisch alleine betrieben" wurde, dass er so rasch wie möglich geschieden sein wollte, und dass er der Antragsgegnerin für ihre Einwilligung in die Ehescheidung alles, insbesondere die Ehewohnung samt Inventar, ohne Ausgleichszahlung überlassen wollte. Auch das dem Scheitern der einvernehmlichen Scheidung nachfolgende Verhalten der Ehegatten weist deutlich darauf hin, dass beide nicht davon ausgingen, die seinerzeitige Vereinbarung hätte ihre vermögensrechtlichen Beziehungen abschließend geregelt und sei nach wie vor gültig. So hat der Antragsteller etwa in dem von der Antragsgegnerin eingeleiteten streitigen Scheidungsverfahren sofort erklärt, er sei zwar nach wie vor zu einer einvernehmlichen Scheidung bereit, aber nur zu jenen Bedingungen, die sein Rechtsvertreter mitteilen werde. Auch die in diesem Scheidungsverfahren in der Folge getroffenen vergleichsweisen Vereinbarungen sind mit einem Aufrechtbleiben des früheren „Scheidungsvergleichs" kaum in Einklang zu bringen. Wären die Parteien von einer Weitergeltung ausgegangen, wäre es keineswegs erforderlich gewesen, neuerlich in Form eines gerichtlichen Vergleichs einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht zu vereinbaren; im Falle allfälliger bloßer Klarstellungsabsicht wäre es nahe gelegen, vergleichsweise festzuhalten, dass die ursprüngliche Vereinbarung einschließlich des Unterhaltsverzichts weiterhin gelten sollte. Schließlich spricht auch der zweite Punkt des vor Abschluss des streitigen Scheidungsverfahrens abgeschlossenen Vergleichs klar dagegen, dass die Ehegatten die seinerzeitige Vereinbarung auch für den Fall einer späteren streitigen Scheidung abschließen wollten. In diesem Vergleichspunkt wird nämlich ua festgehalten, dass bestimmte Ansprüche (Ersatz von Detektivkosten) einvernehmlich „der Mitregelung im Zusammenhang mit einem Verfahren gemäß §§ 81 ff" bzw der gesonderten Geltendmachung vorbehalten bleiben. Der Hinweis auf ein Verfahren nach den §§ 81 ff EheG ist aber nur dann verständlich und sinnvoll, wenn ein derartiges Verfahren überhaupt noch in Betracht kommt. Wäre aber die seinerzeitige Vereinbarung noch gültig, schlösse die darin enthaltene „Generalklausel" ein gerichtliches Aufteilungsverfahren eindeutig aus, wurde doch dort vereinbart, dass die Ehegatten auf (weitere) Ansprüche hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse verzichten, womit alle wechselseitigen Ansprüche bereinigt und verglichen seien. Dies kann vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass die Eigentumsverhältnisse an allen in der Vereinbarung nicht ausdrücklich genannten Vermögenswerten nach der Scheidung unverändert bleiben sollten, womit die Vereinbarung das gesamte Ehevermögen erfasste, was der Durchführung eines gerichtlichen Aufteilungsverfahrens entgegenstünde. Auch wenn durchaus fraglich ist, ob die genannten Detektivkosten für sich Gegenstand eines Aufteilungsverfahrens sein könnten, haben die Ehegatten mit dem genannten Vergleichspunkt doch ihre Ansicht klargestellt, dass ein Aufteilungsverfahren noch in Betracht kommt, was mit einer Weitergeltung der seinerzeitigen vermögensrechtlichen Vereinbarung unvereinbar wäre. Nach dem Gesagten kann daher keine Rede davon sein, dass ausreichende Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der im Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung (bedingt) abgeschlossene „Scheidungsvergleich" nach dem Parteiwillen auch im Falle einer (späteren) streitigen Scheidung Gültigkeit haben sollte. Es ist daher davon auszugehen, dass auch im vorliegenden Fall die Ehegatten - wie es der typischen Interessenlage vergleichbarer Parteien entspricht - die Vereinbarung so verstanden haben, dass sie durch die Durchführung der ins Auge gefassten einvernehmlichen Scheidung bedingt sein sollte. Abweichendes wäre von der Antragsgegnerin zu beweisen gewesen, die sich auf eine „Weitergeltung" beruft. Dies ist ihr jedoch nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht gelungen. Auch die Negativfeststellung des Erstgerichts, es könne nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin die Ehewohnung samt Hausrat und Inventar nur im Falle der einvernehmlichen Scheidung ohne Ausgleichszahlung überlassen hätte, steht einer - der rechtlichen Beurteilung zuzuordnenden - Vertragsergänzung nach dem typischerweise zu unterstellenden Willen redlicher und vernünftiger Vertragsparteien nicht entgegen.

Da die Vorinstanzen somit den Aufteilungsantrag - mit Ausnahme der sich auf die beiden Liegenschaften beziehenden Anträge - zu Unrecht abgewiesen haben, weil sie von der Wirksamkeit der im Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung getroffenen Vereinbarung ausgegangen sind, fehlen die zur Beurteilung der Aufteilungsanträge erforderlichen Tatsachengrundlagen, die das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren zu gewinnen haben wird.

Zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin:

Die Antragsgegnerin wendet sich in ihrem Revisionsrekurs gegen die Beurteilung des Rekursgerichts, das Erstgericht werde über die beiden in der Vereinbarung nicht ausdrücklich genannten Liegenschaften zu entscheiden haben, erörtert dabei aber keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage. Soweit sie lediglich auf ihre Antragsbehauptungen in einem anderen Verfahren verweist, nach denen es eine bindende Vereinbarung der Ehegatten über diese Liegenschaften gegeben habe, übersieht sie offenbar, dass ein solcher Verweis entsprechende Tatsachenfeststellungen des Gerichts nicht ersetzen kann. Im Übrigen bleibt auch nach dem Vorbringen im Revisionsrekurs unklar, inwieweit die behauptete Vereinbarung als eine solche iSd § 97 Abs 2 EheG qualifiziert werden könnte. Die von der Revisionsrekurswerberin zitierte Auffassung des Erstgerichts, es sei „auch diesfalls" von einer zulässigerweise formfrei zustande gekommenen Vereinbarung im Zusammenhang mit der Ehescheidung auszugehen, ist durch die getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht gedeckt. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin selbst, wenn auch (nur) hilfsweise, die Übertragung ihrer Liegenschaftsanteile an den Antragsteller im Rahmen des von diesem anhängig gemachten Aufteilungsverfahrens begehrt hat. Auch über das Schicksal dieser beiden Liegenschaften wird daher nach Verfahrensergänzung vom Erstgericht abzusprechen sein. Der Kostenvorbehalt beruht darauf, dass lediglich eine Zwischenentscheidung zu fällen ist, die Frage eines allfälligen Kostenersatzes aber vom endgültigen Verfahrensausgang abhängt.