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OGH vom 05.09.1989, 5Ob589/89

OGH vom 05.09.1989, 5Ob589/89

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Eleonore N***, geb. N***, Hausfrau, Innsbruck, Gumppstraße 52, 2.) Renate A***, geb. N***, Hausfrau, Innsbruck-Arzl, Rumerstraße 20,

3.) Helmut N***, Handelsvertreter, Mieders, Holzgasse 16, alle vertreten durch Dr.Eberhard Molling, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Roswitha K***, Angestellte, Mieders, Holzgasse 3, vertreten durch Dr.Johann Paul Cammerlander, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 3,476.860,50 S samt Anhang (Revisionsinteresse 2,247.543,80 S samt Anhang) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom , GZ 2 R 342/88-114, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 12 Cg 719/82-109, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 25.349,22 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 4.224,87 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstklägerin war die Ehegattin, die Zweitklägerin und der Drittkläger waren die ehelichen Kinder des am verstorbenen Josef N***. Die Ehe zwischen der Erstklägerin und dem Verstorbenen wurde am geschlossen und war zum Todeszeitpunkt aufrecht. Die Beklagte war die Lebensgefährtin des Verstorbenen bis zu dessen Tod.

Am schloß Josef N*** mit der Beklagten einen Übergabsvertrag ab (Vertragsverfasser war der Notar Dr.Hans B***), mit dem er seinen Liegenschaftsbesitz, nämlich die Liegenschaft EZ 314 II KG Mieders, bestehend aus dem Grundstück 665/4 Wiese mit dem darauf errichteten Einfamilienhaus Holzgasse 3, mit allem damit verbundenen tatsächlichen und rechtlichen Zubehör, sämtlichen Einrichtungsgegenständen und dem gesamten Inventar, so wie es lag und stand, der Beklagten übergab. Die Beklagte erklärte die Vertragsannahme und übernahm die Liegenschaft samt Zubehör und Inventar in ihr volles Eigentum. Als Gegenleistung räumte die Beklagte Josef N*** auf Lebenszeit das unentgeltliche Recht des Fruchtgenusses an der Liegenschaft samt Zubehör und Inventar ein. Der Wert des Fruchtgenußrechtes wurde mit monatlich 3.000 S angenommen. Der Übergabsvertrag wurde auf Grund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Innsbruck vom , 3 A 39/82-32, verbüchert.

Das Ausmaß des Grundstückes 665/4 betrug 1518 m2. Im A 2-Blatt ist unter Nr. 4 das Recht des Geh- und Fahrweges auf dem Grundstück 665/1 in EZ 269 II KG Mieders eingetragen, wodurch eine ordnungsgemäße Verbindung zum Weg vorhanden ist. Im übergabsvertrag vom wurde vereinbart, daß die noch aushaftenden Beträge der verbücherten Pfandrechte in Höhe von 40.000 S vor Verbücherung vom Übergeber zurückgezahlt werden. Die Beklagte hat die Liegenschaft vom Übergeber also lastenfrei erworben. Die Liegenschaft befindet sich in guter Wohnlage und ist infrastrukturell auf Grund des nahegelegenen Autobahnanschlusses gut erschlossen. Trotz der Nähe der Autobahn ist infolge der Topographie eine Lärmbelästigung nicht feststellbar. Das Wohnhaus wurde in den Jahren 1964 und 1965 erbaut. Die Bauausführung und die Innenausstattung sind überdurchschnittlich. Überfällige Reparaturen sind nicht feststellbar. Eine Garage wurde laut Bescheid vom im Jahre 1972 errichtet.

Mit dem bereits am errichteten, eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testament hatte Josef N*** die Beklagte zur Alleinerbin eingesetzt und die drei pflichtteilsberechtigten Kläger übergangen. Im Verlassenschaftsverfahren 3 A 39/82 des Bezirksgerichtes Innsbruck gab die Beklagte am die bedingte Erbserklärung ab. Am wurde der Beklagten der Nachlaß nach Josef N*** eingeantwortet.

Mit der am beim Erstgericht überreichten Klage begehrten die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von je 1,158.953,50 S samt Anhang bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft EZ 314 II KG Mieders. Josef N*** sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages vom ein dem Tode geweihter Mann gewesen, was den Klägern, Josef N*** und der Beklagten bekannt gewesen sei. Die Übergabe der Liegenschaft an die Beklagte sei daher in Schenkungsabsicht erfolgt. Das Josef N*** von der Beklagten eingeräumte Fruchtgenußrecht sei niemals in Anspruch genommen worden und könne daher sowie auch angesichts des Wissens der Beklagten um den nahen Tod des Josef N*** nicht als Gegenleistung eingestuft werden. Die eingeklagten Beträge stünden den Klägern, ausgehend von einem Gesamtwert des mit dem Übergabsvertrag geschenkten Vermögens von 6,953.721,31 S, als Schenkungspflichtteil zu.

Die Beklagte bestritt das Klagevorbringen, beantragte Klageabweisung und wendete zusammengefaßt ein: Bei dem Übergabsvertrag habe es sich nicht um eine Schenkung oder gemischte Schenkung gehandelt. Eine allfällige (gemischte) Schenkung sei in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksichten des Anstandes gemacht worden. Überdies hätten die Kläger Josef N*** im Notstand hilflos gelassen. Bei Annahme einer Schenkungsabsicht hinsichtlich des unentgeltlichen Teils der durch den Übergabsvertrag erfolgten Zuwendung müßten die von der Beklagten getragenen Nachlaßpassiven und Abhandlungskosten sowie die den Klägern zugute gekommenen Schenkungen und Vorausempfänge berücksichtigt werden. Das Erstgericht verurteilte die Beklagte unter rechtskräftiger Abweisung des Mehrbegehrens zur Zahlung von 741.181,15 S samt Anhang an die Erstklägerin, von 735.181,15 S samt Anhang an die Zweitklägerin und von 771.181,50 S samt Anhang an den Drittkläger. Es traf über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus noch nachangeführte entscheidungswesentliche Feststellungen:

Im Jahre 1977 kam es zwischen der Erstklägerin und dem Verstorbenen zu häufigen Auseinandersetzungen, die darin begründet waren, daß Josef N*** eine Beziehung zur Beklagten, Roswitha M***, nunmehr K***, ehemals P***, unterhielt. Josef N*** reichte hierauf am die Scheidungsklage ein und brachte unter anderem vor, daß die Erstklägerin gefühlskalt, nicht anpassungsfähig, sprunghaft und uneinsichtig sei. Die Erstklägerin wendete als Beklagte im Ehescheidungsverfahren ein, daß ihr Ehegatte eine Beziehung zu einer anderen Frau unterhalte. Der Erstklägerin war zu jenem Zeitpunkt jedoch nicht bekannt, daß es sich bei dieser Frau um die Beklagte handelte. Josef N*** zog hierauf die Klage zurück.

Auf Grund der häufigen Auseinandersetzungen mit ihrem Gatten, in denen Josef N*** auch vor körperlichen Mißhandlungen seiner Frau nicht zurückschreckte, zog die Erstklägerin 1977 aus dem gemeinsamen Wohnhaus in Mieders aus und übersiedelte in die alte Ehewohnung nach Innsbruck in die Gumppstraße. In den folgenden Jahren besuchte Josef N*** häufig die Erstklägerin in Innsbruck, gab ihr die Wäsche zu waschen, aß und nächtigte auch dort. Zugleich wurde Josef N*** von der Beklagten betreut, die ebenfalls für ihn kochte und die Wohnung (in Mieders) aufräumte. Zu diesem Zeitpunkt war das Familienleben noch einigermaßen intakt. So wurde auch das Weihnachtsfest 1978 im Familienkreis, also in Anwesenheit der Erstklägerin, der Zweitklägerin und des Drittklägers, gefeiert. Josef N*** ist allerdings zur Hochzeit des Drittklägers nicht erschienen. Der Verstorbene äußerte jedoch niemals ein Interesse dahingehend, seine Frau solle zu ihm zurückkehren. Er hatte im Gegenteil seiner Frau die Wohnungsschlüssel weggenommen und auch mehrmals zum Ausdruck gebracht, daß er seine Frau nicht mehr in Mieders haben wolle. Er stellte auch einige Tage nach der Trennung von der Erstklägerin deren sämtliche Kleider und altes Geschirr vor die Innsbrucker Wohnung.

Schon zwei Jahre vor der ersten Operation im Jahr 1979 klagte Josef N*** über Rückenschmerzen. Am verständigte die Erstklägerin Dr.H***, daß Josef N*** die ganze Nacht über Schmerzen geklagt habe. Josef N*** wurde am selben Tag von Dr.Max H***, Facharzt für Innere Medizin in Innsbruck, in Untersuchung und Behandlung genommen. Am wurde röntgenologisch ein mottenfraßartiger Knochendefekt im Bereich der 12. Rippe rechts festgestellt. Zur weiteren Abklärung wurde Josef N*** am in das Sanatorium der Kreuzschwestern in Innsbruck überstellt. Durch Untersuchungen wurde festgestellt, daß Josef N*** an einer krebsartigen Wucherung der Plasmazellen des Knochenmarks litt, wobei bereits eine hochgradige Knochenmarksinfiltration mit pathologischen Plasmazellen und ihren Vorstufen eingetreten war. Klinisch ist diese Erkrankung gekennzeichnet durch Knochenschmerzen, Schmerzen und Ausfälle durch Reizung der Nervenwurzeln, Gewichtsabnahme und Zeichen der Blutarmut sowie körperliche Schwäche. Die mittlere Überlebenszeit der behandlungsbedürftigen Plasmocytom-Patienten beträgt 48 Monate, wobei Verläufe von 10 oder mehr Jahren nicht selten sind. Patienten im Stadium 1 der Erkrankung, also im leichtesten Stadium, haben eine mittlere Überlebenszeit von 64 Monaten, Patienten im Stadium 2 (mittleres Stadium) eine solche von 32 Monaten. Für die besondere Form des Plasmocytoms des Josef N*** gelten statistisch gesehen noch etwas niedrigere Lebenserwartungswerte. Am wurde Josef N*** in ambulante Weiterbetreuung entlassen.

Die Kläger wurden noch im Herbst 1979 über den Grad der Erkrankung und die geringe Lebenserwartung des Verstorbenen aufgeklärt.

Nach dem Krankenhausaufenthalt kam es im Befinden von Josef N*** zu einer deutlichen Besserung, weiters zu einer Leistungssteigerung und zu einem starken Rückgang der anfangs hochgradigen Eiweißausschüttung im Harn.

Im Jänner 1980 kam es wieder zu einer Verschlechterung des Zustandes und zu einer Zunahme der Eiweißausschüttung im Harn, sodaß Josef N*** am erneut in stationäre Sanatoriumsbehandlung genommen wurde. Es wurde festgestellt, daß die Knochenherde an Größe und Zahl zugenommen hatten. Es wurden Röntgenbestrahlungen und Kobaltbestrahlungen der 11. und 12. Rippe rechts durchgeführt. Außerdem wurde die cytostatische medikamentöse Therapie fortgesetzt. In der Folge kam es zu einer raschen Besserung des Allgemeinbefindens, zu einem Verschwinden der Eiweißausschüttung im Harn und zu einer labormäßigen Besserung der Nierenfunktion. Am wurde Josef N*** aus der stationären Behandlung entlassen und in der Folge abmulant weiterbetreut.

Die Beklagte zog am zum Verstorbenen. Die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zwischen Franz P*** und der Beklagten führte in der Folge zur Scheidung dieser Ehe. Ab diesem Zeitpunkt kümmerte sich überwiegend die Beklagte um Josef N*** und erhielt für ihre Tätigkeit von diesem 5.400 S (offenbar monatlich); sie war auch sozialversichert. Es läßt sich aber nicht feststellen, inwieweit die Tätigkeit der Beklagten entgeltlich war. Die Beklagte begleitete Josef N*** bei seinen Geschäftsreisen und trug nötigenfalls die Kollektionskoffer. Die Beziehung zwischen Josef N*** und der Beklagten enthielt auch eine erotische Komponente und muß als Lebensgemeinschaft bezeichnet werden. Nachdem die Beklagte zum Verstorbenen gezogen war, unterhielt die Erstklägerin keinen Kontakt zum Verstorbenen mehr.

Im Dezember 1980 hatte sich der Gesundheitszustand von Josef N*** so weitgehend normalisiert und stabilisiert, daß er zu Weihnachten 1980 mit der Beklagten gemeinsam einen Urlaub auf den Kanarischen Inseln verbringen konnte.

Am kam es zu einem neuerlichen schweren Rückfall. Es traten neue Knochenherde im linken Schlüsselbein, in der 6. Rippe rechts, in der 12. Rippe rechts und im linken Oberschenkelknochen auf. Im Brustbeinpunktat waren wieder reichlich Myelomzellen nachzuweisen. Es wurde wieder mit massiver cytostatischer Medikation begonnen. In diese Zeit fällt auch die Errichtung des Testaments durch Josef N***, in welchem er die Beklagte als Universalerbin eingesetzt hat. Vom bis mußte wegen starker Schmerzen im Bereich der 10. Rippe links eine Kobaltbestrahlung verabreicht werden. Auf Anraten von Dr.H*** wurde der für August 1981 geplante Urlaub von Josef N*** in Rhodos storniert. Im Oktober 1981 mußte wegen einer starken Veränderung des Blutbildes im Sinne einer erheblichen Verminderung der roten und weißen Blutkörperchen eine Dosisreduktion der Medikamente vorgenommen werden. Am war die Nierenfunktion noch zufriedenstellend.

Ab Mitte November 1981 kam es zu einer deutlichen Verschlechterung des Allgemeinbefindens sowie zu einer dramatischen Verschlechterung der Nierenfunktion und auch des Blutbildes bis zum . In Anbetracht der sich so rasch verschlechternden Befunde war ein Therapieversuch mit einer anderen Medikamentenkombination im Sanatorium der Kreuzschwestern nicht mehr zu vertreten. Josef N*** wurde daher von seinem bisher behandelnden Arzt Dr.H*** in die Medizinische Universitätsklinik Innsbruck eingewiesen. An dieser wurde Josef N*** am stationär aufgenommen. Josef N*** befand sich in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Haut und Schleimhäute waren blaß, von gelblicher Farbe. Es wurde wiederum das Vorhandensein von pathologischen Eiweißkörpern im Harn nachgewiesen, insbesondere fanden sich auch die Eiweißkörper Bence-Jones-Lambda im Blutserum und im Harn. Bei den mehrfachen röntgenologischen Untersuchungen wurden Knocheninfiltrationsherde in diffuser Verteilung im Schädelknochen, mehrfach im Beckenring, in der 4. und 5. Rippe und auch in der 9. Rippe links, im 8., 9. und 12. Brustwirbel und im 1. Lendenwirbel festgestellt. Es wurde eine entsprechende cytostatische Therapie durchgeführt. An den folgenden Tagen kam es nur zu einer unwesentlichen Veränderung der Serum-Kreatinin-Werte und zu einem weiteren leichten Abfall der Haemoglobinwerte. Josef N*** wurde dennoch am zu einem Weihnachtsurlaub nach Hause entlassen.

Am wurde Josef N*** erneut stationär aufgenommen. Im Allgemeinbefinden des Patienten war innerhalb der 4 Tage keine Veränderung eingetreten. Der Grund der neuerlichen Einlieferung lag darin, daß Josef N*** am über Magenbeschwerden, Brechreiz und Übelkeit klagte. Es wurde hierauf die gleiche Therapie an der Klinik fortgesetzt. Am wurde wegen einer seit 6 Tagen bestehenden Heiserkeit der HNO-fachärztliche Konsiliar beigezogen. Dieser stellte eine akute Kehlkopfentzündung fest und machte entsprechende Therapievorschläge. In den folgenden Tagen war der Allgemeinzustand und auch der labormäßige Befund weitgehend unverändert. Am wurden zwei Blutkonserven verabreicht, am eine weitere. Am wurde wegen einer Schwäche und Empfindungsstörung im rechten Arm von Josef N*** der neurologisch-fachärztliche Konsiliar zugezogen. Es wurde eine ausgeprägte Polyneurophatie, ein Querschnittsyndrom in Höhe des 7. Brustsegments simulierend, festgestellt. Weiters wurde eine im Abklingen befindliche Entzündung des Armnervengeflechts rechts bei gut erhaltener motorischer Funktion diagnostiziert. Am erschien bei Josef N*** Notar Dr.Hans B*** und kam zum Abschluß des Übergabsvertrages. Zum Zeitpunkt dieses Vertragsabschlusses und auch schon zuvor, mindestens seit Dezember 1979, war die Beklagte über die Krankheit des Josef N*** und damit über seine kurze Lebenserwartung informiert. Auch Josef N*** wußte spätestens im Juli 1981, im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments, von der Schwere und Hoffnungslosigkeit seiner Krankheit. Josef N*** wurde nämlich von 1979 bis 1981 von Dr.Heinz H*** behandelt, der seine Patienten üblicherweise wahrheitsgemäß über ihre Krankheit aufklärt und dies auch bei Josef N*** getan hatte.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages war Josef N*** zwar in einem körperlich schlechten Zustand, geistig etwas verlangsamt, aber durchaus nicht so beeinträchtigt, daß er nicht hätte erfassen können, was dieser Vertrag beinhaltete. Bei Josef N*** traten schon Lämungserscheinungen der rechten Hand auf, weshalb er auch im Schreiben behindert war. Zum Zeitpunkt war die Lebenserwartung von Josef N*** etwa in gleicher Weise einzuschätzen wie zum Zeitpunkt der Einlieferung in die medizinische Klinik im Dezember 1981, sohin mit Wochen bis wenigen Monaten. Die Lebenserwartung war allerdings für einen medizinischen Laien ohne entsprechende ärztliche Information sowohl am , dem Tag der Einlieferung, als auch am bei Abschluß des Vertrages nicht abschätzbar. Die Zweitklägerin und der Drittkläger kümmerten sich bis zum Tod des Josef N*** um ihren Vater. Einerseits besuchten sie ihren Vater bei seinen Krankenhausaufenthalten, insbesondere als sich der Gesundheitszustand dramatisch verschlechterte, mehrmals (dreimal) pro Woche. Der Drittkläger fuhr seinen Vater auch zu den jeweiligen Therapien ins Spital. Die Zweitklägerin und der Drittkläger haben hingegen die Erstklägerin von Krankenhausbesuchen abgehalten, um ein Zusammentreffen mit der Beklagten zu vermeiden. Bis zu jenem Zeitpunkt, als die Beklagte zu Josef N*** ins Haus zog, übernahm der Drittkläger auch die Vertretertätigkeit von Josef N*** und führte Geschäftsreisen für den Verstorbenen durch. Bis zu jenem Zeitpunkt besuchte Josef N*** auch seine Frau des öfteren, aß bei ihr, ließ sich die Wäsche waschen und übernachtete auch. Bei seinem Krankenhausaufenthalt im Jahre 1979 wurde Josef N*** auch von seiner Frau häufig besucht. Erst als die Beklagte zu Josef N*** ins Haus in Mieders einzog, änderte sich die familiäre Situation grundlegend. Von diesem Zeitpunkt an führte nur die Beklagte den Haushalt in Mieders. Die Beklagte betreute den Verstorbenen während der Krankenhausaufenthalte fürsorglich, indem sie auch selbstgekochte Speisen ins Spital brachte, behinderte aber schon durch ihre Anwesenheit das Zusammentreffen der Kinder bzw. der Ehefrau mit dem Verstorbenen. Die Beklagte verhinderte aber auch aktiv den Besuch der Verwandten bei Josef N***, indem sie die Ausrede gebrauchte, daß Josef N*** auf Grund seiner Verfassung nicht in der Lage sei, Besuche zu empfangen.

Die Ermittlung des Verkehrswertes der der Beklagten übertragenen Liegenschaft erfolgte durch das Sachwertverfahren. Der ortsüblich angemessene Wert für voll erschlossene Baugrundstücke in diesem Gebiet betrug zum Stichtag 1.000 S/m2. Unter Berücksichtigung eines Bebauungsabschlages von 15 %, der auf Grund der geringen Bebauung in Relation zur Grundstücksgröße anzusetzen ist, ergibt sich der Wert von Grund und Boden mit 1,290.300 S. Der Neubauwert des Wohnhauses beträgt 2,786.500 S. Bei Berücksichtigung der natürlichen Abnützung von 1965 bis 1982 (17 Jahre) errechnet sich ein Zeitwert von 2,312.795 S. Die gesamten fest mit dem Wohnhaus verbundenen Einbauten haben einen Zeitwert von 615.000 S. Die gesamten Außenanlagen sind 420.000 S wert. Der Zeitwert der Garage samt Nebenräumen beträgt 179.350 S. Der Sachwert der Liegenschaft samt dem Wohnhaus, der Garage, den festen verbundenen Einbauten und den Außenanlagen beträgt daher 4,817.445 S. Bei einem Verkauf wären lediglich 90 % des vollen Sachwertes zu realisieren, sodaß sich schlußendlich ein Verkehrswert von 4,335.700 S ergibt. Im Übergabsvertrag wurde gleichzeitig dem Übergeber ein Fruchtgenußrecht an der Liegenschaft samt Zubehör und Inventar eingeräumt. Das Fruchtgenußrecht ist mit einem monatlichen Nutzungswert von 13.500 S anzusetzen. Der Gesamtnutzungswert beträgt daher jährlich 162.000 S. Bezogen auf die geringe Lebenserwartung des Übergebers von einigen Monaten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bildet der Nutzungswert des Fruchtgenußrechtes eine nur am Rande zu berücksichtigende Restgröße.

Neben dem unbeweglichen Vermögen des Verstorbenen waren noch folgende Vermögensbestandteile vorhanden: das bewegliche Inventar in einem Wert von 340.100 S, verschiedene Teppiche im Gesamtwert von 189.000 S, ein PKW der Marke Mercedes 230 E im Wert von 243.000 S, eine Provisionsforderung gegen die S*** Bekleidungswerke GmbH & Co KG in Höhe von 196.475,79 S, eine Spesenforderung gegen diese Gesellschaft in Höhe von 15.653,88 S sowie ein Girokontenbetrag bei der Sparkasse InnsbruckHall in Höhe von 1.489 S. Die Passiven des Josef N*** betrugen 760.631,32 S.

Es ergab sich also ein Saldo von 4,561.086,90 S.

Eine Wiedergabe der Feststellungen über die Schenkungen und Vorausempfänge, die bei Berechnung der Schenkungspflichtteile der Kläger zu berücksichtigen sind, ist mangels Anfechtung entbehrlich. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht zusammengefaßt aus:

Da der wahre Wert des Fruchtgenußrechtes hier marginal und eine ziffernmäßig nicht zu berücksichtigende Größe gewesen sei und der Vorbehalt eines Fruchtgenußrechtes durch den Übergeber keine Gegenleistung des Übernehmers, sondern eine Wertminderung der übergebenen Liegenschaft darstelle, sei der Übergabsvertrag als Schenkung zu beurteilen. Diese Schenkung sei nicht in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksichten des Anstandes gemacht worden. Einen Enterbungsgrund hätten die Kläger nicht gesetzt. Zur Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaft sei das Sachwertverfahren heranzuziehen, die Wertfestsetzung sei auf den Todestag des Erblassers abzustellen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten in der Hauptsache nicht Folge. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens sowie einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte insbesondere zur Feststellung des Wertes des der Beklagten auf Grund des Übergabsvertrages und der Einantwortung zugekommenen Vermögens des Josef N*** aus:

Bei der Schätzung von Liegenschaften zum Zweck der Pflichtteilsberechnung habe gemäß § 306 ABGB der gemeine Preis als Richtschnur zu dienen; bei der Wahl der Berechnungsmethode (Verkehrs-, Ertrags-, Kosten- oder Mischwert) sei vornehmlich auf den Zweck der Wertfeststellung Bedacht zu nehmen. Durch das Pflichtteilsrecht solle dem Pflichtteilsberechtigten ein Mindestanteil am Wert des Nachlasses gesichert werden. Es komme somit für die Pflichtteilsberechnung darauf an, welchen Wert der Gegenstand ganz allgemein für seinen Eigentümer besitze. Bei der Berechnung des Wertes jedes Teiles des Nachlasses sei daher zu berücksichtigen, ob sein Wert für jeden Eigentümer vorzüglich im Ertrag, den die Sache abwirft, und im sonstigen Nutzen, der aus ihr gezogen werden kann, oder aber darin besteht, daß er den Gegenstand veräußern könne. Der Noterbe dürfe dabei, auch wenn es sich bei seiner Forderung um einen Geldanspruch handle, nicht besser gestellt werden, als wenn ihm der Erblasser den Pflichtteil in Sachwerten überlassen hätte, aber auch nicht besser als der Erbe. Liege nach der Verkehrsauffassung der Wert einer Sache vor allem in ihrem Ertrag oder sonstigen Nutzen, dann werde daher vom Ertragswert, andernfalls aber vom Verkehrswert auszugehen sein (SZ 49/118 = EvBl. 1977/97 mit weiteren Literatur- und Judikaturhinweisen). Im vorliegenden Fall sei die Ermittlung des Verkehrswertes der gegenständlichen Liegenschaft durch den vom Erstgericht bestellten Sachverständigen Dipl.Ing.Peter T*** auf Grund des Sachwertverfahrens erfolgt. Die Heranziehung dieser Ermittlungsmethode sei vom Sachverständigen überzeugend begründet worden und es vermöge die Beklagte auch nicht darzutun, daß die Verkehrswertermittlung nach der Sachwertmethode bei der hier zu bewertenden Liegenschaft falsch gewesen wäre, womit aber auch die Rüge ins Leere gehe, es hätte deshalb ein Sachverständiger aus dem Immobilienwesen bestellt werden müssen, weil die Frage, welche Wertermittlungsmethode herangezogen werden müsse, ein Problem der Betriebswirtschaftslehre sei (EvBl. 1987/79).

Nach der für die Bewertung von bei der Berechnung des Nachlasses in Anschlag zu bringenden Schenkungen gemäß § 785 Abs. 1 ABGB maßgebenden Bestimmung des § 794 ABGB seien unbewegliche Sachen grundsätzlich mit dem Wert zum Zeitpunkt des Empfanges, also nach dem damaligen Preis, einzusetzen (Welser in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 794). Dabei seien allerdings seinerzeit unbekannte "Realisierungsbzw. Verwertungs- und Gewinnchancen" zu berücksichtigen (Welser aaO; EvBl. 1975/132; SZ 57/90 = NZ 1984, 132). Im Falle einer Geldentwertung sei ein Empfang auch aufzuwerten, insbesondere dann, wenn dies nach den Umständen des Falles im Interesse der Gleichbehandlung der Kinder zur Ausgleichung des Geldwertschwundes geboten erscheine. Wie die Geldentwertung zu berücksichtigen sei, sei nicht einheitlich zu beantworten. Die Valorisierung habe jedenfalls unter Bedachtnahme auf die Umstände des besonderen Falles durch Heranziehung einer geeigneten Aufwertungsbasis zu erfolgen. Die Wertermittlung habe durch eine Schätzung zu erfolgen, bei der ein Vergleich der Verwertungsmöglichkeit der Liegenschaft mit ähnlichen in der Nähe gelegenen oder bereits veräußerten Liegenschaften vorzunehmen sei. Die aus der Notwendigkeit, bei der Verwertung von Liegenschaften auf alle diese Umstände Bedacht zu nehmen, in der Praxis entstandenen Probleme führten im Ergebnis dazu, daß in Wahrheit auch unbewegliche Sachen wie bewegliche, also abgestellt auf den Zeitpunkt des Erbanfalles, bewertet würden (Welser aaO; SZ 57/90 uva). Nach dem Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.Ing.T*** sei von ihm die Wertermittlung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages () abgestellt worden. Da Josef N*** bereits am , somit 10 Tage nach Abschluß des Übergabsvertrages, verstarb, komme den voraufgezeigten Erwägungen zur Wertfestsetzung, abgestellt auf den Zeitpunkt des Erbanfalles, hier keine Bedeutung zu, weil in dieser kurzen Zeitspanne ohne Zweifel keine Wertänderung der Liegenschaft eingetreten sei.

Zur Rechtsrüge der Beklagten nahm das Berufungsgericht im übrigen wie folgt Stellung:

Zunächst sei der Rechtsansicht des Erstgerichtes beizutreten, wonach es sich bei dem Übergabsvertrag vom angesichts des festgestellten Wissens der Vertragsteile um die Schwere der Krankheit des Josef N*** und seine kurze Lebenserwartung um eine von Schenkungsabsicht getragene unentgeltliche Übertragung der gegenständlichen Liegenschaft, sohin um eine Schenkung an die Beklagte, gehandelt habe. Dem Erstgericht sei aber auch dahin beizupflichten, daß nicht nur wegen des hier konkret gegebenen vorgenannten Wissens der Vertragsteile, sondern generell der Wert eines dem Erblasser bei Übergabe einer Liegenschaft vorbehaltenen lebenslangen Fruchtgenußrechtes für die Bemessung des Pflichtteils außer Ansatz zu bleiben habe (SZ 57/7). Daß die Ermittlung des reinen Nachlaßwertes, wie sie vom Erstgericht seinen Feststellungen zugrunde gelegt worden ist, der Sach- und Rechtslage entsprochen habe, sei bereits ausführlich dargelegt worden. Daß auf Grund der von dieser Rechtslage ausgehenden Feststellungen des Erstgerichtes die den Klägern jeweils zustehenden Ansprüche der Höhe nach falsch ermittelt worden wären, werde von der Beklagten nicht behauptet oder aufgezeigt, sodaß es auch in diesem Punkt genüge, auf die zutreffenden Erwägungen im Ersturteil zu verweisen. Nicht stichhältig seien die Ausführungen der Beklagten, die sich gegen die Rechtsansicht des Erstgerichtes wenden, daß die gegenständliche Schenkung an die Beklagte nicht in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksichten des Anstandes gemacht worden sei und sohin nicht gemäß § 785 Abs. 3 ABGB unberücksichtigt zu bleiben habe. Ganz abgesehen davon, daß nach dieser Gesetzesstelle nur jene Schenkungen unberücksichtigt blieben, die der Erblasser aus Einkünften ohne Schmälerung seines Stammvermögens tätigte, die Schenkung der Liegenschaft EZ 314 II KG Mieders aber angesichts der Feststellungen des Erstgerichtes über die neben dem unbeweglichen Vermögen des Verstorbenen bestehenden Vermögensbestandteile und die diesem gegenüberstehende Summe der Nachlaßpassiven zweifellos eine Schmälerung des Stammvermögens des Erblassers bedeutete, ließen die getroffenen Feststellungen aber auch nicht den Schluß zu, daß die Schenkung in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksichten des Anstandes erfolgt sei. Unter der Erfüllung einer sittlichen Pflicht im Sinne des § 785 Abs. 3 ABGB sei nämlich nicht jede Betätigung der allgemeinen Nächstenliebe zu verstehen, sondern es könne nur dann davon gesprochen werden, wenn hiezu eine besondere, aus den konkreten Umständen des Falles erwachsene, in den Geboten der Sittlichkeit oder des Anstandes wurzelnde Verpflichtung des Geschenkgebers bestanden habe. Dies lasse sich nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der persönlichen Beziehungen zwischen Geschenkgeber und Beschenktem, ihres Vermögens und ihrer Lebensstellung entscheiden. Nur dann, wenn die vom Erblasser Beschenkte Leistungen erbrachte, die weit über das hinausgehen, was

normalerweise - hier - eine Lebensgefährtin für ihren Lebensgefährten im Rahmen der daraus entspringenden Pflichten erfüllt, werde durch eine Schenkung einer sittlichen Pflicht entsprochen werden (Stanzl in Klang2, IV/I, 588; 3 Ob 583/82 = RZ 1983/65 ua). Das festgestellte Verhalten der Beklagten gegenüber dem Verstorbenen nach Auftreten der ersten Krankheitssymptome bis zu seinem Tod habe aber durchaus der Erfüllung einer in einer Lebensgemeinschaft üblichen und erwarteten Beistandspflicht entsprochen, sodaß mit dem Hinweis auf § 785 Abs. 3 ABGB für den Rechtsstandpunkt der Beklagten nichts gewonnen sei. Frei von einem Rechtsirrtum sei vom Erstgericht aber auch die von der Beklagten behauptete Erbunwürdigkeit der Kläger verneint worden. Nach Ansicht der Beklagten liege in ihrer Einsetzung als Alleinerbin im Testament vom eine stillschweigende Enterbung der Kläger, die auch berechtigt sei, weil die Erstklägerin ihren Mann im Jahr 1977 böswillig verlassen habe und ihm trotz Kenntnis seiner Erkrankung keine Hilfe und Pflege habe zukommen lassen und auch die Zweitklägerin sowie der Drittkläger sich im Wissen um seine tödliche Erkrankung um ihren Vater nicht gekümmert hätten, was diesen schwer gekränkt und ihm seelisches Leid zugefügt habe. Damit werde rechtlich der Enterbungsgrund des § 768 Z 2 ABGB und hinsichtlich der Erstklägerin überdies die Verletzung der Beistandspflicht als Enterbungsgrund im Sinne des § 769 ABGB geltend gemacht. Der Beweis der Kausalität des Enterbungsgrundes (SZ 38/194) und der Rechtmäßigkeit der Enterbung (EvBl. 1958/218) sowie der Beweis, daß die Kläger den Ehegatten bzw. Vater im Notstand hilflos gelassen hätten, obliege der Beklagten. Dieser Beweis ist ihr jedoch nicht gelungen. Notstand bedeute einen Zustand der Bedrängnis, der nach den Grundsätzen der Menschlichkeit gerechterweise zur Erwartung berechtige, daß dem Erblasser von seiner Ehegattin und den Kindern geholfen werde. Die Unterlassung der Hilfe trotz Kenntnis des Notstandes müsse auf verwerflicher Gesinnung beruhen (Welser in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 768). Diese Voraussetzungen lägen jedoch, wie das Erstgericht frei von Rechtsirrtum erkannt habe, nach den getroffenen Feststellungen nicht vor. So stehe fest, daß die Erstklägerin bis zu jenem Zeitpunkt, als die Beklagte zu Josef N*** in das Haus in Mieders einzog, ihren Ehegatten häufig besuchte und sich die Zweitklägerin und der Drittkläger bis zum Tode des Josef N*** um ihren Vater kümmerten. Sie besuchten ihn bei seinen Krankenhausaufenthalten, insbesondere als sich der Gesundheitszustand dramatisch verschlechterte, mehrmals (dreimal) pro Woche. Der Drittkläger fuhr seinen Vater auch zu den jeweiligen Therapien ins Spital. Es war nach den Feststellungen die Beklagte, die aktiv den Besuch bei Josef N*** verhinderte, indem sie verschiedene Ausreden gebrauchte, wie daß Josef N*** auf Grund ner Verfassung nicht in der Lage sei, Besuche zu empfangen, und die durch ihre Betreuung des Verstorbenen und ihre Anwesenheit im Krankenhaus verhinderte, daß es zu einem Zusammentreffen der Kinder bzw. der Ehefrau mit Josef N*** kam. Davon abgesehen fehle aber jeder Beweis dafür, daß sich der Verstorbene je in einem Notstand im voraufgezeigten Rechtssinn befand, habe doch die Beklagte in ihrer Parteienvernehmung betont, daß sie sich insbesondere seit dem Einzug in das Haus des Josef N*** fürsorglich um ihn bis zu seinem Tod gekümmert habe.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klageabweisung abzuändern.

Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Zunächst zieht die Beklagte nach wie vor die Beurteilung des Übergabsvertrages vom als reine Schenkung in Zweifel; da sich die Vertragspartner des Übergabsvertrages des doppelten Charakters des abgeschlossenen Geschäftes als entgeltlichen und unentgeltlichen nicht bewußt gewesen seien, könne nicht einmal von einer gemischten Schenkung ausgegangen werden. Dem ist nicht zu folgen.

In welchem Ausmaß eine Liegenschaftsübergabe als entgeltlich oder unentgeltlich zu werten ist, muß nach den Umständen, insbesondere nach den Wertverhältnissen, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt werden. Bei der Bewertung der Übergabsliegenschaft sind alle Belastungen als wertmindernd zu berücksichtigen, die der Übernehmer zu übernehmen hat, auch die zugunsten des Übergebers bestellten persönlichen Dienstbarkeiten. Als Gegenleistung des Übernehmers ist nur eine aus dessen Vermögen, allenfalls aus dem Vermögen eines Dritten für ihn erbrachte Leistung zu veranschlagen, nicht etwa auch der Vorbehalt von Nutzungen und sonstigen Befugnissen eines Eigentümers, die dem Übergeber kraft seines Eigentums zustanden und die er sich zum Teil über den Übergabszeitpunkt hinaus unter Umständen bis zu seinem Ableben für sich vorbehält (6 Ob 620/82 ua). Daraus folgt für den gegenständlichen Fall, daß das Fruchtgenußrecht, das sich Josef N*** im Übergabsvertrag vom für seine Lebenszeit vorbehalten hat, nicht als Gegenleistung anzusehen und die durch dieses Recht bedingte Wertminderung der Übergabsliegenschaft wegen der bei Vertragsabschluß krankheitsbedingten kurzen Lebenserwartung des Übergebers zu vernachlässigen ist. Richtig ist, daß die Beurteilung eines Vertrages als Schenkung den Schenkungswillen des Schenkers und den Willen des Beschenkten, das Geschenk als solches anzunehmen, voraussetzt (NZ 1981, 29 ua). Das Vorliegen dieser Voraussetzung haben die Vorinstanzen, ohne gegen die Denkgesetze zu verstoßen, aus dem Verhältnis der Partner des Übergabsvertrages sowie aus deren Kenntnis der kurzen Lebenserwartung des Josef N*** erschlossen.

Die Beklagte hält ferner ihren Standpunkt aufrecht, daß der gegenständliche Übergabsvertrag, sollte er als Schenkung zu qualifizieren sein, nach § 785 Abs. 3 ABGB unberücksichtigt zu bleiben hätte, weil es sich dann um eine einer sittlichen Pflicht entsprechende oder aus Rücksichten des Anstandes gemachte Schenkung handeln würde. Auch dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden. Es trifft allerdings schon nach dem Gesetzeswortlaut zu, daß eine Pflicht- oder Anstandsschenkung im Sinne des § 785 Abs. 3 ABGB nicht überdies nur dann vorliegt, wenn sie der Erblasser aus Einkünften ohne Schmälerung seines Stammvermögens gemacht hat (vgl. Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht3, 302 f; Welser in Rummel, ABGB, Rz 13 bis 15 zu § 785). Die Vorinstanzen haben aber, von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung zum Begriff der Pflicht- und Anstandsschenkung im Sinne des § 785 Abs. 3 ABGB ausgehend, den festgestellten Sachverhalt rechtlich richtig dahin beurteilt, daß die Voraussetzungen einer solchen Schenkung mit Rücksicht auf die Dauer und Intensität der von der Beklagten für Josef N*** entfalteten Tätigkeit sowie darauf, daß sie dafür zumindest teilweise bereits entlohnt wurde, nicht vorliegen (NZ 1981, 29; RZ 1983/65; 8 Ob 549/84 ua). Auch dagegen, daß die Vorinstanzen der Berechnung der Schenkungspflichtteile der Kläger den nach dem Sachwertverfahren ermittelten Verkehrswert des der Beklagten von Josef N*** geschenkten Vermögens zugrundelegten und dabei das Josef N*** auf dessen Lebenszeit eingeräumte Fruchtgenußrecht außer Ansatz ließen, bestehen keine Bedenken (SZ 49/118 = EvBl. 1977/97; SZ 55/56; SZ 57/7; SZ 57/90; RZ 1983/7; EvBl. 1987/79; 1 Ob 583/88).

Schließlich meint die Beklagte weiterhin, daß die Kläger dadurch einen Enterbungsgrund gesetzt hätten, daß sie den Erblasser im Notstand hilflos gelassen hätten und die Erstklägerin überdies ihre Beistandspflicht gröblich vernachlässigt habe (§ 768 Z 2,§ 769 ABGB). Diese Meinung ist gleichfalls abzulehnen. Geht man von den Feststellungen und von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung zu den von der Beklagten behaupteten Enterbungsgründen aus (EhrenzweigKralik, Erbrecht3, 279 f mwN in Fußnote 1; Welser in Rummel, ABGB, Rz 2 und 3 zu § 768, Rz 2 zu § 769 je mwN), dann ist in der Verneinung dieser Enterbungsgründe durch die Vorinstanzen ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen. Die Vorinstanzen haben vielmehr ausführlich und zutreffend dargelegt, warum den Klägern eine auf verwerflicher Gesinnung beruhende Unterlassung zumutbarer Hilfe und Beistandsleistung nicht vorgeworfen werden kann.

Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.