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OGH vom 28.10.2009, 7Ob155/09h

OGH vom 28.10.2009, 7Ob155/09h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Dr. Gerhard C*****, vertreten durch Dr. Peter Perner Rechtsanwalts GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei D***** e.V., *****, vertreten durch Dr. Berthold Garstenauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 30.493,90 EUR (sA), über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 169/09w-49, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Zell am See vom , GZ 15 C 20/07y-45, infolge Berufung des Klägers bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte mit der am beim Erstgericht eingelangten Klage den Klagsbetrag mit der wesentlichen Begründung, er sei vom beklagten Verein, der seinen Sitz in Deutschland habe, mit Planungs- und Bauleitungsarbeiten für die Abwasserentsorgungsanlage des R*****hauses und des I***** Hauses im S***** beauftragt worden. Die Klagsforderung betreffe die mit der 8. Teilhonorarnote vom von ihm in Rechnung gestellten Leistungen. Er habe diese Leistungen mängelfrei erbracht und habe Anspruch auf Honorierung auf Basis der Baukosten gemäß der Gebührenordnung für Bauwesen (GOB) 1991.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er wendete im Wesentlichen ein, mit dem Kläger vor Unterfertigung des zwischen den Streitteilen am abgeschlossenen Architektenvertrags vereinbart zu haben, dass dessen Honorar (nur) nach der (vom Land Salzburg) förderbaren Bausumme zu berechnen sei. Ein wesentlicher Teil der ursprünglich vom Kläger zu erbringenden Planungsleistungen sei von der Firma S***** übernommen worden. Am sei mit dem Kläger die „endgültige Honorarvereinbarung" getroffen worden, dass ausgehend von der voll ausgeschöpften förderbaren Bausumme von brutto 1.616.763,22 EUR sein Bruttohonorar 163.616,43 EUR betrage. Der Beklagte habe dem Kläger 165.000 EUR bezahlt, sodass dieser keinen Anspruch auf weitere Zahlungen habe. Der Kläger habe den Vertrag zudem nicht gehörig erfüllt. Im Übrigen sei der Klagsanspruch verjährt. Die Anlagen seien im Jahr 2001 fertiggestellt worden, weshalb der Kläger bereits damals hätte Rechnung legen können. Die Klage sei schon mangels Schlüssigkeit abzuweisen.

Im ersten Rechtsgang erkannte das Erstgericht mit Zwischenurteil das Klagebegehren dem Grunde nach als zu Recht bestehend. Die Angemessenheit des Honorars des Klägers werde mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens festzustellen sein.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Der Kläger habe seine Klagsforderung nicht nachvollziehbar und schlüssig dargestellt. Eine Individualisierung und ziffernmäßige Aufschlüsselung des Pauschalklagebegehrens sei erforderlich, weil sonst die Fragen der Verjährung und der Fälligkeit der Klagsforderung nicht geprüft werden könnten. Der Beklagte habe dem Kläger nach den erstgerichtlichen Feststellungen mehrere Aufträge (zunächst nur betreffend die Abwasserentsorgung, in der Folge aber auch für die Trinkwasseraufbereitung) erteilt, wobei mangels eines entsprechenden Vorbringens des Klägers nicht feststehe, wann dieser die aufgetragenen Leistungen erbracht und wann er sie abgerechnet habe und auf welche Leistungen bereits Teilzahlungen durch den Beklagten erbracht worden seien. All dies sei aber für die vor Erlassung eines Zwischenurteils zu klärende Frage der Verjährung von Bedeutung. Das Erstgericht werde den Kläger daher anzuleiten haben, sein Klagebegehren ziffernmäßig zu bestimmen und zu individualisieren, damit in der Folge die Fragen der Fälligkeit und der Verjährung geprüft werden könnten. Sollte die Klagsforderung nicht verjährt sein, werde das Erstgericht jedenfalls konkrete Feststellungen zu der vom Beklagten behaupteten, vom Wortlaut der Urkunden abweichenden Honorarvereinbarung und allenfalls zur behaupteten Verletzung der Warn- und Beratungspflicht des Klägers zu treffen haben.

Im zweiten Rechtsgang trug das Erstgericht dem Kläger auf, das Klagebegehren im Sinn der Ausführungen des Berufungsgerichts schlüssig zu stellen. Mit Schriftsatz vom brachte der Kläger daraufhin (neuerlich) vor, klagsgegenständlich sei die 8. Teilhonorarnote betreffend die Kleinabwasserbeseitigungsanlage des R*****hauses (KABA R*****haus), wobei es sich dabei im weitesten Sinn um eine Kläranlage handle. In der betreffenden Honorarnote seien jene Leistungen enthalten, die er im Zeitraum 1996 bis 2004 erbracht habe. Während dieses Zeitraums habe sich die der Berechnung des Honorars zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage aufgrund des Angebots der Firma S***** mit 443.720,86 EUR ergeben. Die Abrechnung gemäß dieser Honorarnote habe er vorgenommen, da im Jahr 2006 nicht absehbar gewesen sei, ob und gegebenenfalls wann die Abnahme der Anlage erfolgen werde, zumal die Kläranlage nicht jene Leistungen erbracht habe, die mit S***** vereinbart worden seien.

Die mit der Teilhonorarnote verrechneten Leistungen wurden vom Kläger detailliert (Punkte a bis j) aufgelistet und daraus detailliert ein Planungshonorar von insgesamt 30.493,90 EUR errechnet. Zum Beweis dafür, dass eine Individualisierung des Klagebegehrens durch die Wiedergabe der Teilhonorarnote ausreichend sei, wurde die Zuziehung eines Sachverständigen beantragt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren im zweiten Rechtsgang ab. Fehlendes Vorbringen könne weder durch Verweis auf eine Urkunde noch durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens ersetzt werden. Die Individualisierung und ziffernmäßige Aufgliederung des pauschalen Klagebegehrens könne nicht einem Sachverständigengutachten überlassen werden. Damit wolle der Kläger offenbar einen unzulässigen Erkundungsbeweis antreten. Da er sein Klagebegehren nicht habe schlüssig stellen können, sei es abzuweisen gewesen, ohne dass dem Kläger nochmals eine Frist zur Schlüssigstellung eingeräumt hätte werden müssen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Das Erstgericht habe entgegen der Ansicht des Klägers seiner Anleitungs- und Erörterungspflicht entsprochen. Eine Belehrung, wie der Mangel der fehlenden Schlüssigkeit der Klage zu beseitigen wäre, sei nicht erforderlich gewesen. Warum das Klagebegehren nicht schlüssig sei, sei bereits im Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts und in einem Schriftsatz der Beklagten dargelegt worden. Der Kläger hätte daher entsprechende Tatsachenbehauptungen aufzustellen gehabt; eine (weitere) Frist dafür sei nicht einzuräumen gewesen. Der Auftrag, das Klagebegehren schlüssig zu stellen, habe den Kläger keineswegs überraschen können. Dadurch, dass dieser um eine Verbesserungsfrist in der Dauer von vier Wochen ersucht habe, habe er letztlich selbst zugestanden, dass er dem Verbesserungsauftrag noch nicht vollständig entsprochen habe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil der Frage, ob eine Klage schlüssig oder das erstattete Vorbringen ausreichend sei, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, das außerordentliche Rechtsmittel seines Prozessgegners entweder als unzulässig zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers ist im Interesse der Rechtssicherheit zulässig, weil das Berufungsgericht die Schlüssigkeit des Klagebegehrens unrichtig beurteilt hat. Sie ist im Sinn des Aufhebungsantrags des Revisionswerbers deshalb auch berechtigt.

Streitgegenstand ist eine Werklohnforderung des Klägers. Im Hinblick darauf, dass der Auftraggeber (Werkbesteller) seinen Sitz in Deutschland hat, ist vorauszuschicken, dass auf den vorliegenden Rechtsfall österreichisches Recht anzuwenden ist (Art 4 Abs 2 EVÜ).

Für die Schlüssigkeit einer Klage genügt es, wenn das Sachbegehren des Klägers materiellrechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (1 Ob 698/87 SZ 60/288; 4 Ob 274/01z; 6 Ob 6/02d; RIS-Justiz RS0037516; vgl Rechberger/Klicka in Rechberger ZPO³ Vor § 226 Rz 13). Dass sich das Klagebegehren aus den vom Kläger vorgetragenen Tatsachen nicht rechtlich ableiten lässt, die Klage also unschlüssig ist, kann, wie Fasching in Fasching/Konecny2 III § 226 ZPO Rz 94 ausführt, zwei Ursachen haben. Entweder sind die vorgetragenen Tatsachen zu unvollständig geblieben, um die begehrte Rechtsfolge daraus ableiten zu können (Unschlüssigkeit wegen Unvollständigkeit; in diesem Fall, den die Vorinstanzen hier als gegeben ansehen, liegt eine Verletzung der Behauptungslast des Klägers vor) oder es lässt sich auch im Fall eines ergänzten Sachvortrags der behauptete Tatbestand nicht unter die für die Rechtsfolge maßgebenden Rechtsnormen (7 Ob 9/86 RdW 1986, 272 = VersE 1272) subsumieren (Unschlüssigkeit im eigentlichen Sinn). Die Unschlüssigkeit lässt sich letztlich nur vom Begehren aus durch Rückblick auf den maßgeblichen Sachverhalt und unter Bezug auf die vorgetragenen Tatsachen prüfen und ist daher Gegenstand der rechtlichen Beurteilung (Fasching aaO). Als Maßstab für die Schlüssigkeitsprüfung ist zu untersuchen, ob aufgrund des klägerischen Begehrens und Vorbringens ein Versäumungsurteil ergehen könnte (RIS-Justiz RS0001252 [T4]). Das entsprechende Vorbringen muss also so viel an rechtserzeugenden Tatsachen enthalten, dass der geltend gemachte Anspruch aufgrund dieser Tatsachen hinreichend substantiiert erscheint (9 ObA 326/89).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Ansicht des Revisionswerbers beizustimmen, die Vorinstanzen hätten die Schlüssigkeit seiner Klage zu Unrecht verneint. Der Kläger hat die - seiner Behauptung nach ordnungsgemäßen - Leistungen, deren Entlohnung („Architektenhonorar") er begehrt, anhand der von ihm gelegten Rechnung („8. Teilhonorarnote") im Einzelnen dargestellt und auch klargelegt, wie er aus den verzeichneten Leistungen zum Gesamthonorar kommt. Er behauptet, dass das ihm gebührende Entgelt nun nach Vollendung des Werks fällig sei (§ 1170 ABGB). Ob dies im Hinblick auf die von den Streitteilen getroffenen Vereinbarungen zutrifft, weiters ob die Berechnungsbasis und die Berechnungsart richtig sind, ob die Arbeiten tatsächlich ordnungsgemäß durchgeführt und abgeschlossen wurden usw, betrifft die Frage der Berechtigung des Klagebegehrens und nicht dessen Schlüssigkeit.

Um die zur Beurteilung der Berechtigung des Anspruchs zu klärenden Fragen, insbesondere auch hinsichtlich der Art der Abrechnung, beantworten zu können, hat der Kläger die Zuziehung eines Sachverständigen beantragt. Warum dies, wie die Vorinstanzen meinen, ein unzulässiger Erkundungsbeweis sein soll, ist nicht zu erkennen.

Verjährung ist nach dem Vorbringen des Klägers keineswegs zwingend anzunehmen. Der Einwand des Berufungsgerichts, diese Frage könne aufgrund der Tatsachenbehauptungen des Klägers nicht beurteilt werden, übersieht, dass es nach ständiger Rechtsprechung Sache des Beklagten ist, den Beginn der Verjährungsfrist zu beweisen und hiezu Vorbringen und Beweisanbot zu erstatten (RIS-Justiz RS0034456).

Das weitere, nach Ansicht der Vorinstanzen gegen die Schlüssigkeit der vorliegenden Klage sprechende Argument, der Verweis auf eine Urkunde könne ein entsprechendes Vorbringen nicht ersetzen, ist schon deshalb hier nicht zutreffend, weil der Kläger die betreffende Urkunde (die 8. Teilhonorarnote) im zweiten Rechtsgang ja im Wesentlichen wörtlich wiedergegeben hat.

Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klage sei (nach wie vor) unschlüssig, ist daher nicht zutreffend. Daran kann entgegen der Meinung der zweiten Instanz auch der Umstand, dass der - demnach jedenfalls zuletzt zu Unrecht zur Schlüssigstellung der Klage aufgeforderte - Klagevertreter beantragt hat, ihm eine (weitere) Verbesserungsfrist zu gewähren, selbstredend nichts ändern. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die vorliegende Klage ausreichend substantiiert. Eine detailliertere Darstellung konnte unterbleiben, zumal § 76 ZPO in Verbindung mit § 226 Abs 1 ZPO nur eine knappe und übersichtliche, gedrängte Darstellung des behaupteten Sachverhalts, also keine bis in letzte Einzelheiten gehende Detaillierung verlangt. Ein Prozessvorbringen wird immer dann als ausreichend präzise angesehen werden können, wenn das Beweisthema damit so klar erscheint, dass eine sinnvolle Beweisaufnahme nach den Prozessvorschriften (zB die Ausübung des Fragerechts und die Erkennbarkeit der Relevanz vorgelegter Urkunden) möglich ist (7 Ob 149/03t MietSlg 55.666). Dies trifft im vorliegenden Fall zu.

Das Erstgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren unter Abstandnahme vom Abweisungsgrund der Unschlüssigkeit im aufgezeigten Sinn die Berechtigung des Klagebegehrens zu prüfen haben.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.