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OGH vom 29.11.2005, 4Ob229/05p

OGH vom 29.11.2005, 4Ob229/05p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei F*****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Michael F*****, vertreten durch Prunbauer, Themmer & Toth, Rechtsanwälte GmbH in Wien, unter Mitwirkung von Dipl. Ing. Dr. Helmut Wildhack, Patentanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 32.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 3 R 78/05w-19, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 10 Cg 146/04g-15, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 1 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurswerber macht geltend, als weisungsgebundener Angestellter könne er für einen Patentrechtsverstoß nicht verantwortlich gemacht werden. Er habe rechtlich keine Möglichkeit gehabt, seine Vertriebsbemühungen einzuschränken; die Erstbeklagte habe ihm versichert, dass ein Patenteingriff nicht vorliege.

Nach herrschender Auffassung scheitert die Passivlegitimation nicht daran, dass der Beklagte Arbeitnehmer eines nicht am Verfahren beteiligten Unternehmens ist (Gamerith, Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen „Gehilfen", wbl 1991, 305; 4 Ob 12/02x = ÖBl 2002, 297 - Internationales Kultur- und Filmfestival; 4 Ob 45/04b = ÖBl 2004/68 - St. Zeno). Der aus § 147 Abs 1 PatG abgeleitete Unterlassungsanspruch richtet sich - ebenso wie der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch - zunächst gegen den Rechtsverletzer, also den unmittelbaren Störer, das ist derjenige, der sich tatbestandsmäßig verhält (4 Ob 12/02x = ÖBl 2002, 297 - Internationales Kultur- und Filmfestival mwN). Die Vorinstanzen haben den Zweitbeklagten als unmittelbaren Täter haften lassen.

Ihre Auffassung steht mit den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen in Einklang. Der Beklagte tritt in der Öffentlichkeit als „Sales Manager Austria" und als „Österreich-Chef" auf. Er vertreibt die verfahrensgegenständlichen Kaffeeautomaten und setzt damit eine Benutzungshandlung im Sinn des § 22 Abs 1 PatG. Der Patenteingriff setzt im Übrigen kein schuldhaftes Handeln voraus; der Täter haftet auch dann, wenn er nicht weiß, dass er ein fremdes Patent verletzt.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Beklagte eine Vorbenutzung des Patents nicht bescheinigt. Mit seinen dagegen gerichteten Ausführungen bekämpft der Rechtsmittelwerber in Wahrheit die Beweiswürdigung.

Der Rechtsmittelwerber macht als erhebliche Rechtsfrage weiters geltend, dass dem klägerischen Patent keine erfinderische Tätigkeit zugrunde liege und die Gestaltung nahe gelegen sei. Die Einwendung der Nichtigkeit des Klagspatents ist zwar im Provisorialverfahren grundsätzlich zulässig; das Gericht hat die Vorfrage der Gültigkeit oder Wirksamkeit des Patents allerdings nur dann zu prüfen, wenn Gegenbescheinigungsmittel angeboten werden und eine solche Prüfung mit den Mitteln des Provisorialverfahrens möglich ist (4 Ob 317/83 = ÖBl 1984, 43 - Werkzeughalter für Bohrhämmer II). Dem Beklagten ist es nicht gelungen, den im Provisorialverfahren durch die Patenterteilung erbrachten prima facie-Beweis für das Bestehen des Patents (Weiser, PatentG 389, 416) zu entkräften.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor. Das Rekursgericht ist von den erstgerichtlichen Feststellungen nicht abgegangen, sondern hat die Feststellungen lediglich präzisiert, indem es den Anschluss des Verschlusskolbens am Heißwasserbehälter näher beschrieben hat. Dass der Verschlusskolben nicht unmittelbar, sondern über einen Zwischenteil am Heißwasserbereiter befestigt ist, war offenbar auch dem Erstgericht bewusst, wie seine Ausführungen zeigen, es sei nicht entscheidend, ob der Verschlusskolben ein- oder mehrteilig ausgebildet sei. Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht haben somit die Feststellungen über die technische Gestaltung der Kaffeemaschine dahin verstanden, dass geschützte Merkmale des Klagspatents verwirklicht werden.