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OGH vom 31.01.2002, 6Ob1/02v

OGH vom 31.01.2002, 6Ob1/02v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Maria Theresa S*****, vertreten durch ihre Mutter Mag. Gabriele S*****, diese vertreten durch DDr. Wolfgang Doppelbauer, Rechtsanwalt in Wels, über den Revisionsrekurs der Mutter gegen den Beschluss des Landesgerichtes Krems/Donau als Rekursgericht vom , GZ 2 R 277/01z-28, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Kirchberg am Wagram vom , GZ P 3/00b-25, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Seit der Scheidung der Eltern der mj. Maria Theresa am steht die Obsorge deren Mutter zu. Die Regelung des Besuchsrechtes behielten sich die Eltern in der Scheidungsvereinbarung vor. Am beantragte der Vater die gerichtliche Regelung des Besuchsrechtes, das ihm bisher verwehrt worden sei. Die Mutter sprach sich gegen die Gewährung des Besuchsrechtes aus, weil das Kind Angst vor seinem Vater habe und dessen psychische Integrität durch Besuche des Vaters gefährdet sei.

Das vom Erstgericht eingeholte psychologische Gutachten riet zu einer psychotherapeutischen Betreuung des Kindes, während deren Dauer die Besuchskontakte des Kindes mit dem Vater ausgesetzt werden sollten. Am teilte die Mutter dem Gericht mit, dass sie für sich und das Kind eine regelmäßige Therapie bei einer Psychotherapeutin begonnen habe, deren Dauer nicht abschätzbar sei.

Mit Beschluss vom trug das Erstgericht der Mutter auf, einen Bericht der Therapeutin bis längstens und dann in regelmäßigen Abständen von drei Monaten weitere Berichte über den Verlauf der Therapie betreffend Maria Theresa vorzulegen. Der dagegen von der Mutter erhobene Rekurs blieb erfolglos. Am legte die Mutter eine Bestätigung der Therapeutin vor, woraus lediglich hervorging, dass die Therapie in regelmäßigen Abständen stattfinde, der bisherige Verlauf erfolgversprechend, eine Fortsetzung indiziert und die Dauer der Therapie derzeit nicht absehbar sei. Daraufhin beantragte der Vater, der Therapeutin einen ergänzenden Bericht unter Beantwortung von sechs im Einzelnen angeführter Fragen aufzutragen, nämlich über die Art und Frequenz der Therapie, die Diagnose der Therapeutin und deren Ergebnis, insbesondere ob die Tochter ihre Abwehr gegen den Vater bereits überwunden habe oder wann damit zu rechnen sein werde und ob die Psychotherapeutin in die Liste des zuständigen Bundesministeriums als Psychotherapeutin eingetragen sei. Weiters möge das Gericht eine angemessene Einbeziehung des Vaters im Rahmen der von der Psychotherapeutin durchzuführenden Elternarbeit auftragen.

Mit Beschluss vom trug das Erstgericht der Mutter auf, binnen 14 Tagen einen seitens der Psychotherapeutin ergänzten Bericht unter Beantwortung der vom Vater gestellten Fragen vorzulegen. Weiters solle die Psychotherapeutin die Frage beantworten, ob eine angemessene Einbeziehung des Vaters als geboten und zweckmäßig angesehen werde und ob derzeit vom Behandlungserfolg her gesehen eine Besuchsrechtsausübung des Vaters mit dem Therapieplan vereinbar erachtet werde.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil eine Frage des Einzelfalles vorliege. Die Rekurslegitimation der Mutter sei zwar im Hinblick auf die "sensible Materie der Vorbereitung einer Minderjährigen auf das Besuchsrecht des Vaters" zu bejahen, der Rekurs sei jedoch unberechtigt. Die Unterbrechung des Besuchsrechtes des Vaters sei im Sinne des Kindeswohles möglichst kurz zu halten; dies sei aber nur dann möglich, wenn dem zur Besuchsrechtsregelung angerufenen Gericht und dem nicht betreuenden Elternteil ausreichende Informationen über den Fortschritt der Therapie und die angewendeten Methoden zukämen. Auf eine Verschwiegenheitspflicht könne sich die Mutter nicht berufen, weil die Psychotherapeutin gemäß § 14 Abs 4 Psychotherapiegesetz der Mutter gegenüber auskunftspflichtig sei und die Mutter selbst nicht der Verschwiegenheitspflicht unterliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Mutter ist unzulässig.

Voraussetzung jedes Rechtsmittels ist eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers. Das Rekursgericht steht daher nur demjenigen zu, dessen rechtlich geschützte Interessen durch den Beschluss beeinträchtigt werden (RIS-Justiz RS0006641). Der Mangel der Beschwer, der in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist, führt zur Zurückweisung des Rechtsmittels. Dies gilt auch für Revisionsrekurse (8 Ob 543/88 = NRsp 1988/226).

Die gesonderte Anfechtbarkeit verfahrensleitender Verfügungen wurde insbesondere in Fällen verneint, in denen die gerichtliche Verfügung der Sammlung des Entscheidungsstoffes dient und nicht darüber hinaus in die Rechte Beteiligter eingreift (6 Ob 329/00a; 6 Ob 338/00z mwN). Auch wenn sich das Rechtsmittel gegen eine bloße Ladung zur Einvernahme richtet, verneint die Rechtsprechung eine Beschwer, weil damit allein noch nicht in die Rechtssphäre des Geladenen eingegriffen wird, es sei denn, es handelt sich um eine Ladung zur Einvernahme des Betroffenen nach § 237 AußStrG (8 Ob 543/88 mwN; 2 Ob 251/97v; RIS-Justiz RS0006163). Auch im streitigen Verfahren ist die Anordnung der Ladung eines Zeugen unanfechtbar (§ 349 Abs 2 ZPO) und die Entscheidung durch die Rechtmäßigkeit der Weigerung einer Aussage nicht abgesondert (§ 349 Abs 1 ZPO), sondern etwa erst mit dem Beschluss auf zwangsweise Durchsetzung der Aussagepflicht anfechbar (vgl SZ 40/147; JBl 1967, 90; 6 Ob 279/00y). Ob rechtliche Hindernisse einer Beweisaufnahme entgegenstehen, ist eine für die Durchführbarkeit der Beweisaufnahme maßgebende, von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Beweisaufnahme unabhängige Frage, die nicht schon abgesondert bei der Anordnung des Beweises zu prüfen ist (6 Ob 277/00d).

Im vorliegenden Fall dient die der Mutter abverlangte Auskunft in erster Linie der Klärung von Sachverhaltsgrundlagen, nämlich über die Fortschritte und Ergebnisse der psychotherapeutischen Betreuung des Kindes und dessen aktuellen psychischen Zustand, die nach Ansicht der Vorinstanzen erforderlich sind, um eine im Interesse des Kindeswohles gelegene Besuchsrechtsentscheidung und allenfalls Maßnahmen im Sinne der §§ 182e Abs 2 und 185c AußStrG treffen zu können. Die angefochtene Verfügung ist mit einer Ladung der Mutter zur Einvernahme über diese Umstände gleichzusetzen. Ob die das Kind betreuende Psychotherapeutin bereit ist, der Mutter entsprechende Auskünfte zukommen zu lassen, damit diese ihrerseits dem Gericht die ihr abverlangten Berichte vorlegen kann, ist bei der Anordnung des Beweismittels nicht ausschlaggebend. Im Übrigen hat das Rekursgericht aber ohnehin zutreffend auf die in § 14 Abs 4 Psychotherapiegesetz normierte Auskunftspflicht der Psychotherapeuten gegenüber dem gesetzlichen Vertreter eines minderjährigen Patienten hingewiesen. Ob der Mutter selbst ein Aussageverweigerungsrecht über das Befinden ihrer Tochter, worüber ihr die Psychotherapeutin nach der zitierten Bestimmung Auskunft zu erteilen hat, zukommt (vgl den sinngemäß anzuwendenden § 321 ZPO), ist ebenfalls nicht schon bei der Anordnung der betreffenden Beweisaufnahme zu prüfen. Ein gerichtlicher Auftrag gefährdet die Rechtsstellung des Betroffenen jedenfalls dann noch nicht, wenn die Missachtung des Auftrages erst bei einer später anfechtbaren Verfügung Rechtswirkungen zeigen kann (vgl SZ 50/41). Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.