OGH vom 25.04.2019, 4Ob230/18d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.Prof. Dr. Brenn, Priv.-Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin Republik Slowenien, vertreten durch Drźavno Odvedniśtvo, Ljubljana, Śubićeva 1, Slowenien, vertreten durch Mag. Rudolf Vouk und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die Beklagten 1. I***** M*****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, 2. R***** A*****, 3. H***** H*****, 4. Dr. S***** B*****, 5. B***** M*****, 6. Verlassenschaft nach A***** S 7. P***** M*****, jeweils vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 8.512.651,47 EUR sA, über die Revisionen der Erstbeklagten sowie der Zweit- bis Siebentbeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 15/18f-277, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 5 Cg 111/08g267, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Den Revisionen wird gegeben.
Die Beklagten sind schuldig, der Klägerin die wie folgt bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar die Erstbeklagte 2.887,49 EUR (darin 481,25 EUR USt), die Zweitbeklagte 2.956,88 EUR (darin 492,81 EUR USt), die Drittbeklagte 2.987,12 EUR (darin 497,85 EUR USt), die Viert-, Fünft-, Sechst- und Siebentbeklagten jeweils 2.239,90 EUR (darin jeweils 373,32 EUR USt).
Text
Entscheidungsgründe:
Die Rechtsvorgänger der Beklagten waren bis 1945 Eigentümer einer Weberei in Slowenien (damals Teilgebiet von Jugoslawien). Im Jahr 1945 wurde mit Strafurteil des Kriegsgerichts Ljubljana sowie mit Bescheid eines Konfiskationsausschusses auf Grundlage des sogenannten AVNOJ-Erlasses das Vermögen dieser Rechtsvorgänger beschlagnahmt und verstaatlicht und sie wurden aus Jugoslawien ausgewiesen.
Die Beklagten stellten im Jahr 1993 bei einer slowenischen Verwaltungsbehörde einen Antrag auf Entnationalisierung des Vermögens gemäß dem Entnationalisierungsgesetz; beim Kreisgericht Ljubljana stellten sie einen Antrag auf Änderung des Strafurteils des Kriegsgerichts. Letzterem Antrag wurde 1995 stattgegeben und das Urteil des Kriegsgerichts Ljubljana aus dem Jahr 1945 aufgehoben. Die Beklagten stellten daraufhin beim zuständigen slowenischen Bezirksgericht einen Antrag auf Rückübergabe des beschlagnahmten Vermögens nach dem Gesetz über die Durchführung von Strafsanktionen (ZIKS-Gesetz). Die Verwaltungsbehörde stellte 1996 das Entnationalisierungsverfahren ein und verwies die Beklagten auf das gerichtliche ZIKS-Verfahren.
2002 gab das Bezirksgericht dem Antrag der Beklagten auf Vermögensrückgabe statt. Die Klägerin wurde mit Beschluss verpflichtet, den Beklagten eine Entschädigung für das zu erstattende, mit umgerechnet 7.193.824,66 EUR bewertete Vermögen in Form von Staatsanleihen der Republik Slowenien zu leisten. Nach Bestätigung dieser Entscheidung 2003 durch das Gericht zweiter Instanz erbrachte die Klägerin die titelmäßig geschuldete Leistung an die Beklagten durch Übergabe von insgesamt 171.535 Stück Staatsanleihen in zwei Tranchen am und am .
Allerdings hob der Oberste Gerichtshof der Republik Slowenien in Abkehr von seiner bis damals geübten Rechtsprechung am die Beschlüsse der ersten und zweiten Instanz über die Entschädigung auf und verwies die Sache an das Bezirksgericht zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens zurück, um zu klären, auf welcher Rechtsgrundlage die Beschlagnahme des Vermögens erfolgt sei, zumal davon abhängig sei, ob die Beklagten die Rückgabe des beschlagnahmten Vermögens im Verwaltungsverfahren (ZDen-Verfahren) oder in einem gerichtlichen Verfahren (ZIKS-Verfahren) begehren müssen. Nach weiteren Rechtsgängen entschied der Oberste Gerichtshof Sloweniens schließlich 2006, dass das Vermögen den Rechtsvorgängern der Beklagten 1945 nicht auf Grundlage des Strafurteils, sondern auf Grundlage des Beschlagnahmebeschlusses des Konfiskationsausschusses abgenommen worden sei, weshalb das Gericht über die Rückgabe des Vermögens mangels Zuständigkeit nicht entscheiden könne. Über den Anspruch auf Rückgabe des beschlagnahmten Vermögens müssten Verwaltungsorgane im Rahmen des ZDen-Verfahrens entscheiden. Im Hinblick auf diese Entscheidung forderte die Klägerin die Beklagten erfolglos auf, die geleistete Entschädigung zurückzuerstatten. Eine von den Beklagten gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom slowenischen Verfassungsgericht 2007 nicht zur Behandlung angenommen. Das von den Beklagten schon 1993 eingeleitete Verwaltungsverfahren wurde 2008 fortgesetzt und ist nach wie vor anhängig; es hat bisher noch zu keinem Zuspruch einer Entschädigung geführt. Der nach der Entscheidung des slowenischen Obersten Gerichtshof von den Beklagten angerufene Europäische Gerichtshof für Menschenrechte lehnte die Behandlung der Beschwerde ab.
Die Klägerin fordert von den Beklagten (die Erstbeklagte ist im Sprengel des Erstgerichts wohnhaft) die Rückzahlung der Gegenwerte der ausbezahlten Staatsanleihen, soweit sie nicht gutgläubig verbraucht wurden. Der Rechtsgrund der von ihr erbrachten (Entschädigungs-)Leistung sei durch den Beschluss des Obersten Gerichtshofs der Republik Slowenien nachträglich weggefallen, sodass die Beklagten nicht berechtigt seien, die geleisteten Beträge zu behalten.
Die Beklagten wenden ein, die Aufhebungsentscheidung des Obersten Gerichtshofs der Republik Slowenien widerspreche dem österreichischen ordre public, weshalb sie nicht anzuerkennen sei. Die Vorgangsweise der slowenischen Gerichte führe nämlich im Ergebnis zu einer entschädigungslosen Enteignung der Rechtsvorgänger der Beklagten; darüber hinaus habe das Verfahren in Slowenien nicht den Grundsätzen eines fairen Verfahrens entsprochen. Das Klagebegehren sei aufgrund des bisherigen Verhaltens der slowenischen Gerichte und Verwaltungsbehörden rechtsmissbräuchlich. Solange keine Entscheidung im ZDen-Verfahren vorliege, könne die Klägerin nicht behaupten, die Beklagten stützten sich auf ungerechtfertigte Restitutionsansprüche und seien durch die ausgezahlte Entschädigung bereichert. Eine Rückforderung sei nach slowenischem Recht nicht möglich, weil es sich bei den Entschädigungszahlungen um die Erfüllung einer moralischen Verpflichtung im Sinne des slowenischen Obligationenrechts handle. Davon abgesehen stehe der Rückforderung der Entschädigungsleistungen deren gutgläubiger Verbrauch durch die Beklagten entgegen. Für den Fall der Berechtigung der Klagsforderung rechneten die Beklagten mit ihren Ansprüchen auf Entschädigungszahlung gegen die Klagsforderung auf.
Das Erstgericht sprach aus, dass die Klagsforderung gegen die Erstbeklagte mit 1.273.290,14 EUR, gegen die Zweitbeklagte mit 1.303.690,14 EUR, gegen die Drittbeklagte mit 1.316.690,14 EUR, gegen die Viert-, Fünft- und Sechstbeklagte sowie den Siebtbeklagten mit je 987.517,61 EUR zu Recht, die Gegenforderungen hingegen nicht zu Recht bestehen; es sprach die Klagsforderungen im berechtigten Ausmaß zu und wies das Mehrbegehren ab.
Die Anerkennung der slowenischen Entscheidung richte sich nach den Regeln der EO, die eine Ipso-iure-Anerkennung bei Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen vorsehe. Bei der Beurteilung, ob eine ausländische Entscheidung anzuerkennen sei, dürfe diese keinesfalls in der Sache selbst in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht nachgeprüft werden. Die Anerkennung könne aber dann versagt werden, wenn sie dem ordre public Österreichs widerspreche. Dem slowenischen ZIKS-Verfahren hafte kein elementarer Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens an; die Entscheidung des Slowenischen Obersten Gerichtshofs vom sei daher anzuerkennen. Das ZIKS-Verfahren zeichne sich zwar durch eine sehr lange Verfahrensdauer aus; eine überlange Verfahrensdauer sei aber kein Verstoß gegen den ordre public, zumal in einem solchen Fall die Ablehnung der Anerkennung bzw Vollstreckung nicht geeignet sei, den Grundrechtsverstoß auszugleichen, sondern vielmehr eine neuerliche gerichtliche Auseinandersetzung erforderlich mache. Mit der Entscheidung vom habe der Slowenische Oberste Gerichtshof seine bisherige Rechtsprechung geändert, nach der die Berechtigten, deren Vermögen durch Strafurteil beschlagnahmt wurde, zwischen dem ZIKS- und dem ZDen-Verfahren wählen konnten. Allein der Umstand einer Änderung der Rechtsprechung führe aber nicht zu einem Verstoß gegen den österreichischen ordre public, zumal auch der österreichische Verfassungsgerichtshof ausgesprochen habe, dass aus einer bloßen Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung der Höchstgerichte schon allein aus Gründen des Rechtsstaatsprinzips kein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen abgeleitet werden könne. Auch dass die Rechtsprechungsänderung dazu geführt habe, dass die Beklagten eine Entschädigungsleistung in einem anderen Verfahren anstreben müssen, mache die ausländische Entscheidung nach österreichischen Rechtsgrundsätzen nicht untragbar. Ob der Slowenische Oberste Gerichtshof in diesem Einzelfall inhaltlich richtig entschieden habe, sei bei der Beurteilung der Anerkennungsfähigkeit der Entscheidung nicht zu prüfen. Die Anerkennung der Entscheidung des Slowenischen Obersten Gerichtshofs führe auch nicht zu einem Zustand, der einer entschädigungslosen Enteignung gleichkomme. Einerseits sei die Enteignung bereits 1945 durch Behörden des damaligen Jugoslawien erfolgt; andererseits sei mit der Entscheidung vom nicht ausgesprochen worden, dass den Beklagten keine Entschädigung zustehe; die Beschlüsse der unteren Instanzen seien lediglich zur Klärung der Frage aufgehoben worden, auf welcher Rechtsgrundlage die Vermögensbeschlagnahme erfolgt und in welchem Verfahren eine Entschädigung zu begehren sei. Im weiteren Rechtsgang habe der Slowenische Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass im Rahmen des ZDen-Verfahrens über die Rückgabe des Vermögens bzw eine Entschädigung für die Enteignung zu entscheiden sei. Auch in der österreichischen Rechtsordnung sei es möglich, dass eine bereits vollstreckbare Entscheidung bei Erhebung einer außerordentlichen Revision durch den Obersten Gerichtshof aufgehoben werde und damit die Rechtsgrundlage für eine allenfalls bereits erfolgte Leistung einer Partei nachträglich wegfalle; darin liege kein Verstoß gegen Grundprinzipien der österreichischen Rechtsordnung. Die Anerkennung der Entscheidung habe auch nicht zur Folge, dass der AVNOJ-Erlass als taugliche Rechtsgrundlage für Enteignungen anerkannt werde oder Österreich die direkte Anwendung der AVNOJ-Bestimmungen akzeptiere, zumal mit der Anerkennung der Entscheidung keine Aussage darüber getroffen werde, ob die Enteignung im Jahr 1945 rechtmäßig erfolgt sei. Insgesamt sei die Entscheidung des Slowenischen Obersten Gerichtshofs vom daher in Österreich anzuerkennen und bei der Beurteilung der vorliegenden Rechtssache zu berücksichtigen.
Der von der Klägerin geltend gemachte Bereicherungsanspruch sei unstrittig nach slowenischem Recht zu beurteilen (§ 46 IPRG). Nach Art 190 Abs 1 des slowenischen Obligationengesetzbuches (OGB) müsse derjenige, der ohne Rechtsgrund auf Schaden eines anderen bereichert wurde, das Erlangte zurückgeben oder, sollte dies nicht möglich sein, den Wert der dadurch gewonnenen Vorteile ersetzen. Gemäß Art 190 Abs 3 OGB handle es sich auch dann um eine Bereicherung ohne Rechtsgrund, wenn jemand etwas im Hinblick auf eine Grundlage erhalte, die sich nicht verwirklicht habe oder nachträglich weggefallen sei. Da der Slowenische Oberste Gerichtshof mit seiner Entscheidung vom den rechtskräftigen Beschluss aufgehoben habe, der Grundlage für die Auszahlung der Entschädigung gewesen sei, sei der Rechtsgrund für die Auszahlung nach Art 190 Abs 1 und 3 OGB nachträglich weggefallen. Nach Art 192 OGB sei die Rückforderung dessen ausgeschlossen, was gegeben oder getan wurde, um eine natürliche Schuld oder eine sittliche (moralische) Pflicht zu erfüllen. Unter dem Rechtsgrund iSd Art 190 Abs 1 OGB sei daher nicht nur eine gültige und einklagbare Rechtsgrundlage, sondern auch eine nicht einklagbare sittliche Pflicht oder eine Naturalobligation zu verstehen. Dem Slowenischen Obersten Gerichtshof zufolge bestehe eine moralische Verpflichtung dann, wenn keine gesetzliche Verpflichtung vorliege. Die Zahlung von Schadenersatz sei nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung eine prozessuale bzw gesetzliche und keine moralische Verpflichtung. Eine im ZIKS- oder ZDen-Verfahren ergangene rechtskräftige Entscheidung auf Rückgabe bzw Entschädigung konfiszierten Vermögens bewirke eine gesetzliche Pflicht zur Entschädigung. Wenn eine gesetzliche Pflicht nicht bestehe – etwa weil der Oberste Gerichtshof die Entscheidung aufgehoben habe, weil er die Voraussetzungen für eine Entschädigung für nicht gegeben hielt – könne auch keine sittliche Pflicht im Zusammenhang mit einer konkret zuerkannten Entschädigung bestehen. Die Klägerin habe die Entschädigung nicht aus sittlicher Pflicht bezahlt, sondern weil sie eine gesetzliche Pflicht zur Leistung der Entschädigung angenommen habe. Dem Bereicherungsanspruch der Klägerin stehe daher keine Zahlung aus sittlicher Pflicht iSd Art 192 OGB entgegen. Auch die Erfüllung einer Naturalobligation komme als Rechtsgrundlage für die Entschädigung nicht in Betracht. Der Sinn der Kondiktion wegen nachträglich entfallener Rechtsgrundlage sei es, eine ungerechtfertigte Bereicherung zu verhindern, dies jedoch erst dann, wenn endgültig feststehe, dass die Rechtsgrundlage entfallen sei. Da die gerichtliche Entscheidung über die Restitution nach dem ZIKS-Gesetz, aufgrund der die Auszahlung erfolgt sei, endgültig aufgehoben worden sei und ein anderer Rechtsgrund (etwa eine Entscheidung nach dem ZDen-Gesetz) nicht vorliege, fehle es an einem Rechtsgrund für die Entschädigungsleistung iSd Art 190 Abs 1 und Abs 3 OGB. Es sei zu einer Vermögensverschiebung gekommen, deren Rechtsgrund nachträglich weggefallen sei, sodass die Beklagten durch die Entschädigung ungerechtfertigt bereichert seien.
Zum Einwand des Rechtsmissbrauchs führte das Erstgericht aus, dass nach Art 7 OGB Missbrauch bei der Durchsetzung eines Rechts untersagt sei und man unter Rechtsmissbrauch ganz allgemein die Durchsetzung eines Rechts verstehe, das zwar im Rahmen des formell Erlaubten bleibe, aber dem Zweck des Rechts widerspreche. Wenn jemand sein Interesse auf mehrere Arten verwirklichen könne, müsse er die Interessen der Gegenpartei berücksichtigen und könne nicht die Art wählen, die für die Gegenpartei unverhältnismäßig aufwendiger sei. Im formellen Sinn habe die Klägerin das Recht, das zurückzufordern, was aufgrund einer später wieder aufgehobenen Entscheidung ausbezahlt worden sei. Dass bei der Rückzahlung des Erlangten der Bereicherte in massive finanzielle Schwierigkeiten gelangen würde, begründe keinen Rechtsmissbrauch iSd Art 7 OGB. Berücksichtige man, dass noch nicht feststehe, ob den Beklagten nach den ZDen-Bestimmungen überhaupt eine Entschädigung zustehe, könne es nicht dem Zweck des Rechts widersprechen, wenn die Klägerin ihr Recht, die aufgrund einer später wieder aufgehobenen Entscheidung ausbezahlte Entschädigung zurückzufordern, geltend mache. Die Klägerin habe ein objektiv begründetes, von der Rechtsordnung anerkanntes Interesse daran, nach Wegfall der Rechtsgrundlage die geleistete Entschädigung und damit einen erheblichen Vermögenswert zurückzufordern. Eine andere Möglichkeit, dieses Interesse zu verwirklichen, bestehe für die Klägerin nicht. Es könne nicht angenommen werden, dass hinter diesem Begehren solch unlautere, das berechtigte Interesse der Klägerin an der Rückforderung deutlich überwiegende Motive stehen würden, dass von einer dem Zweck des Rechts widersprechenden Rechtsausübung gesprochen werden könne. Dass das ZDen-Verfahren trotz seiner Fortsetzung bereits im Jahr 2008 nach wie vor anhängig sei, begründe ebenfalls keinen Rechtsmissbrauch. Sollte die Klägerin tatsächlich versuchen, das ZDen-Verfahren zu verzögern, sei in einem solchen Verfahren mit den im slowenischen Verwaltungsverfahren vorgesehenen Rechtsbehelfen vorzugehen. Rechtsmissbrauch sei daher nicht gegeben.
Die (im Revisionsverfahren nicht mehr strittige) Höhe des Bereicherungsanspruchs prüfte das Erstgericht nach slowenischem Recht und gelangte – unter Berücksichtigung der Frage des gutgläubigen Verbrauchs – zum spruchmäßigen Ergebnis.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zur Frage der ordre public-Widrigkeit im Zusammenhang mit der langen Verfahrensdauer zulässig sei.
Die Erstbeklagte sowie auch die Zweit- bis Siebentbeklagten erheben jeweils Revision gegen diese Entscheidung und beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, den Revisionen nicht Folge zu geben.
Beide Revisionen sind zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Revisionen machen geltend, die Entscheidung des slowenischen Höchstgerichts verstoße gegen den ordre public, dies wegen überlanger Verfahrensdauer, einer unvorhersehbaren Änderung der Rechtsprechung und schließlich, weil damit eine entschädigungslose Enteignung herbeigeführt werde. Da die EuGVVO nicht anwendbar sei, käme eine Anerkennung der slowenischen Entscheidung nur bei Gegenseitigkeit in Betracht, die hier nicht gegeben sei. Letztlich sei das Vorgehen der Klägerin rechtsmissbräuchlich.
Damit zeigen die Beklagten keine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts auf.
Rechtliche Beurteilung
1.1. Zutreffend ist, dass die hier gegenständlichen Entscheidungen slowenischer Gerichte nicht nach der EuGVVO anerkannt werden können. Die letztinstanzliche Entscheidung ist nämlich am und damit noch vor dem Beitritt Sloweniens zur Europäischen Union am ergangen.
1.2. Gemäß Art 66 Abs 1 EuGVVO sind die Vorschriften dieser Verordnung nur auf solche Klagen und öffentliche Urkunden anzuwenden, die erhoben bzw aufgenommen worden sind, nachdem die Verordnung in Kraft getreten ist. Dieses Erfordernis bezieht sich sowohl auf den Ursprungs- als auch auf den Vollstreckungsmitgliedstaat (3 Ob 201/05p; Klausner in Fasching/Konecny² Art 66 EuGVVO Rz 46 mwN) Damit ist ausdrücklich normiert, dass die Verordnung nicht zurückwirkt (RIS-Justiz RS0117841; so schon zum LGVÜ: RS0107140).
1.3. Eine Anerkennung kommt auch nach Art 66 Abs 2 EuGVVO nicht in Betracht. Denn die Anerkennung von Entscheidungen, die aufgrund einer vor Inkrafttreten der EuGVVO eingebrachten Klage ergangen sind, setzt voraus, dass zumindest im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung die EuGVVO im Ursprungs- und im Vollstreckungsmitgliedsstaat in Kraft getreten ist (EuGH C-514/10, Wolf Naturprodukte GmbH; 3 Ob 140/17k). Diese Voraussetzung war hier ebenfalls nicht erfüllt.
1.4. Slowenien ist weder dem EuGVÜ noch dem LGVÜ beigetreten. Eine Anerkennung kommt daher auch nach diesen Normenwerken nicht in Betracht.
1.5. § 79 Abs 2 EO idF vor BGBl I 2016/100 bzw § 406 EO idgF bestimmen gleichlautend, dass Akte und Urkunden für vollstreckbar zu erklären sind, wenn die Akte und Urkunden nach den Bestimmungen des Staates, in dem sie errichtet wurden, vollstreckbar sind und die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge oder durch Verordnungen verbürgt ist. Damit ist klargestellt, dass es formeller bzw verbürgter Gegenseitigkeit bedarf (Garber in Angst/Oberhammer, EO³ § 79 Rz 18). Fehlt es daran, so führt selbst der etwaige Nachweis, dass österreichische Exekutionstitel in dem anderen Staat vollstreckt werden, nicht zur Anerkennungsfähigkeit der Entscheidung (RS0002322; 3 Ob 12/76 = SZ 49/29; Garber in Angst/Oberhammer, EO³ § 79 Rz 19; Burgstaller/Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO5 § 79 Rz 18).
1.6. Ein derartiges Übereinkommen oder eine im Bundesgesetzblatt kundgemachte Regierungserklärung (vgl 1 Ob 2095/96m) besteht hinsichtlich der Republik Slowenien nicht. Gegenseitigkeit ist daher insoweit nicht verbürgt (3 Ob 140/17k; vgl auch 7 Ob 573/93).
2. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um die Anerkennung der prozessrechtlichen Urteilswirkungen, sondern um die Tatbestandswirkungen eines ausländischen Urteils im Fall einer Bereicherungsklage nach Aufhebung dieses Urteils.
2.1. Die Anerkennung einer fremden Entscheidung bedeutet, ihr grundsätzlich die einer inländischen Entscheidung zukommenden verfahrensrechtlichen Wirkungen einzuräumen (Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO5 Vor § 403 Rz 1). Das prozessrechtliche Institut der Anerkennung hat nur eine prozessuale Dimension (Matscher, Zur Theorie der Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach österreichischem Recht, in FS Schima 265 [275 ff]). Insoweit bedeutet die Anerkennung einer Entscheidung die Erstreckung der prozessualen Urteilswirkungen auf das Inland (Hoyer, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen und ihre Vollstreckung im Inland, JBl 1982, 634 [637]).
2.2. Die bedeutendste anzuerkennende Urteilswirkung ist jene der materiellen Rechtskraft. Die Anerkennung erstreckt sich sowohl auf die Einmaligkeitswirkung als auch auf die Bindungs- und Präklusionswirkung (4 Ob 88/18x mwN).
2.3. Nicht zu den prozessualen Urteilswirkungen zählt die Tatbestandswirkung. Von einer solchen Tatbestandswirkung spricht man dann, wenn ein Urteil als juristische Tatsache die Grundlage für den geltend gemachten Anspruch bildet, sei es für die Bildung neuer Privatrechtsansprüche, sei es für deren Änderung oder deren Erlöschen (RS0041431; RS0041401; zuletzt etwa 7 Ob 125/18k). Es handelt sich bei dieser Wirkung des Urteils (in Abgrenzung zu den anderen Urteilswirkungen) gleichsam um eine Nebenwirkung (auch Reflexwirkung) der Entscheidung (4 Ob 151/15g; Klicka in Fasching/Konecny³ § 411 ZPO Rz 169). Während die materielle Rechtskraft rein prozessual jede Neuaufrollung des bereits entschiedenen Anspruchs zwischen den gleichen Parteien ausschließt, tritt eine Tatbestandswirkung nur in dem Umfang ein, den das materielle Recht in Ansehung des neu strittigen Anspruchs festsetzt (RS0041374). Die Tatbestandswirkung zählt wie die Gestaltungswirkung deshalb zu den materiell-rechtlichen Urteilswirkungen, weil mit der Existenz des Urteils eine Änderung der Rechtslage verbunden ist (konstitutive Wirkung; 4 Ob 151/15g).
2.4. Hoyer (Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen und ihre Vollstreckung im Inland, JBl 1982, 634 ff) hat grundlegend ausgeführt, dass die „Anerkennung“ der Tatbestandswirkung nicht den Regeln der Anerkennung der prozessrechtlichen Urteilswirkungen folgt. Bei Vorliegen einer fremden Entscheidung als Tatbestandsmerkmal einer materiellen Norm dürfe nicht sofort der Schluss gezogen werden, dieses Merkmal sei nur dann erfüllt, wenn die fragliche Entscheidung nach dem Recht des Zweitstaates prozessual anerkannt sei. Dieser Schluss sei nur dann richtig, wenn und soweit die entsprechende materielle Norm dieses fordert. In aller Regel werde das nur dann zutreffen, wenn die fremde Entscheidung als Tatbestandselement in einer Norm des materiellen Rechts des Zweitstaates auftritt [639]. Die Norm der lex causae entscheide abschließend darüber, welchen Voraussetzungen die in ihren Tatbestand aufgenommene „Entscheidung“ genügen muss, und zwar grundsätzlich unabhängig davon, in welchem Staat die fragliche Entscheidung ergangen war [643].
2.5. Es entspricht insoweit herrschender Lehre, dass die mit einer Entscheidung verbundenen materiell-rechtlichen Auswirkungen nicht der prozessualen Anerkennungsfähigkeit dieser Entscheidung folgen, sondern sich nach jenem Sachrecht richten, das die Kollisionsnormen der lex fori zur Anwendung berufen (Dörner in Saenger, ZPO7 Art 36 EuGVVO Rz 8; Kropholler/v. Hein, Europäisches Zivilprozessrecht9 Vor Art 33 EuGVVO Rz 17; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht³ Art 33 EuGVVO Rz 59; Leible in Leible/Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art 36 EuGVVO Rz 12; Kodek in Czernich/Kodek/Mayr, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht Art 36 EuGVVO Rz 34; Rassi in Fasching/Konecny² Art 33 EuGVVO Rz 9; Garber in Angst/Oberhammer, EO³ Vor § 79 EO Rz 43; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 413 Rz 10; Klicka in Fasching/Konecny³§ 411 ZPO Rz 175).
3.1. Im vorliegenden Fall richtet sich der Rückforderungsanspruch (unstrittig) nach dem slowenischen Obligationenrecht (zur slowenischen Rechtslage vgl Rudolf, Das neue slowenische Schuldgesetzbuch, ZfRV 2002, 103).
Nach Art 190 Abs 1 des slowenischen Oligationengesetzbuchs (OGB) muss derjenige, der ohne Rechtsgrund auf Schaden eines anderen bereichert wurde, das Erlangte zurückgeben oder, sollte dies nicht möglich sein, den Wert der dadurch gewonnenen Vorteile ersetzen. Gemäß Art 190 Abs 3 OGB handelt es sich auch dann um eine Bereicherung ohne Rechtsgrund, wenn jemand etwas im Hinblick auf eine Grundlage erhält, die sich nicht verwirklicht hat oder nachträglich weggefallen ist. Letzteres entspricht im Wesentlichen dem Regelungsgehalt des § 1435 ABGB, wonach der Geber Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, vom Empfänger zurückfordern kann, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört hat.
3.2. § 1435 ABGB wird über seinen Inhalt hinaus als Stützpunkt für die grundsätzliche Anerkennung einer condictio wegen Wegfalls des Grundes und Nichteintritts des erwarteten Erfolgs verwendet (RS0033952). Er greift nicht nur bei Wegfall des Geschäftszwecks ein, sondern allgemein bei Wegfall jener Umstände, die nach Interessenabwägung und nach dem Sinn des Geschäfts die Grundlage der Leistung bildeten (RS0033931).
3.3. Davon ausgehend hat der Oberste Gerichtshof in zwei Entscheidungen auf § 1435 ABGB gestützten Bereicherungsklagen Berechtigung zuerkannt, die auf die Rückforderung von (nach nicht rechtskräftigen Urteilen geleisteten) Zahlungen nach Aufhebung dieser Urteile gerichtet waren.
3.3.1. Zunächst sprach er in der Entscheidung 1 Ob 663/85 (= SZ 58/204) aus, es könne der auch dem Gläubiger erkennbare Sinn und Zweck der Leistung nur sein, die mögliche Zwangsvollstreckung durch den Gegner zu vermeiden und daher nur für den Fall endgültig zu leisten, dass das Urteil des Berufungsgerichts Bestand hat. Werde hingegen der außerordentlichen Revision Folge gegeben und dem Gläubiger der Anspruch aberkannt oder die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zur neuen Entscheidung zurückverwiesen, sei die Rückforderung des Geleisteten wegen Wegfalls der Leistungsgrundlage zulässig.
3.3.2. Diesen Grundgedanken wiederholte die Entscheidung 7 Ob 6/04i (= JBl 2005, 316 [Mader]). Hebe der Oberste Gerichtshof die Entscheidung der Vorinstanzen auf, stehe dem Leistenden noch vor Abschluss des fortzusetzenden Verfahrens ein Rückforderungsanspruch nach § 1435 ABGB zu, da der Grund der Bezahlung, nämlich das vollstreckbare Urteil, nachträglich weggefallen ist (vgl auch 6 Ob 54/12b). In beiden Entscheidungen stellte der Oberste Gerichtshof jeweils auf das materiell-rechtliche Faktum des tatsächlichen Bestehens eines Urteils als Leistungsgrund sowie auf dessen nachträgliches Erlöschen ab.
3.4. Explizit auf die Tatbestandswirkung nimmt die Entscheidung SZ 13/14 Bezug. Dort ging es um einen Schadenersatzanspruch wegen der Vereitelung der Leistung, die aufgrund eines ausländischen Urteils geschuldet war. Unabhängig von der Anerkennungsfähigkeit dieser Entscheidung führte der Oberste Gerichtshof aus, die Tatbestandswirkung dieses Urteils bestehe darin, dass die Beklagte der Klägerin die im Urteil festgesetzte Leistung zu erbringen habe. Diese Tatbestandswirkung gelte auch jedem Dritten gegenüber.
3.5. Die selbe Auffassung wird auch in der deutschen Lehre zu § 717 Abs 2, Abs 3 dZPO vertreten. Diese Bestimmung normiert einen Schadenersatzanspruch (Abs 2) bzw über eine Rechtsfolgenverweisung einen Bereicherungsanspruch (Abs 3) bei Leistungen auf ein noch nicht rechtskräftiges Urteil, das im Rechtsmittelverfahren aufgehoben wird. Diese Rechtsfolgen treten schon durch die Tatsache ein, dass eine (nicht notwendigerweise rechtskräftige) aufhebende Entscheidung erlassen wurde (Kindl in Saenger, ZPO7, § 717 ZPO Rz 2, 6; Lackmann in Musielak/Voit15§ 717 ZPO Rz 4). Diese Wirkung des aufhebenden Urteils, die für sich schon die genannten Ansprüche auslöst, wird der Tatbestandswirkung zugeordnet (Kuttner, Die privatrechtlichen Nebenwirkungen der Zivilurteile 20; Gaul, Die „Bindung“ an die Tatbestandswirkung des Urteils, in FS Zeuner 317 [346]).
3.6. Wie bereits ausgeführt richtet sich die „Anerkennung“ der Tatbestandswirkung eines Urteils nach dem anwendbaren Sachrecht; das ist hier slowenisches Bereicherungsrecht. Da der Slowenische Oberste Gerichtshof mit seiner Entscheidung vom den rechtskräftigen Beschluss aufhob, aufgrund dessen die Auszahlung der Entschädigung erfolgte, ist die Rechtsgrundlage bzw der Rechtsgrund für die Auszahlung nach Art 190 Abs 1 und 3 OGB nachträglich entfallen. Damit handelt es sich bei der für das vorliegende Verfahren relevanten Wirkung der slowenischen Entscheidung um die Tatbestandswirkung. Diese ist nach den obigen Ausführungen ebenfalls nach slowenischem Recht zu beurteilen.
4.1. Die Berufung der Beklagten auf Art 1 1. ZPMRK ist insoweit nicht stichhaltig, als sie sich auf die entschädigungslose Enteignung von Vermögen im Jahr 1945 bezieht. Eine Rückwirkung dieser Bestimmung auf vor ihrem In-Kraft-Treten erfolgte Enteignungen findet nämlich nicht statt (EGMR , 42527/98, Hans Adam von Liechtenstein/Deutschland; 2 Ob 258/05p mwN).
4.2. Davon abgesehen wurden die Beklagten durch die Entscheidung des slowenischen Höchstgerichts weder enteignet noch wurde ein Anspruch auf Entschädigung verneint. Es handelt sich vielmehr um eine Unzuständigkeitsentscheidung, mit der die Beklagten mit ihren Ansprüchen auf Entschädigungen wegen der 1945 erfolgten Enteignung vom gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über die Durchführung von Strafsanktionen (ZIKS-Verfahren) auf das Verwaltungsverfahren (ZDen-Verfahren) vor den zuständigen slowenischen Behörden verwiesen wurden. Dieses Verfahren ist allerdings nach wie vor anhängig. Für die Behauptung der Beklagten, dass ihre Ansprüche in diesem Verfahren „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ abgewiesen würden, fehlt es an einer entsprechenden Tatsachengrundlage (vgl RS0037797 [T56]; Rassi in Fasching/Konecny² Art 34 EuGVVO Rz 7).
5.1. Der ordre public dient dem Schutz der inländischen Rechtsordnung, nicht so sehr der inländischen Rechtssubjekte (RS0016665). Weil es sich um eine systemwidrige Ausnahme handelt, wird sparsamster Gebrauch gefordert; eine schlichte Unbilligkeit des Ergebnisses genügt ebenso wenig wie der bloße Widerspruch zu zwingenden österreichischen Vorschriften. Gegenstand der Verletzung müssen vielmehr Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung sein. Zweite wesentliche Voraussetzung für das Eingreifen der Vorbehaltsklausel ist, dass das Ergebnis der Anwendung fremden Sachrechts (und nicht bloß dieses selbst) anstößig ist und überdies eine ausreichende Inlandsbeziehung besteht (RS0110743; RS0002402). Es kommt somit auf die Wirkungen im Zweitstaat an und nicht darauf, ob die Entscheidung als solche dem ordre public widerspricht (Rassi in Fasching/Konecny² Art 34 EuGVVO Rz 12). Die Beweislast trifft denjenigen, der sich auf eine Verletzung des ordre public beruft (RS0037797 [T56]).
5.2. Beide Revisionen stehen auf dem Standpunkt, das slowenische Verfahren habe wegen überlanger Dauer gegen Art 6 EMRK verstoßen. Auch wenn dies der Fall wäre, bedeutet dies aber nicht, dass die schlussendlich ergangene Entscheidung wegen Verstoßes gegen den ordre public unbeachtlich wäre (vgl Kodek in Czernich/Kodek/Mayr, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht4 Art 45 EuGVVO 2012 Rz 13; Leible in Rauscher, EuZPR/EuIPR4, Art 45 Brüssel Ia-VO Rz 19).
5.3. Für zivilgerichtliche Erkenntnisse besteht kein Rückwirkungsverbot. Mit einer Judikaturänderung muss daher stets gerechnet werden, weil das Streben nach bestmöglicher Rechtserkenntnis über den Vertrauensschutz zu stellen ist (RS0109026 [T1, T 2]; 4 Ob 237/17g, Kürbiskernöl IV [3.6]). Dass die Entscheidung des slowenischen Höchstgerichts eine Rechtsprechungswende herbeigeführt hat, haben die Vorinstanzen somit zutreffend nicht als Umstand gewertet, der das inländische Rechtsempfinden in unerträglichem Maße verletzen würde.
5.4. Soweit sich die Beklagten auf ihre materiellen Entschädigungsansprüche berufen, die sie den Rückforderungsansprüchen aufrechnungsweise entgegensetzen, fehlt es den österreichischen Gerichten an der inländischen Gerichtsbarkeit, um über derartige Ansprüche zu erkennen.
5.5. Durch die Aufhebung der Entscheidungen, mit denen den Beklagten eine Entschädigung zuerkannt wurde, ist der Rechtsgrund der Leistung weggefallen. Dass die Klägerin diese zurückfordert, obwohl Ansprüche der Beklagten im ZDen-Verfahren noch nicht abschließend geprüft wurden und das Ergebnis dieses Verfahrens zu einem (neuerlichen) Zahlungsanspruch der Beklagten führen könnte, verletzt (wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben) weder den ordre public, noch ist es offenkundig rechtsmissbräuchlich (vgl RS0087797 [T2]).
6. Der Klagsanspruch besteht daher zu Recht. Den Revisionen der Beklagten kann deshalb kein Erfolg beschieden sein.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf den § 41, 50 ZPO. Die Ersatzbeträge orientieren sich am jeweiligen Streitwert für die einzelnen Beklagten.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00230.18D.0425.000 |
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