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OGH vom 12.12.1984, 1Ob713/84

OGH vom 12.12.1984, 1Ob713/84

Norm

AktG § 4 Abs 2;

ABGB § 1017;

GenG § 4 Abs 1;

GmbHG § 5 Abs 2;

Kopf

SZ 57/198

Spruch

Der Geschäftsführer einer GesmbH haftet, auch wenn er nicht offenlegte, nicht im eigenen Namen zu handeln, nicht persönlich, wenn er offenkundig für ein bestimmtes Unternehmen handelte, dieses Unternehmen die GesmbH ist und der Vertragspartner auch mit dieser kontrahiert hätte

(OLG Linz 2 R 116/84; KG Steyr 2 Cg 336/83) = JBl. 1985, 616 (Hügel)

Text

Der Beklagte war geschäftsführender Gesellschafter der Firma Josef K GesmbH Bauunternehmen, über deren Vermögen am der Konkurs eröffnet wurde. Im Jahre 1977 erteilte der Beklagte dem Kläger telefonisch den Auftrag, im Zuge des Kindergartenbaues in R einen Rohrdurchlaß durchzuführen. Die Rechnung vom wurde vom Kläger an die Firma K, Bauunternehmen, adressiert und am durch Überweisung auf das Konto des Klägers bezahlt. Als Einzahler wurde Josef K, R 10 a, angegeben. Im Jahre 1982 erteilte der Beklagte dem Kläger als Subunternehmer telefonisch den Auftrag zur Durchführung von Stahlrohrdurchstößen unter einer Bundesstraße und einer Eisenbahntrasse. Der Beklagte wollte zwar in beiden Fällen als Geschäftsführer der GesmbH handeln, es kam aber nicht zur Sprache, daß Vertragspartner des Klägers eine GesmbH sei; der Kläger nahm an, es handle sich bei der Firma K, deren Geschäftsräume er anläßlich des Auftrages aufsuchte, um einen Einzelunternehmer. Der Kläger legte über den ihm erteilten Auftrag insgesamt drei Rechnungen (1. 9., 5. 11. und ), die ursprünglich alle an die Firma K, Bauunternehmen, adressiert waren. Zum Zeitpunkt der Rechnungslegungen befand sich die GesmbH bereits in Liquiditätsschwierigkeiten. Die nicht Gegenstand dieses Verfahrens bildende Rechnung vom wurde vom Beklagten gerügt. Der Kläger schrieb sie, nachdem er sich bei der Kammer der gewerblichen Wirtschaft nach der Firmenstruktur erkundigt hatte, auf "Firma J K Gesellschaft mbH" um. Auf diese Rechnung erhielt der Kläger einen Kompressor der Gesellschaft. Die vom Kläger in Anrechnung auf die anderen Rechnungen angestrebte Übernahme einer Straßenwalze der Gesellschaft kam nicht zustande.

Der Kläger begehrt den Zuspruch des Betrages von 107 675 S sA. Er habe den Auftrag vom Beklagten als Privatperson (Bauunternehmer) und nicht als Geschäftsführer einer GesmbH erhalten.

Der Beklagte wendete ein, er habe in seiner Eigenschaft als geschäftsführender Gesellschafter der Firma J K GesmbH dem Kläger als Subunternehmer den Auftrag erteilt. Dem Kläger sei bewußt gewesen, daß der Beklagte für eine GesmbH handle.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Eine ausdrückliche Offenlegungspflicht entfalle, wenn es für den Kläger erkennbar sei, daß der Beklagte im Namen eines Dritten handeln wolle. Entscheidend sei dabei der objektive Erklärungswert. Hier sei das Geschäft objektiv jedenfalls mit einem Bauunternehmen und nicht mit einer Privatperson zustande gekommen. Das ergebe sich aus der Unternehmensbezogenheit des Rechtsgeschäftes. Der Auftrag im Rahmen von Kanalisierungsarbeiten, Stahlrohrdurchstöße durchzuführen, könne nicht von einem Privatmann kommen. Der Kläger habe daher erkennen müssen, daß sein Geschäftspartner nicht der Beklagte persönlich gewesen sei, sondern daß dieser das Bauunternehmen K vertreten habe. Der Kläger habe es aber unterlassen, sich nach dem tatsächlichen Vertragspartner zu erkundigen. Er habe also das Risiko in Kauf genommen, mit einem Bauunternehmen in Geschäftsverbindung zu treten, dessen Rechtsform er nicht gekannt habe. Sobald feststehe, daß ein unternehmensbezogenes Rechtsgeschäft vorliege, komme es mit dem Inhaber des bestellenden Unternehmens zustande. Selbst wenn man davon ausgehe, daß der Kläger im Zeitpunkt der Auftragserteilung der Ansicht gewesen wäre, es handle sich bei der Firma K um ein Einzelunternehmen, und man die Meinung vertrete, daß aus diesem Grund das Geschäft zunächst mit dem Beklagten als Inhaber der (nicht existenten) Einzelfirma zustande gekommen wäre, so habe der Kläger doch spätestens mit der Übernahme des Kompressors zahlungshalber anerkannt, daß das Bauunternehmen J K GesmbH sein Geschäftspartner gewesen sei. Aus dieser Übernahme, aus der Tatsache, daß der Kläger darüber hinaus auch noch zahlungshalber die Übernahme einer Straßenwalze von der GesmbH angestrebt habe, und letztlich aus der Umänderung der Anschrift bei der Rechnung vom sei ersichtlich, daß es für den Kläger nicht von Bedeutung gewesen sei, ob der Auftrag von einem Einzelunternehmen oder einer GesmbH erteilt worden war. Sein Ziel sei es nur gewesen - und sei es immer noch -, daß die offenen Rechnungen beglichen werden. Dem Handeln des Klägers, zunächst die Gesellschaft zu beanspruchen und dann - bei deren Zahlungsunfähigkeit - auf den Beklagten als Privatperson oder Inhaber eines Einzelunternehmens umzuschwenken, fehle jegliche gesetzliche Grundlage. Dem Beklagten könnte allenfalls eine Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten vorgeworfen werden, weil er es bei Vertragsabschluß unterlassen habe, die beschränkte Haftung des Bauunternehmens offenzulegen. Eine solche Haftung umfasse jedoch lediglich das Vertrauensinteresse. Hier sei davon auszugehen, daß der Kläger auch bei Kenntnis der beschränkten Haftung das Geschäft geschlossen hätte.

Das Berufungsgericht änderte über Berufung des Klägers das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Klagebegehren mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens stattgab. Es sprach aus, die Revision sei gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zulässig. In der Regel träfen die Rechtswirkungen einer Erklärung unter einer Firma den jeweiligen Inhaber des Unternehmens, das unter der verwendeten Firma betrieben werde, da wegen der in den §§ 22 und 24 HGB zugelassenen Durchbrechung des Grundsatzes der Firmenwahrheit der in einer Firma enthaltene Name keine ausreichende Grundlage für das Vertrauen in die Inhaberstellung des Namensträgers begrunde. Daraus folge, daß im vorliegenden Fall der Kläger bei Geschäftsabschluß zwar nicht damit habe rechnen dürfen, daß die "Firma K, Bauunternehmen" sein Vertragspartner werde. Da der Beklagte aber den richtigen Firmenwortlaut weder in den Telefongesprächen bei der Auftragserteilung noch auf dem Zahlschein bei Berichtigung der ersten Rechnung genannt habe, sei der Kläger zur Annahme berechtigt gewesen, mit einem Einzelkaufmann zu kontrahieren. Es sei daher eine Haftung des Handelnden wegen Veranlassung eines Rechtsscheines zu prüfen. In Schrifttum und Rechtsprechung sei aus den Grundsätzen des zurechenbar erzeugten Rechtsscheines und des schützenswerten Vertrauens aus der gemeinrechtlichen Regel von Treu und Glauben im Rechtsverkehr die Lehre vom Scheinkaufmann kraft eigenen Verhaltens abgeleitet worden. Der Scheinkaufmann müsse gegenüber gutgläubigen Dritten den Schein als echt gelten, sich also als Kaufmann behandeln lassen. Der Beklagte habe den Anschein einer Kaufmannseigenschaft durch sein Auftreten veranlaßt, indem er gegen den Offenlegungsgrundsatz verstoßen habe. Dieses Gebot gelte insbesondere für alle Personen, die als organschaftliche Vertreter im rechtsgeschäftlichen Verkehr mit Dritten auftreten. Das Weglassen des Zusatzes GesmbH führe nicht unbedingt zu einem Eigengeschäft des Vertreters; es könne sich vielmehr der Wille, für die Gesellschaft zu handeln, auch aus den Umständen ergeben. Da sich aus den Auftragserteilungen kein Hinweis auf das Vorliegen einer GesmbH ergeben habe, habe der Kläger jedoch der Meinung sein können, daß es sich um eine Bestellung handle, für die der Beklagte als Inhaber einer Einzelfirma persönlich hafte. Für die Zurechnung dieses Rechtsscheines sei ein Verschulden nicht notwendig, es genüge eine adäquate Verursachung. Werde der Anordnung des § 5 Abs. 2 GesmbHG zuwider die Bezeichnung der Rechtsform unterschlagen und nur der im Firmenkern enthaltene Familienname des Geschäftsführers dieser Gesellschaft genannt, so dürfe der Geschäftspartner, dem die wahren Rechtsverhältnisse nicht bekannt und aus den Umständen auch nicht ohne weiteres erkennbar seien, annehmen, daß es sich bei der allein genannten Person um seinen Vertragspartner handle. Grundsätzlich sei dem Vertrauen auf den Rechtsschein im Interesse des Verkehrsschutzes der Vorrang vor der Erkundungspflicht zu geben. Ein Nachweis, daß dem Kläger Tatsachen bekannt geworden seien, die dem Schein zuwiderlaufen, oder die Setzung diesbezüglicher Handlungen seitens des Beklagten seien vom Beklagten nicht behauptet worden. Ebenso habe es der Beklagte unterlassen, den Nachweis dafür zu erbringen, daß die Disposition des Klägers durch das Vertrauen auf den Rechtsschein nicht ursächlich bedingt gewesen sei. Der Kläger könne daher jene Ansprüche, die er hätte, würde der Rechtsschein der wahren Sachlage entsprochen haben, geltend machen.

Über außerordentliche Revision des Beklagten stellte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist ein Grundprinzip des Stellvertretungsrechtes, daß, wer nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen oder als Organ einer juristischen Person rechtsgeschäftlich handeln will, dies eindeutig zum Ausdruck zu bringen hat (Offenlegungsgrundsatz; JBl. 1983, 97; SZ 53/138; SZ 51/102 ua.; vgl. auch die bei Hügel, Probleme des Offenlegungsgrundsatzes bei Rechtsgeschäften im Unternehmensbereich, JBl. 1983, 454 f. FN 31 angegebenen weiteren Hinweise). Legt dies der Stellvertreter (das Organ) nicht offen, gilt das Geschäft als im eigenen Namen geschlossen (SZ 53/138). Einer Offenlegung bedarf es jedoch nicht, wenn dem anderen Teil ohne weiteres oder aus den Umständen erkennbar ist, daß nicht im eigenen Namen gehandelt wird (SZ 53/138; SZ 51/102 ua.), oder der andere Teil erkennbar auf eine Offenlegung verzichtet (SZ 54/11). Letzteres ist etwa bei Abschluß eines Geschäftes unter Vorbehalt der Person des Vertretenen (offenen Geschäftes für den, den es angeht) und beim (echten) Geschäft, für den es angeht (verdeckten Geschäft), der Fall. Bei jenem Geschäft stellt der Vertreter klar, nicht im eigenen Namen handeln zu wollen, gibt aber den Namen des (eindeutig identifizierbaren oder zunächst unbekannt bleiben wollenden) Vertretenen mit Einverständnis des Dritten nicht bekannt (zB Hausverwalter: JBl. 1976, 40; SZ 23/163; Welser, Vertretung ohne Vollmacht, 248 f.; Koziol-Welser[6] I 143; Hügel aaO 451); im anderen Fall ist es auf Grund der Interessenlage (insbesondere bei sofort erfüllten Bargeschäften des täglichen Lebens) typischerweise den Vertragschließenden gleichgültig, wer ihr Vertragspartner ist. Ihr Interesse ist nicht auf die Offenlegung gerichtet (Koziol-Welser aaO 144; Welser aaO 250). Eine ähnliche Rechts- und Interessenlage ist bei sogenannten unternehmensbezogenen Geschäften gegeben. Wer erkennbar (offenkundig) "im Namen eines bestimmten Unternehmens" handelt, berechtigt und verpflichtet den jeweiligen Unternehmensträger (in diesem Sinne BGHZ 64, 11, 15; BGHZ 62, 216, 220 f.; ähnlich JBl. 1976, 40; 7 Ob 534/80; Hügel aaO 523, 525; Peter Bydlinski, JBl. 1983, 99; vgl. Karsten Schmidt, Handelsrecht[2] 95 f.; Steffen in BGB-RGRK[12] § 164, Rdz. 8). Ist der Handelnde selbst Unternehmensträger, handelt er im eigenen Namen, sonst aber im fremden; die Rechtswirkungen treten bei der Kapitalgesellschaft ein, deren Organ er ist, wenn nur der Abschluß für das Unternehmen offenkundig war (Hügel aaO 525 f.; Karsten Schmidt aaO 96). Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Auftrag wurde im Rahmen des Unternehmensgegenstandes der beklagten Partei dem Kläger als Subunternehmer erteilt, die Rechnung wurde auch an die "Firma K, Bauunternehmer" adressiert. Es war demnach dem Kläger offenkundig, daß der Abschluß des Geschäftes im Rahmen des Unternehmens erfolgte. Daraus folgt, daß Vertragspartner des Klägers nicht der Beklagte, sondern der Unternehmensträger, die Firma Josef K GesmbH, war.

Dem Berufungsgericht ist allerdings darin zu folgen, daß dennoch eine persönliche Haftung des Beklagten auf Grund eines von ihm geschaffenen Rechtsscheins (JBl. 1983, 97; Hügel aaO 526; vgl. Karsten Schmidt aaO 101; NJW 1981, 2569; BGHZ 71, 354, 356; BGHZ 64, 11, 16 f.; BGHZ 62, 216, 222 f.) oder wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten (Hügel aaO 527) in Betracht kommt. Letzterer Fall scheidet aus, weil dann nur der Vertrauensschaden, das negative Vertragsinteresse, wegen Nichtzustandekommens des Vertrages begehrt werden kann (SZ 48/102; SZ 46/22; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht[2] II 73; Hügel aaO 527, Welser, Vertretung ohne Vollmacht 127 ff. und ÖJZ 1973, 286 f.); der Kläger begehrt aber nicht Schadenersatz, sondern Vertragserfüllung. Aber auch eine Rechtsscheinhaftung ist auszuschließen, wenn der Vertragspartner (der Kläger) die Haftungsbeschränkung des Rechtsträgers des Unternehmens kannte oder kennen mußte oder diese Haftungsbeschränkung für ihn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine Rolle spielte, es für ihn also gleichgültig war, ob sein Auftraggeber eine Einzelfirma oder eine Kapitalgesellschaft war, wofür der Vertreter (der Beklagte) beweispflichtig ist (BGHZ 64, 11, 19; vgl. Hügel aaO 528; Peter Bydlinski aaO 99 f.). Der Beweis für letzteren Umstand gelang dem Beklagten. Das Erstgericht stellte ausdrücklich fest, daß der Kläger (lange vor der Klageführung oder einer Verjährung des Anspruchs) eine Rechnung nach dem Hinweis, daß Vertragspartner die Josef K GesmbH sei, und Erkündigung nach der Firmenstruktur bei der Kammer auf die Gesellschaft mbH umgeschrieben und auf diese Rechnung zahlungshalber auch einen Kompressor der Gesellschaft mbH erhalten hat; er wollte auch für die nun klagsgegenständlichen Rechnungen eine Leistung der GesmbH, eine Straßenwalze, erhalten, nur kam eine solche Vereinbarung nicht mehr zustande. Das Erstgericht zog daraus, wenn auch im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung, den Schluß, daß der Kläger das Geschäft auch bei Kenntnis der beschränkten Haftung (des Unternehmensträgers) geschlossen hätte. Auch wenn das Erstgericht auf Grund des tatsächlichen Gesamtverhaltens des Klägers auf weitere (hypothetische) Tatsachen geschlossen hat, liegt eine Tatsachenfeststellung vor (ZVR 1982/322; SZ 26/155; SZ 25/280 ua.; Fasching, Zivilverfahrensrecht, Rdz. 1926), die im Revisionsverfahren nur bekämpft werden kann, wenn sie auf Schlußfolgerungen beruhte, die mit den Denkgesetzen unvereinbar wären (Arb. 7588; RZ 1967, 105 ua.; Fasching aaO Rdz. 1920). Davon kann keine Rede sein, verwies doch das Erstgericht auf verschiedene, wenn auch nachträgliche Verhaltensweisen des Klägers, die erkennen ließen, daß es ihm damals und zuvor gleichgültig war, ob der Beklagte oder eine GesmbH sein Vertragspartner war. Der Kläger erklärte im Berufungsverfahren ausdrücklich, die Feststellungen des Erstgerichtes unbekämpft zu lassen.

Vertraute der Kläger aber gar nicht auf einen vom Beklagten erweckten Rechtsschein, kann er ihn auch nicht als Vertragspartner in Anspruch nehmen.