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Depotbehandlung als besondere Heilbehandlung, Verhältnismäßigkeit
iFamZ 2019/226
§ 35 UbG, § 38 UbG
LG ZRS Wien , 43 R 421/19h
Eine Behandlung von untergebrachten Patienten ohne wirksame Zustimmung darf nur durchgeführt werden, wenn sie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht. Die Art und Schwere des medizinischen Eingriffs sind zu berücksichtigen. Dafür spielen auch die Dringlichkeit der Behandlung sowie die Intensität und die Dauer des Eingriffs eine Rolle. Insgesamt sind die mit dem Eingriff verbundenen Belastungen sowie die kurz-, mittel- und längerfristigen Folgen zu beachten (vgl Ganner in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG II § 35 UbG Rz 4).
Im Licht der vom Gesetzgeber gewünschten Abwägung zwischen medizinischer Sinnhaftigkeit und Selbstbestimmungsrecht einer psychisch kranken Person ist noch keine Dringlichkeit der Depotbehandlung gegeben, solange die Patientin stationär aufgenommen ist und die orale Medikation eingenommen wird. Vor einer allfälligen Entlassung der Patientin und nach Besserung ihres Zustandsbilds und damit ihrer Entscheidungsfähigkeit wird nochmals die Thematik einer Depotbehandlung mit ihr zu erörtern sein.