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OGH vom 17.03.2005, 6Ob219/04f

OGH vom 17.03.2005, 6Ob219/04f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fliegerclub B*****, vertreten durch Mag. Gerald Hamminger, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, gegen die beklagte Partei Dipl. Ing. Norbert S*****, vertreten durch Dr. Manfred Pochendorfer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen 53.129,32 EUR, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 60/04w-20, womit das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom , GZ 2 Cg 86/03g-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 1.800,10 EUR (darin enthalten 300,01 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war bis Obmann („erster Vorsitzender") des klagenden Vereins.

Mit am eingelangter Klage begehrte der Kläger vom Beklagten 53.129,32 EUR und brachte im Wesentlichen vor: Der Beklagte habe von einem Vereinssparbuch 21.809,35 EUR (entspricht 300.106 S) behoben und nicht für Vereinszwecke verwendet. Der Beklagte habe den Kläger weiters durch unrichtige Angaben veranlasst, zwei Prozesse gegen Vereinsmitglieder zu führen, wodurch dem Kläger Prozesskosten von 2.118,20 EUR entstanden seien. Der Beklagte habe durch seinen Rücktritt als Vereinsobmann die Handlungsunfähigkeit des Vereins und die Notwendigkeit der Bestellung eines Kurators herbeigeführt und damit Kuratorkosten von 2.001,31 EUR verursacht. Den Vereinsmitgliedern August L*****, Dr. Hermann B***** und Ing. Alfons S***** habe er dadurch einen Schaden von insgesamt 27.200,26 EUR zugefügt, dass er durch die Unterdrückung von Beweisen und Vortäuschung falscher Tatsachen einen frustrierten Privataufwand für die Anschaffung eines neuen Vereinsflugzeugs und die Erhaltung der Fluglizenz sowie einen abzugeltenden Zeitaufwand und Beratungs- und Prozesskosten verursacht habe. Die daraus resultierenden Ansprüche hätten die genannten Vereinsmitglieder dem Kläger zum Inkasso abgetreten. Ein Vereinsschiedsgericht sei nicht anzurufen, weil der Beklagte spätestens am aus dem Verein ausgetreten sei. Im Übrigen hätten Dr. Hermann B***** und August L***** bereits am 14. und einen Antrag auf Einrichtung eines Schiedsgerichts an die damaligen Vereinsleitung gerichtet, dem diese trotz Urgenzen am 8. 11. und nicht nachgekommen sei.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, hilfsweise die Zurückweisung der Klage. Es werde ein Anspruch aus dem Vereinsverhältnis geltend gemacht, sodass nach den Statuten des Klägers vor der Beschreitung des ordentlichen Rechtswegs zunächst die vereinsinterne Schlichtungsinstanz zu befassen sei. Der Beklagte sei mangels einer den Statuten entsprechenden Austrittserklärung nach wie vor Vereinsmitglied. Weiters bestritt der Beklagte die Parteifähigkeit und die Aktivlegitimation des Klägers sowie die behaupteten Klageansprüche.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende hier wesentliche Feststellungen:

Der klagende Verein wurde 1951 gegründet. Nach den noch heute geltenden Statuten aus 1951 kann der freiwillige Austritt eines Vereinsmitglieds jederzeit durch eine schriftliche, dem Vorstand gegebene Begründung erfolgen. Punkt 8. („Schiedsgericht") der Statuten lautet:

„Bei allen aus dem Vereinsverhältnis entstandenen Streitigkeiten entscheidet das Schiedsgericht, in das beide streitenden Teile je zwei Schiedsrichter und diese wiederum einen fünften unparteiischen Vorsitzenden wählen, welcher nicht Vereinsmitglied sein muss. Sollte über die Wahl des Vorsitzenden keine Einigung zustande kommen, so entscheidet das Los."

Der Beklagte hat als Mitglied des Vereins niemals eine schriftliche Austrittserklärung gegenüber dem Verein oder dem Vorstand abgegeben und auch keine schriftliche Begründung für eine mündliche Austrittserklärung übermittelt. Der Beklagte teilte allerdings seinen Entschluss, aus dem Verein auszutreten, dem Vereinsmitglied Dr. Hermann B***** bei einem persönlichen Gespräch mit. In einem im Zusammenhang mit vereinsinternen Auseinandersetzungen wegen der Veräußerung eines Flugzeugs verfassten Schreiben an die Vereinsbehörde vom führte der Beklagte aus, dass sieben Vereinsmitglieder ausgetreten seien, wobei er diese Mitteilung auf sich selbst und sechs weitere Mitglieder bezog. Ob der Beklagte dieses Schreiben dem mit Gerichtsbeschluss vom für den Verein bestellten Kurator gleichzeitig mit anderen Urkunden übergeben hat, kann nicht festgestellt werden. Der Kurator hielt in einem Vermerk vom fest, dass nach Ansicht des Beklagten alle bisherigen Mitglieder bis auf eines aus dem Verein ausgetreten seien.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass von einer aufrechten Mitgliedschaft des Beklagten beim klagenden Verein auszugehen sei und eine typische Streitigkeit interner Selbstverwaltung vorliege. Vom Kläger sei weder eine grundsätzliche Frage der Vereinsstruktur aufgezeigt noch eine ungeeignete Organisation des Vereinsgerichts behauptet worden. Die in der Satzung vorgesehene Regelung über die Besetzung des Vereinsschiedsgerichts stehe mit den Grundsätzen des fair trial nach Art 6 MRK in Einklang. Durch das Vereinsschiedsgericht im Sinn des § 4 Abs 2 lit j Vereinsgesetz 1951 werde zwar die Beschreitung des ordentlichen Rechtswegs nicht ausgeschlossen. Eine klagsstattgebende Entscheidung setze jedoch die vorangehende Ausschöpfung des vereinsinternen Instanzenzugs voraus.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und führte in rechtlicher Hinsicht aus: Es sei nicht das Vereinsgesetz 1951, sondern das am in Kraft getretene Vereinsgesetz 2002 anzuwenden, weil die Klage nach diesem Zeitpunkt eingebracht worden sei (§ 33 Abs 1 und 2 VerG 2002). Nach der Rechtsprechung zur alten Rechtslage berührte zwar ein auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestütztes Klagebegehren keine aus dem Verbandsverhältnis resultierende Fragen, sodass es auch hier keiner Anrufung des Vereinsschiedsgerichts vor der Befassung der ordentlichen Gerichte bedurft hätte. Nun normiere aber § 8 VerG 2002 ausdrücklich, dass vor Anrufung eines Gerichts wegen einer Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis das Vereinsschiedsgericht zu befassen sei. Diese Streitschlichtungsstelle diene nach den Gesetzesmaterialien (990 BlgNR 21. GP, 28) der außergerichtlichen vereinsinternen Bereinigung von Vereinsstreitigkeiten. Die Verpflichtung der Mitglieder, vor Anrufung eines Gerichts eine derartige Schlichtung anzustreben, erscheine sinnvoll, weil man sich auf diese Weise vorerst die Auseinandersetzung mit der mitunter schwierigen Frage, ob eine bloße Vereinsstreitigkeit oder eine Rechtsstreitigkeit aus dem Vereinsverhältnis vorliege, erspare. Außerdem stellten in vielen Vereinen die Vereinsverhältnisse Sonderbeziehungen dar, die es angebracht erscheinen ließen, die Vereinsmitglieder vor der Anrufung eines Gerichts zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung anzuhalten. Die Schlichtungseinrichtung sei sowohl zur Schlichtung rechtlicher als auch sonstiger Vereinsstreitigkeiten berufen. Komme es zu keiner Beendigung des Schlichtungsverfahrens innerhalb einer Frist von sechs Monaten, so könne das ordentliche Gericht angerufen werden. Das aus dem Vereinsgesetz 2002 erkennbare Anliegen des Gesetzgebers, die ordentlichen Gerichte von Prozessen in Vereinssachen möglichst zu befreien, sei bei der Auslegung der in den Statuten des Klägers enthaltenen Klausel, wonach bei allen aus dem Vereinsverhältnis entstandenen Streitigkeiten das Schiedsgericht entscheide, zu berücksichtigen. Im Hinblick auf den auch vom Gesetzgeber respektierten Zweck der Vereinbarung bestehe kein Grund, Schadenersatzansprüche zwischen (allenfalls ehemaligen) Vereinsmitgliedern oder zwischen dem Verein und (allenfalls ehemaligen) Vereinsmitgliedern bzw (ehemaligen) Vereinsfunktionären, soweit sie aus der Mitgliedschaft im oder der Tätigkeit für den Verein abgeleitet würden, nicht zunächst der obligatorischen statutarischen Schlichtungseinrichtung zu unterwerfen. Dass die Zuständigkeit des Vereinsschiedsgerichts nicht von der Vereinszugehörigkeit im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs abhängig sei, sei bereits in der Entscheidung des Obersten Gerichshofs GlUNF 1426 ausgesprochen worden. Selbst dann, wenn Dr. Hermann B***** und August L***** zur Entscheidung eines Streits über deren in der Generalversammlung vom beschlossenen Vereinsausschluss bereits am 14. und einen Antrag auf Einberufung eines Schiedsgerichts an die damalige Vereinsleitung gestellt hätten, könne dies den Kläger nicht von der Verpflichtung entheben, wegen anderer aus dem Vereinsverhältnis entstandener Streitigkeiten dennoch das Schiedsgericht anzurufen. Da dies hier bislang nicht geschehen sei, habe das Erstgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Voraussetzungen und Grenzen der Jurisdiktion von statutarischen Vereinsschiedsgerichten im zeitlichen Anwendungsbereich des Vereinsgesetzes 2002 noch nicht existiere und zugleich von der Rechtsprechung zur bisherigen Rechtslage abgegangen worden sei.

Die Revision des Klägers ist mangels Vorliegens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 3 Abs 2 Z 10 und § 8 Vereinsgesetz 2002 zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Änderung der Rechtslage durch das am in Kraft getretene und hier bereits anzuwendende Vereinsgesetz 2002, BGBl I 2002/66 (VerG) zutreffend dargestellt, sodass auf dessen Ausführungen verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Revision vermag den rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts nichts Überzeugendes entgegenzuhalten. Die Regelung über die Vereinsschiedsgerichte erschöpfte sich nach dem Vereinsgesetz 1951 darin, dass die Statuten die Art der Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis enthalten mussten (§ 4 Abs 2 lit j). Die Rechtsprechung zur Auslegung dieser Bestimmung war zum Teil uneinheitlich. Übereinstimmung bestand zwar darin, dass Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein vor die ordentlichen Gerichte gehörten, soweit der Streit in den Bereich des Privatrechts falle (RIS-Justiz RS0034824) und dass das statutenmäßig festgesetzte Vereinsschiedsgericht kein Hindernis für die Anrufung der ordentliche Gerichte zur Entscheidung privatrechtlicher Streitigkeiten darstelle (RIS-Justiz RS0045143). Allerdings stehe dem Beklagten die dem Privatrecht zuzuordnende Einwendung zu, dass vor der Anrufung der ordentlichen Gerichte das Vereinsschiedsgericht angerufen und der statutarische Instanzenzug ausgeschöpft sein müsse (RIS-Justiz RS0045598). Diese - im Schrifttum überwiegend kritisierte (vgl SZ 58/178) - „temporäre" Beschränkung des Zugangs zu den ordentlichen Gerichten könne dadurch zu einer endgültigen werden, dass das Vereinsmitglied die in den Vereinsstatuten vorgesehene Berufungsinstanz (bzw das Schiedsgericht überhaupt [SZ 70/206]) nicht anrufe (8 Ob 566/93). Andererseits wurde aber auch entschieden, dass die Übertragung einer Entscheidungsbefugnis über privatrechtliche Ansprüche in den Statuten zu ihrer Wirksamkeit einer schriftlichen Unterwerfungserklärung des Vereinsmitglieds bedürfe (RIS-Justiz RS0045153), weshalb etwa - ohne eine solche Erklärung - Streitigkeiten über die Bezahlung der Mitgliedsbeiträge (SZ 37/31) oder auch Schadenersatzansprüche (3 Ob 543/94; vgl auch 6 Ob 62/04i mwN) nicht vor die Vereinsschiedsgerichte gehörten. Nach anderen Entscheidungen war vom Erfordernis der internen Überprüfung der Willensbildung des Vereins bei Streitigkeiten privatrechtlicher Natur nur dann abzusehen, wenn die Beschlüsse und Entscheidungen des Vereins sich allesamt auf die nach außen und innen wirkende Struktur des Vereins erstreckten oder die Anrufung des vorgesehenen Vereinsgerichts unzumutbar, insbesondere schon infolge der „nicht paritätischen" Besetzung zu der Entscheidung ungeeignet war oder wenn ohnehin bereits durch ein satzungsmäßig zuständiges Organ die Unzuständigkeit ausgesprochen wurde (SZ 70/206; SZ 73/199 je mwN).

§ 8 Vereinsgesetz 2002 bestimmt unter der Überschrift „Streitschlichtung":

„(1) Die Statuten haben vorzusehen, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind. Sofern das Verfahren vor der Schlichtungseinrichtung nicht früher beendet ist, steht für Rechtsstreitigkeiten nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung der ordentliche Rechtsweg offen. Die Anrufung des ordentlichen Gerichts kann nur insofern ausgeschlossen werden, als ein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO eingerichtet wird.

(2) Die Statuten haben die Zusammensetzung und die Art der Bestellung der Mitglieder der Schlichtungseinrichtung unter Bedachtnahme auf deren Unbefangenheit zu regeln. Den Streitparteien ist beiderseitiges Gehör zu gewähren".

Diese Bestimmung stellt zunächst im Sinn der Rechtsprechung klar, dass die Anrufung der ordentlichen Gerichte nach Entscheidung durch ein Vereinsschiedsgericht zulässig ist. Während § 4 Abs 2 lit j VerG 1951 - wie nun auch § 3 Abs 2 Z 10 VerG 2002 - bloß vorschrieb, dass den Statuten „die Art der Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis" zu entnehmen sein müsse, gebietet § 8 Abs 1 erster Satz VerG 2002 die Aufnahme von Statutenbestimmungen, wonach derartige Streitigkeiten vor einer Schlichtungsstelle auszutragen sind. Daraus ist zu entnehmen, dass der Verein zwingend über eine eigene Streitschlichtung verfügen muss (Fessler/Keller, Kommentar zum Vereinsgesetz 2002, 104). Insbesondere auch im Zusammenhang mit dem zweiten Satz des § 8 Abs 1 ergibt sich, dass nun zwingend vor der Anrufung der ordentlichen Gerichte vorerst zumindest der Versuch unternommen werden muss, die Schlichtungseinrichtung anzurufen (Fessler/Keller aaO 106; Brändle, Das österreichische Vereinsrecht³ 106). (Auch) nach der neuen Rechtslage führt daher im Fall der vorzeitigen Anrufung des Gerichts die materiellrechtliche Einwendung der mangelnden Klagbarkeit zur Abweisung der Klage (Krejci/Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, Vereinsgesetz 2002 § 8 Rz 6). Nach den Gesetzesmaterialien zum Vereinsgesetz 2002 die auszugsweise schon vom Berufungsgericht wiedergegeben wurden, soll mit dem neuen § 8 insbesondere die Auseinandersetzung der Frage, ob eine bloße Vereinsstreitigkeit oder eine Rechtsstreitigkeit aus dem Vereinsverhältnis vorliege, erspart werden. Die Streitschlichtungsstelle sei „sowohl zur Schlichtung rechtlicher als auch sonstiger Vereinsstreitigkeiten" berufen. Zwar seien wohl die meisten, keineswegs aber alle Vereinsstreitigkeiten zugleich auch „Rechtsstreitigkeiten". Eine reine Vereinsstreitigkeit beträfe beispielsweise die Frage, ob zu einer Veranstaltung des Vereins ein bestimmter Ehrengast eingeladen werden solle oder nicht. Vereinsstreitigkeiten, die keine „Rechtsstreitigkeiten" seien, entscheide die Schlichtungseinrichtung endgültig. Im Übrigen seien „Rechtsstreitigkeiten aus Vereinsverhältnissen bürgerliche Rechtssachen gemäß § 1 JN" (990 BlgNR 21. GP, 28).

Aus diesen Ausführungen ist abzuleiten, dass die jetzt gemäß §§ 3 und 8 VerG 2002 vorzusehenden Schlichtungseinrichtungen nicht nur bei bloßen Meinungsverschiedenheiten über vereinsinterne Angelegenheiten oder allenfalls darüber hinaus nur mit Fällen typischer interner Selbstverwaltung befasst werden sollen, wie in einem Teil der Rechtsprechung zu § 4 VerG 1951 vertreten wurde, sondern, dass der Begriff der „Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis" umfassender als in jenen Entscheidungen, die bei privatrechtlichen Rechtsstreitigkeiten eine weitere Differenzierung vornahmen (keine Geldansprüche wie Mitgliedsbeiträge, Schadenersatz), zu verstehen ist. Gesetzesmaterialien kommt zwar nicht die Bedeutung wie dem Gesetz selbst oder gar eine diesem übergeordnete Bedeutung zu (9 ObA 49/04b; RIS-Justiz RS0088919). Ein Rechtssatz, der im Gesetz nicht angedeutet ist und nur in den Materialien steht, kann nicht durch Auslegung Geltung erlangen (RIS-Justiz RS0008799). Die ausdrückliche gesetzliche Vorschrift, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis - ohne weitere Differenzierung - vor einer Schlichtungsstelle auszutragen sind und die Möglichkeit des Zugangs zu den ordentlichen Gerichten mit (höchstens) sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungsstelle begrenzt ist, spricht aber dafür, dass die zitierten Gesetzesmaterialien den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringen, den Begriff der „Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis" auf alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder Vereinsmitgliedern untereinander auszudehnen, sofern sie mit dem Vereinsverhältnis im Zusammenhang stehen. Abgrenzungsprobleme sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Eine Einschränkung der Zuständigkeit der Streitschlichtungsstelle auf bestimmte Vereinsangelegenheiten ist nicht (mehr) zulässig. Sehen demgemäß die Statuten - so wie hier festgestellt - ohnehin vor, dass das Schiedsgericht „bei allen aus dem Vereinsverhältnis entstandenen Streitigkeiten" entscheiden solle, kann einer solchen Bestimmung im Wege der Auslegung kein anderer als der vom Gesetzgeber beigemessene Sinn unterstellt werden.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der vorliegende Rechtsstreit im Sinn des § 8 VerG 2002 „aus dem Vereinsverhältnis" resultiert, ist nicht zu beanstanden. Der klagende Verein wirft dem Beklagten pflichtwidrige Handlungen als Vereinsmitglied und als ehemaliger Vereinsobmann vor, die zu einer Schädigung des Vereins geführt hätten. Auch die dem Verein nach dem Klagevorbringen zedierten Schadenersatzansprüche dreier Vereinsmitglieder haben ihre Ursache in den behaupteten Verhaltensweisen des Beklagten als ehemaliger Vereinsfunktionär (rechtswidriger Vereinsausschluss, daraus resultierende Aufwendungen, Beratungs- und Prozesskosten). Der hier zu klärende Privatrechtsstreit wäre ohne Verbundenheit der beteiligten Personen mit dem klagenden Verein nicht denkbar.

Die Ausgestaltung der Schlichtungseinrichtung bleibt zwar auch nach der neuen Rechtslage grundsätzlich den Vereinsstatuten vorbehalten. In § 8 Abs 2 VerG 2002 wird jedoch ausdrücklich hervorgehoben, dass die Unbefangenheit der Schiedsrichter und die Gewährung beiderseitigen Gehörs zu beachten ist. Beim Verstoß gegen diese Grundsätze des fair trial (§ 6 MRK) war schon nach bisheriger Rechtsprechung die sofortige Anrufung des Gerichts möglich und ein darauf gegründeter Abweisungsgrund ausgeschlossen (SZ 69/23; SZ 73/199). Dass diese Grundsätze hier jedenfalls missachtet würden, ist aber nicht von vornherein anzunehmen. Eine ungeeignete Organisation des Vereinsgerichts hat der Kläger im Verfahren erster Instanz nicht behauptet (vgl SZ 73/199). Sein erstmals im Rechtsmittelverfahren erstattetes Vorbringen, der Verein bestehe nur mehr aus vier Mitgliedern - sodass eine unparteiische Besetzung des Schiedsgerichts im Hinblick darauf, dass über Schadenersatzansprüche von drei dieser Mitglieder gegen den Beklagten zu entscheiden sei, von vornherein unmöglich sei -, stellt eine unzulässige Neuerung dar. Abgesehen davon ist die vom Kläger unterstellte Auslegung der nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichts anzuwendenden Schiedsklausel, dass vier Schiedsrichter Vereinsmitglieder sein müssten, keineswegs zwingend. Ebenfalls als Neuerung unbeachtlich ist die in der Revision enthaltene Behauptung, dass seit Herbst 2002 neue Statuten mit einer anderslautenden Schiedsklausel in Geltung stünden und dass nunmehr vom Vereinsvorstand ein „monokratisches Streitschlichtungsorgan" zu bestellen sei (dessen Anrufung im Hinblick auf die Streitbeteiligung der Vorstandsmitglieder des Vereins unzumutbar sei). Mit dem weiteren Argument des Klägers, dass anlässlich diesem Verfahren vorangehender Streitigkeiten mit dem Beklagten (unwirksamer Vereinsausschluss von Vereinsmitgliedern) vergeblich versucht worden sei, ein Schiedsgericht zu befassen, weil die vom Beklagten nominierten Schiedsrichter ihre Mitarbeit verweigert hätten, vermag er keinen dagegen sprechenden Grund aufzuzeigen, mit der nun vorliegenden Streitigkeit ein Schiedsgericht zu befassen. Aus dem Verhalten ehemals nominierter Schiedsrichter kann nicht zwingend auf das Verhalten künftig von den Parteien zu bestellender Schiedsrichter geschlossen werden. Die in diesem Zusammenhang behaupteten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist, hat der Beklagte dem Verein bzw dem Vereinsvorstand niemals eine schriftliche Austrittserklärung oder eine schriftliche Begründung für einen Austritt übermittelt. Ein solches Vorgehen wäre aber gemäß Punkt 6. der - nach den Feststellungen der Vorinstanzen - nach wie vor in Kraft stehenden Statuten aus 1951 Voraussetzung eines wirksamen Vereinsaustritts gewesen. Der Kläger führt in seiner Revision selbst aus, dass der Beklagte Maßnahmen gesetzt habe, um seinen eigenen Vereinsaustritt zu verhindern. Die dem Obersten Gerichtshof nachgereichte „Mitteilung" des Klägers, in der er die Unglaubwürdigkeit der Behauptung des Beklagten, nie wirksam aus dem Verein ausgetreten zu sein, darzulegen versucht, ist unbeachtlich. Die Frage, ob § 8 VerG 2002 dahin auszulegen ist, dass auch Streitigkeiten zwischen dem Verein und ehemaligen Vereinsmitgliedern unter den Begriff der „Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis" zu subsumieren seien, kann daher hier auf sich beruhen.

Die zutreffend die Klage abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen sind zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.