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OGH vom 29.09.2021, 7Ob149/21v

OGH vom 29.09.2021, 7Ob149/21v

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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende sowie die Hofrätin und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Stefula und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei R***** S*****, vertreten durch die Denkmair Hutterer Hüttner Waldl Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch die Cortolezis Partner Rechtsanwälte GmbH Co KG in Graz, wegen Unterlassung und Wiederherstellung (hier: Erlassung einer einstweiligen Verfügung), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 3 R 89/21k15, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der behauptete Mangel des Rekursverfahrens wurde geprüft; er liegt schon mangels Relevanz der im Revisionsrekurs ins Treffen geführten Sachverhaltsumstände nicht vor, weil in erster Instanz keine konkreten Tatsachen behauptet und bescheinigt worden sind, die die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 381 EO rechtfertigen würden (§§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 510 Abs 3 ZPO).

2.1. Nach § 381 Z 1 EO können einstweilige Verfügungen getroffen werden, wenn zu besorgen ist, dass sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruchs, insbesondere durch eine Veränderung des bestehenden Zustands, vereitelt oder erheblich erschwert werden würde.

[3] Eine einstweilige Verfügung zur Sicherung von Beweismitteln ist unter der Voraussetzung der Gefährdung der Anspruchsverfolgung nur dann in Betracht zu ziehen, wenn eine Beweissicherung nach § 384 ff ZPO nicht in Frage kommt, also bloß bei Beweismitteln, die vom Beweissicherungsverfahren selbst nicht erfasst werden können, so bei im Besitz des Gegners befindlichen Urkunden oder Augenscheinsgegenständen (RS0119566).

2.2. Nach § 381 Z 2 EO können einstweilige Verfügungen getroffen werden, wenn sie zur Verhütung drohender Gewalt oder zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen.

[5] Ein Schaden ist dann unwiederbringlich, wenn ein Nachteil an Vermögen, Rechten oder Personen eingetreten und wenn die Zurückversetzung in den vorigen Zustand nicht tunlich ist und Schadenersatz entweder nicht geleistet werden kann (Zahlungsunfähigkeit des Beschädigers) oder die Leistung des Geldersatzes dem angerichteten Schaden nicht völlig adäquat ist (RS0005270). Ein schwer wieder gutzumachender Schaden ist noch kein unwiederbringlicher Schaden iSd § 381 Z 2 EO; von einem solchen kann nur gesprochen werden, wenn die Zurückversetzung in den vorigen Stand (Naturalrestitution iSd § 1323 ABGB) überhaupt nicht oder doch nur mit größten Schwierigkeiten und unter Aufwendung unverhältnismäßig hoher Kosten möglich wäre und der Nachteil auch in seinen Auswirkungen nicht oder nur zum geringen Teil beseitigt werden könnte (RS0005291).

2.3. Die Behauptungs- und Bescheinigungslast für das Vorliegen konkreter Umstände, welche die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 381 EO begründen, liegt ausschließlich bei der gefährdeten Partei (RS0005311). Die Anspruchsgefährdung ist durch Glaubhaftmachung konkreter Tatsachen darzutun (RS0011600 [insbes T 1]); nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit einer im § 381 EO erwähnten Erschwerung, Vereitelung, Gewaltanwendung oder Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens begründet eine Anspruchsgefährdung (vgl RS0005175 [T2]).

2.4. Nach ständiger Rechtsprechung kommt der Frage, ob das Vorbringen zu den Voraussetzungen § 381 EO im Einzelfall als ausreichend anzusehen ist, keine erhebliche Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO zu, es sei denn, dem Rekursgericht wäre eine Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, oder die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung wäre mit dem Inhalt des Parteienvorbringens unvereinbar (RS0005103; vgl RS0005118). Derartiges liegt hier nicht vor:

3.1. Die Klägerin hat in erster Instanz behauptet, auf einem Grundstück, für das ihr ein verbüchertes Gebrauchsrecht zusteht, habe die Beklagte, der das Grundstück gehört, unberechtigterweise einen Schranken entfernt und in der offenkundigen Absicht, dort einen Weg/Zufahrt zu errichten bzw zu asphaltieren, die bis dahin lediglich gemähte und von der Klägerin als Gartenbereich genutzte Wiese aufgegraben; damit werde der Klägerin die Beweisführung in einem Parallelverfahren verunmöglicht, da sich das Gericht „kein wahres Bild über die Gegebenheiten mittels Ortsaugenscheins machen könne und auf Lichtbilder beschränkt“ sei.

[9] Das Rekursgericht vertrat dazu die Auffassung, dies reiche für die konkrete Darlegung einer Gefährdung des Anspruchs nicht aus, weil nach den Behauptungen im Sicherungsantrag die an das Wohnhaus angrenzende Wiese ohnedies bereits vor dem im Parallelverfahren anberaumten Lokalaugenschein umgegraben worden sei; durch eine Erlassung der zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs beantragten einstweiligen Verfügung könne nicht mehr bewirkt werden, dass sich das Gericht davon ein unmittelbares Bild durch einen Ortsaugenschein machen könne.

[10] Warum dies eine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung sein sollte, wird vom Revisionsrekurs nicht aufgezeigt. Es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit die Klägerin an einer Beweissicherung nach § 384 ff ZPO gehindert gewesen wäre.

3.2. Weiters brachte die Klägerin in erster Instanz vor, durch das Befahren dieses Wiesenstücks würden ein Hangrutsch und Beeinträchtigungen des benachbarten, in ihrem Eigentum stehenden, Gebäudes bzw dessen Statik drohen.

[12] Dazu ist jedoch bescheinigt, dass solche Beeinträchtigungen durch die Nutzung des zu errichtenden Wegs auszuschließen sind.

[13] Ein unwiederbringlicher Schaden kann zwar auch in einer immateriellen Beeinträchtigung durch Verlust der Erholung oder im Verlust der Lebens- und Wohnqualität gelegen sein, jedoch hat die Klägerin hierzu in erster Instanz nichts vorgebracht; die diesbezüglichen Behauptungen im Revisionsrekurs die ohnehin nicht die Qualität iSv RS0005248 erreichen, verstoßen damit gegen das auch im Sicherungsverfahren geltende Neuerungsverbot (RS0002445).

[14] 4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 528a, 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0070OB00149.21V.0929.000

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