OGH vom 20.05.2009, 2Ob259/08i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1060 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Dr. Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Scherbaum/Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Feststellung (Streitwert und Revisionsinteresse 15.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 101/08g-17, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 50 Cg 75/07w-13, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 976,68 EUR (darin 162,78 EUR USt enthalten) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung:
Mag. Monika H***** (im Folgenden als „Verbraucherin" bezeichnet) benötigte zur Finanzierung einer von ihr gekauften Immobilie einen Kredit. Über Beratung eines selbstständigen (der Beklagten nicht zurechenbaren) Finanzberaters entschied sich die Verbraucherin, für den aufzunehmenden Fremdwährungskredit Produkte der AMIS Financial Consulting AG als Tilgungsträger zu verwenden, wofür sie monatlich 332,50 EUR einzuzahlen hatte. In der Folge schloss die Verbraucherin mit der beklagten Bank, die die genannten Produkte als Tilgungsträger akzeptierte, einen Kreditvertrag ab. In weiterer Folge wurde über die AMIS Financial Consulting AG der Konkurs eröffnet. Die Verbraucherin hat dem klagenden Verein ihre sämtlichen Ansprüche gegen die Beklagte zur Klagsführung abgetreten.
Der klagende Verein begehrt die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche Schäden, die der Verbraucherin aus der dargestellten Kapitalanlage entstehen. Er bringt im Wesentlichen vor, die beklagte Bank habe ihre gegenüber der Verbraucherin bestehenden Aufklärungspflichten über die Risiken des im Kreditvertrag vereinbarten Tilgungsträgers verletzt. Wäre die Verbraucherin entsprechend aufgeklärt worden, hätte sie einen anderen Tilgungsträger gewählt.
Die Beklagte bringt im Wesentlichen vor, ihr Verhalten sei nicht kausal für den geltend gemachten Schaden gewesen. Sie sei beim vorliegenden Kreditgeschäft als reiner Finanzierer aufgetreten. Als solcher würde sie nur dann haften, wenn sie gewusst hätte, dass das zu finanzierende Geschäft mit großer Wahrscheinlichkeit fehl schlage, und darüber nicht aufgeklärt hätte.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab und gingen in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass nach der einschlägigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung im vorliegenden Fall die beklagte Bank allfällige Aufklärungspflichten nicht verletzt habe.
Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, da zur Frage, inwieweit den Kreditgeber, der als reiner Finanzierer auftrete, bei einem unter Einschaltung eines Tilgungsträgers konzipierten Kreditvertrag Aufklärungspflichten treffen, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung existiere. Da der AMIS-Skandal eine größere Zahl von Anlegern betreffe, könne der vorliegende Fall auch für andere Geschädigte Bedeutung haben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen des Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Beratungs- und Aufklärungspflichten von Banken sind grundsätzlich einzelfallbezogen; deren Beurteilung ist daher nicht revisibel, es wäre denn, dem Berufungsgericht wäre eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen (RIS-Justiz RS0106373; vgl auch RS0111165 [T3]), die aber hier nicht vorliegt: Die Vorinstanzen haben in Übereinstimmung mit der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung, der auch die vorliegende Konstellation zwanglos unterstellt werden kann, allfällige Schadenersatzansprüche gegen die beklagte Bank verneint (vgl RIS-Justiz RS0020588; RS0052899; RS0028149; RS0026135 [T6]).
Soweit der Revisionswerber immer wieder Kenntnis der Bank von atypischen Gefahren unterstellt, geht die Rechtsrüge der Revision nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, da gegenteilig festgestellt wurde, die beklagte Partei habe keinerlei derartiges Wissen gehabt.
Auch die Vielzahl der durch den sogenannten AMIS-Skandal Geschädigten macht die im vorliegenden Fall zu beantworteten Rechtsfragen zu keinen erheblichen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO: Wie schon die Beklagte in der Revisionsbeantwortung zutreffend vorbringt, hängt die Frage der jeweiligen Aufklärungspflichten einer Bank auch im Zusammenhang mit dem „AMIS-Skandal" von einer Fülle von Einzelfaktoren im jeweiligen Einzelfall ab (zB Bonität, Wissensstand und Risikobereitschaft des Kunden, Art der Einbindung eines Vermittlers, Rolle der Bank als bloßer Finanzierer oder darüber hinausgehende Rolle uam), was eine generelle Aussage unmöglich macht.
Schließlich wird darauf verwiesen, dass zur allfälligen Haftung wegen unterlassener oder unzutreffender Beratung im Zusammenhang mit dem „AMIS-Skandal" bereits oberstgerichtliche Judikatur vorliegt (6 Ob 249/07x; 2 Ob 189/08w). In beiden Entscheidungen wurde vor allem darauf hingewiesen, dass eine derart weitgehende Aufklärung über ein letztlich jeder Fremdveranlagung immanentes Risiko (Veruntreuung) bisher weder in der Lehre noch in der Rechtsprechung gefordert wurde.