OGH vom 27.11.2014, 1Ob175/14p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, und Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. I***** F*****, 2. R***** F*****, 3. Mag. D***** P*****, alle vertreten durch Ehrlich Rogner Schlögl Rechtsanwaltspartnerschaft, Wien, gegen die beklagte Partei D***** T*****, vertreten durch Dr. Michael Brunner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 27.034,89 EUR sA und Räumung über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 38 R 324/13y 127, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Floridsdorf vom , GZ 28 C 755/07v-118, über Berufung beider Parteien teils bestätigt und teils aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung und eines im Keller desselben Hauses gelegenen Lagers, das sie getrennt anmietete.
Die Beklagten begehrten zuletzt 27.034,89 EUR an rückständigen Mietzinsen und die Räumung beider Objekte bei gleichzeitiger Auflösung der Mietverträge gemäß § 1118 ABGB.
Das Berufungsgericht stellte mit seinem Teilurteil die Mietzinsforderung mit 19.804,86 EUR und die von der Beklagten aufrechnungsweise geltend gemachten Gegenforderungen insgesamt mit 8.701,67 EUR als zu Recht besehend fest, sprach aus, dass von der Beklagten darüber hinaus geltend gemachten Gegenforderungen nicht zu Recht bestünden, wies eine Gegenforderung von 1.650 EUR wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs zurück, verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 11.103,19 EUR sA und zur Räumung des im Keller des Hauses gelegenen Lagers. Das Zahlungsmehrbegehren wies es ab und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.
Hinsichtlich der Räumung der Wohnung hob es das Urteil des Erstgerichts auf, wobei es in der Begründung seiner Entscheidung die auf die Wohnung entfallenden offenen Mietzinse darstellte.
Rechtliche Beurteilung
Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, in der keine Rechtsfragen von der Bedeutung des § 502 Abs 1 ZPO angesprochen werden.
I. Zur Wohnung:
1.1 Nach § 1118 zweiter Fall ABGB kann der Bestandgeber die Aufhebung des Vertrags fordern, wenn der Bestandnehmer nach Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses derart säumig ist, dass der rückständige Bestandzins mit Ablauf des Termins nicht vollständig entrichtet ist (vgl Nademleinsky in Schwimann , TaKom² § 1118 ABGB Rz 3 mwN; Iro in KBB 4 §§ 1118 1119 ABGB Rz 3 je mwN). Einem solchen Begehren kommt Berechtigung dann zu, wenn der Mieter mit der Bezahlung des gesetzlich zulässigen oder gesetzlich gültig vereinbarten Mietzinses in Verzug ist (RIS Justiz RS0021142; vgl auch Würth in Rummel , ABGB³ § 30 MRG Rz 13).
1.2 Das Berufungsgericht hat seinem Teilurteil einen Mietzins für eine Wohnung der Ausstattungskategorie C zugrunde gelegt. Das Rechtsmittel der Beklagten richtet sich schwerpunktmäßig gegen diese Einstufung, indem sie mit der ihrer Verfahrens und Rechtsrüge zugrunde liegenden Argumentation auf eine Mietzinsbildung nach der Ausstattungskategorie D abzielt.
2. Als Verfahrensmangel rügt die Beklagte in diesem Zusammenhang, dass das Erstgericht ihr Vorbringen zu der nicht den Bauvorschriften entsprechenden Ausführung des Brand und Schallschutzes in ihrer Äußerung zum Gutachten des Sachverständigen gemäß § 179 ZPO zurückgewiesen habe und wiederholt damit ihre in der Berufung erhobene Rüge, mit der sich bereits das Berufungsgericht auseinandergesetzt hat. Eine vom Berufungsgericht verneinte Mangelhaftigkeit kann in dritter Instanz aber nicht mehr angefochten werden (RIS Justiz RS0042963; vgl auch RS0043086). Darüber hinaus hat schon das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte ihr Vorbringen zur Unbrauchbarkeit der Wohnung in der Tagsatzung vom auf die Be und Entlüftung des Klosetts beschränkte. Der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sie mit den in ihrem Rechtsmittel aus einer mangelhaften Ausführung des Brand- und Schallschutzes abgeleiteten Ansprüchen gegen das Neuerungsverbot verstoße, tritt die Beklagte im Revisionsverfahren auch nicht entgegen. Erhebliche Rechtsfragen des Verfahrensrechts werden sonst nicht angesprochen.
3. Eine Wohnung ist nach § 15a Abs 1 Z 4 MRG in die Kategorie D einzustufen, wenn sie entweder über keine Wasserentnahmestelle oder über kein Klosett im Inneren verfügt oder wenn bei ihr eine dieser beiden Einrichtungen nicht brauchbar sind. Eine höhere
Kategorie als D ist daher dann gegeben, wenn eine Wohnung über die genannten Einrichtungen verfügt und auch sonst bezogen auf den Zeitpunkt der Vermietung brauchbar ist, was voraussetzt, dass sie keine gröberen, die Benutzung behindernden Mängel aufweist (RIS Justiz RS0069887). Da für die Kategorieeinstufung nur darauf abzustellen ist, ob das WC funktionsfähig ist (vgl Würth / Zingher / Kovanyi , Miet und Wohnrecht²² Rz 22 zu § 15a MRG mwN), steht eine bloß mangelhafte Entlüftung dessen Brauchbarkeit nicht entgegen. Schon aus diesem Grund vermag die Beklagte mit ihrem Hinweis auf die Belüftungssituation des Klosetts keine Fehlbeurteilung der vom Berufungsgericht der Ermittlung des Mietzinsrückstands zugrunde gelegten Ausstattungskategorie aufzuzeigen. Ihr Verweis auf § 89 Abs 3 der Bauordnung für Wien (offensichtlich gemeint idF LGBl 2001/37), der für andere Räume als Aufenthaltsräume eine dem Verwendungszweck entsprechende Be- und Entlüftung fordert, führt dabei schon deshalb zu keiner anderen Beurteilung, weil es für die Kategoriebestimmung auf den zeitgemäßen Standard eines Klosetts nicht ankommt (5 Ob 422/97p mwN = RIS Justiz RS0108985). Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Beklagte ihr Vorbringen dazu im Hinblick auf die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG überhaupt rechtzeitig erstattete, ist damit entbehrlich.
4. Der Rückforderungsanspruch nach § 27 Abs 3 MRG ist seinem Wesen nach ein Bereicherungsanspruch eigener Art (vgl RIS Justiz RS0067488). Mit der von ihr behaupteten Kautionsüberzahlung hat sich die Beklagte auf eine gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG (teilweise) verbotene Vereinbarung (dazu RIS Justiz RS0105973; Hausmann in Hausmann / Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht³ § 27 MRG Rz 28) berufen. Ihre daraus abgeleitete Gegenforderung begründet damit einen Rückforderungsanspruch nach § 27 Abs 3 MRG, der gemäß § 37 Abs 1 Z 14 MRG in das Verfahren außer Streitsachen verwiesen ist. Gegenforderungen, für die der streitige Rechtsweg nicht zulässig ist, können im streitigen Verfahren nicht aufrechnungsweise eingewendet werden (RIS Justiz RS0033861 [T11; T 16; T 17]). Soweit die Beklagte dennoch meint, über ihre Gegenforderung wäre im streitigen Rechtsweg zu erkennen, weil sie sich auf die Leistungskondiktion gemäß § 1435 ABGB bezogen habe, übersieht sie, dass der Anspruch nach § 27 Abs 3 MRG Kondiktionen nach allgemeinen Regeln ausschließt (vgl zu § 1435 ABGB RIS Justiz RS0033661 [T1]).
II. Zum Lager:
Die Brauchbarkeit einer Bestandsache richtet sich im Sinne des § 1096 ABGB nach dem Vertragszweck und nach der Verkehrssitte (RIS Justiz RS0020926; RS0021054). Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS Justiz RS0020926 [T3]; RS0021054 [T5]), wobei in Ermangelung einer ausdrücklichen Vereinbarung von einer mittleren (durchschnittlichen) Brauchbarkeit auszugehen ist (RIS Justiz RS0021054). Die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, dass bei der hier erfolgten Anmietung eines Kellergewölbes mit unverkleideten Wänden zu dem Zweck, Installationsgegenstände einzulagern, die Brauchbarkeit des Bestandgegenstands durch Setzungsrisse nicht beeinträchtigt wird, und damit keine Mietzinsminderung gerechtfertigt ist, bedeutet keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung.
4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00175.14P.1127.000