TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 24.11.2005, 3Ob148/05v

OGH vom 24.11.2005, 3Ob148/05v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei L***** AG, *****, vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, wider die verpflichtete Partei Inge J*****, vertreten durch Dr. Gerald Fürst, Rechtsanwalt in Straßwalchen, wegen 126.447,27 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 53 R 94/05p-5, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Thalgau vom , GZ 5 E 533/05y-2, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Gericht zweiter Instanz bewilligte der betreibenden Partei in Abänderung der abweisenden Entscheidung der ersten Instanz zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Geldforderung die Exekution durch Pfändung des der Verpflichteten gegenüber einer GmbH zustehenden Rechts auf jederzeitige Abtretung deren Eigentumsrechts an einer bestimmten Liegenschaft gegen Zahlung „unter anderem" eines Kaufpreises von 1 EUR.

Die betreibende Partei hatte in ihrem Antrag auf Bewilligung der Exekution auf andere Vermögensrechte vorgebracht, sie habe ausforschen können, dass die Verpflichtete gegenüber der GmbH Anspruch darauf habe, dass gegen Bezahlung u.a. eines Kaufpreises von 1 EUR an die GmbH diese ihren Miteigentumsanteil an der näher bezeichneten Liegenschaft auf jederzeitige Aufforderung an der Verpflichteten abzutreten habe.

Während nach Ansicht des Erstgerichts der Erwerb von Rechten der Verpflichteten durch die betreibende Partei die Titelforderung nicht erkennbar verringern würde und daher die Exekution nicht einmal ausreichend wäre, die Verfahrenskosten zu decken, ging das Gericht zweiter Instanz nicht vom Fall einer von vornherein aussichtslosen, der Befriedigung des betriebenen Anspruchs nicht dienlichen Exekution aus. Es sei grundsätzlich nicht Sache des Bewilligungsgerichts, die Erfolgsaussichten der Exekution zu beurteilen.

Entscheidendes Kriterium für die Zulässigkeit des exekutiven Zugriffs auf ein Vermögensrecht iSd §§ 331 ff EO sei dessen exekutive Verwertbarkeit, wobei es aber ausreiche, wenn das Recht seinerseits den Zugriff auf ein verwertbares Vermögensobjekt ermögliche. Die Exekution sei zu bewilligen, wenn die Unpfändbarkeit des Rechts wegen Unverwertbarkeit nicht von vornherein offenkundig sei. Dies sei hier nicht der Fall, weil das gepfändete Recht letztlich den Zugriff auf die im Hälfteeigentum der Drittschuldnerin stehende Liegenschaft und damit auf ein verwertbares Vermögensobjekt ermöglichen würde. Bei dem von der betreibenden Partei behaupteten Vermögensrecht handle es sich inhaltlich um eine Option, die ein Gestaltungsrecht gewähre, dessen Ausübung unmittelbar die vertraglichen Pflichten begründe. Ein

solches Optionsrecht sei nach der Entscheidung 3 Ob 135/87 = JBl

1988, 530 = RdW 1988, 291 in gewissen Fällen - vor allem wenn das Offert die Übertragbarkeit vorsehe - übertragbar und damit auch der Exekution unterworfen. Die Frage der Übertragbarkeit sei aber nicht schon im Verfahren zur Bewilligung der Exekution zu klären, sondern erst im Verwertungsverfahren nach der zwingend vorgeschriebenen Vernehmung der Beteiligten.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Pfändbarkeit eines Anspruchs auf Abtretung von Liegenschaftseigentum gegen Zahlung einer geringfügigen Gegenleistung fehle.

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 zweiter Satz ZPO nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Das Gericht zweiter Instanz konnte sich für seine Entscheidung auf Rsp des Obersten Gerichtshofs stützen. Sie steht auch im Einklang mit dem Zweck der §§ 330 ff EO, die Exekutionsmöglichkeiten zu erweitern und sämtliche von anderen Exekutionsarten nicht erfassten, aber als Exekutionsobjekte in Betracht kommenden Vermögensrechte des Verpflichteten zu erfassen, weshalb bei der Beurteilung, ob ein Vermögensrecht diesen Bestimmungen unterfällt und gepfändet werden darf, großzügig vorzugehen und im Zweifel die Exekutionsunterworfenheit anzunehmen ist (3 Ob 88/04v = immolex 2005, 154 = RPflE 2004/115 mwN der Lehre). Ob aber ein bestimmtes Optionsrecht im Einzelfall verwertbar ist, begründet entgegen der Ansicht der zweiten Instanz keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 78 iVm § 528 Abs 1 ZPO. Es kann nicht Aufgabe eines Höchstgerichts sein, zu allen denkbaren Sachverhaltskonstellationen Stellung zu nehmen. Auch die Verpflichtete vermag in ihrem Rechtsmittel das Vorliegen derartiger Rechtsfragen nicht aufzuzeigen. Bereits in der Entscheidung 3 Ob 180/88 = NZ 1989, 127 stellte der erkennende Senat klar, dass bei der Exekution nach §§ 331 ff EO der betreibende Gläubiger im Exekutionsantrag weder beweisen noch bescheinigen muss, dass das in Exekution zu ziehende Vermögensrecht verwertet werden kann. Soweit unter Verletzung des auch im exekutionsrechtlichen Rechtsmittelverfahren geltenden Neuerungsverbot (3 Ob 319/04i = ZIK 2005, 144 uva; RIS-Justiz RS0002371) vorgebracht wird, das behauptete Recht stehe nicht ausschließlich ihr, sondern auch mehreren Kindern zu und eine „Verpfändung" würde in Recht der Dritte eingreifen, könnte ebenfalls nicht gesagt werden, dass deshalb das behauptete Recht nicht verwertbar wäre. Keine Verletzung des Neuerungsverbots stellt die Berufung der Verpflichteten auf den Grundbuchsstand dar, weil, wie sich aus dem Akt ergibt, das Erstgericht eine Grundbuchsabschrift erstellen ließ, allerdings wird auch damit keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt. Zunächst widerspricht es dem Grundbuchsstand, dass am Hälfteanteil der Drittschuldnerin ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten eines Dritten einverleibt wäre. Daraus ergibt sich lediglich ein Vorkaufsrecht für diesen Anteil und ein Fruchtgenussrecht für zwei Personen betreffend die Gesamtliegenschaft. Dass ein Fruchtgenussrecht die Veräußerung eines Liegenschaftsanteils nicht zu hindern vermag, bedarf keiner näheren Erörterung, ginge doch ein derartiges dingliches Recht mit dem Eigentum im Zuge der Verwertung auf den Erwerber über (§ 443 erster Satz ABGB). Auch wenn man davon absieht, dass ein Vorkaufsrecht nach der Rsp des Obersten Gerichtshofs nicht auf einem Liegenschaftsanteil, sondern nur am ganzen Grundbuchskörper einverleibt werden dürfte (Apathy in KBB § 1073 ABGB Rz 2 mwN), ergibt sich aus dem Grundbuch keineswegs zwingend, dass eine exekutive Verwertung des Liegenschaftsanteils den Vorkaufsfall begründen würde. Jedenfalls für den Fall einer Zwangsversteigerung hätte das Vorkaufsrecht keine diese hindernde Wirkung, vielmehr gewährte es der Berechtigten lediglich das Recht, zur Versteigerungstagsatzung geladen zu werden (§ 1076 ABGB iVm § 171 EO). Dass aber eine andere Art der Verwertung den Vorkaufsfall begründen würde, ist nicht ersichtlich. Auch ein solches Vorkaufsrecht steht daher der Bewilligung der Anspruchsexekution nicht entgegen.

Als wiederum dem Neuerungsverbot entgegenstehend können die Ausführungen im Rechtsmittel über die aufgrund der Einlösung der Option zu erstattenden Kosten im derzeitigen Verfahrensstadium nicht berücksichtigt werden. Aus der bloßen Formulierung, dass „u.a." als Gegenleistung ein 1 EUR zu zahlen wäre, ergibt sich ebenfalls noch nicht, dass, wie das Erstgericht meinte, durch die Verwertung des gepfändeten Rechts eine auch nur teilweise Befriedigung des betriebenen Anspruchs nicht erfolgen könnte.

Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.