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OGH vom 12.07.2005, 5Ob144/05w

OGH vom 12.07.2005, 5Ob144/05w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. Marianne G*****, 2. Alexandra S 3. Reinhard P*****, 4. Mag. Bettina B*****, 5. Rainer P*****, 6. Mag. Friederike T 7. DI Johann T*****, ebendort, *****, 8. DI Franz W*****, alle vertreten durch Dr. Walter Strigl und Dr. Gerhard Horak, Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Bernd W*****, 2. Christa B*****, 3. Roland J*****, 4. Gerlinde R*****, alle vertreten durch Dr. Gerhard Ebner und Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, 5. Dr. Wolfgang F*****, wegen § 52 Abs 1 Z 4 und 5 WEG 2002, über den Rekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 40 R 2/05y-33, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 41 Msch 12/03a-28, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind alle Wohnungseigentümer des Hauses ***** in *****. Bei der Hausversammlung von wurde mit den Stimmen der Erst- bis Viertantragsgegner (zusammen 1463/2774 Anteile) der Beschluss gefasst, die Stiegenhaus- und Gangfenster sowie die Fenster und Türen der Gangbalkone durch einflügelige Kunststofffenster mit Isolierglas zu ersetzen. Zweit- bis Viertantragsgegner wurden bei dieser Hausversammlung vom ersten Antragsgegner vertreten, wobei noch nicht feststeht, ob dieser dafür Vollmachten vorlegte oder solche nachgereicht wurden.

Auf der Liegenschaft steht ein um 1913 im Jugendstil errichtetes, architektonisch wertvolles Haus, das laut gültigem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan erhaltungswürdiger Bestandteil der Schutzzone „*****" gemäß § 7 Bauordnung für Wien ist.

Die Herstellung eines mit der historisch authentischen Holzkastenfensterkonstruktion identen Erscheinungsbilds der Fassade des Hauses ist bei Verwendung von Fenstern in Kunststoffkonstruktion mit handelsüblichen Produkten nicht möglich.

In einer Stellungnahme hat die Magistratsabteilung 19 des Magistrats der Stadt Wien (Stadtgestaltung) im gegenständlichen Verfahren auf diesen Umstand hingewiesen sowie darauf, dass ein solcher Fenstertausch (offensichtlich mit handelsüblichen Produkten) im Fall der Einleitung eines baurechtlichen Verfahrens nicht bewilligt werden würde.

Bereits am , somit innerhalb der Frist des § 24 Abs 6 WEG 2002, beantragten die Antragsteller, die Rechtsunwirksamkeit des bezeichneten Mehrheitsbeschlusses wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit und Fehlens der erforderlichen Mehrheit gerichtlich festzustellen.

Zum einen brachten sie vor, dem Beschluss vom , mit dem die Erst- bis Viertantragsgegner den Austausch der Holzkastenfenster durch Kunstofffenster beschlossen hätten, sei nicht von der Mehrheit gefasst worden, weil der Erstantragsgegner Vollmachten der Zweit- bis Viertantragsgegner nicht vorgelegt habe. Der Fünftantragsgegner habe sich an der Abstimmung nicht beteiligt.

Darüber hinaus sei der gefasste Beschluss gesetzwidrig, weil er gegen zwingende Bestimmungen der Wiener Bauordnung, insbesondere § 85 Abs 5 verstoße. Das gegenständliche Haus sei im Jahr 1913 erbaut worden, sei künstlerisch und architektonisch wertvoll und liege in einer Schutzzone gemäß § 7 der Bauordnung für Wien. Es sei daher in seiner Gesamtheit in stilgerechten Zustand zu erhalten, was den Einbau von Kunststofffenstern unzulässig mache. Für eine solche Maßnahme sei eine Bewilligung der Baubehörde niemals zu erwirken. Es sei zutreffend, dass die Stiegenhaus- und Gangfenster sanierungsbedürftig seien, eine Reparatur der Holzfenster sei jedoch durchaus möglich. Auch lägen die Kosten einer solchen fachgerechten Reparatur durch qualifizierte Spezialisten gleich hoch wie die Kosten der Auswechslung der Holzkastenfenster durch Kunststofffenster.

Die Antragsteller brachten noch vor, dass die von den Antragsgegnern beschlossene Art der Fensterreparatur eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung darstelle, weil dadurch eine inakzeptable architektonische und stilmäßige Beeinträchtigung des Hauses und damit auch eine Beeinträchtigung des Verkehrswerts des Hauses bewirkt werde. Es sei damit eine über die Erhaltung weit hinausgehende bauliche Veränderung verbunden. Durch die Mehrheitsentscheidung der Antragsgegner werde im Ergebnis in die Substanz der Gemeinschafts- und Anteilsrechte der Antragsteller eingegriffen. Die Kosten der Veränderung könnten auch nicht aus der bestehenden Rücklage gedeckt werden, es müsse dafür ein Rücklagenkredit aufgenommen werden (der Fensteraustausch ist nur ein strittiger Teil einer ansonsten unstrittigen Generalsanierung). Jedenfalls würde das schutzwürdige Interesse der Antragsteller, das Haus in seiner architektonischen Besonderheit zu erhalten, durch den Beschluss der Antragsgegner verletzt.

Die Antragsteller begehrten daher die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des bezeichneten Beschlusses, in eventu seine Aufhebung gemäß § 29 Abs 2 WEG 2002.

Erst- bis Viertantragsgegner bestritten das Begehren und beantragten die Abweisung des Sachantrags. Sie brachten vor, der Erstantragsgegner sei bei der Beschlussfassung von den Zweit- bis Viertantragsgegnern bevollmächtigt gewesen, die Vollmachten lägen auch bei der Hausverwaltung auf. Bei dem bekämpften Mehrheitsbeschluss handle es sich um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung. Konkret gehe es um die ordnungsgemäße Erhaltung allgemeiner Teile des Hauses. Nur weil das Haus in einer Schutzzone liege, werde ein Beschluss über Erhaltungsmaßnahmen nicht zu einem der außerordentlichen Verwaltung. Im Weiteren seien die von den Antragstellern erhobenen Einwände ohnedies von der MA 19 - Stadtgestaltung zu prüfen. Voraussetzung dafür, dass bei dieser Behörde ein Verfahren eingeleitet werden könne, sei zunächst das Vorliegen eines wirksamen Mehrheitsbeschlusses. Das Gericht habe die Frage der Bewilligungsfähigkeit der beschlossenen Maßnahme nicht als Vorfrage zu prüfen. Diese Prüfung komme der Verwaltungsbehörde zu. Die vorläufige Äußerung der MA 19 sei nicht maßgeblich, weil die geplanten Fenster sich nur im Material, nicht jedoch im äußeren Erscheinungsbild von den bisherigen Holzfenstern unterscheiden würden. Außerdem sei die beschlossene Maßnahme zumindest langfristig auch kostengünstiger.

Das Erstgericht gab dem Antrag statt und sprach aus, dass der Mehrheitsbeschluss vom , wonach die Stiegenhaus- und Gangfenster (Holzfenster) durch Kunststofffenster zu ersetzen seien, nicht rechtswirksam sei. Der angefochtene Beschluss verstoße nämlich gegen § 85 Abs 3 und 5 der Wiener Bauordnung. Demnach seien bauliche Änderungen an einzelnen Bauwerken von geschichtlicher, kultureller oder künstlerischer Bedeutung unzulässig, wenn deren Eigenart oder künstlerische Wirkung oder das örtliche Stadtbild beeinträchtigt würde. Bei Änderungen bestehender Gebäude in Schutzzonen gelte sinngemäß, dass das Gebäude auf zeitgemäße Weise in das Stadtbild einzuordnen sei oder hinsichtlich des Baustils, des Bauvorhabens, der Gebäudehöhe, der Dachform, des Maßstabes, des Rhythmus, der Proportion, der technologischen Gestaltung bzw der Farbgebung die benachbarten Gebäude in derselben oder gegenüberliegenden Häuserzeile zu berücksichtigen seien. Bei Wahrung der äußeren Gestaltung, des Charakters und des Stils eines Gebäudes, des Maßstabes, des Rhythmus, der Proportion, der technologischen Gestaltung und der Farbgebung komme dem besonderes Gewicht zu. Nach § 85 Abs 6 der Wiener Bauordnung dürfe durch die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung baulicher Ziergegenstände in Schutzzonen die äußere Gestaltung, der Charakter und Stil des betroffenen Gebäudes bzw des dem baulichen Ziergegenstand benachbarten örtlichen Bereiches in seiner Wirkung im örtlichen Stadtbild nicht verändert werden.

Der Austausch von Holzfenstern gegen Kunststofffenster stelle zweifellos eine technologische Veränderung des Gebäudes bzw von Teilen des Gebäudes dar, bei der auch das äußere Erscheinungsbild des Hauses geändert würde.

Damit löse das Erstgericht selbst die Vorfrage der Bewilligungsfähigkeit der beschlossenen Maßnahme. Weil diese der Wiener Bauordnung zuwider laufe, sei sie als gesetzwidrig iSd § 24 Abs 6 WEG 2002 zu werten.

Einen dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den angefochtenen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Das Erstgericht habe sich ausschließlich mit der Frage der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Beschlusses befasst. Diese liege nach Ansicht des Rekursgerichtes nicht vor. Nach den Materialien zum WEG 2002 (EB zur RV 989, BlgNR XXI. GP 62) umfasse der Anfechtungsgrund der Gesetzwidrigkeit, wie er in § 24 Abs 6 WEG 2002 genannt sei, in erster Linie Verstöße des Mehrheitsbeschlusses gegen Regelungen des WEG, wobei es sich aber nicht immer um eine im WEG implizit enthaltene Anordnung handeln müsse. Die Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft habe sich im Allgemeinen an den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (wie sie Art 51a Abs 1, Art 126b Abs 5 und Art 127a Abs 1 B-VG für die öffentliche Verwaltung statuieren) zu orientieren. Es könne daher auch ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft, der krass gegen diese Umstände verstoße, aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit angefochten werden.

Nach Ansicht der Lehre sei dies aber einschränkend dahin zu interpretieren, dass doch ein klarer Verstoß gegen eine eindeutige Vorschrift vorliegen müsse (vgl Würth/Zingher, Wohnrecht 2002 II Anm 7 zu § 24 WEG; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 Rz 32 zu § 24 WEG). Das Rekursgericht schließe sich dieser Rechtsansicht aus folgenden Erwägungen an: Gemäß § 28 Abs 1 WEG entscheide in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft - unbeschadet der Rechte der einzelnen Wohnungseigentümer nach § 30 WEG - die Mehrheit der Wohnungseigentümer. Aber auch über Veränderungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, die über die in § 28 genannten Angelegenheiten hinausgingen, wie etwa nützliche Verbesserungen und sonstige über die Erhaltung hinausgehende bauliche Veränderungen entscheide die Mehrheit der Wohnungseigentümer. Eine ausdrückliche Anordnung, dass die Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig zu erfolgen habe, finde sich nicht im Gesetz. Den Wohnungseigentümern müsse es auch freistehen, mit ihrem Eigentum nach Gutdünken zu verfahren und in Bezug darauf etwa auch unwirtschaftliche Entscheidungen zu treffen. Insofern unterscheide sich die Verwaltung von Miteigentümern von der öffentlichen Verwaltung, für die die bezeichneten Grundsätze im B-VG statuiert seien. Schließlich würde im Fall der Verwaltung von Miteigentum keine Verfügung über öffentliche Mittel getroffen.

§ 24 Abs 6 WEG 2002 sei also dahin zu interpretieren, dass eine Gesetzwidrigkeit im Sinn dieser Bestimmung nur vorliege, wenn der Beschluss einen klaren Verstoß gegen eine eindeutige Vorschrift beinhalte. Andernfalls wäre es - vom Gesetzgeber wohl nicht beabsichtigt - möglich, jede Maßnahme der ordentlichen Verwaltung gerichtlich einer inhaltlichen Kontrolle zu unterziehen, weil nur behauptet werden müsse, die Maßnahme widerspreche den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Es sei daher nicht maßgeblich, ob die bekämpfte Beschlussfassung den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit oder Zweckmäßigkeit zuwiderlaufe, etwa weil eine entsprechende Ablehnung im baubehördlichen Verfahren zu erwarten sei.

Im Weiteren habe nicht das Gericht die Gesetzwidrigkeit nach den Bestimmungen der Wiener Bauordnung zu überprüfen, sondern sei dies einem Genehmigungsverfahren vorbehalten. Werde also eine Maßnahme beschlossen, deren bauordnungsgemäße Zulässigkeit noch in einem Bewilligungsverfahren durch die Baubehörde zu prüfen sei, dann liege jedenfalls kein Verstoß gegen eine Vorschrift vor, der eine Gesetzwidrigkeit iSd § 24 Abs 6 WEG auslösen könne. Es sei nicht Sache der Zivilgerichte, die öffentlichrechtlichen Voraussetzungen des „Dürfens", das in einer Baubewilligung gelegen sei, bei der Anfechtung eines Gemeinschaftsbeschlusses zu prüfen. Ein Beschluss habe nur den Zweck der gemeinsamen Willensbildung, dass nämlich eine bestimmte Maßnahme durchgeführt werden solle, was zunächst die Grundlage für die Antragstellung bei der Baubehörde bilde.

Nur wenn ein Beschluss der Mehrheit bewusst unter Umgehung der baubehördlichen Vorschriften gefasst würde und bauordnungswidrige Maßnahmen zum Inhalt hätte, könnte ein solcher Verstoß als gesetzwidrig iSd § 24 Abs 6 WEG gewertet werden. Dafür bestünden hier aber keine Anhaltspunkte.

Weil sich das Erstgericht aber darauf beschränkt habe, nur den Anfechtungsgrund der Gesetzwidrigkeit zu prüfen, sei eine Aufhebung der Entscheidung unumgänglich, weil noch nicht einmal feststehe, ob überhaupt ein Mehrheitsbeschluss vorliege.

Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil, soweit überblickbar noch keine höchstgerichtliche Judikatur zur Auslegung des Begriffs der „Gesetzwidrigkeit" des § 24 Abs 6 WEG vorliege.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses. Hilfsweise wird beantragt, eine Anfrage an zuständige MA hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der beschlossenen Maßnahme zu richten, in eventu dem Rekursgericht bzw dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Jedenfalls möge der Kostenersatzausspruch des Erstgerichts wiederhergestellt werden, und den Antragsgegnern der Ersatz der gesamten Verfahrenskosten wegen Mutwilligkeit auferlegt werden.

Die Antragsgegner beantragen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.

Zunächst ist klarzustellen, dass es sich beim gegenständlichen Mehrheitsbeschluss über den Austausch der reparaturbedürftigen Fenster an allgemeinen Teilen des Hauses um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung nach § 28 Abs 1 WEG 2002 handelt. Beim Hinweis der Rekurswerber auf die Entscheidung in MietSlg 53.079 und wobl 1990/87 wird übersehen, dass es sich jenen Fällen um Fassadenneugestaltungen nach Orignialvorgaben handelte und damit über den eigentlichen Erhaltungszweck hinausgegangen wurde. Anders liegt der Fall hier, in dem nach Ansicht aller Wohnungseigentümer eine ordnungsgemäße Erhaltung der Fenster des Hauses vorzunehmen ist und lediglich Streit darüber besteht, welches Material dem äußeren Erscheinungsbild des Hauses und insbesondere der Einhaltung baubehördlicher Vorschriften besser gerecht wird.

Dass es sich bei den Fenstern im Stiegenhaus und in den Gängen des Hauses um allgemeine Teile des Hauses handelt, steht ebensowenig in Zweifel wie der Umstand, dass auch Erneuerungen nach dem elastischen Erhaltungsbegriff zur Erhaltung gehören, wenn sie zweckmäßig und wirtschaftlich geboten sind (vgl dazu H. Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht Rz 49 zu § 28 WEG mit vielen Rechtsprechungshinweisen). So hat die Rechtsprechung die Erneuerung bereits alter, nicht mehr dem Stand der Technik entsprechender Fenster und Türen, oder schadhafter Fensterstöcke als Maßnahmen der Erhaltung dem § 3 Abs 1 MRG iVm § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 unterstellt (vgl aaO Rz 50 zu § 28 WEG 2002 mwN).

Es trifft auch zu, wie das Rekursgericht erkannt hat, dass eine ordnungsgemäße Erhaltung allgemeiner Teile einer Liegenschaft (§ 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002) nicht allein deshalb zu einer Maßnahme nach § 29 Abs 1 WEG 2002 wird, weil es um die Erhaltung eines in einer Schutzzone gelegenen Gebäudes geht.

Auf die sich auf § 29 Abs 2 WEG 2002 beziehenden Einwände der Antragsteller, die Veränderung würde sie übermäßig beeinträchtigen und die Kosten könnten nicht aus der Rücklage gedeckt werden, ist daher nicht einzugehen.

§ 24 Abs 6 WEG 2002 lässt die Anfechtung eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft über Maßnahme der ordentlichen Verwaltung nur wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit zu.

Zu diesen Anfechtungsgründen haben die Antragsteller - soweit hier von Relevanz - vorgebracht, dass auch eine Beschlussfassung der Mehrheit über Maßnamen der ordentlichen Verwaltung gesetzwidrig sei, wenn sie gegen Bestimmungen von Verwaltungsvorschriften, hier konkret gegen § 85 Abs 3 Wiener Bauordnung verstoße. Die Rekurswerber halten dafür, dass jeder Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift, also auch gegen Bestimmungen in Verwaltungsgesetzen, die Unwirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses zur Folge habe. Der in § 24 Abs 6 WEG verwendete Begriff der „Gesetzwidrigkeit" sei insofern eindeutig und keiner teleologischen Interpretation zugänglich. Wenn auch die Gesetzesmaterialien „in erster Linie" an Verstöße gegen Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes angeknüpft hätten, so sei doch in der Regierungsvorlage zum WEG 2002, 989 BlgNR XXI. GP. auch darauf hingewiesen worden, dass sich die Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft an den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu orientieren habe und daher auch ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft, der krass gegen diese Grundsätze verstoße, gesetzwidrig sei.

Der erkennende Senat hat bisher zur Frage, in welchem Umfang eine Inhaltskontrolle eines Mehrheitsbeschlusses auch bei der ordentlichen Verwaltung stattzufinden hat und wie der Anfechtungsgrund der Gesetzwidrigkeit auszulegen ist, nicht Stellung genommen.

Aus der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung ist Folgendes anzumerken:

Die mit dem 3. WÄG eingeführte Vorgängerbestimmung des § 13b Abs 4 WEG 1975 über die Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft im Bereich der ordentlichen Verwaltung enthielt keine Anfechtungsgründe. Nach Lehre und Rechtsprechung war die Überprüfung eines Mehrheitsbeschlusses im Rahmen der ordentlichen Verwaltung nur insoweit möglich, als es um das rechtmäßige Zustandekommen des Beschlusses einschließlich der Frage ging, ob es sich überhaupt um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung handelte. Über die Geltendmachung der Minderheitsrechte nach § 13a WEG 1975 hinaus konnte der ordnungsgemäß zustandegekommene Beschluss der Mehrheit in Fragen der ordentlichen Verwaltung (§ 14 Abs 1) vom Gericht etwa auf Zweckmäßigkeit und dergleichen nicht überprüft werden (vgl Würth/Zingher WohnR 94 Anm 11 zu § 13b WEG 1975).

Der RV zum WEG 2002 kann dazu entnommen werden: „Nun [durch die Neuregelung] werden in § 24 Abs 6 des Entwurfs einerseits die Gründe für die Anfechtung von Beschlüssen angeführt und andererseits wurde die Regelung gegenüber dem bisherigen Recht radikal vereinfacht. ... Im Ministerialentwurf war nur eine Anfechtung wegen formeller Mängel des Beschlusses vorgesehen. Im Begutachtungsverfahren wurde dagegen zu Recht eingewendet, dass es auch im Bereich der ordentlichen Verwaltung andere Anfechtungsgründe geben könne, mit denen die Rechtswirksamkeit eines Beschlusses in Frage gestellt werden könne. Mit der Neufassung des Abs 6 wurde diesen Hinweisen Rechnung getragen, indem neben dem Anfechtungsgrund des Vorliegens formeller Mängel auch die Anfechtungstatbestände der Gesetzwidrigkeit des Beschlusses sowie des Fehlens der für die Beschlussfassung erforderlichen Mehrheit aufgenommen wurden. ... Beim Anfechtungsgrund der Gesetzwidrigkeit eines Beschlusses ist in erster Linie an Verstöße gegen die Regelungen dieses Gesetzes [des WEG 2002] zu denken. Dazu ließe sich eine Vielzahl denkbarer Fälle benennen; nur beispielsweise sei etwa die Wiederbestellung des Verwalters entgegen der Regelung des § 21 Abs 3 letzter Halbsatz oder die Festlegung der Rücklage ohne Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 zweiter Satz erwähnt. Es muss sich aber nicht immer um eine im Wohnungseigentumsgesetz explizit enthaltene Anordnung handeln: Schon bei der Besprechung der Verwalterpflichten wurde ausgeführt, dass sich die Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft im Allgemeinen an den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (wie sie in Art 51a Abs 1, Art 126b Abs 5 und Art 127a Abs 1 B-VG für die öffentliche Verwaltung statuiert sind) zu orientieren hat. Daher kann auch ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft, der krass gegen diese Grundsätze verstößt, aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit angefochten werden. ..."

Während Prader (in: Verwaltung nach dem WEG 2002,immolex 2002, 202 [207]) die in der Regierungsvorlage enthaltenen Beispiele einer „Gesetzwidrigkeit" unkritisch übernimmt und eine inhaltliche Überprüfung der Mehrheitsbeschlüsse im Bereich der ordentlichen Verwaltung fordert, etwa auch hinsichtlich der Verletzung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit, sind andere Autoren für eine einschränkende Interpretation des Begriffs „Gesetzwidrigkeit" in diesem Zusammenhang eingetreten. So hält es A. Kletecka (in: Die Beschlussfassung nach dem WEG 2002, WoBl 2002, 143) für möglich, dass auch andere Gesetzesverletzungen (als die des WEG selbst) zur Anfechtung legitimieren können, was durchaus sinnvoll sei, weil viele nach anderen Vorschriften bestehende Pflichten durch Interpretation von generalklauselartigen Bestimmungen Eingang in das WEG gefunden hätten und deshalb eine solche Differenzierung oft nicht mit der notwendigen Klarheit durchgeführt werden könne. Würth (in Rummel³ Rz 11 zu §§ 24, 25 WEG 2002) meint, dass die in der RV genannten Beispiele nicht unbedingt gesetzwidrig wären. Nur ein klarer Verstoß gegen eine eindeutige Vorschrift [des WEG] könne wegen Gesetzwidrigkeit zur Aufhebung führen. Gänzlich überzogen wäre es aber, die Prüfung von Beschlüssen anhand der „Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit", soweit es sich nicht um offensichtliche Extremfälle handle, vorzunehmen. Andernfalls - und vom Gesetzgeber wohl nicht beabsichtigt - wäre es möglich, jede Maßnahme im Rahmen der ordentlichen Verwaltung, auch jede Maßnahme des Verwalters, einer inhaltlichen Kontrolle zu unterziehen (vgl ders in Würth/Zingher/Kovanyi Miet- und Wohnrecht21 Rz 32 zu § 24 WEG). H. Löcker (in Hausmann/Vonkilch Österr. Wohnrecht Rz 66 zu § 24 WEG 2002) hält ebenfalls die von der RV genannten Beispiele dort für überzogen, wo es sich nicht um zwingendes Recht des WEG handelt.

Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

Nach der Konzeption des WEG, auch des WEG 2002 steht die ordentliche Verwaltung grundsätzlich zufolge § 20 Abs 1 dem Verwalter für die Dauer seiner Bestellung zu. Der Verwalter ist sohin - unbeschadet Beschränkungen des Innenverhältnisses - für die gesamte Liegenschaftsverwaltung, also sowohl für Angelegenheiten der ordentlichen wie auch für die der außerordentlichen Verwaltung zuständig und für die Eigentümergemeinschaft vertretungsbefugt. Für Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung ist nun durch § 29 Abs 6 WEG 2002 klargestellt, dass er nur nach Einholung eines Mehrheitsbeschlusses und Abwarten der Anfechtungsfrist bzw der Entscheidung über die Anfechtung (vgl jüngst 5 Ob 265/04p) handeln darf. Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung kann und muss der Verwalter aber auch ohne Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen eigenständig setzen (vgl E. M. Hausmann, aaO Rz 24, 29 und 30 zu § 20 WEG 2002 mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung). Eine gerichtliche Kontrolle seiner Tätigkeit - etwa durch Anrufung des Gerichts durch die Minderheit - ist nicht vorgesehen. Das Gericht ist also keineswegs zur Kontrolle oder Leitung der laufenden Geschäftsführung berufen (vgl Würth in Rummel³ Rz 11 zu §§ 24, 25 WEG 2002). Wenn der Gesetzgeber des WEG 2002 der Minderheit gegen Beschlüsse der Mehrheit im Rahmen der ordentlichen Verwaltung ein Anfechtungsrecht wegen der Gesetzwidrigkeit des Beschlusses eingeräumt hat, und in der Regierungsvorlage dazu auf die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Liegenschaftsverwaltung hingewiesen wurde,bei deren Verletzung im Extremfall Mehrheitsbeschlüsse anfechtbar sein sollen, ist daraus keinesfalls abzuleiten, dass eine umfängliche Inhaltskontrolle der Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung durch das Gericht nach diesen Prinzipien zu erfolgen hätte. Aus dem systematischen Zusammenhang ist vielmehr zu schließen, dass der überstimmten Minderheit die Einhaltung zwingender Bestimmungen des WEG garantiert werden soll, allenfalls noch erweitert um „krasse" Verstöße gegen die für die Verwaltung stets geforderten Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (zu den Grundlagen der Abrechnung eines Verwalters Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit: MietSlg 34.542/8; RIS-Justiz RS0035039 ua), keineswegs aber eine ständige inhaltliche Überprüfung der ordentlichen Verwaltung quasi durch den Widerspruch einer Minderheit ermöglicht werden sollte. Es versteht sich von selbst, dass eine effiziente Verwaltung unmöglich wäre, wenn die überstimmte Minderheit jede Maßnahme mit dem Argument bekämpfen könnte, die Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit oder Wirtschaftlichkeit sei in Frage gestellt.

Ein Mehrheitsbeschluss über Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung, hier über die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen an Fenstern eines Hauses,ist daher nicht deshalb gesetzwidrig iSd § 24 Abs 6 WEG 2002, weil die Genehmigung der Art der Durchführung dieser Arbeit durch die Baubehörde fraglich, vielleicht sogar unwahrscheinlich und daher allenfalls unzweckmäßig ist.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass grundsätzlich nur ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften über die Verwaltung des gemeinsamen Gutes eine Beschlussfassung über Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung rechtswidrig machen könnte, nicht jedoch ein Verstoß gegen allgemeine Normen des Verwaltungsrechts, deren Einhaltung in einem eigenen Verfahren überprüft wird. Anders läge der Fall nur dann, wenn der Eigentümergemeinschaft durch die bewusste Missachtung gesetzlicher Vorschriften seitens der Mehrheit schwere wirtschaftliche Nachteile drohen. Dann läge ein krasser Verstoß gegen die oben bezeichneten Grundsätze der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit vor.

Eine den Antragstellern vorschwebende selbständige Beurteilung der baurechtlichen Bewilligungsfähigkeit der beschlossenen Maßnahme durch das Gericht, quasi zur Vorprüfung der Zweckmäßigkeit oder Gesetzwidrigkeit der beschlossenen Maßnahme, hat im Verfahren über die Anfechtung eines Mehrheitsbeschlusses jedenfalls nicht zu erfolgen.

Den vom Rekursgericht noch für erforderlich gehaltenen Aufklärungen formeller Fragen der Mehrheitsbildung ist nichts hinzuzufügen.

Dem Rekurs der Antragsteller war daher der Erfolg zu versagen.

Eine Kostenentscheidung konnte im Hinblick auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG entfallen, da keine Barauslagen verzeichnet wurden (Art 10 § 2 Abs 3 WohnAußStrBeglG).