OGH vom 24.01.1975, 3Ob137/75
Norm
Kopf
SZ 48/6
Spruch
Das Fehlen von Beilagen eines Exekutionsantrages welcher Art immer ist regelmäßig nicht als Inhaltsmangel, sondern als Formmangel anzusehen, der zufolge § 78 EO,§§ 84, 85 ZPO Gegenstand eines gerichtlichen Verbesserungsauftrages sein kann. Dies gilt grundsätzlich auch für den Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung
Das Fehlen des Grundbuchsauszuges ist beim Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung jedenfalls dann verbesserungsfähig, wenn sich aus dem Verbesserungsauftrag keine Rangverschiebung ergeben kann
Wird ein Antrag - sei es in erster oder zweiter Instanz abgewiesen, obwohl ein Verbesserungsauftrag zu erteilen gewesen wäre, so kann die Verbesserung auch im Rechtsmittelverfahren aufgetragen werden; ist der Mangel inzwischen behoben, so kann das Rechtsmittelgericht sofort entscheiden
(LGZ Wien 46 R 330/74; BG Purkersdorf E 3007/74)
Text
Die betreibende Partei beantragte zur Hereinbringung einer laut rechtskräftigem Urteil des Handelsgerichtes W vom vollstreckbaren Forderung per 820.836.98 S samt Anhang ohne Vorlage dieses Exekutionstitels (dies offenbar im Hinblick auf § 138 EO) die Exekution durch Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 1728 KG P "im Range des in COZ 11 einverleibten Pfandrechtes" mit dem Hinweis, daß das in COZ 5 angemerkte Veräußerungsverbot der beantragten Exekution nicht entgegenstehe. Sie legte dem Erstgericht, das auch als Exekutions- und Grundbuchsgericht einzuschreiten hat, einen Grundbuchsauszug hinsichtlich der Liegenschaft EZ 1728 KG P vor, aus welchem hervorgeht, daß das Veräußerungsverbot COZ 5 zugunsten des Gojko K auf Grund einer einstweiligen Verfügung angemerkt wurde, und daß die Einlage in Ansehung des Zwangspfandrechtes der betreibenden Partei zu COZ 11 nur als Nebeneinlage geführt wird. Ein Grundbuchsauszug hinsichtlich der dieses Pfandrecht betreffenden Haupteinlage EZ 778 der KG L wurde dem Exekutionsantrag nicht beigefügt.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution.
Das Rekursgericht wies infolge Rekurses des Kurators der Verpflichteten den Exekutionsantrag ab. Es vertrat zwar entgegen den Rekursausführungen die Auffassung, daß ein zufolge einstweiliger Verfügung gemäß § 384 Abs. 2 EO angemerktes Veräußerungsverbot die Zwangsversteigerung nicht hindere, führte jedoch aus, daß hier zufolge der durch § 133 EO gedeckten Vorschrift des § 560 Abs. 1 Geo. auch ein (allenfalls besonderer) Grundbuchsauszug über die Haupteinlage vorzulegen gewesen wäre, der in der diesbezüglichen Unterlassung gelegene Mangel einen Abweisungsgrund darstelle und auch "unverständlich" sei, was unter der Formulierung "im Range des in COZ 11 einverleibten Pfandrechtes" zu verstehen sei.
Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach § 133 Abs. 1 EO müssen dem Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung urkundliche Bescheinigungen über das Eigentum des Verpflichteten an der in Zwangsversteigerung gezogenen Liegenschaft sowie über die an dieser Liegenschaft bestehenden dinglichen Rechte und Lasten usw. beigelegt werden. Der Anschluß dieser Beilagen soll gewährleisten, daß einerseits nur eine tatsächlich im Eigentum des Verpflichteten stehende Liegenschaft in Zwangsversteigerung gezogen wird, andererseits der Kreis der Buchberechtigten sowie sonst von der Zwangsversteigerung zu verständigenden Personen verläßlich erfaßt und abgegrenzt werden kann. Hievon ausgehend ist die Bestimmung des § 560 Abs. 1 Geo. durch die gesetzliche Anordnung des § 133 Abs. 1 und 2 EO auch insoweit gedeckt, als bei einer als Nebeneinlage haftenden Liegenschaft auch ein (allenfalls besonderer) Grundbuchsauszug über die als Haupteinlage haftende Liegenschaft beizubringen ist, weil die in § 112 Abs. 1 GBG angeführten Änderungen - etwa die Übertragung des Pfandrechtes - lediglich in der Haupteinlage einzutragen sind, aber zufolge § 112 Abs. 2 GBG rechtlich als auch in der Nebeneinlage vollzogen gelten, mithin etwa der tatsächlich Buchberechtigte nur aus der Haupteinlage ersichtlich ist.
Falls einem Exekutionsantrag welcher Art immer nicht alle erforderlichen Beilagen angeschlossen werden, handelt es sich dabei im Regelfall um ein Formgebrechen, welches zufolge §§ 78 EO, 84, 85 ZPO Gegenstand eines gerichtlichen Verbesserungsauftrages sein kann (ebenso Heller - Berger - Stix in Neumann - Lichtblaus Kommentar zur EOs[4], 615, SZ 35/119, 38/199; 3 Ob 132/64 = JBl. 1965, 265 (am Ende); EvBl. 1972/130 u. a.).
Auch für den Exekutionsantrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung kann, weil insoweit - wohl nicht ohne grundabweichend von der Exekutionsbewilligung durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung, für welche kraft der positiven Gesetzesvorschrift des § 88 Abs. 2 EO (mit der angeführten Maßgabe) die Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes gelten - die Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes nicht (ausdrücklich) als für die Bewilligung maßgeblich erklärt sind, grundsätzlich nichts anderes gelten. Nur bei einem Antrag auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung hätte sich das Rekursgericht zur Begründung der Abweisung somit schlechthin auf § 95 Abs. 1 GBG berufen können.
Eine sachliche Rechtfertigung, Formmängel nicht zur Grundlage eines Verbesserungsauftrages, sondern einer Antragsabweisung zu nehmen, kann bei der dargestellten Gesetzeslage ausschließlich darin gelegen sein, daß die Einräumung einer Verbesserungsfrist zu einer ungerechtfertigten - Rangverschiebung zugunsten des Antragstellers (siehe § 135 EO letzter Satz) und damit zu einer materiellrechtlichen Besserstellung führen könnte. Kommt eine derartige Rangverschiebung nicht in Betracht - dies ist etwa auch der Fall, wenn der Exekutionsantrag nicht beim Buchgericht eingebracht wird -, so fehlt es entsprechend den vorstehenden Erwägungen sowohl an einer gesetzlichen Grundlage als auch an einer sachlichen Rechtfertigung für die Auffassung, daß beim Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung (anders zufolge § 88 Abs. 2 EO bei Bewilligung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung) das Vorliegen eines Formmangels einen Abweisungsgrund bildet.
Tatsächlich wird in der Literatur, welche zur hier erörterten Frage sehr unterschiedliche Auffassungen vertritt, nirgends ausdrücklich der Standpunkt verfochten, daß beim Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung eine Verbesserung von Formmängeln schlechthin unzulässig sei. Neben Heller - Berger - Stix weisen auch Neumann - Lichtblau[3], 475 und Choloney, Gerichtshalle 1902, 279 zur Rechtfertigung ihrer Ansicht auf die Prioritätsfolgen hin, Heller - Trenkwalder[3], 386, beziehen sich bei ihrem Beispiel einer abweisenden Erledigung wegen Fehlens des Grundbuchsauszuges in Anm. 1 auf jene Lehre, welche dieses Ergebnis nur bei einer Verschiebung der Priorität vertritt (Neumann - Lichtblau[3] bzw. Choloney) oder überhaupt zu einer anderen Auffassung gelangt (Lehmann, Die Zwangsversteigerung 67 bzw. Büchse, GH 1903, 1). Auch der Oberste Gerichtshof hat in der, soweit ersichtlich, bisher einzig veröffentlichten Entscheidung, in welcher er zur gegenständlichen Frage ausdrücklich Stellung nahm (NR 1973, 25, weist lediglich auf die divergierenden Auffassungen hin), das Fehlen des Grundbuchsauszuges beim Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung - allerdings ohne zu differenzieren - als verbesserungsfähigen Formmangel bezeichnet (ZBl. 1935/454).
Das Fehlen einer Beilage ist regelmäßig nicht als Inhaltsmangel, sondern als Formmangel im Sinn des § 84 ZPO anzusehen (Heller - Berger - Stix, 615; SZ 38/199; JBl. 1965, 265 u. a.). Dieser Mangel ist auch beim Antrag auf Bewilligung einer Zwangsversteigerung entsprechend den vorstehenden Ausführungen jedenfalls dann verbesserungsfähig, in welchem sich aus einem Verbesserungsauftrag keine Rangverschiebung ergeben kann. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da für die vollstreckbare Forderung, zu deren Hereinbringung Zwangsversteigerung beantragt wurde, bereits zu COZ 11 ein Zwangspfandrecht einverleibt ist.
Wird ein Antrag - sei es in erster oder zweiter Instanz - abgewiesen, obwohl richtigerweise ein Verbesserungsauftrag zu erteilen gewesen wäre, so kann die Verbesserung auch im Rechtsmittelverfahren aufgetragen werden (ebenso die weitaus überwiegende Rechtsprechung des OGH siehe SZ 38/199 mit auch insoweit zustimmender Besprechung von Zacherl in ZfRV 1968, 123 f.;
JBl. 1965, 265; EvBl. 1972/130, dagegen allerdings EvBl. 1970/183);
ist der Mangel inzwischen behoben, so kann das Rechtsmittelgericht sofort entscheiden.
Da die betreibende Partei mit ihrem Revisionsrekurs einen Grundbuchsauszug der Haupteinlage EZ 778 KG L neuesten Datums vorgelegt hat und aus diesem hervorgeht, daß die seinerzeitige Eintragung der Haupteinlage keine Änderung erfahren hat, ist der vom Rekursgericht in erster Linie herangezogene Abweisungsgrund nicht stichhältig. Die zusätzlich beanstandete Formulierung, die Bewilligung der Zwangsversteigerung werde "im Range des zu COZ 11 einverleibten Pfandrechtes" begehrt, ist nämlich dann zwanglos dahin zu verstehen, daß sich das Befriedigungsrecht der betreibenden Partei nach dem Range ihres Pfandrechtes richten solle und daher die Einleitung des Versteigerungsverfahrens bei dem (bzw. "im Range des") einverleibten Pfandrechtes anzumerken ist, wie es ja im späteren Antragstext (fünft- und viertletzte Zeile) ohnehin beantragt und auch vom Erstgericht inhaltlich angeordnet wurde.
Da schließlich der Auffassung des Rekursgerichtes beizupflichten ist, daß ein auf Grund einstweiliger Verfügung im Sinn des § 384 Abs. 2 EO angemerktes Veräußerungsverbot der Bewilligung der Zwangsversteigerung nicht entgegensteht (ebenso Neumann - Lichtblau[3] 1197; 1 Ob 227/74 u. a.), war in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.