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OGH vom 17.05.2000, 6Ob1/00s

OGH vom 17.05.2000, 6Ob1/00s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. Klaus F*****, und 2. Maria F*****, beide vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Sabina I*****, vertreten durch Dr. Claudia Cs ky, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen 123.471,40 S über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 54 R 177/99i-52, mit dem infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom , GZ 38 C 471/93v-48, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen und diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Die beiden Kläger und ein Dritter, dessen Rechtsnachfolgerin die nunmehrige Zweitklägerin ist, waren Eigentümer eines "Büroobjektes" und vermieteten mit schriftlichem Mietvertrag vom ein näher bezeichnetes Bestandobjekt gegen einen monatlichen wertgesicherten Nettomietzins von 12.100 S (ohne USt und Betriebskosten) an die vormals erstbeklagte, zwischenzeitig der Liquidation verfallene, vermögenslose Gesellschaft mbH (im folgenden nur Mieterin), gegen die am ein rechtskräftiges Teilversäumnisurteil für offene Mietzinse, Benützungsentgelte und Schadenersatzansprüche der Kläger ergangen war. Punkt XX. des schriftlichen Mietvertrages stipuliert: "Die Einzelprokuristin ... (vormals Zweit- und jetzt Alleinbeklagte, im folgenden nur Beklagte) tritt in sämtliche Verpflichtungen aus diesem Mietvertrag als persönlich haftende Mitschuldnerin zur ungeteilten Hand bei." Vor der vormals erstbeklagten Partei benutzte ein anderes Unternehmen das Mietobjekt seit . Dieses Unternehmen zahlte die vereinbarten Mietzinse nicht. Deshalb war beim Bezirksgericht Salzburg ein Räumungsverfahren anhängig. Der Abschluss des vorliegenden Mietvertrages machte die für vorgesehene Räumung des Bestandobjektes, in dem bereits die vormals erstbeklagte Partei tätig war, hinfällig. Wäre die Nachfolge im Mietvertrag unmöglich gewesen, hätte die Beklagte ihren seit bestehenden Angestellten-Arbeitsplatz bei der vormals erstbeklagten Partei in Salzburg verloren; den Klägern war dies bekannt. Die Beklagte brachte dabei als Angestellte durchschnittlich etwa 16.000 S monatlich netto ins Verdienen und war bis Einzelprokuristin der Mieterin. Die Beklagte, die zuerst eine persönliche Haftung vermeiden wollte, unterfertigte letztlich doch den Mietvertrag.

Die Kläger nehmen die Beklagte aufgrund ihrer vertraglichen Mithaftung mit 123.471,40 S in Anspruch.

Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren ab, weil die Unterschriften auf der Mietvertragsurkunde, die unter das Datum gesetzt worden seien, sich nur auf die Haftungserklärung laut Vertragspunkt XX. bezögen. Der (Miet)Vertrag selbst sei jedoch nicht rechtswirksam unterfertigt, weil der Firmenwortlaut auf Beklagtenseite nicht mit der Prokura vereinbar sei, die nur für die Mieterin bestanden habe. Habe die Mieterin den Vertrag nicht rechtswirksam unterfertigt, komme auch ein rechtsverbindlicher Beitritt zu vertraglichen Verpflichtungen durch die Beklagte nicht in Betracht. Da überdies der Mietvertrag auch für eine Fortsetzung des Bestandverhältnisses über den hinaus Schriftform erfordert habe, könne auch von einer wirksamen Vertragsverlängerung über diesen Zeitraum hinaus nicht gesprochen werden.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil mit Beschluss vom auf. Es fehlten Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bei der Vertragsunterfertigung mit dem Firmenwortlaut "..., I*****" für die nach den Feststellungen in Stuttgart registrierte Firma dieses Namens zeichnen hätte können (mangels Vertretungsbefugnis), wollen (mangels entsprechender Behauptungen) oder sollen (Vertragspartner der Kläger hätte die in Linz registrierte Mieterin mit einem anderen Firmenwortlaut sein sollen). Die Vertragspartner hätten Willensübereinstimmung erzielt, die Mieterin sei auf der ersten Seite des Mietvertrages mit dem richtigen Firmenwortlaut bezeichnet. Die ohnehin nicht erfolgte Berufung auf die Verwendung einer unrichtigen Firmenstampiglie gehe zu Lasten der Beklagten. Bei den vorliegenden Verfahrensergebnissen bestünden keine Bedenken, das Zustandekommen eines Mietverhältnisses zwischen den Klägern und der Mieterin - und nicht einem deutschen Unternehmen - anzunehmen, zumal ein derartiges Rechtsverhältnis auch tatsächlich durchgeführt worden sei (Überlassung des Bestandobjektes gegen Zahlung des Zinses zumindest eine Zeit lang). Auch die Verlängerung des Vertragsverhältnisses über den hinaus sei nicht zweifelhaft, könnten doch die Parteien jederzeit vom vereinbarten Erfordernis der Schriftform einvernehmlich wieder abgehen. Dazu sei ohnehin festgestellt, dass Übereinstimmung (der Parteien) zur Kündigung zum erzielt worden sei, die Schlüssel zum Bestandobjekt jedoch erst zusammen mit dem Schreiben vom an den Klagevertreter retourniert worden seien. Der rechtsgeschäftliche Beitritt der Beklagten zu einem gültigen Mietvertrag sei eine Schuldübernahme iSd § 1406 Abs 2 ABGB und keine Bürgschaftserklärung iSd § 1346 ABGB und überdies Bedingung für einen Vertragsabschluss gewesen, zumal sonst die Räumung der mit der Mieterin personell verflochteten Vormieterin durchgeführt worden wäre. In welcher Höhe die Beklagte hafte, könne mangels betragsmäßiger Auseinandersetzung des Erstgerichtes zu den einzelnen Klagepositionen noch nicht gesagt werden. Dazu werde es einer Verfahrensergänzung in erster Instanz unter Durchführung der hiezu beantragten Beweismittel bedürfen (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO).

Im zweiten Rechtsgang stützte sich die Beklagte zusammengefasst ergänzend darauf, dass den Klägern die "bloße" Angestellteneigenschaft der Beklagten bei der Mieterin bekannt gewesen sei. Die Beklagte habe sich bei Mitfertigung des Mietvertrages insofern in einer Zwangslage befunden, als der Fortbestand ihres Arbeitsplatzes vom Zustandekommen des Mietvertrages abhängig gewesen sei. Ein solcher von den Klägern praktisch erzwungener Schuldbeitritt verstoße gegen das KautSchG, insbesondere dessen §§ 3 f, stelle eine Umgehung des Zweckes des KautSchG dar und sei auch gemäß § 879 ABGB sittenwidrig und nichtig.

Die Kläger sprachen sich im Hinblick auf die das Erstgericht bindende Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes gegen die Zulassung neuen Beklagtenvorbringens zum Anspruchsgrund aus und bestritten das ergänzende Vorbringen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren neuerlich ab. Neues Parteivorbringen sei zulässig gewesen. Zusammengefasst sei sowohl der Inhalt als auch das Zustandekommen der "Bürgschaftserklärung" der Beklagten in Form verdünnter Entscheidungsfreiheit zu missbilligen und deren Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit (§ 879 ABGB) als gegeben anzunehmen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in der Hauptsache. Ungeachtet des Umstandes, dass die Aufhebung im ersten Rechtsgang nicht zur Verfahrensergänzung zur "Anspruchsgrundlage" erfolgt sei, sondern nach dem klaren Wortlaut des Beschlusses zur Abklärung der Forderungshöhe, finde § 496 Abs 2 ZPO auf eine Aufhebung gemäß § 496 Abs 1 Z 3 ZPO keine Anwendung. Mit Recht habe sich deshalb das Erstgericht neuem Parteienvorbringen nicht verschlossen. Die erstinstanzlichen Feststellungen bildeten insgesamt eine tragfähige Grundlage, aus denen folgende rechtliche Schlussfolgerungen zu ziehen seien:

Wenn das Erstgericht auch die direkte Anwendbarkeit des KautSchG verneint habe, so weise es doch zutreffend darauf hin, dass die Mithaftung der Beklagten auf eine Umgehung dieser Arbeitnehmerschutzbestimmung hinauslaufe und daher ein sittenwidriger Erfolg Vertragsziel sein sollte. Zwar habe zweifelsfrei nicht die Dienstgeberin (Mieterin) die Mithaftung der Beklagten verlangt und darauf bestanden, sondern die Kläger als Vermieter. Damit sei für die Beklagte, die mit einem monatlichen Nettoeinkommen von rund 16.000 S für Mietzins- und sonstige einschlägige Forderungen der Kläger in von vornherein nicht beschränkter Höhe mithaften sollte, allerdings derselbe negative und vom Gesetzgeber verpönte Zweck verwirklicht, wie wenn die Dienstgeberin (Mieterin) selbst darauf gedrungen hätte. Hiezu komme, dass die Mithaftung der Beklagten auch in zeitlicher Hinsicht von einer Beendigung des Dienstverhältnisses zur Mieterin völlig losgelöst zu betrachten sei, womit jegliches Eigeninteresse für die Beklagte an einer solchen Verpflichtungserklärung fehle. Zutreffend halte in diesem Zusammenhang das Erstgericht die Chronologie der unmittelbaren Entstehung der Unterfertigung der Beklagten fest, die zunächst mit diversen Zusätzen, wie etwa "i.A." oder "ppa" eine persönliche Haftung von sich abzuwenden versucht habe. Sie sei aber schließlich dem Druck der Kläger erlegen, habe zumindest den erstangeführten Zusatz streichen müssen, um die Unterfertigung gegen sich gelten zu lassen. Sowohl als Umgehungsgeschäft kautionsrechtlicher Bestimmungen - unbestritten habe ja die Beklagte niemals maßgeblichen Einfluss auf einen Geschäftserfolg der Mieterin haben können, weil sie nur Prokuristin und nicht etwa Geschäftsführerin gewesen sei - wie auch im Licht des vom Erstgericht angesprochenen § 879 ABGB zeige sich daher die erstrichterliche Begründung auch in rechtlicher Hinsicht als tragfähig und zutreffend.

Rechtliche Beurteilung

Die von der zweiten Instanz zugelassene Revision der Kläger ist zulässig und berechtigt.

a) Die von der zweiten Instanz bejahte Zulässigkeit der Berücksichtigung weiteren Beklagtenvorbringens im zweiten Rechtsgang entzieht sich einer Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, betrifft dies doch nur einen von der zweiten Instanz verneinten und als solchen von den Klägern auch ausdrücklich gerügten Verfahrensmangel.

b) Bereits im ersten Rechtsgang hat das Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluss zutreffend - und von der Beklagten in ihrer nunmehrigen Revisionsbeantwortung auch gar nicht in Zweifel gezogen - ausgeführt, bei der rechtsgeschäftlichen Erklärung der Beklagten handle es sich um einen Schuldbeitritt iSd § 1406 Abs 2 ABGB.

Die Nichtigkeit einer Vereinbarung (§ 879 Abs 1 ABGB) ist entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung grundsätzlich nicht von Amts wegen (SZ 52/146; 1 Ob 2311/96a uva; RIS-Justiz RS0016435), sondern nur auf Einwendung wahrzunehmen. Die Partei muss sich zwar nicht ausdrücklich auf diese Gesetzesstelle berufen, doch bedarf es neben dem erforderlichen Sachvorbringen zu jenen Tatumständen jedenfalls auch eines Hinweises auf die (vermeintliche) Gesetz- oder Sittenwidrigkeit, somit den Rechtsmissbrauch (WBl 1990, 188; SZ 60/52 mwN; 1 Ob 2311/96a uva; RIS-Justiz RS0016452), weil nur damit das Erfordernis der Geltendmachung, sei es auch nur implicite, als Voraussetzung der Beachtung und Prüfung durch das Gericht (ÖBA 1990, 466 [Jabornegg]; SZ 60/35; 1 Ob 2311/96a uva) erfüllt wird. Geltend gemacht wurde von der Beklagten im zweiten Rechtsgang ein Verstoß gegen das KautSchG und gegen § 879 Abs 1 ABGB. Beide Vorinstanzen bejahten die Berechtigung des Nichtigkeitseinwandes. Dem kann jedoch nicht beigetreten werden.

c) Die hier wesentlichen Vorschriften des KautSchG BGBl 1937/229 idF BGBl 1948/50 lauten:

"§ 1

(1) Ein Dienstgeber darf sich von einem Dienstnehmer oder für diesen von einem Dritten eine Kaution nur zur Sicherung von Schadenersatzansprüchen bestellen lassen, die ihm gegen den Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis erwachsen können.

Als Kaution können nur bestellt werden:

...

c) Bürgschaften.

...

(2) Die Bestellung einer Kaution bedarf der Schriftform.

§ 3

Der Abschluß oder die Aufrechterhaltung eines Dienstvertrages darf vom Dienstgeber nicht davon abhängig gemacht werden, daß dem Dienstgeber vom Dienstnehmer oder einem Dritten ein Darlehen gewährt wird oder daß der Dienstnehmer oder ein Dritter sich mit einer Geldeinlage an dem Unternehmen des Dienstgebers als stiller Gesellschafter beteiligt.

§ 4

Rechtsgeschäfte, die den Bestimmungen des § 1, sowie Verträge über Darlehen oder Geschäftsbeteiligungen, die den Bestimmungen des § 3 widersprechen, sind nichtig. Das auf Grund solcher Rechtsgeschäfte und Verträge Geleistete kann jederzeit zurückgefordert werden."

Zweck der mit Nichtigkeitssanktion bewehrten Verbotsnorm des § 3 KautSchG ist es, den Dienstnehmer davor zu schützen, dass er um der Aufrechterhaltung des Dienstvertrages willen dem Dienstgeber ein Darlehen gewährt und damit der Gefahr der Insolvenz des Dienstgebers ausgesetzt wird (SZ 61/229 = EvBl 1989/83 = ÖBA 1989, 631; 4 Ob 22/98h = ecolex 1998, 552; RIS-Justiz RS0063461). Steht fest, dass sich der Dienstgeber in äußerst bedrängten finanziellen Verhältnissen befand und eine (weitere) Kreditgewährung durch die Bank nur gegen Besicherung durch Bürgschaft erfolgen könnte, stellt die Vorgangsweise des Dienstgebers, seinen Dienstnehmer zur Übernahme dieser Bürgschaft zu überreden, indem er die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses von der Bürgschaftsübernahme durch den Dienstnehmer abhängig macht, eine den Zweck des KautSchG vereitelnde Umgehung dar, die gleichfalls unter Nichtigkeitssanktion steht (SZ 61/229; 8 Ob 57/89; 4 Ob 22/98h; RIS-Justiz RS0032297). Die Rspr hat den (bei wörtlicher Interpretation engen) Schutzbereich des KautSchG durch Analogie auf solche Sachverhalte erweitert, in denen eine Umgehung der Nichtigkeitssanktion dadurch versucht wurde, dass eine darlehensgewährende Bank auf der Beibringung eines Bürgen bestand und der Dienstgeber die Aufrechterhaltung des Dienstvertrages von der Bürgschaftsübernahme abhängig machte (SZ 61/229), oder ein Dienstnehmer auf Initiative des Alleingesellschafters einen Geschäftsanteil an der Dienstgeber-GmbH im Wege der Drittfinanzierung erwarb, wobei die Nichtigkeitssanktion auch das Finanzierungsgeschäft erfasste, weil der Finanzierer Kenntnis von der wirtschaftlichen Verflochtenheit der Vorgänge besaß (SZ 62/54). Verpöntes Verhalten in allen diesen Fällen war die Ausübung von Druck durch den Dienstgeber auf den Dienstnehmer, wodurch dessen freie Willensbildung beeinträchtigt wird (4 Ob 22/98h). Der von einer Bank (Dritter) dem Dienstgeber gewährte Überziehungskredit, für den ua der Dienstnehmer bürgt, ist aber keine dem Dienstgeber bestellte Kaution iSd § 1 KautSchG (EvBl 1986/92; SZ 68/64).

Im vorliegenden Fall war die Beklagte im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Unterfertigung des Mietvertrages Prokuristin der Mieterin. Wenn die Vermieter durch ihren Rechtsvertreter in dieser Situation erklärten, der Abschluss eines Mietvertrages sei von einer Mitfertigung der Beklagten iS einer persönlichen Mithaftung abhängig, kann von einer dem § 3 KautSchG analogen Interessenlage nicht gesprochen werden. Weder lag damit nämlich die nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes geforderte Drucksituation durch die Dienstgeberin auf die Beklagte vor noch gewährte die Beklagte als Prokuristin ein Darlehen. Die Beklagte hat sich vielmehr, wenngleich auf ausdrückliches Verlangen der Vermieter, dazu entschlossen, zur Begründung des Bestandvertrages entsprechend dem Interesse der Vermieter, die jedenfalls keinen (direkten) Einfluss auf eine Kündigung der Beklagten als Dienstnehmerin der Mieterin hatten, die Haftung als Schuldbeitretende zu übernehmen. Daran muss die Annahme einer Umgehung des KautSchG scheitern.

Eine Nichtigkeit des Schuldbeitrittes der Beklagten iSd § 4 KautSchG ist daher zu verneinen.

d) Kriterien für die Sittenwidrigkeit von Bürgschaften erwachsener Familienangehöriger des Schuldners sind seit der Leitentscheidung SZ 68/64 in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des Wucherverbotes - in bloßen Ausnahmefällen - wegen Vorliegens eines Ausbeutungstatbestandes die inhaltliche Missbilligung des Bürgschaftsvertrages (grobes Missverhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und übernommener Verpflichtung, hoffnungslose Überschuldung des Hauptschuldners, fehlendes wirtschaftliche Eigeninteresses des Sicherungsgebers), die Missbilligung der Umstände seines Zustandekommens in Form verdünnter Entscheidungsfreiheit sowie die Kenntnis bzw fahrlässige Unkenntnis dieser beiden Faktoren durch den Kreditgeber im Zeitpunkt der Haftungsübernahme. Eine Reihe nachfolgender Entscheidungen hat eine gefestigte Rspr des Obersten Gerichtshofes entwickelt (JBl 1998, 36; 1 Ob 211/98f = ÖBA 1999, 647; 6 Ob 200/99a = ecolex 2000, 198 [Rabl] uva; RIS-Justiz RS0048300, RS0048309, RS0048312). Diese Rechtsprechung erweist sich hier schon deshalb als unanwendbar, weil weder ein grobes Missverhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und übernommener Verpflichtung besteht noch das wirtschaftliche Eigeninteresse des Sicherungsgebens fehlt, sodass gar nicht mehr darauf eingegangen werden muss, dass der Beklagten wohl das für nahe Angehörige typische, persönliche Naheverhältnisses zur Hauptschuldnerin fehlt.

e) Punkt XX. des Mietvertrages verstößt weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen die guten Sitten (§ 879 Abs 1 ABGB) iS einer offenbaren Rechtswidrigkeit. Die Anwendung des § 879 Abs 1 ABGB erfordert eine auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezogene Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände, die dem Gläubiger auch bekannt sein mussten, oder die er doch hätte kennen müssen (stRspr, zuletzt 6 Ob 200/99a zur Unterfertigung eines Bürgschaftsvertrages). Lehre und Rechtsprechung anerkennen aber den durch § 879 Abs 1 ABGB begrenzten Grundsatz der Privatautonomie, wonach es jedem Verkehrsteilnehmer unbenommen bleiben müsse, auch risikoreiche Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die ihn schlechthin überfordern oder die von ihm nur unter besonders günstigen Bedingungen, notfalls sogar unter dauernder Inanspruchnahme des pfändungsfreien Eigentums, erbracht werden können (SZ 68/64; 6 Ob 200/99a mwN; Rummel in Rummel2 § 859 ABGB Rz 15 ff). Den klagenden Vermietern kann nach den Erfahrungen mit der Vormieterin auch ein berechtigtes Interesse an einer Verpflichtung der Beklagten im vereinbarten Umfang nicht abgesprochen werden.

Auch das Vorliegen der Voraussetzungen des Wuchertatbestandes iSd § 879 Abs 1 Z 4 ABGB ist zu verneinen. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit eines Vertrages wegen Wuchers setzt ein auffallendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, die mangelnde Wahrungsmöglichkeit der Äquivalenz seitens des Bewucherten wegen Leichtsinns, Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung und schließlich die Ausnützung der Lage des Bewucherten durch den Wucherer voraus. Wenn das ABGB - im Unterschied zu den im BGB verwendeten Ausdruck "Notlage" - das Tatbestandsmerkmal "Zwangslage" geschaffen hat, so lässt dies nicht den Schluss zu, durch eine finanzielle Schwierigkeit allein sei der Tatbestand des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB nicht erfüllt, vielmehr kommt jede Art von Zwangslage in Frage, die den Bewucherten vor die Wahl stellt, auf den drückenden Vertrag einzugehen oder noch größere Nachteile zu erleiden (SZ 71/94 mwN ua). Dass es der Beklagten bei Nichtfertigung des Mietvertrages und danach Verlust ihres Arbeitsplatzes unmöglich gewesen wäre, einen vergleichbaren Arbeitsplatz im Raum Salzburg zu finden und dass dies den Klägern zumindestens ebenso bekannt sein musste wie die Höhe ihres Einkommens, hat sie nicht einmal behauptet. Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes bezog die Beklagte im maßgeblichen Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung ein monatliches Nettogehalt von etwa 16.000 S. In Anbetracht der eingegangenen Verpflichtung (nach dem Vortrag in der Revisionsbeantwortung der Beklagten monatlicher Mietzins mit Betriebskosten und USt 15.960,40 S) kann hier auch angesichts des Umstandes, dass die Dauer des Mietvertrages wegen der Möglichkeit der Vertragsverlängerung vorerst noch nicht absehbar war, von einem auffälligen Missverhältnis zwischen der versprochenen Leistung und der Leistungsfähigkeit der Mitschuldnerin, die ja als Prokuristin Einblick in das Geschäftsergebnis der Mieterin haben musste, keine Rede sein. Dazu kommt, dass bei Vertragsabschluss noch gar nicht feststand, ob die Verpflichtung der Beklagten überhaupt schlagend werden würde.

Ein Fall des § 879 Abs 3 ABGB (benachteiligende Vertragsbestimmung) ist nicht zu beurteilen. Die §§ 25c und 25d KSchG wurden erst durch die Novelle BGBl I 1997/6 als Schutzbestimmungen für Interzedenten eingeführt; sie sind auf Verträge anzuwenden, die nach dem geschlossen wurden (§ 41a Abs 4 Z 2 KSchG). Von der Statuierung eines Interzedentenverbotes für Verbraucher wurde im Übrigen bewusst Abstand genommen (RV 311 BlgNR 20.GP, 26; 7 Ob 261/99d). Die Frage nach der Verbrauchereigenschaft der Beklagten, die einen entsprechenden Einwand auch gar nicht erhoben hat, kann sich damit gar nicht mehr stellen. Festzuhalten bleibt, dass nach der Rspr ein Geschäftsführer, der eine persönliche Bürgschaft für Schulden der Gesellschaft mbH übernimmt, mangels eines eigenen Unternehmens als Verbraucher angesehen wurde (EvBl 1992/51 = ÖBA 1992, 578; 4 Ob 2307/96k = ZfRV 1997/35; RIS-Justiz RS0065238).

Die gegen den Grund des Klageanspruches erhobenen Einwendungen der Beklagten sind somit nicht berechtigt und damit abschließend erledigt.

f) Kommt der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis, dass das Berufungsgericht das Ersturteil infolge einer nicht zu billigenden rechtlichen Beurteilung bestätigte, hat er zu prüfen, ob das Gericht zweiter Instanz bei richtiger Rechtsansicht nach § 473a ZPO hätte vorgehen müssen; bejahendenfalls hat er das Berufungsurteil wegen eines Feststellungsmangels infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung aufzuheben und die Sache an die zweite Instanz zurückzuverweisen (Kodek in Rechberger2 § 473a ZPO Rz 2). Ein solcher Fall ist hier gegeben, weil die erstinstanzlichen Feststellungen über die Höhe des aus Teilforderungen zusammengesetzten Klageanspruches weder Grundlage der Berufungsausführungen waren, noch nach § 266 ZPO zugestanden und auch nicht in der Berufungsbeantwortung gerügt wurden (Kodek aaO; vgl dazu auch 1 Ob 41/99g = JBl 1999, 50 [Pfiel] = EvBl 1999/180 = RZ 1999/42).

Der Revision ist demnach Folge zu geben, die zweitinstanzliche Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.