OGH vom 06.06.2019, 2Nc21/19i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** B*****, vertreten durch Hämmerle & Hämmerle Rechtsanwälte GmbH in Rottenmann, gegen die beklagten Parteien 1. N***** GmbH, *****, 2. Tourismusverband S*****, beide vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, wegen 24.126,50 EUR sA und Feststellung, aufgrund der Befangenheitsanzeige des Hofrats ***** vom im Revisionsverfahren AZ *****, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Hofrat ***** ist als Mitglied des ***** Senats im Verfahren über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien zu AZ ***** befangen.
Text
Begründung:
Für die Behandlung des im Spruch genannten Rechtsmittels ist nach der Geschäftsverteilung der ***** Senat des Obersten Gerichtshofs zuständig. Hofrat ***** ist Mitglied dieses Senats.
Am zeigte er seine Befangenheit in dieser Rechtssache an (§ 22 GOG). Zwar sei er nicht Mitglied des zweitbeklagten Tourismusverbands, doch lebe er seit Jahrzehnten im fraglichen Ort, unter dessen Einwohnern vielfach grundsätzlich das Du-Wort gepflogen werde. Angesicht der Kleinheit des Ortes, in dem „jeder jeden kenne“, fühle er sich subjektiv befangen.
Rechtliche Beurteilung
Die Befangenheitsanzeige ist begründet.
Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn bei objektiver Betrachtung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Befangenheit liegt dann vor, wenn ein Richter an eine Rechtssache nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantreten kann, somit eine Hemmung zu unparteiischer Entscheidung durch sachfremde psychologische Motive gegeben ist (RIS-Justiz RS0046052). Bei der Selbstanzeige einer Befangenheit durch den Richter ist unter Beachtung des Interesses am Ansehen der Justiz kein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen und grundsätzlich die Befangenheit zu bejahen (6 Nd 510/01; RS0045943 [T3]).
Anderes würde nur gelten, wenn die Anzeige subjektiver Befangenheit offenkundig missbräuchlich erfolgte oder die angegebenen Umstände ihrer Natur nach nicht geeignet wären, eine solche Befangenheit zu begründen (2 Ob 193/15v). Beides trifft hier nicht zu: Es ist nachvollziehbar, dass sich ein Richter, der in der ländlichen Kleingemeinde lebt und die dort üblichen Sozialkontakte pflegt, nicht in der Lage sieht, in Verfahren dieser Gemeinde oder eines mit ihr verbundenen Tourismusverbands unbefangen zu entscheiden. Zudem könnten auch Außenstehende den Eindruck gewinnen, dass die angezeigte Nahebeziehung einer unbefangenen Entscheidung entgegensteht.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0020NC00021.19I.0606.000 |
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Fundstelle(n):
AAAAD-41545