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OGH vom 22.11.2016, 5Ob131/16z

OGH vom 22.11.2016, 5Ob131/16z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** L*****, vertreten durch Mag. Edwin Stangl, Mag. Wolfgang Ferstl, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Mag. (FH) H***** W*****, vertreten durch Dr. Robert Lirsch, Mag. Florian Masser, Mag. Ernst Wimmer, Rechtsanwälte in Wien, wegen 10.902,60 EUR samt Anhang, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom , GZ 21 R 39/16g-40, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf vom , GZ 10 C 1135/14h 34, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 860,58 EUR (darin enthalten 143,43 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Eltern des Klägers waren je zur Hälfte Eigentümer der unmittelbar benachbarten, in der Natur nicht erkennbar getrennten Liegenschaften EZ 530 (Grundstücke Nr 618/29 und Nr 618/30) und EZ 513 (Grundstück Nr 616/24) je Grundbuch *****. Auf der Liegenschaft EZ 530 befanden sich ein Wohnhaus, ein Nebengebäude und ein Freischwimmbad. Die Liegenschaft EZ 513 war unbebaut, aber aufgeschlossen und baureif.

Nach dem Tod beider Elternteile gaben der Kläger und seine Schwester jeweils unbedingte Erbantrittserklärungen je zur Hälfte des Nachlasses ab. Da der Kläger und seine Schwester eine Vorstellung davon haben wollten, was der zu erbende Liegenschaftsbesitz wert sein könnte, beauftragten sie den Beklagten am mit der Schätzung der beiden Liegenschaften. Der Beklagte fragte die Schwester des Klägers, die den Auftrag im eigenen und auch im Namen des Klägers erteilte, ob er die beiden Grundbuchskörper als Einheit oder getrennt schätzen solle. Die Schwester des Klägers erteilte ihm den Auftrag, den Verkehrswert der gesamten Liegenschaft, bestehend aus beiden EZZ, als Einheit zu ermitteln.

In seinem Gutachten vom ermittelte der Beklagte den Verkehrswert beider Liegenschaften mit gerundet 360.000 EUR. Er definierte den Verkehrswert mit dem bei einer Veräußerung der Liegenschaft üblicher Weise im redlichen Geschäftsverkehr, ohne Berücksichtigung besonderer, persönlicher Vorlieben erzielbaren Preis. Im Zuge der Ermittlung des Verkehrswerts setzte der Beklagte für die Bestimmung des Sachwerts für die Grundstücke Nr 618/29 und Nr 618/30 jeweils einen m² Preis von 95 EUR, für das unbebaute Grundstück Nr 616/24 einen m² Preis von 60 EUR an und errechnete einen Bodenwert von insgesamt 154.390 EUR. Im Rahmen einer Besprechung des Gutachtens sprach der Kläger den Beklagten auf diesen m² Preisunterschied zwischen den Grundstücken an. Der Beklagte erklärte, dass bei der Gesamtbewertung einer derart großen Liegenschaft, auf der sich ein Ein- bzw Zweifamilienhaus befinde, eine adäquate Liegenschaftsfläche, die nicht benötigt werde, wertgemindert anzusetzen sei.

Der Kläger und seine Schwester einigten sich in der Folge darauf, den Liegenschaftsbesitz je zur Hälfte zwischen ihnen aufzuteilen. Dabei sollte die Schwester des Klägers eine unbebaute Fläche bekommen, der Kläger hingegen das Wohnhaus benützen können. Auf Basis der vom Beklagten vorgenommenen Bewertung und des Aufteilungswunsches im Verhältnis 50:50 erstellte ein Vermessungstechniker einen Teilungsplan, der vorsah, dass das Grundstück Nr. 618/30 in zwei unterschiedlich große Teilstücke geteilt werde und diese Teilstücke jeweils einem der beiden anderen Grundstücke zugeschlagen werden. Auf der Grundlage dieses Teilungsplans schlossen der Kläger und seine Schwester schließlich am ein Erbteilungsübereinkommen, wonach M***** L***** Alleineigentümerin des neu gebildeten, unbebauten Grundstücks Nr 616/24 (EZ 513) und zu 2/5 Eigentümerin des neu gebildeten Grundstücks Nr 618/29 (EZ 530), der Kläger zu 3/5 Eigentümer des neu gebildeten Grundstücks Nr 618/29 (EZ 530) werden sollten. Dieses Erbteilungsübereinkommen wurde am grundbücherlich durchgeführt.

Mit seiner Klage vom begehrte der Kläger vom Beklagten die Zahlung von 10.902,60 EUR samt 4 % Zinsen seit . Der Kläger und seine Schwester hätten aufgrund der Wertermittlung des Beklagten einen Teilungsplan in Auftrag gegeben und die Liegenschaften so real geteilt, dass die neuen Eigentumsverhältnisse gemäß Gutachten des Beklagten wertmäßig den ermittelten Erbquoten entsprochen hätten. Dem Beklagten sei jedoch in seinem Gutachten insofern ein Fehler unterlaufen, als er als Preis für das baufertige und aufgeschlossene Grundstück Nr 616/24 nur 60 EUR statt zumindest 90 EUR pro m² angenommen habe. Darüber hinaus habe er bei der dem Kläger zukommenden Liegenschaft den 10%igen Bebauungszuschlag nicht abgezogen. Dadurch, dass das zu niedrig bewertete Grundstück Nr 616/24 der Schwester des Klägers zugekommen sei, habe der Kläger durch die Zuteilung von weniger Grundflächen einen Schaden in Höhe des Klagsbetrags erlitten. Der Beklagte sei spätestens zum Zeitpunkt der Erörterung des Gutachtens darüber informiert worden, dass die Geschwister L***** eine Realteilung der Liegenschaften beabsichtigen würden. Dennoch habe er auf eine alternative Bewertung der beiden Einlagezahlen nicht hingewiesen.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte die Abweisung der Klage. Er habe den Verkehrswert der beiden Liegenschaften auftrags- und ordnungsgemäß ermittelt. Eine Teilung der Liegenschaft sei zum Zeitpunkt der Auftragserteilung kein Thema gewesen. Der Klagsanspruch sei außerdem verjährt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Kläger und seine Schwester hätten den Beklagten mittels Werkvertrag mit der Ermittlung des Verkehrswerts der beiden Liegenschaften beauftragt. Über seine Nachfrage sei ihm der Auftrag erteilt worden, die Schätzung als Einheit vorzunehmen. Der Beklagte sei als Sachverständiger zwar nicht verpflichtet gewesen, die individuellen Nutzungsabsichten des Klägers und seiner Schwester zu hinterfragen, er habe aber keinen Zweifel über Umfang und Inhalt des Auftrags haben dürfen. Da zum Bewertungszeitpunkt im Mai 2008 keine wirtschaftliche Einheit der beiden Liegenschaften vorgelegen sei, sondern beide autonom nutz- und verwertbar gewesen seien, seien zwei Interpretationsmöglichkeiten des Auftrags zur Bewertung als Einheit vorgelegen. Mit dieser Formulierung habe entweder ein potentiell niedriger Wertansatz (wegen übergroßer Liegenschaft) oder aus der Sichtweise, dass Teilungsvarianten über den gesamten, die Grundbuchskörper übergreifenden Grundstücksverband zur Disposition stünden, ein bestmöglicher Wertansatz bezweckt sein können. Daher hätte der Beklagte den Kläger und seine Schwester darüber informieren müssen, dass zwei Bewertungsansätze in Frage kämen und welche Konsequenzen damit jeweils verbunden seien, damit seine Auftraggeber den Auftrag entsprechend präzisieren hätten können. Dieser vertraglichen Aufklärungspflicht sei der Beklagte jedoch nicht nachgekommen, vielmehr habe er ohne weitere Nachfrage einen Wert der besonderen Vorliebe für den übergroßen Grundstücksverband ermittelt. Diesen habe er darüber hinaus ausdrücklich als Verkehrswert bezeichnet und mit dem bei einer Veräußerung der Liegenschaft üblicher Weise im redlichen Geschäftsverkehr, ohne Berücksichtigung besonderer, persönlicher Vorlieben erzielbaren Preis definiert. Der Kläger und seine Schwester hätten davon ausgehen können, dass sie die vom Beklagten ermittelten Werte für die einzelnen Grundstücke einem Weiterverkauf oder einer Aufteilung der Liegenschaft zugrunde legen könnten. Der Beklagte habe in seinem Gutachten, obwohl er den Auftrag dazu erhalten habe, den Verkehrswert zu ermitteln, weder Nutzungspotenziale noch „best use“-Überlegungen als entscheidende Wertbemessungskriterien diskutiert. Die theoretische Vereinigung der einzelnen Grundstücke und daraus ableitend ein geringerer Wert entsprächen nicht den Anforderungen des Begriffs Verkehrswert nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG). Wäre dem Beklagten über Nachfrage vom Kläger und seiner Schwester mitgeteilt worden, dass sie die beiden Liegenschaften entweder verkaufen oder untereinander aufteilen wollen, hätte der tatsächliche Verkehrswert der fiktiven Gesamtliegenschaft zum Bewertungsstichtag 370.000 EUR betragen. Dieser würde damit zwar im Vergleich zum Ergebnis des Gutachtens des Beklagten (360.000 EUR) innerhalb einer üblichen Bewertungstoleranz von +/- 3 % liegen, jedoch wären bei einer Berücksichtigung von Teilungsmöglichkeiten andere m² Preise für das unbebaute Grundstück heranzuziehen gewesen, die zu einem anderen Bodenwert und letztlich damit auch zu einer anderen Aufteilung der Grundbuchskörper zwischen den Geschwistern geführt hätten. Das Gutachten des Beklagten sei daher nicht geeignet, die von den Auftraggebern letztendlich beabsichtigte Verwendung zu gewährleisten. Die Anteile seien mit der durchgeführten Teilung nicht im Verhältnis 50:50 geteilt worden. Wäre – über Nachfrage durch den Beklagten – eine Einbindung der Teilungsmöglichkeit in den Gutachtensauftrag erfolgt, hätte dies den unrichtigen Schluss der Adressaten des Gutachtens aufgeklärt. Der dem Kläger durch die Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Beklagten und die nicht fachgerechte Ermittlung des Verkehrswerts der Liegenschaften entstandene Schaden liege über dem eingeklagten Betrag. Erst im Jahr 2013 sei beim Kläger die die Verjährungsfrist auslösende Kenntnis von Schaden, Schädiger und dem Verschulden des Beklagten vorgelegen. Der mit Klage vom geltend gemachte Schadenersatzanspruch des Klägers sei sohin nicht verjährt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge; es hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Abgesehen davon, dass der Beklagte das Unterlassen der Ladung des gerichtlichen Sachverständigen zur Gutachtenserörterung zu Recht als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rüge und schon dieser Verfahrensmangel zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das Erstgericht führe, würden auch die Feststellungen des Erstgerichts nicht ausreichen, eine abschließende Beurteilung vorzunehmen, ob der Beklagte bei Abfassung seines Gutachtens in rechtswidriger Weise einen Schaden des Klägers verursacht habe oder nicht. Die Auftraggeber hätten ihren wirtschaftlichen Dispositionen und ihrem Erbteilungseinkommen nämlich nicht das Ergebnis des Sachverständigengutachtens des Beklagten zu Grunde gelegt, sondern die vom Beklagten in diesem ausgewiesenen Bodenwerte. Der Beklagte habe sein Privatgutachten nach dem Vergleichswertverfahren und nach dem Sachwertverfahren erstellt und sich dabei ausdrücklich auf die §§ 4 und 6 LBG bezogen. Wenn sich der Sachverständige dazu entschließe, die gesetzlich geregelten Verfahren einzuhalten, sei von einer rechtlich geschützten Erwartungshaltung der Auftragsnehmer auszugehen, dass die darin enthaltenen Werte den gesetzlichen Vorgaben auch entsprechen würden. Der Beklagte habe auch damit rechnen müssen, dass seine Auftragnehmer das Gutachten zur Grundlage einer erbrechtlichen Auseinandersetzung heranziehen würden und dazu gehöre neben der Veräußerung der Liegenschaften auch deren Teilung. Der Beklagte habe daher damit rechnen müssen, dass nicht nur der von ihm als Verkehrswert bezeichnete Wert, sondern auch die von ihm ermittelten Bodenwerte zum Gegenstand von wirtschaftlichen Dispositionen seiner Auftraggeber genommen würden. Der Beklagte habe somit nicht nur für die Richtigkeit des Bewertungsergebnisses, sondern auch für die Richtigkeit der gemäß § 10 Abs 3 LBG in das Gutachten aufzunehmenden Flächenmeterpreise einzustehen. Das Erstgericht werde daher festzustellen haben, welcher Flächenmeterpreis bei einem lege artis durchgeführten Sachwertverfahren unter Zugrundelegung des Auftrags, beide Einlagezahlen als Einheit zu bewerten, sowie unter den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen, nämlich unter Außerachtlassung der erst später vorgenommenen Teilung hätte ermittelt werden müssen. Die vom Erstgericht bisher dazu getroffenen Feststellungen würden sich nämlich auf den fiktiven Zustand gemäß dem Teilungsplan vom September 2008 beziehen bzw von einer optimalen Teilung ausgehen. Nur bei einem relevanten Abweichen der im fortgesetzten Verfahren zu ermittelnden Werte von denjenigen, die der Beklagte in seinem Gutachten (unter Berücksichtigung von Toleranzen) genannt habe, liege ein rechtswidriges Verhalten des Beklagten und habe das Erstgericht den daraus resultierenden Schaden des Klägers zu berechnen. Da der Kläger seinen Schadenersatzanspruch im erstinstanzlichen Verfahren ausschließlich auf die Abweichung des im Gutachten ausgeworfenen Bodenwerts vom tatsächlichen Wert gestützt habe, seien weitere Überlegungen zu allfälligen Aufklärungspflichten über Auftragsgegenstand und Nutzungspotenzial nicht anzustellen. Ebenso wenig sei es von Relevanz, ob der Beklagte das von ihm ermittelte Endergebnis zutreffend als Verkehrswert bezeichnet habe oder nicht, weil der Kläger aufgrund dieser Bezeichnung keine wirtschaftlichen Dispositionen gesetzt habe und eine solche Unrichtigkeit daher nicht kausal für einen Schaden des Klägers gewesen sei. Auf eine allfällige Verjährung der Schadenersatzansprüche des Klägers habe der Berufungswerber seine Rechtsrüge nicht gestützt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein Sachverständiger für eine im Privatgutachten enthaltene unrichtige Bodenwertermittlung im Rahmen eines Sachwertverfahrens schadenersatzrechtlich hafte oder nicht.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich der Rekurs des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

In seiner Rekursbeantwortung beantragte der Beklagte, den Rekurs zurückweisen, in eventu in der Sache selbst zu entscheiden und das Klagebegehren vollinhaltlich abweisen; wiederum in eventu stellte er einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 526 Abs 2 Satz 2 ZPO) – in Ermangelung einer erheblichen Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1. Der Kläger macht in seinem Rekurs geltend, dass die vom Berufungsgericht herangezogenen Gründe zur Aufhebung des Ersturteils nicht vorlägen. Die Abweisung des Antrags auf Ladung des gerichtlichen Sachverständigen zur Gutachtenserörterung sei schon deshalb nicht als Mangelhaftigkeit des Verfahrens zu werten, weil die Berufung nicht einmal abstrakt aufgezeigt habe, inwieweit die Gutachtenserörterung ein relevant anderes Ergebnis des Sachverständigenbeweises bringen hätte können. Zudem sei die Rechtsansicht des Berufungsgerichts verfehlt, dass Überlegungen zu allfälligen Aufklärungspflichten nicht anzustellen und die Bezeichnung des vom Beklagten ermittelten Endergebnisses als Verkehrswert nicht von Relevanz seien. Die vom Berufungsgericht als erheblich im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erachtete Frage, ob ein Sachverständiger für eine im Privatgutachten enthaltene unrichtige Bodenwertermittlung im Rahmen eines Sachwertverfahrens schadenersatzrechtlich haftet oder nicht, thematisiert der Rekurs hingegen nicht (vgl RIS Justiz RS0102059, RS0080388 [T1], RS0048272 [T8, T 11]).

2.1 Die „Sachverständigenhaftung“ nach § 1299 ABGB geht von einem objektiven Maßstab aus, wobei es auf die übliche Sorgfalt jener Personen ankommt, die die betreffende Tätigkeit ausüben (RIS Justiz RS0026524 [T2]). Es handelt sich um die vom durchschnittlichen Fachmann des jeweiligen Fachgebiets zu prästierende Sorgfalt (vgl RIS Justiz RS0026541, RS0026535). Ob dieser Sorgfaltsmaßstab im konkreten Fall eingehalten wurde, ist eine Einzelfallfrage und wirft daher grundsätzlich keine erheblichen Rechtsfragen auf (vgl RIS Justiz RS0026541 [T4], RS0026535 [T8]).

2.2 Der Sachverständige haftet grundsätzlich nicht, wenn das nach den Regeln der Wissenschaft erarbeitete Gutachten in der Folge nicht standhält. Er muss aber den Auftraggeber auf allfällige Risiken hinweisen; dies insbesondere dann, wenn er weiß, dass der Auftraggeber sein weiteres Verhalten vom Inhalt des Gutachtens abhängig machen wird (RIS Justiz RS0021664). Nach dem Verständnis des Berufungsgerichts hat der Kläger seinen Schadenersatzanspruch im erstinstanzlichen Verfahren aber weder auf die – nach den Feststellungen auch nicht vorliegende – Unrichtigkeit des Endergebnisses der Bewertung der Liegenschaften noch auf die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten gestützt, sondern ausschließlich auf die Fehlerhaftigkeit und Unrichtigkeit der dieser Bewertung (als Zwischenschritt der Berechnung) zu Grunde gelegten und im Gutachten ausgeworfenen Bodenwerte. Weitere Überlegungen zu allfälligen Aufklärungspflichten über Auftragsgegenstand und Nutzungspotenzial seien daher nicht anzustellen. Der Kläger macht in seinem Rekurs geltend, dass er das Klagebegehren sehr wohl bereits in erster Instanz insofern auch auf eine Aufklärungspflichtverletzung des Beklagten gestützt habe, als dieser auch auf die Nachfrage des Klägers nicht auf eine (mögliche) alternative Bewertung der Liegenschaften aufmerksam gemacht habe. Die Frage, wie ein Vorbringen einer Partei zu beurteilen ist und auf welchen Titel ein Anspruch gestützt wird, stellt für sich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar (RIS Justiz RS0042828 [T6, T 24]). Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens mit seinem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstieße (RIS Justiz RS0042828 [T7]). Diese eine erhebliche Rechtsfrage begründende Voraussetzung liegt hier aber nicht vor. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger habe in seinem Vorbringen den ersetzt begehrten Schaden nicht kausal mit einer behaupteten Verletzung einer Aufklärungspflicht verknüpft, ist jedenfalls vertretbar.

2.3 Außerdem ist der Maßstab, an dem die Tauglichkeit und Richtigkeit des Gutachtens in Bezug auf die Frage der schadensverursachenden Haftung des Sachverständigen zu messen ist, der jeweilige Gutachtensauftrag (RIS Justiz RS0026524 [T6]). Die Frage, wie der Gutachtensauftrag, hier der ausdrückliche Auftrag, die Liegenschaften „als Einheit“ zu bewerten, zu verstehen ist, insbesondere ob dieser Auftrag auslegungsbedürftig und daher unklar geblieben ist, hängt wiederum von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und hat daher als Frage der Vertragsauslegung in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (vgl RIS Justiz RS0042936, RS0042776, RS0042555 ua).

3. Der Kläger rügt, dass das Berufungsgericht die Abweisung des Antrags auf Ladung des gerichtlichen Sachverständigen zur Gutachtenserörterung zu Unrecht als Mangelhaftigkeit des Verfahrens qualifiziert habe, weil der Beklagte als Berufungswerber die Wesentlichkeit des angeblichen Verfahrensmangels nicht ausreichend behauptet habe. Derartigen Verfahrensfragen betreffend die Stoffsammlung im Einzelfall kommt aber keine erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung zu (RIS Justiz RS0042700).

4. Wenn der Rechtsmittelwerber – wie hier – nur Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist ein Rekurs gegen einen Beschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zurückzuweisen (RIS Justiz RS0048272 [T11]).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Im Zwischenstreit über die mangels erhebliche Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen einen Aufhebungsbeschluss iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO findet ein Kostenvorbehalt nicht statt (RIS Justiz RS0123222).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00131.16Z.1122.000