OGH vom 15.09.2005, 4Ob145/05k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. C*****, und 2. C*****, beide vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 80.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 238/04y-36, womit das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom , GZ 27 Cg 74/03t-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
I. Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen, die in dem, das Urteilsveröffentlichungsbegehren abweisenden Ausspruch als in Rechtskraft erwachsen unberührt bleiben, werden im Übrigen abgeändert, sodass die Entscheidung in Ansehung des Unterlassungs- und des Rechnungslegungsbegehrens wie folgt zu lauten hat:
1. Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen über die von ihr durch den Verkauf von zu Kopiergeräten der Marke CANON gehörenden Geräten, Zubehör und Ersatzteilen, insbesondere Kopierer-Trommeln, -Toner und Cartridges, die nicht von den klagenden Parteien selbst und nicht mit ihrer Zustimmung innerhalb des EWR erstmals in Verkehr gebracht worden sind, unter Verwendung der Marke CANON erzielten Umsätze an Hand von Einkaufs- und Verkaufsbelegen mit der Maßgabe Rechnung zu legen, dass die auf den Einkaufs- und Verkaufsbelegen aufscheinenden Lieferanten und Abnehmer unkenntlich gemacht werden und die Originale dieser Belege dem Sachverständigen offenzulegen sind.
Das darüber hinausgehende Begehren auf Rechnungslegung an Hand von die Lieferanten und Abnehmer enthaltenden Einkaufs- und Verkaufsbelegen wird abgewiesen.
2. Das Begehren, der Beklagten aufzutragen, es zu unterlassen, die Marke CANON in Österreich beim Vertrieb von Geräten, Ersatzteilen und Zubehör zu Kopiergeräten, insbesondere beim Vertrieb von Kopierer-Trommeln, Toner und Cartridges, die nicht von den klagenden Parteien selbst und nicht mit ihrer Zustimmung innerhalb des EWR erstmals in Verkehr gebracht worden sind, zu verwenden, wird abgewiesen .
Die beklagte Partei hat den Klägerinnen die mit 5.264,42 EUR bestimmten Kosten des Sicherungsverfahrens (darin 876,57 EUR USt) und die mit 119,08 EUR bestimmten anteiligen Barauslagen des Hauptverfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.
3. Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 4.011,31 EUR bestimmten anteiligen Kosten des Hauptverfahrens erster Instanz (darin 668,55 EUR USt) und die mit 7.629,18 EUR bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 695,70 EUR USt und 3.454,95 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Erstklägerin, eine Gesellschaft mit Sitz in Japan, ist Inhaberin der im österreichischen Markenregister unter AM 5705/88 für die Warenklassen 1 bis 42 registrierten internationale Marke CANON. Die Zweitklägerin, eine Vertriebsgesellschaft der Erstklägerin, ist aufgrund mündlich abgeschlossener Lizenzverträge berechtigt, die Marke der Erstklägerin CANON im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeiten zu nutzen und Markenrechtsverletzungen gerichtlich im eigenen Namen zu verfolgen. Der CANON-Konzern produziert und vertreibt unter anderem ausschließlich für den US-amerikanischen Raum bestimmte Ware, darunter auch Verbrauchsmaterial für Kopierer und Drucker.
Die Beklagte ist Großhändlerin. Sie vertreibt Verbrauchsmaterial für Kopierer und Drucker, darunter auch CANON-Produkte, die sie teils innerhalb des EWR ein- und auch dort wieder verkauft, teils bezieht sie diese Produkte aus Südostasien und Amerika. Die in Südostasien oder Amerika bezogene (nicht für den EWR bestimmte) Ware verkauft die Beklagte im sogenannten „Zollausschlussverfahren" in Länder außerhalb des EWR. Zu diesem Zweck verfügt sie über ein Zollfreilager an ihrem Firmensitz in Österreich. Die Ware wird von der Beklagten per E-Mail in Amerika oder Südostasien bestellt und - vom amerikanischen Zoll verplombt - durch eine Spedition zumeist per Schiff in einen europäischen Hafen gebracht. Nach der europäischen Zollkontrolle wird die Ware wieder verplombt und mittels Spedition in ein Zollfreilager der Beklagten nach L***** gebracht. Dort wird die Plombe nach Kontrolle der Zollnummer durch die Beklagte geöffnet und die Ware auf ihre Ordnungsgemäßheit und im Hinblick auf die Zollpapiere überprüft. Die Ware wird dann im Zollfreilager der Beklagten gelagert und ins EWR-Ausland weiterverkauft. Die Herkunft der Ware ist aus den beigegebenen Papieren ersichtlich. Diese werden bei der Ausfuhr aus dem EWR vom Zoll abgestempelt und an die Beklagte retourniert, die damit kontrollieren kann, dass diese Waren auch tatsächlich außerhalb des EWR gebracht werden. Ein Vertrieb innerhalb des EWR erfolgt nicht. Die Original-CANON-Produkte werden beim Verkauf in das EWR-Ausland nicht verändert, auch die Marke CANON wird weder von den Produkten noch von der Verpackung genommen. Die Beklagte hat für die geschilderte Vorgangsweise (insbesondere die Einfuhr dieser Waren in den EWR) keine Berechtigung der Klägerinnen oder einer zum CANON-Konzern gehörenden anderen Gesellschaft erhalten.
Die Klägerinnen begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, die Marke CANON in Österreich beim Vertrieb von Geräten, Ersatzteilen und Zubehör zu Kopiergeräten, insbesondere beim Vertrieb von Kopierer-Trommeln, -Toner und Cartridges, die nicht von den klagenden Parteien selbst und nicht mit ihrer Zustimmung innerhalb des EWR erstmals in Verkehr gebracht worden sind, zu verwenden, den klagenden Parteien über die durch den Verkauf derartiger Geräte, Zubehör und Ersatzteile erzielten Umsätze an Hand von Einkaufs- und Verkaufsbelegen Rechnung zu legen und die Klägerinnen zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten zu ermächtigen. Die eingangs geschilderte Vorgangsweise der Beklagten verletze die Markenrechte der Klägerinnen.
Die Beklagte beantragte kostenpflichtige Klageabweisung und wendete - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ein, sie verletze die Markenrechte der Klägerinnen nicht. Die bloße „Durchfuhr im Zollausschlussverfahren" sei kein Inverkehrbringen der Ware im EWR bzw in Österreich.
Das Erstgericht hat die von den Klägerinnen zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrte einstweilige Verfügung erlassen. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung 4 Ob 213/03g dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge gegeben. Zollfreilager seien markenrechtlich nicht als Ausland oder exterritorial anzusehen. Der Import markenverletzender Ware aus einem Nicht-EU-Mitgliedstaat in ein österreichisches Zollfreilager und die Lagerung dieser Ware zum Zweck des späteren Exports in andere Nicht-EU-Mitgliedstaaten falle unter den Begriff des Inverkehrbringens und verwirkliche damit einen inländischen Markenverstoß.
Nach Rechtskraft der einstweiligen Verfügung hat die Beklagte in der mündlichen Streitverhandlung vom einen vollstreckbaren Vergleich angeboten. Der Vergleich umfasst das von den Klägerinnen formulierte Unterlassungsgebot und eine insoweit eingeschränkte Verpflichtung zur Rechnungslegung, als die Lieferanten und Abnehmer auf den Einkaufs- und Verkaufsbelegen unkenntlich gemacht und die Originalbelege (nur) einem Sachverständigen offengelegt werden sollten. Die Beklagte bot weder eine Veröffentlichung noch Kostenersatz an (AS 205). Die Einschränkungen der Rechnungslegung begründete die Beklagte damit, dass der Zweck des Rechnungslegungsbegehrens nicht darin bestehe, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zu erfahren.
Der eingangs wiedergegebene - schon dem Provisorialverfahren zugrundeliegende - Sachverhalt wurde außer Streit gestellt.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und Rechnungslegungsbegehren zur Gänze statt; das Veröffentlichungsbegehren wies es (rechtskräftig) ab. Die Beklagte habe - unter Berücksichtigung des auch im Hauptverfahren unveränderten Sachverhalts - in die Markenrechte der Klägerinnen eingegriffen. Ihr Anbot auf Abschluss eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs habe die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht beseitigt, weil die Beklagte den Umfang der Rechnungslegung wesentlich eingeschränkt habe. Sie sei nicht gewillt, ihre Vertragspartner bekannt zu geben, woraus geschlossen werden könne, dass sie auch nicht bereit sein werde, ihr markenverletzendes Verhalten einzustellen. Das Urteilsveröffentlichungsbegehren sei hingegen nicht berechtigt.
Die Klägerinnen ließen die Abweisung des Urteilsveröffentlichungsbegehrens unbekämpft.
Das Berufungsgericht bestätigte den Ausspruch über die Unterlassungs- und Rechnungslegungsverpflichtung; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil sich die Entscheidung im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung halte. Das Berufungsgericht hielt an der im Provisorialverfahren vertretenen Auffassung des Senats (4 Ob 213/03g) fest. Danach falle der Import markenverletzender Ware aus einem Nicht-EU-Mitgliedstaat in ein österreichisches Zollfreilager und die Lagerung dieser Ware zum Zweck des späteren Exports in andere Nicht-EU-Mitgliedstaaten unter den Begriff des Inverkehrbringens. Das Unterlassungsgebot sei daher berechtigt. Die in der Berufung zitierten Erkenntnisse des EuGH und des Oberlandesgerichts Koblenz beträfen reine Transitvorgänge und seien für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr könnte nur dann ausgegangen werden, wenn die Klägerinnen durch den angebotenen Vergleich all das erhalten hätten, was sie im Falle eines Urteils hätten erreichen können. Diesen Voraussetzungen genüge der in Ansehung der Rechnungslegung angebotene Vergleich nicht. Zweck der Rechnungslegung sei es, dem Gläubiger eine taugliche Grundlage für die Bezifferung seines Leistungsbegehrens zu verschaffen. Um diesen Zweck zu erreichen, dürfe der Umfang der Rechnungslegung nicht allzu sehr eingeschränkt werden; er umfasse daher regelmäßig auch die Belegeinsicht. Demgegenüber habe es die Beklagte unterlassen, substantiiert darzutun, inwieweit ihre Interessen durch Vorlage der Belege in nichtanonymisierter Form gravierend verletzt würden. Beziehe man die deutsche Rechtslage in die Überlegungen mit ein, komme man zu keinem anderen Ergebnis. § 19 Abs 2 dMarkenG verschaffe dem in seinen Markenrechten Verletzten einen selbstständigen Auskunftsanspruch unter anderem über Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer, des gewerblichen Abnehmers oder des Auftraggebers. Danach müssten Namen und Adressen der Lieferanten und Kunden preisgegeben werden. Ein Grund, den im vorliegenden Fall strittigen Rechnungslegungsanspruch insoweit einzuschränken, bestehe nicht, zumal nach deutscher Rechtslage zum Patent- und Urheberrechtsschutz die Nennung von Lieferanten und Abnehmern im Rahmen von Rechnungslegungsansprüchen zuerkannt werde.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, ob die Rechnungslegungspflicht nach § 55 MSchG iVm § 151 PatG die (namentliche) Bekanntgabe von Lieferanten und Abnehmern umfasst, noch nicht beschäftigt hat. Das Rechtsmittel ist auch teilweise berechtigt.
Die Beklagte macht geltend, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung des EuGH ab, wonach die Durchfuhr von Waren durch einen Mitgliedstaat in ein Drittland keine Vermarktung der Ware impliziere und damit kein Inverkehrbringen im Mitgliedstaat bedeute. § 55 MSchG iVm § 151 PatG verpflichte den Verletzer lediglich zur Rechnungslegung und zur Gestattung der Überprüfung durch einen Sachverständigen. Der Zweck der Rechnungslegung erfordere nicht die Bekanntgabe von Geschäftsgeheimnissen. Die Beklagte sei daher nicht verpflichtet, Lieferanten und Abnehmer - und damit wichtige Geschäftsgeheimnisse - preiszugeben. Sie habe den Klägerinnen in ihrem auch das Rechnungslegungsbegehren umfassenden Vergleich angeboten, Lieferanten und Abnehmer den Sachverständigen gegenüber offenzulegen. Mit diesem - von der Gegenseite abgelehnten - Vergleich hätten die Klägerinnen mehr erreicht, als sie durch Urteil erreichen könnten, weshalb die Wiederholungsgefahr weggefallen sei; das Klagebegehren sei abzuweisen.
1. Zum Markeneingriff:
Die den in der Revision zitierten Entscheidungen des EuGH (Rs C 23/99 = EuGHSlg 2000, I-07653 und Rs C 115/02 = EuGHSlg 2003, I-12705) zugrunde liegenden Sachverhalte sind mit den hier zu beurteilenden Vorgängen nicht vergleichbar. Sie betrafen jeweils die bloße Durchfuhr (den Transit) von in einem Mitgliedstaat rechtmäßig gekennzeichneten Waren ohne eine der Vermarktung dienende Benutzungshandlung im Transitstaat (siehe Ingerl/Rohnke, Markengesetz² § 14 Rz 201). Demgegenüber hat die Beklagte im vorliegenden Fall die für den US-amerikanischen Markt erzeugte und mit der klägerischen Marke versehene Originalware in Südostasien oder Amerika eingekauft und im Wege des sogenannten „Zollausschlussverfahrens" in ihrem Zollfreilager in Österreich zum Zwecke eines späteren Weiterverkaufs eingelagert. Von dort hat sie den Verkauf der Ware in außerhalb des EWR liegende Länder abgewickelt. Insoweit fand daher im Inland eine der Vermarktung dienende Benutzungshandlung im Sinn des § 10a MSchG statt. Der Senat hält damit seine im Provisorialverfahren zu 4 Ob 213/03g (unter Hinweis auf die Entscheidung 4 Ob 54/01x = ÖBl 2002, 147 - BOSS-Zigaretten II mwN) vertretene Auffassung aufrecht: Zollfreilager sind markenrechtlich nicht als Ausland oder exterritorial anzusehen. Der Import markenverletzender Ware aus einem Nicht-EU-Mitgliedstaat in ein österreichisches Zollfreilager und die Lagerung dieser Ware zum Zweck des späteren Exports in andere Nicht-EU-Mitgliedstaaten fällt unter den Begriff des Inverkehrbringens und verwirklicht damit einen inländischen Markenverstoß.
2. Zur Wiederholungsgefahr:
Die Beklagte hat im Hauptverfahren einen das gesamte Unterlassungsbegehren umfassenden Unterlassungsvergleich angeboten und zwar verbunden mit einer - im Vergleich zum Rechnungslegungsbegehren eingeschränkten - Verpflichtung zur Rechnungslegung.
Nach ständiger Rechtsprechung beseitigt das - wenngleich vom Kläger abgelehnte - Angebot des Beklagten, sich in einem vollstreckbaren Vergleich zur begehrten Unterlassung zu verpflichten und dem Kläger all das zu bieten, was er durch ein seinem Unterlassungsbegehren stattgebendes Urteil erlangen könnte, regelmäßig die Wiederholungsgefahr (4 Ob 64/97h = ÖBl 1998, 31 - Telefax-Werbung mwN; RIS-Justiz RS0079899). Ob der Beklagte gleichzeitig auch den Rechtsstandpunkt des Klägers als richtig bezeichnet oder weiterhin daran festhält, durch die beanstandete Handlung keinen Gesetzesverstoß begangen zu haben, macht dabei in der Regel keinen Unterschied, sofern er nur einen den ganzen Unterlassungsanspruch umfassenden, an keinerlei Bedingungen geknüpften Vergleich anbietet und nach den Umständen des Falls keine Bedenken gegen die Ernstlichkeit seines Willens bestehen, von gleichartigen Handlungen künftig tatsächlich Abstand zu nehmen. Der Kläger erhält nämlich durch einen solchen Vergleich all das, was er durch ein seinem Unterlassungsbegehren stattgebendes Urteil hätten erlangen können, nämlich einen Titel, der ihn bei jeder weiteren Zuwiderhandlung des Beklagten zur Exekutionsführung berechtigt (stRsp 4 Ob 64/97h = ÖBl 1998, 31 - Telefax-Werbung; 4 Ob 267/02x uva).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte angeboten, sich zur begehrten Unterlassung und zu einer Rechnungslegung mit anonymisierten Belegen in einem vollstreckbaren Vergleich zu verpflichten. Nicht angeboten hat sie die ebenfalls begehrte Veröffentlichung sowie Kostenersatz. Nach Auffassung der Klägerinnen war dieses Angebot aus mehreren Gründen unzureichend: Die Beklagte habe einen Kostenersatz verweigert; die Rechnungslegung sei unzureichend und zeige, dass die Beklagte nicht ernstlich gewillt sei, künftige Markenverletzungen zu unterlassen.
Der Auffassung der Klägerinnen, die Beklagte habe einen Kostenersatz (endgültig) verweigert, wäre nur zu folgen, wenn - wie beim Veröffentlichungsbegehren - der Abschluss des Vergleichs eine Entscheidung des Gerichts über das Kostenersatzbegehren ausschlösse. Das ist aber nicht der Fall. Bietet der Beklagte nicht an, sich im Vergleich zum Kostenersatz zu verpflichten, so hat das Gericht über das Kostenersatzbegehren zu entscheiden. Eine Entscheidung des Gerichts über die Kosten wäre nur ausgeschlossen, wenn der Vergleich den Kostenersatz regelte, etwa dahin, dass die Kosten gegenseitig aufgehoben werden. Nur ein einen Kostenersatz des Beklagten ausdrücklich ausschließendes oder einschränkendes Vergleichsanbot wäre daher nicht geeignet, die Vermutung der Wiederholungsgefahr zu beseitigen.
Die Klägerinnen gestehen zu, dass das Vergleichsangebot vom Unterlassungsbegehren unabhängige Ansprüche nicht umfassen muss (ua 4 Ob 64/97h = ÖBl 1998, 31 - Telefax-Werbung; 4 Ob 268/02v = MR 2003, 153 - Schlafender Offizier). Sie meinen allerdings, dass angesichts der Weigerung, Lieferanten und Abnehmer bekannt zu geben, Bedenken gegen die Ernstlichkeit des Willens der Beklagten bestünden, von gleichartigen Handlungen künftig Abstand zu nehmen.
Richtig ist, dass trotz Anbots eines vollstreckbaren Vergleichs der Wegfall der Wiederholungsgefahr zu verneinen sein kann, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, welche die Aufrichtigkeit des Verpflichtungswillens zweifelhaft erscheinen lassen. Im Fall der - diesen Rechtssatz formulierenden - Entscheidung 4 Ob 360/86 (= ÖBl 1989, 87 - Heeresnachrichtenamt) war dies die mangelnde Bereitschaft des Beklagtenvertreters, die auf der Gegenseite offenkundig bestehenden Unklarheiten über die rechtlichen Konsequenzen des von ihm vorgeschlagenen Vergleichsabschlusses zu beseitigen. Sein Verhalten konnte damit dahin gedeutet werden, dass es ihm weniger um eine vergleichsweise Bereinigung als vielmehr darum gegangen war, nach der Ablehnung seiner Vergleichsanbote den Ansprüchen des Kläges mit dem Einwand des Wegfalls der Wiederholungsgefahr zu begegnen, um so eine Abweisung des Klagebegehrens erreichen zu können. Die - von den Klägerinnen in diesem Zusammenhang zitierte - Entscheidung 4 Ob 267/02x (= ecolex 2003/221, 535 [Schumacher] - Fireg) prüft, ob trotz Vergleichsanbots Bedenken gegen die Ernstlichkeit des Willens, künftige Verstöße zu unterlassen, bestehen und verneint sie. Die (dortige) Klägerin hatte die Bedenken damit begründet, dass auch das mit dem Vergleichsanbot vorgelegte geänderte (nach § 28a UWG zu beurteilende) Eintragungsoffert zur Irreführung geeignet sei.
Im vorliegenden Fall geht es hingegen darum, ob die mangelnde Bereitschaft der Beklagten, ihre Lieferanten und Abnehmer bekannt zu geben, darauf schließen lässt, dass sie auch in Zukunft nicht für den EWR-Raum bestimmte Ware der Klägerinnen im Zollausschlussverfahren nach Österreich bringen und von hier aus in Staaten außerhalb des EWR-Raums verkaufen werde. Gegen ein solches Verhalten spricht, dass sich die Beklagte damit der Gefahr aussetzte, von den Klägerinnen mit Exekutionsanträgen verfolgt zu werden. Anders als im Fall der Entscheidung 4 Ob 268/02v wäre ein Verstoß offenkundig und nicht erst im Impugnationsverfahren zu klären. Die Lieferung der Ware nach Österreich und die Weiterlieferung in Nicht-EWR-Staaten ist auch nicht der einzige Weg, wie die Beklagte ihre Geschäftskontakte in Zukunft nützen kann. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sie die Warenlieferungen über einen Nicht-EWR-Staat abwickelt.
Die Beklagte hat demnach mit ihrem Vergleichsanbot die Vermutung der Wiederholungsgefahr entkräftet. Das Unterlassungsbegehren war abzuweisen.
3. Zum Umfang der Rechnungslegung nach § 55 MSchG iVm § 151 PatG:
Der von der Beklagten verwirklichte Markeneingriff begründet einen Rechnungslegungsanspruch der Klägerin nach § 55 MSchG iVm § 151 PatG. Danach ist die Beklagte verpflichtet, den Klägerinnen Rechnung zu legen und deren Richtigkeit durch Sachverständige prüfen zu lassen. Für Inhalt und Umfang der Rechnungslegungsverpflichtung (beides ist im Titelverfahren zu klären; 3 Ob 134/04h) ist stets der Zweck der Rechnungslegung entscheidend, von dem es auch abhängt, ob zur Rechnungslegung im Einzelfall die Vorlage von Belegen gehört (stRsp 4 Ob 21/89 = MR 1989, 169 - Piktogramme; 4 Ob 96/00x = MR 2001, 381 - Kopien im Konservatorium; 4 Ob 307/00a = ÖBl 2002, 32 - VDFS II; 1 Ob 10/98x; RIS-Justiz RS0035039 und RS0035045). Dabei ist auf die Natur des zugrunde liegenden Anspruchs und die Umstände des zu beurteilenden Falles, ausgehend vom Verkehrsüblichen, abzustellen (4 Ob 307/00a = ÖBl 2002, 32 - VDFS II; Weiser, Österreichisches Patentgesetz 405).
Zweck der Rechnungslegung ist es im vorliegenden Fall, die Klägerinnen in die Lage zu versetzen, die Grundlage für ihre Ansprüche nach § 53 MSchG (auf angemessenes Entgelt, angemessene Entschädigung oder Schadenersatz) gegen die Beklagte zu ermitteln, um ein Leistungsbegehren beziffern zu können. Um diesen Zweck zu erreichen, darf der Umfang der Rechnungslegungsverpflichtung nicht all zu sehr eingeschränkt werden. Zur Überprüfung der Rechnungslegung wird daher grundsätzlich Einsicht in die Wareneingangs- und Ausgangsrechnungen zu gewähren sein. Die Beklagte verweigert eine identifizierende Bekanntgabe ihrer Lieferanten und Abnehmer unter Hinweis auf Geheimhaltungsinteressen. Sie ist aber bereit, die die Namen ihrer Geschäftspartner enthaltenden Originalbelege einem Sachverständigen auszuhändigen, um diesem eine Prüfung der Rechnungslegung zu ermöglichen. Dass sie im Verfahren erster Instanz nicht ausdrücklich ausgeführt hat, durch die Bekanntgabe von Abnehmern und Lieferanten Geschäftsgeheimnisse preiszugeben und dadurch Nachteile zu erleiden, schadet nicht; dieser Umstand liegt nach den Umständen des zu beurteilenden Falls auf der Hand und muss nicht besonders betont werden.
Der Einwand der Beklagten erfordert eine Abwägung der Interessen der Klägerinnen an der Überprüfung der Rechnungslegung auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit und jener der Beklagten an der Geheimhaltung ihrer Vertragspartner. Aus Sicht der Klägerinnen muss die Rechnungslegung eine ausreichende Grundlage bieten, um sie anhand der verzeichneten Warenein- und -ausgänge und unter Heranziehung der zugrunde liegenden Belege auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit durch Sachverständige prüfen lassen zu können. Die von der Beklagten angebotene Vorlage der (unveränderten) Originalbelege an den Sachverständigen erfüllt diese Voraussetzungen, weil sie ihm eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnungslegung ermöglicht. Ein darüber hinausgehender Auskunftsanspruch der Klägerinnen würde die Geheimhaltungsinteressen der Beklagten in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigen, ohne dass dies nach dem Zweck der Rechnungslegung erforderlich wäre (vgl Entscheidung der Schiedsstelle beim BMJ vom , 15/25-Schied/83 - MR 1985 Heft 1, Archiv 15) Der Rechnungslegungsanspruch nach § 55 MSchG iVm § 151 PatG dient aber auch (anders als der Auskunftsanspruch nach § 19 dMarkenG) nicht dazu, den in ihren Markenrechten Verletzten eine Rechtsverfolgung gegen Lieferanten und gewerbliche Abnehmer des Verletzers zu ermöglichen. Er umfasst einen Anspruch auf Auskunft über Herkunft und Vertriebswege nicht. Dies zeigt sich auch darin, dass die Patentgesetznovelle BGBl I 2004/149 eine entsprechende Verpflichtung zur Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg zusätzlich in das Patentgesetz eingefügt hat (§ 151a PatG); das Markenschutzgesetz aber unverändert geblieben ist. Einen derartigen Auskunftsanspruch machen die Klägerinnen im Übrigen gar nicht geltend; sie begehren vielmehr ausdrücklich Rechnungslegung nach § 55 MSchG iVm § 151 PatG.
Nach dem Zweck der Rechnungslegung und unter Berücksichtigung der Umstände des hier zu beurteilenden Falles ist die Rechnungslegung in der von der Beklagten angebotenen Art und Weise ausreichend und berechtigt. Der Beklagten war in diesem Umfang eine Rechnungslegung aufzutragen.
Dem Revisionsrekurs der Beklagten war teilweise Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerinnen waren im Sicherungsverfahren erfolgreich. Sie können den Ersatz der zunächst nach § 393 Abs 1 EO vorbehaltenen Kosten in Anspruch nehmen. Ihr Unterlassungsgebot war berechtigt und musste im Hauptverfahren nur deshalb abgewiesen werden, weil das Anbot der Beklagten auf Abschluss eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs die Vermutung der Wiederholungsgefahr im Hauptverfahren beseitigt hatte. Im Hauptverfahren haben die Klägerinnen mit ihrem Rechnungslegungsbegehren (bewertet mit 10.000 EUR) teilweise obsiegt. Obsiegen und Unterliegen sind mangels anderer Anhaltspunkte mit je der Hälfte zu bewerten. Mit dem Unterlassungsbegehren (bewertet mit 60.000 EUR) und dem Urteilsveröffentlichungsbegehren (10.000 EUR) sind die Klägerinnen unterlegen. Sie haben der Beklagten 7/8 der Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen. Die Beklagte hat den Klägerinnen 1/16 der Barauslagen des (Haupt-)Verfahrens erster Instanz zu ersetzen. Das Rechtsmittelverfahren betraf nur mehr das Unterlassungs- und das Rechnungslegungsbegehren (Gesamtstreitwert 70.000 EUR); die Klägerinnen haben mit der Hälfte des Rechnungslegungsbegehrens (das sind 7 % des Gesamtstreitwerts) obsiegt, sie haben der Beklagten 86 % der Kosten des Rechtsmittelverfahrens und 93 % der Barauslagen zu ersetzen.