OGH vom 26.02.1985, 4Ob144/84
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl und Dr. Resch sowie die Beisitzer Prof.Dr. Halpern und Hon.Prof Dr. Waas als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeborg A, Angestellte, Braunau am Inn, Laabstraße Nr. 14, vertreten durch Dr. Florian Lackner, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, wider die beklagte Partei B C, Versicherungsanstalt der österreichischen Bundesländer Versicherungs-AG in Linz, Blütenstraße Nr. 15, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück und Dr. Peter Wagner, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 451.321,33 und Feststellung (Streitwert S 30.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilzwischenurteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom , GZ 12 Cg 7/84-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das (Teil)Zwischenurteil des Arbeitsgerichtes Braunau am Inn vom , GZ Cr 5/84-10, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger in begehrt von der beklagten Partei S 161.330,08 brutto Kündigungsentschädigung, S 271.991,25 brutto Abfertigung, ferner als Entlohnung für geleistete Putzarbeiten S 18.000,-- und schließlich die Feststellung, daß die beklagte Partei ihr sämtliche Folgeprovisionen aus den von ihr abgeschlossenen Versicherungsverträgen und die Betriebspension auch in Zukunft zu bezahlen habe. Sie sei bei der beklagten Partei seit beschäftigt gewesen und am grundlos entlassen worden. Die Entlassung sei auch deshalb nicht berechtigt gewesen, weil sie entgegen den Bestimmungen des Kollektivvertrages nicht auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses erfolgt sei.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete ein, die Klägerin habe über Jahre hinweg trotz mündlicher und schriftlicher Verwarnungen Dienstvergehen begangen und insbesonders die Dienstzeit nicht eingehalten. Als sie im Juli 1983 einen Urlaub angetreten habe, ohne vorher mit ihrem Vorgesetzten Rücksprache zu halten, sei sie entlassen worden. Diese Entlassung sei als schlichte Entlassung ohne vorangegangenes Disziplinarverfahren zulässig gewesen. Die Ansprüche der Klägerin auf Kündigungsentschädigung und Abfertigung seien daher unbegründet. über die Putzarbeiten sei mit der Klägerin keine Vereinbarung getroffen, sondern ihr ausdrücklich die übernahme dieser Arbeiten untersagt worden. Auch das Feststellungsbegehren sei unbegründet. Das Leistungsbegehren sei auch der Höhe nach nicht berechtigt. Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, daß das Leistungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Die Klägerin war seit bei der beklagten Partei beschäftigt und definitive Angestellte im Sinne des für sie geltenden Kollektivvertrages für Angestellte der Versicherungsunternehmungen im Innendienst (im folgenden kurz: D). Sie wurde mit Schreiben der beklagten Partei vom entlassen, ohne daß ein Disziplinarverfahren im Sinne der §§ 21 ff Kollektivvertrag durchgeführt wurde.
Der Abschnitt VI des Kollektivvertrages lautet:
'Ordnungs- und Diziplinarstrafen § 21
Die Verletzung der Dienstpflichten wird durch Ordnungs- und
Disziplinarstrafen geahndet.
§ 22
Ordnungsstrafen ......
§ 23
Disziplinarstrafen (1) Disziplinarstrafen können nur auf Grund eines Erkenntnisses der Disziplinarkommission verhängt werden.
(2) Disziplinarstrafen sind:
1.) Die Kürzung oder der Entzug der nächsten Remuneration (§ 14 Abs 2);
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2.) | der strafweise Aufschub der Vorrückung um ein Jahr; | |||||||||
3.) | Die Rückversetzung in die nächstniedrige Gehaltsstufe für die Dauer eines Jahres; nach Ablauf dieses Jahres wird der Angestellte zur Fortsetzung seines unterbrochenen schematischen Avancements dort eingeteilt, wo er vor Verhängung der Disziplinarstrafe eingereiht war; | |||||||||
4.) | die strafweise Kündigung; | |||||||||
5.) | die strafweise Entlassung mit Abfertigung; | |||||||||
6.) | die strafweise Entlassung ohne Abfertigung. |
(3) Auf strafweise Entlassung mit oder ohne Abfertigung darf nur erkannt werden, wenn einer der Entlassungsgründe des § 27 Z 1 bis 6 Angestelltengesetz vorliegt.
(4) Die Verhängung der in Abs 2 unter Z 1 bis 6 angeführten Disziplinarstrafen ist an keine Reihenfolge gebunden.' Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß nach den Bestimmungen des § 23 D eine Entlassung nur auf Grund eines Erkenntnisses der Disziplinarkommission und nur bei Vorliegen eines Entlassungsgrundes nach § 23 Abs 3 D hätte erfolgen dürfen. Schon in Ermangelung eines Disziplinarverfahrens sei daher die Entlassung zu Unrecht erfolgt, weshalb der Klägerin eine Abfertigung und eine Kündigungsentschädigung zustehe.
Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung der beklagten Partei das Ersturteil im Ausspruch, daß der Anspruch der Klägerin auf Bezahlung der Kündigungsentschädigung und der Abfertigung dem Grunde nach zu Recht bestehe, als Teilzwischenurteil, hob es jedoch auf, soweit es den Anspruch der Klägerin auf Bezahlung von S 18.000,-- für Leistung von Putzarbeiten dem Grunde nach als zu Recht bestehend ansah, und verwies die Rechtssache in diesem Punkt zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Das Berufungsgericht verhandelte gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG die Streitsache von neuem und traf dieselben Feststellungen wie das Erstgericht. Im Berufungsverfahren wurde die Kündigungsentschädigung und Abfertigung mit (mindestens) je einem Betrag von S 100,-- der Höhe nach außer Streit gestellt.
Rechtlich vertrat auch das Berufungsgericht die Auffassung, eine Entlassung wäre nach dem D nur auf Grund eines Disziplinarverfahrens zulässig gewesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob für den Fall des § 27 Z 2 AngG dem Arbeitgeber eine 'schlichte' Entlassungsmöglichkeit einzuräumen wäre oder nicht. Im vorliegenden Fall habe die beklagte Partei gegenüber der Klägerin die Entlassung wegen Verletzung der Arbeitspflicht, sohin nach § 27 Z 4 AngG, ausgesprochen. Es werde daher eine schuldhafte Verletzung der Dienstpflicht geltend gemacht, mit welcher Dienstverletzung aber jedenfalls die Disziplinarkommission hätte befaßt werden müssen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, es im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens werden Feststellungsmängel gerügt, auf die bei Erledigung der Rechtsrüge eingegangen wird.
Wie der Oberste Gerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung 4 Ob 121/83 ausgesprochen hat, liegt der betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmung des § 102 ArbVG über die Mitwirkung des Betriebsrates bei Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ein besonderer, vom allgemeinen Arbeitsrecht abweichender Begriff der 'Disziplinarmaßnahme' zu Grunde, welcher Kündigungen und Entlassungen von Arbeitnehmern auch dann nicht umfaßt, wenn sie im Einzelfall in einer Disziplinarordnung als Disziplinarstrafe vorgesehen sind (SZ 50/129; SZ 53/121; Arb. 9894; Strasser in Floretta-Spielbüchler-Strasser ArbVG 594 § 101 Anm 6, 596 ff § 102 Anm 2.3; Tomandl, Einschränkungen des Entlassungsrechtes durch kollektivvertragliche Disziplinarordnungen - dargestellt am Beispiel des Kollektivvertrages der Versicherungsangestellten Innendienst, RdW 1983, 108 ff (109); aM Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht 2 I 121). Sind danach aber Kündigungen und Entlassungen keine Disziplinarmaßnahmen im Sinne des § 102 ArbVG, dann können sie auch nicht Disziplinarstrafen einer gemäß § 96 Abs 1 Z 1 ArbVG oder durch Kollektivvertrag zustande gekommenen Disziplinarordnung sein; werden sie trotzdem in eine kollektivvertraglich vereinbarte Disziplinarordnung aufgenommen, dann können sie nur als 'Regelung der gegenseitigen aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer' im Sinne des § 2 Abs 2 Z 2 ArbVG wirksam sein (ebenso Tomandl aaO 109 f).
Diese Rechtsauffassung liegt auch der - gleichfalls zum D ergangenen - Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 104/73 (Arb. 9175) zu Grunde. Nach ihr ist in der Aufnahme der Kündigung als Disziplinarstrafe in den Strafkatalog einer Disziplinarordnung zur Ahndung von Dienstvergehen und in der Bindung des Arbeitgebers hinsichtlich dieser Art der Vertragsauflösung an das Erkenntnis einer Disziplinarkommission 'eine Beschränkung des dem Arbeitgeber nach den Normen des materiellen Rechtes zustehenden, grundsätzlich (von den hier nicht in Betracht kommenden Fällen des Kündigungsschutzes abgesehen) frei zulässigen und nicht an das Vorliegen von Gründen gebundenen Kündigungsrechtes' zu sehen; eine solche den Arbeitnehmer begünstigende, auf dispositives materielles Recht einwirkende Regelung verstößt nicht gegen verfassungsrechtliche Normen (4 Ob 121/83).
Zu prüfen bleibt, wie in der angeführten Entscheidung, ob das gleiche auch für die in einem Kollektivvertrag vorgesehene Disziplinarstrafe der 'Entlassung' gilt; auch eine solche Kollektivvertragsbestimmung müßte dann insofern als rechtswirksam angesehen werden, als der Arbeitgeber die Entlassung eines Arbeitnehmers nur nach vorheriger Zustimmung eines Dritten - nämlich der Disziplinarkommission - aussprechen dürfte. Gegen die Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung der Handlungsfreiheit des Arbeitgebers hat die beklagte Partei grundsätzlich, aus der Natur des Entlassungsrechtes abgeleitete Bedenken erhoben. Sie hält einen generellen, auch verschuldeten Entlassungstatbestände umfassenden Vorausverzicht des Arbeitgebers auf sein Entlassungsrecht deshalb für sittenwidrig, weil dem Arbeitgeber weder im Arbeitsvertrag noch durch Kollektivvertrag das Recht genommen werden dürfe, zumindest auf schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers mit der sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu reagieren. Eine Bindung der Direktion an den Antrag der Disziplinarkommission sei daher sittenwidrig.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Dazu wurde bereits in der Entscheidung 4 Ob 121/83 ausgesprochen, daß ein genereller, auch verschuldete Tatbestände umfassender Ausschluß der Entlassungsbefugnis des Arbeitgebers durch Vereinbarung wegen Sittenwidrigkeit nichtig wäre. Der Kernbereich der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist also zweiseitig zwingender Natur (so auch Floretta in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht 2 I 225; Kuderna, Entlassungsrecht 33; Martinek-Schwarz, Abfertigung - Auflösung des Arbeitsverhältnisses 127; insofern auch richtig Tomandl aaO 110 bei und in FN 18). Ein derartiger Ausschluß des Entlassungsrechtes des Arbeitgebers liegt aber hier nicht vor. Der Kollektivvertrag nimmt dem Arbeitgeber keineswegs die Befugnis, das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen im Sinne des § 27 AngG vorzeitig mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Er verpflichtet ihn lediglich, zumindest im hier vorliegenden Fall der Verletzung der Dienstpflichten, nicht gleich in aller Strenge mit der Entlassungserklärung vorzugehen, sondern damit zunächst die - abgesehen vom Vorsitzenden paritätisch besetzte (§ 26 Abs 2 in Verbindung mit § 20 Abs 1 D) - Disziplinarkommission zu befassen. Erst auf Grund eines schuldig sprechenden Erkentnisses und eines auf Entlassung lautenden Strafantrages dieser Kommission (§ 28 Abs 5 D) kann der Arbeitgeber dann die 'strafweise' Entlassung im Sinne des § 23 Abs 2 Z 5
oder 6 D aussprechen. Eine solche Beschränkung des Entlassungsrechtes ist entgegen der Meinung von Tomandl (aaO) als zulässig anzusehen (vgl. dazu auch Martinek-Schwarz aaO 127 f). Der beklagten Partei kann nicht zugestimmt werden, wenn sie meint, daß der Arbeitgeber auch dann, wenn die Disziplinarordnung eines Kollektivvertrages die Entlassung als Disziplinarstrafe vorsieht, daneben noch eine 'schlichte', nicht an die vorherige Durchführung eines Disziplinarverfahrens gebundene Entlassung aussprechen dürfe (so aber Tomandl aaO 112; Spielbüchler, Grundlagen eines betrieblichen Disziplinarstrafrechts RdA 1970 7 ff 20). Sieht man nämlich im Sinne der obigen Ausführungen in einer solchen Kollektivvertragsbestimmung eine Beschränkung der dem Arbeitgeber kraft Gesetzes zustehenden Befugnis, das Arbeitsverhältnis bei Vorliegen wichtiger Gründe vorzeitig mit sofortiger Wirkung aufzulösen, dann bedürfte die Annahme, daß der Arbeitgeber ungeachtet einer solchen kollektivvertraglichen Regelung dennoch berechtigt bliebe, Entlassungen von Arbeitnehmern auch weiterhin 'schlicht' - also ohne Befassung der Disziplinarkommission und ohne deren auf Entlassung lautendes Erkenntnis - auszusprechen, einer besonderen, zumindest aus dem Zusammenhang des Kollektivvertrages abzuleitenden Rechtfertigung. Kann dagegen dem Kollektivvertrag ein solches Wahlrecht des Arbeitgebers nicht entnommen werden, dann muß im Zweifel eine generelle, 'schlichte' Entlassungen schlechthin ausschließende Beschränkung seines Entlassungsrechtes angenommen werden (4 Ob 121/83).
Dem vorliegenden Kollektivvertrag kann entgegen der Rechtsansicht der beklagten Partei ein derartiges Wahlrecht des Arbeitgebers zwischen 'schlichter' und 'strafweiser' Entlassung im Falle der Veletzung der Dienstpflichten nicht entnommen werden. Daß der D neben der im § 23 Abs 2 Z 4 als Disziplinarstrafe angeführten 'strafweisen Kündigung' in seinem IX. mit 'Auflösung des Dienstverhältnisses' überschriebenen Abschnitt (§§ 33 bis 36 a) auch noch eine andere, nicht an die vorherige Durchführung eines Disziplinarverfahrens gebundene Kündigungsmöglichkeit kennt, ist ohne Bedeutung, weil diese beiden Formen der Kündigung nicht wahlweise, sondern für jeweils verschiedene Kündigungstatbestände vorgesehen sind. Gemäß § 33 Abs 4 D kann ein Angestellter nach Erlangung des Definitivums nur in ganz bestimmten, in dieser Gesetzesstelle taxativ angeführten Fällen 'schlicht', also unter Einhaltung lediglich der in § 33 Abs 5 D vorgesehenen Fristen und Termine gekündigt werden, sonst aber nur auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses. Der Arbeitgeber kann sich zwar dort, wo ihm der Kollektivvertrag demnach eine 'schlichte' Kündigung erlaubt - also bei provisorischen Angestellten (§ 33 Abs 3) sowie in den Fällen der §§ 20, 33 Abs 7 - 9, §§ 34 und 35 - statt dessen freiwillig auch für eine 'strafweise', erst nach Durchführung eines Disziplinarverfahrens auszusprechende Kündigung entscheiden. Es ist ihm aber umgekehrt in den 'sonstigen' in § 33 Abs 4 D nicht genannten Fällen verwehrt, an Stelle der 'strafweisen', vom Erkenntnis der Disziplinarkommission abhängigen Kündigung eines definitiven Angestellten auch eine 'schlichte' Kündigung auszusprechen. Daran kann angesichts des klaren Wortlautes des § 33 Abs 4 D ('sonst nur auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses') nicht ernstlich gezweifelt werden.
Bei Annahme eines Wahlrechtes des Arbeitgebers zwischen 'strafweiser' und 'schlichter' Entlassung bliebe für die erstgenannte Endigungsart faktisch auch kein Raum mehr, weil es der Arbeitgeber wohl in den meisten Fällen vorziehen würde, sich nicht der Entscheidung der Disziplinarkommission auszuliefern und lieber die 'schlichte', das Arbeitsverhältnis in jedem Fall mit sofortiger Wirkung beendende Entlassung auszusprechen. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß die 'strafweise', als Disziplinarmaßnahme ausgesprochene Entlassung (mit oder ohne Abfertigung) immer auch die öffentliche Feststellung eines Fehlverhaltens sei, einen damit verbundenen öffentlichen Tadel enthalte und deshalb auch eine generalpräventive, die übrigen Arbeitnehmer von gleichartigen Verfehlungen abschreckende Wirkung habe. Da erfahrungsgemäß auch die 'schlichte', ohne Disziplinarverfahren ausgesprochene Entlassung eines Arbeitnehmers den übrigen Betriebsangehörigen zumindest im Regelfall ebenso bekannt wird wie die Gründe, die zu dieser Maßnahme geführt haben, ist der erwähnte Abschreckungseffekt regelmäßig auch mit dieser Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbunden, und zwar in kaum geringerem Maß als mit einer 'strafweisen' Entlassung (4 Ob 121/83). Soweit die beklagte Partei schließlich als Feststellungsmangel rügt, daß sich die Vorinstanzen nicht mit ihrer Behauptung, der Betriebsrat habe der Entlassung zugestimmt, auseinandergesetzt hätten, ist auch damit für sie nichts gewonnen. Ob der Betriebsrat der Entlassung zugestimmt hat, ist deshalb ohne Bedeutung, weil - wie ausgeführt - eine Entlassung wegen Verletzung der Dienstpflichten nur auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses zulässig gewesen wäre, ein solches jedoch nicht vorlag. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 393 Abs 4, 52 Abs 2 ZPO.