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OGH vom 25.11.2009, 3Ob134/09s

OGH vom 25.11.2009, 3Ob134/09s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Klaus P*****, vertreten durch Mag. Klemens Mayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ewa-Maria P*****, vertreten durch Dr. Johann Essl, Rechtsanwalt in Werfenweng, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 21 R 281/08g-49, womit das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom , GZ 4 C 7/04m-43, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:

„1.) Der Anspruch der beklagten Partei gegen die klagende Partei auf rückständigen Unterhalt von 6.784,47 EUR sA, zu dessen Hereinbringung ihr vom Erstgericht mit Beschluss vom , AZ 9 E 3203/04d, die zwangsweise Pfandrechtsbegründung bewilligt wurde, ist im Umfang von 1.667,70 EUR samt 4 % Stufenzinsen ab erloschen.

2.) Im Übrigen (im Umfang der Differenz zu 6.784,47 EUR) wird das Klagebegehren abgewiesen.

3.) Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen Verfahrenskosten von 2.440,77 EUR (darin enthalten 406,79 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen; die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an Barauslagen 11,75 EUR binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an Kosten des Rechtsmittelverfahrens 493,06 EUR (darin 82,18 EUR USt) für das Berufungsverfahren und 278,45 EUR (darin 46,42 EUR USt) für das Revisionsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei Barauslagen von 14,50 EUR für das Berufungsverfahren und 43,75 EUR für das Revisionsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der 1959 geborene Kläger und die 1960 geborene Beklagte schlossen am vor dem Standesamt Lodz in Polen die Ehe. Dieser entstammen die Kinder David, geboren am , und Maria, geboren am .

Bei der ersten Streitverhandlung über die von der nunmehrigen Beklagten eingebrachte Ehescheidungsklage am schlossen die Streitteile eine Scheidungsvereinbarung, wodurch die Ehe noch am selben Tag gemäß § 55a EheG einvernehmlich geschieden werden konnte. Punkt 4. des Scheidungsvergleichs lautet:

„Der Ehemann verpflichtet sich, an die Ehefrau ab bis auf weiteres einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in der Höhe von S 8.487 bei Exekution zu bezahlen.

Die bis zum Eintritt der Wirksamkeit dieser Vereinbarung fällig gewordenen Beträge sind binnen 14 Tagen, die weiteren fällig werdenden Beträge am Ersten eines jeden Monats im Vorhinein zu bezahlen.

Vergleichsgrundlage:

Einkommen des Ehemannes S 29.100 netto 14-mal jährlich; weitere Sorgepflichten für obgenannte Minderjährige.

Danach verzichtet der Ehemann auf Unterhalt auch für den Fall geänderter Verhältnisse, geänderter Rechtslage oder unverschuldeter Not.

Bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse erfolgt eine Anpassung nach den Grundsätzen der §§ 68 bis 69 Abs 3 EheG - der §§ 66, 67 EheG (ausgehend von der Annahme, der Unterhaltspflichtige sei allein oder überwiegend schuldig) - §§ 69 Abs 2 EheG, 94 ABGB."

Der Kläger verpflichtete sich weiters zur Zahlung von monatlichen Unterhaltsbeträgen an die Kinder von je 4.753 S.

Vor Einbringung der Scheidungsklage führten die Streitteile Vergleichsgespräche, bei denen auch der Kläger anwaltlich vertreten war. Als Bedingung für seine Zustimmung zur einvernehmlichen Scheidung führte der Kläger an, die Unterhaltszahlungen für die Gattin müssten nach einem Zeitraum von vier Jahren ab Oktober 1992 enden, in diesem Zeitraum betrage der monatliche Unterhalt für die Beklagte und die beiden Kinder insgesamt 20.000 S und nach Ablauf dieser Zeit verzichte die Beklagte selbst auf jegliche Unterhaltsleistung, während die Unterhaltszahlungen für die beiden Kinder aufgrund der dann gegebenen Verhältnisse neu festgesetzt bzw vereinbart würden.

Der Kläger wollte mit dem Scheidungsvergleich eine langfristige Auseinandersetzung vermeiden und sicherstellen, dass die aus der Ehe entstammenden Kinder finanziell versorgt seien. Er wollte jedoch nicht die Beklagte finanziell bedenken, weil er aufgrund ihrer immer wieder ausgeübten Erwerbstätigkeiten davon ausging, dass sie für sich selber sorgen könne, wenngleich sie aus einem Galeriebetrieb Schulden von 120.000 S angehäuft hatte. Diese Intentionen des Klägers wurden nicht in den Scheidungsvergleich aufgenommen. Da von der Verhandlungsrichterin im Zusammenhang mit dem Wunsch des Klägers, eine Befristung durch seine Unterhaltszahlungen in den Vergleich aufzunehmen, darauf hingewiesen wurde, dass die „clausula rebus sic stantibus" gelte, ging der Kläger davon aus, dass die Beklagte arbeiten gehe, wenn die Kinder volljährig wären. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger der Beklagten im Rahmen der Scheidungsverhandlung zugesichert hätte, dass sie Unterhalt wie bei aufrechter Ehe gewährt bekomme.

In den folgenden Jahren zahlte der Kläger den vereinbarten Unterhalt für die Beklagte und die Kinder. Es kam nicht zu einer Änderung der Unterhaltsbeträge, insbesondere nicht zur Umwidmung von Unterhaltszahlungen von der Beklagten zugunsten der Kinder. Den bei der Scheidung vereinbarten Unterhalt leistete der Kläger bis einschließlich November 2003, ab Dezember für die Beklagte nicht mehr.

Zum Zeitpunkt der Scheidung und in den folgenden Jahren bis zum war der Kläger Leiter der Personal- und Rechtsabteilung eines Unternehmens. Er bezog dabei folgendes jährliches Nettoeinkommen einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld und allfälliger Zulagen:

...

2002 47.459,72 EUR

2003 (Jänner bis Mai) 56.945,14 EUR.

Im Betrag für das Jahr 2003 sind eine gesetzliche Abfertigung von (brutto) 26.369,32 EUR sowie eine freiwillige Abfertigung von (brutto) 13.184,66 EUR enthalten. Für das Jahr 2003 erhielt der Kläger vom Finanzamt eine Einkommensteuergutschrift von 3.126 EUR.

Am wurde das Dienstverhältnis des Klägers mit seinem Dienstgeber nach 14 Jahren Leitung der Personal- und Rechtsabteilung einvernehmlich aufgelöst. Dem gingen Kündigungsankündigungen sowie eine einseitige Änderung des Dienstvertrags durch den Dienstgeber voraus. Hintergrund war, dass ein Familienangehöriger des Unternehmers nach Abschluss des Studiums Agenden im Betrieb übernahm, das Tätigkeitsfeld des Klägers auf ein unzumutbares Ausmaß reduziert werden sollte und über kurz oder lang eine einseitige Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber erfolgt wäre. In Erwartung einer positiven Entwicklung seiner Beschäftigungsverhältnisse (bessere Position bei der Arbeitssuche) war deshalb der Kläger mit einer einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses einverstanden.

Seither befindet er sich laufend auf Stellungssuche. Er schrieb etwa 300 bis 400 Bewerbungsschreiben auf einschlägige Stellenangebote oder sogenannte Initiativbewerbungen, erhielt jedoch bislang kein adäquates konkretes Stellenangebot. Er bewarb sich auch um Stellen, die unter seiner Qualifikation lagen.

Parallel dazu machte er sich als Personalberater selbständig und meldete das Beratergewerbe an. Die Entwicklung in dieser Tätigkeit verläuft grundsätzlich positiv. Im ersten vollen Betriebsjahr 2004 machte er einen Jahresverlust von 2.151,87 EUR. Für das Jahr 2005 liegt noch kein Einkommensteuerbescheid vor, der Kläger rechnet mit einem Gewinn von 12.000 EUR nach Abzug der Steuern.

Die Beklagte besitzt seit 1983 die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie absolvierte eine humanistische Ausbildung an einem allgemein bildenden Lyzeum in Lodz mit Reifeprüfung. Von 1980 bis 1982 war sie geringfügig beschäftigte Angestellte in einem Puppentheater und einer Kunstgalerie. Bei aufrechter Ehe führte sie im Wesentlichen den Haushalt und betreute die beiden Kinder. 1985 war sie kurzfristig als Arbeiterin in einem Restaurationsbetrieb tätig. 1987 bis 1989 absolvierte sie eine zweijährige Ausbildung zur Schaufensterdekorateurin an der Künstler-Volkshochschule in Wien. Vom bis zum war sie mit einer Kunstgalerie selbständig tätig. Daneben führte sie den Haushalt und betreute auch die Kinder. Im Zeitraum Dezember 1999 bis Februar 2002 war sie in einem Bilderrahmengeschäft geringfügig beschäftigt. Von März 2002 bis Dezember 2003 war sie als Kunsthändlerin selbständig tätig. Danach war sie im März 2004 geringfügig beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde durch den Dienstgeber beendet.

Seit Jänner 2004 bezieht sie Sozialhilfe. Sie wird von einer Betreuungseinrichtung für Langzeitarbeitslose betreut. Sie erhält regelmäßig Stellenangebote vom Arbeitsmarktservice und bewarb sich auch für diverse Stellen, wobei nicht festgestellt werden kann, in welchem Ausmaß, auf welche Stellen und mit welchen Ergebnissen. Bewerbungen als Verkäuferin, Kassiererin, Reinigungskraft oder auch in der Sicherheitsbranche erfolgten nicht. Die Beklagte ist bei intensiver persönlicher Arbeitsplatzsuche grundsätzlich vermittelbar. Die Vermittelbarkeit besteht primär im Bereich von Verkaufsberufstätigkeiten, Reinigungsberufstätigkeiten im Hilfsbereich sowie Aufsichtsberufstätigkeiten im Hilfskraftbereich. Vermittlungsfördernde Faktoren sind im Verkaufsbereich gute Deutschkenntnisse sowie Verkaufserfahrung, das Alter sowie der Umstand, dass weibliche Stellenbewerber bevorzugt aufgenommen werden. Im Reinigungsbereich ist das Alter nicht als vermittlungshemmend zu werten. Als vermittlungsfördernd im Aufsichtsbereich sind die österreichische Staatsbürgerschaft, eine gute Basisausbildung sowie der Umstand anzusehen, dass oftmals ältere Stellenbewerber bevorzugt eingestellt werden. Vermittlungshemmend sind im Verkaufsbereich der unregelmäßige Beschäftigungsverlauf, im Reinigungsbereich ihre Überqualifizierung und der Umstand, dass sie noch nie wirklich als Bedienerin gearbeitet hatte. Sowohl im Verkaufs- als auch im Reinigungsbereich werden Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungen angeboten. Bewerberinnen, die ein mit der Beklagten vergleichbares Bewerberprofil aufweisen, sind im Bereich Hilfskraft-Berufstätigkeiten im Aufsichtsbereich als sehr gut bis eher gut einzustufen, allerdings unter der Voraussetzung, dass Stellenbewerber auch Willens sind, zumindest zwei bis drei Tage in der Woche einen Acht- bis Zehn-Stunden-Arbeitstag zu verrichten. Die Verdienstmöglichkeiten liegen dort bei einer wöchentlichen Arbeitszeit laut Kollektivvertrag von 56 Stunden bei monatlich netto 950 EUR (1995) bis 1.230 EUR (derzeit) inklusiver anteiliger Sonderzahlungen. Bei einer Teilzeitbeschäftigung (30 Wochenstunden) wäre es der Beklagten möglich gewesen, monatlich netto inklusive anteiliger Sonderzahlungen zwischen 475 EUR (1995) und 615 EUR (derzeit) zu verdienen.

Im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit in den Jahren 2002 und 2003 erzielte die Beklagte nur Verluste.

Im Oktober 2004 beantragte die Beklagte die Exekution zur Hereinbringung eines rückständigen Unterhalts aus dem Zeitraum Dezember 2003 bis einschließlich Oktober 2004 von insgesamt 6.784,47 EUR. Antragsgemäß wurde ein Pfandrecht auf die mit Wohnungseigentum verbundenen Anteilen des Klägers an einer Liegenschaft begründet. Bei einem anderen Bezirksgericht führte die Beklagte Fahrnis- und Forderungsexekution.

Das dritte Kind der Beklagten, die am geborene, nicht vom Kläger stammende Tochter Stefanie, ist hyperaktiv und benötigt intensive Betreuung. Die Beklagte ist Alleinerzieherin und lebt nicht in Lebensgemeinschaft mit dem Vater des Kindes. Dieser unterstützt sie lediglich im Rahmen seines Besuchsrechts bei der Kinderbetreuung. Die ehelichen Kinder haben noch keine Berufsausbildung abgeschlossen und sind noch nicht selbsterhaltungsfähig.

Die Liegenschaftsanteile des Klägers sind mit einem Pfandrecht im Höchstbetrag von 100.000 EUR belastet.

Mit seiner auf § 35 EO gestützten Klage begehrt der Kläger das Urteil, der betriebene Anspruch der beklagten Partei aus dem vollstreckbaren Scheidungsvergleich sei erloschen, in eventu gehemmt.

Bereits mit Aufnahme der Berufstätigkeit der Beklagten im Jahr 1995 sei der Unterhaltsanspruch erloschen. Es sei damals vereinbart worden, dass die künftig zugunsten der Beklagten geleisteten Unterhaltsbeträge zur Aufbesserung des Unterhalts der beiden ehelichen Kinder heranzuziehen und zu deren Wohl zu verwenden seien. Im November 2003 sei in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen eine derartige Änderung eingetreten, dass weder der im Scheidungsvergleich vereinbarte Kindesunterhalt noch der im Weg der „Umwidmung" erhöhte Kindesunterhalt bezahlt werden könnte. Der Beklagten sei es in Anbetracht ihrer schulischen Ausbildung mit berufsbildender Zusatzausbildung zuzumuten, auch künftig einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Sollte sich herausstellen, dass sie keiner Berufstätigkeit nachgehe, habe sie die zumutbare Erzielung eines Einkommens schuldhaft verabsäumt.

Die beklagte Partei wendete im Wesentlichen ein, ihr Unterhaltsanspruch bestehe nach wie vor in der exekutiv betriebenen Höhe zu Recht. Es sei ihr weder zumutbar noch möglich, ein eigenes Einkommen zu lukrieren. Es sei anlässlich der Scheidung Unterhalt wie bei aufrechter Ehe vereinbart worden, weshalb sie sich, da sie während in aufrechter Ehe nur den Haushalt geführt habe, nur die tatsächlichen Einkünfte, nicht aber die Erträgnisse aus einer zu erwartenden Erwerbstätigkeit anrechnen lassen müsse. Dies sei in Anbetracht der Sorgepflicht für die mj Tochter Stefanie auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren mit Urteil ab. Es traf im Wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Nach den Ausführungen in seiner rechtlichen Beurteilung, die ihm das Berufungsgericht mit Aufhebungsbeschluss vom überbunden habe, sei nur zu überprüfen, ob der den Gegenstand des Exekutionsverfahrens bildende Unterhaltsanspruch im Zeitraum vom Dezember 2003 bis Oktober 2004 bestehe. Dabei sei von § 69a Abs 1 EheG auszugehen. Die Scheidungsvereinbarung zwischen den Streitteilen sei aufgrund der Anführung mehrerer gesetzlicher Alternativen widersprüchlich formuliert. Es gehe aus dem Wortlaut nicht eindeutig hervor, ob der Parteiwille auf einen Unterhaltsanspruch der Beklagten wie bei aufrechter Ehe gemäß § 94 ABGB gerichtet sei oder ob die Vereinbarung darauf abziele, dass sich ihr Unterhalt durch Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit nach Wegfall der Erfordernisse der Kinderbetreuung mindern sollte. Da die Beklagte als Unterhaltsberechtigte den Ausschluss der Umstandsklausel nicht habe nachweisen können, sei jedenfalls im Zweifel davon auszugehen, dass sich der unterhaltspflichtige Kläger die geringere Last aufbürden habe wollen. Damit sei die Gültigkeit der Umstandsklausel nicht abbedungen worden. Der Unterhaltsanspruch sei daher im Falle einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse neu zu bemessen. Einerseits ziehe eine Änderung der Einkommensverhältnisse des Klägers eine Änderung des Unterhaltsanspruchs nach sich, andererseits müsse die Beklagte nach Wegfall des Hindernisses der Kinderbetreuung grundsätzlich eine zumutbare Erwerbstätigkeit aufnehmen.

Dem Scheidungsvergleich seien ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen des Klägers von rund 2.467 EUR zugrundegelegt worden sowie zwei weitere Sorgepflichten gegenüber den beiden ehelichen Kindern. Bei Aufteilung der Abfertigung auf einen Zeitraum von 24 Monaten als Überbrückungshilfe habe der Kläger bis einschließlich Dezember 2004 2.372,71 EUR monatlich netto verdient. Unter Berücksichtigung der Einkommenssteuergutschrift von 3.126 EUR für 2003 und Aufteilung auf 24 Monate betrage die Bemessungsgrundlage 2.503 EUR. Damit könne nicht von einer wesentlichen Änderung der Einkommmensverhältnisse ausgegangen werden. Für die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit der Beklagten sei auch das Alter eines zu betreuenden Kindes zu berücksichtigen. Kein Kriterium stelle es dar, ob das zu betreuende Kind aus erster oder zweiter Ehe stamme, unehelich oder nachehelich sei. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beklagte während der überwiegenden Dauer der Ehe den Haushalt geführt und die Kinder betreut habe und nur vorübergehend und in geringfügigem Ausmaß einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, könne von ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht ohne weiteres verlangt werden. Schließlich habe sie ein am geborenes Kind, das im September 2004 schulpflichtig wurde und zudem hyperaktiv sei, zu betreuen. Zumindest bis zum Schuleintritt der Tochter sei daher der Beklagten die Aufnahme einer Beschäftigung nicht zumutbar. Es müsse ihr auch zugestanden werden, dass sie schon wegen der Tatsache, dass gerade der Schuleintritt eine Phase darstelle, wo ein Kind einen besonderen Betreuungsaufwand erforderlich mache, nicht sofort nach Schuleintritt eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Daher sei der betriebene Unterhaltsanspruch in voller Höhe aufrecht.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Es sprach über Abänderungsantrag des Klägers gemäß § 508 ZPO letztlich aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Berufungsgericht aus, dass die Neubestimmung des Unterhaltsanspruchs wegen Änderung der Verhältnisse bei einer Vereinbarung iSd § 55a Abs 2 EheG nur im Wege ergänzender Vertragsauslegung erfolgen könne. Für die Beurteilung der Absicht der Parteien komme es auf den Zweck der Regelung an, den beide Teile redlicherweise objektiv unterstellen hätten müssen.

Zwar reichten die Feststellungen über die Intentionen des Klägers beim Abschluss des Scheidungsfolgenvergleichs allein nicht für die Annahme aus, die Parteien hätten den vertraglichen Unterhaltsanspruch der Beklagten nur für einen befristeten Zeitraum festlegen wollen, dennoch sei der Auslegung des Erstgerichts im Ergebnis beizupflichten. Die Parteien hätten den Unterhalt der Beklagten aufgrund der Prozentmethode unter prozentueller Berücksichtigung der Sorgepflichten für die beiden mj Kinder von je 4 % in Höhe von 25 % des zugrunde gelegten durchschnittlichen Nettoeinkommens des Klägers errechnet. Dieser sei somit den Lebensverhältnissen der Ehegatten iSd § 94 ABGB angemessen. Es sei kein sachlicher Grund erkennbar, den Anspannungsgrundsatz des § 94 Abs 1 ABGB auf einen mit Scheidungsfolgenvergleich vereinbarten Unterhalt nicht anzuwenden. Dafür spreche auch die iSd § 914 ABGB gebotene Auslegung des Vergleichs. Mit dem Erstgericht sei somit davon auszugehen, dass der Parteiwille bei Abschluss der Scheidungsvereinbarung auf eine Minderung des Unterhalts der Beklagten bei Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit abgezielt habe.

Soweit der Kläger geltend mache, das Erstgericht habe bei der Ermittlung seines Gesamteinkommens Brutto- und Nettobeträge addiert, übersehe er, dass aus den erstgerichtlichen Feststellungen im Zusammenhang mit den von ihm selbst vorgelegten Urkunden zweifelsfrei hervorgehe, dass dieses Einkommen [2003] insgesamt 56.945,14 EUR netto betragen habe. Darin seien nicht nur die Abfertigungen enthalten, sondern sei auch bereits die Lohnsteuer abgezogen. Letztlich strebe der Berufungswerber die Aufteilung der bezogenen Abfertigung auf die Bemessungsgrundlage für einen längeren Zeitraum als 24 Monate, nämlich für 36 Monate an. Die vom Erstgericht im Sinne der überbundenen Rechtsansicht vorgenommene Aufteilung auf 24 Monate sei aber nicht zu beanstanden.

Im Tatsachenbereich hegte der Berufungssenat keine Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts.

Für die Zumutbarkeit einer Berufstätigkeit der Beklagten stelle es kein Kriterium dar, ob das zu betreuende Kind aus erster oder zweiter Ehe stamme, unehelich oder nachehelich sei, weil nach der Umstandsklausel auch auf Seiten des Unterhaltspflichtigen Sorgepflichten für weitere Kinder nach der Scheidung zu berücksichtigen seien, weshalb es eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung bedeuten würde, eine schuldlos geschiedene unterhaltsberechtigte Ehegattin im Sinne der Anspannungstheorie so zu behandeln, als hätte sie für ihr uneheliches Kind keine Betreuungspflicht und könnte daher einem geregeltem Erwerb nachgehen. Der gegenteiligen Lehrmeinung, die in der Berufung zitiert werde, könne nicht gefolgt werden. Nach den Grundsätzen der Lehre und Rechtsprechung sei die Auffassung des Erstgerichts, der Beklagten sei im klagsgegenständlichen Zeitraum eine Beschäftigung nicht zumutbar gewesen, nicht zu beanstanden. Sozialhilfe habe das Erstgericht infolge Bestehens von Legalzessionsnormen zu Recht nicht als Eigeneinkommen der Beklagten gewertet.

Die gerügten Mangelhaftigkeiten des Verfahrens erster Instanz (zum Thema der Selbsterhaltungsfähigkeit der ehelichen Kinder und zum Unterbrechungsantrag) seien zu verneinen.

Die Revision sei nachträglich für zulässig zu erklären, weil im führenden Kommentar zum Ehegesetz die einschlägige Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofs in der E 7 Ob 237/99z kritisiert und die Auffassung vertreten worden sei, die Auffassung der herrschenden Meinung lasse die Ehe zu einem reinen Versicherungsvertrag verkommen, weil der Unterhaltspflichtige - möglicherweise Jahre nach der Scheidung - plötzlich zu Unterhaltsleistungen etwa dann verpflichtet werden könne, wenn die Unterhaltsberechtigte von einem anderen Mann ein uneheliches Kind bekomme und deshalb ihre bisherige Erwerbstätigkeit aufgeben müsse.

Aufgrund der heute vorzufindenden faktischen Familienstrukturen sei die vorliegende Fallgestaltung keinesfalls untypisch. Da sich die zitierte Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofs noch nicht zu einer ständigen Rechtsprechung verdichtet habe und es daher nicht ausgeschlossen scheine, dass dieser im Lichte der dargelegten Lehrmeinung seine Judikatur ändere, sei es geboten, die angeschnittene Rechtsfrage neuerlich an das Höchstgericht heranzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist - auch aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund - zulässig. Sie ist teilweise berechtigt.

1.) Die Vorinstanzen folgten bei ihrer Entscheidung der Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofs in seiner Entscheidung 7 Ob 237/99z (RIS-Justiz RS0112658 = EFSlg 90.369 = ecolex 2000/248, 642 [abl Spunda] = EvBl 2000/68). In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war die Ehe aus dem Verschulden des Ehemannes geschieden worden. Die Ehefrau hatte mehr als fünf Jahre nach der Ehescheidung ein Kind bekommen, das schwer behindert war und einer ganztägigen Betreuung bedurfte.

Abgesehen von allgemeinen Aussagen im Schrifttum, wonach es kein Kriterium für die Zumutbarkeit darstelle, ob das zu betreuende Kind aus erster oder zweiter Ehe mit dem Unterhaltspflichtigen stamme oder unehelich sei, konnte sich der Oberste Gerichtshof im Wesentlichen auf die Ansicht von Zankl (in Schwimann, ABGB2 § 66 EheG Rz 22; diesem folgend Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 131) stützen, der - soweit ersichtlich - als einziger ausspricht, dass auch ein nacheheliches, nicht vom Unterhaltspflichtigen stammendes Kind der Unterhaltsberechtigten die (erstmalige) Annahme einer Berufstätigkeit unzumutbar mache. Dafür spreche einerseits das Kindeswohl und andererseits der Umstand, dass auch auf Seiten des Unterhaltsschuldners nachträglich entstandene Sorgepflichten für Kinder zu berücksichtigen seien.

Die Entscheidung 7 Ob 237/99z ist in der neueren Lehre überwiegend unwidersprochen zitiert worden (Zankl in Schwimann, ABGB3 § 66 EheG Rz 22; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht4 192 f; Deixler-Hübner, Scheidung, Ehe und Lebensgemeinschaft9 112; Hopf/Kathrein, EheG2 § 66 Anm 12; Stabentheiner in Rummel3 § 66 EheG Rz 3; Koch in KBB2 § 66 EheG Rz 4). Eine kritische Auseinandersetzung mit der zitierten Entscheidung findet sich nur bei Spunda (in Anm zu ecolex 2000/248) und Gitschthaler (Unterhaltsrecht2 Rz 694a Z 3 in Gitschthaler/Höllwerth, § 66 EheG Rz 13 diesem folgend L.Berka-Böckle, Der verschuldensunabhängige Anspruch nach § 68a EheG, JBl 2004, 223 [234 Anm 107]). Die Genannten kritisieren die Entscheidung 7 Ob 237/99z. Abgesehen vom Hinweis auf angebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Unterhaltsschuldner nicht jede Unzumutbarkeit der Erwerbsbetätigung des ehemaligen Partners finanziell tragen müsse im dBGB argumentiert Spunda auch mit dem (erst 1999) neu geschaffenen § 68a EheG. Zwar stehe es jedem frei, über sein nacheheliches Leben völlig frei zu verfügen, doch müsse man dann unter Umständen den Verlust von aus der Ehe rührenden Ansprüchen in Kauf nehmen. Eine „nacheheliche Schadensminderungspflicht" ergebe sich aus den gleichen Gründen, die auch dem Unterhaltsanspruch selbst zugrundelägen und sollten sich von selbst verstehen. Wer eine Leistung in Anspruch nehme, der habe noch lange nicht automatisch dieselbe Handlungsfreiheit wie der, der die Leistung erbringe. Während Gitschthaler (Unterhaltsrecht2 Rz 694a Z 3) dem Argument der nachehelichen „Schadensminderungspflicht" nicht folgt, kritisiert er, die Auffassung des Obersten Gerichtshofs lasse die Ehe zu einem reinen Versicherungsvertrag verkommen, weil der Unterhaltspflichtige - möglicherweise Jahre nach der Scheidung - plötzlich zu Unterhaltsleistungen etwa dann verpflichtet werden könne, wenn die Unterhaltsberechtigte von einem anderen Mann ein uneheliches Kind bekomme und deshalb ihre bisherige Erwerbstätigkeit aufgeben müsse. Dem Gleichbehandlungsargument hält er entgegen, es komme bei Entstehen einer Unterhaltspflicht des Unterhaltspflichtigen lediglich zu einem (geringen) Prozentabzug von der aber ansonsten weiterhin bestehenden Unterhaltspflicht, während im umgekehrten Fall die Unterhaltspflicht überhaupt erst entstehe.

Diesen kritischen Meinungen vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.

Den in der angegriffenen Entscheidung verneinten Einwand der Sittenwidrigkeit sowie des Rechtsmissbrauchs hat hier der Kläger gar nicht erhoben. Ein Verwirkungsfall des § 74 EheG liegt nicht einmal bei Eingehen einer Lebensgemeinschaft durch eine geschiedene Frau (3 Ob 209/99b mwN) und/oder Zeugung eines Kindes außerhalb der Ehe (1 Ob 60/73 = EFSlg 20.552) vor, was auch gar nicht geltend gemacht wird. Für die von Spunda angenommene (zutreffend von L. Berka-Böckle aaO abgelehnte) - vom Autor selbst in Anführungszeichen gesetzte - nacheheliche Schadensminderungspflicht gibt es keine ersichtliche gesetzliche Grundlage. Dass es keine gesetzliche Verpflichtung zur Wahrung der Unterhaltsberechtigung gibt, sich nach einer Scheidung intimer Kontakte zu enthalten oder aber unter allen Umständen eine Schwangerschaft zu verhindern, bedarf keiner weiteren Begründung. Es ist aber auch nicht zu sehen, dass sich aus der vertraglichen Unterhaltsvereinbarung wie im vorliegenden Fall eine derartige Pflicht oder auch nur Obliegenheit ergeben sollte. Soweit Spunda vermeint, es dürften nur solche die Erwerbstätigkeit der Unterhaltsberechtigten unmöglich machenden Gründe berücksichtigt werden, die ihre „Wurzeln" in der Ehe hätten, müsste dies bei konsequenter Durchführung zur Meinung führen, ein Ehegatte, der - ohne dass dies auf das Verhalten des geschiedenen Ehepartners oder den Verlauf der Ehe an sich zurückzuführen wäre - erwerbsunfähig wird, könnte (bei Unterhaltsberechtigung dem Grund nach) niemals Unterhalt fordern. Solches wurde zu Recht bisher ersichtlich nicht vertreten. Nichts anderes gilt für Umstände auf dem Arbeitsmarkt, die - ohne ersichtlichen Zusammenhang mit der Ehe - den Unterhaltsberechtigten an der Aufnahme einer seinen Unterhalt abdeckenden Erwerbstätigkeit hindern. Demnach wurde auch schon seit langem gelehrt (s etwa Schwind in Klang I/12 870), dass es für die Frage der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit nicht darauf ankommen kann, ob das zu betreuende Kind vom Unterhaltspflichtigen abstammt. Daher würde die Betreuungspflicht für ein - beispielsweise behindertes - Kind aus einer früheren Ehe die Unterhaltspflicht bestehen lassen. Dagegen könnte man auch einwenden, die in der Lehre bisher behandelten Fälle wären solche, auf die sich der Unterhaltspflichtige einstellen habe können, weil eben das Kind jeweils bei Entstehen der nachehelichen Unterhaltspflicht bereits auf der Welt gewesen wäre. Dem gegenüber ist aber festzuhalten, dass er bei der Scheidung von einer Frau im gebärfähigen Alter (im vorliegenden Fall war die Beklagte damals noch nicht 34 Jahre alt), abgesehen von den auch sonst jedermann treffenden Risken der Erkrankung oder der Unmöglichkeit einen Arbeitsplatz zu finden, auch jenes vorhersehbare Risiko auf sich nimmt, das darin besteht, dass die Unterhaltspflicht entweder länger bestehen bleibt oder erst wiederum auflebt, weil die geschiedene Frau Mutter wird und schon wegen der erforderlichen Betreuung eines Kindes keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann.

Aber auch dem Argument, die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bedeute insofern eine Ungleichbehandlung, als die Geburt eines Kindes des Unterhaltspflichtigen, für das er Unterhalt zu zahlen hat, nur zu einer geringfügigen Verringerung seiner Unterhaltspflichten führt, während die Geburt eines Kindes durch die unterhaltsberechtigte geschiedene Frau die Unterhaltspflicht unter Umständen (allein) begründe, kann nicht gefolgt werden. Wie von Zankl (aaO) zutreffend dargelegt wird, kann eben von der Geburt eines Kindes weder beim Unterhaltsberechtigten noch bei dem Unterhaltspflichtigen abstrahiert werden. Auch gegenüber einem Unterhaltspflichtigen kann der Unterhaltsberechtigte nicht einwenden, er sei selbst schuld, wenn er es zu einer weiteren Unterhaltsverpflichtung für Kinder kommen lasse. Dies gilt auch dann, wenn der - allenfalls bloß geringe - prozentuelle Abzug vom Unterhaltsanspruch, den Unterhaltsberechtigten in existenzielle Schwierigkeiten bringt. Weder scheint eine schematische Gleichbehandlung von Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltsverpflichteten erforderlich, noch kann mit Gitschthaler aus dem Umstand, dass beim Unterhaltsverpflichteten eine weitere Sorgepflicht nur zu einer prozentuellen Unterhaltspflichtverminderung führt, der Schluss gezogen werden, beim Unterhaltsberechtigten dürfe man einen solchen Umstand überhaupt nicht zu seinen Gunsten berücksichtigen. Eine solche Ungleichbehandlung ist nicht zu rechtfertigen. Dass die Unterhaltsbemessung infolge der Geburt eines Kindes unterschiedlich ausfällt, liegt im System der Prozentmethode begründet, die offenbar auch Gitschthaler nicht grundsätzlich in Frage stellt. Seine Erwägungen berücksichtigen auch nicht, dass ja die „plötzliche" Aktualisierung einer dem Grunde nach ohnehin bestehenden Unterhaltsverpflichtung infolge Geburt eines unehelichen Kindes nicht durch die Zeugung dieses Kindes allein bedingt ist. Vielmehr ist maßgeblich, dass die uneheliche Mutter ihr Kind in Erfüllung ihrer eigenen Unterhaltspflicht betreut und deshalb nicht erwerbstätig sein kann. Wäre die Situation so, dass das Kind zur Gänze von seinem Vater betreut würde, könnte die Mutter auch nicht mit Recht Unzumutbarkeit einer eigenen Erwerbstätigkeit einwenden. Mit der griffigen Formulierung, vor dem Hintergrund der E 7 Ob 237/99z verkomme die Ehe zu einem reinen Versicherungsvertrag, wird der geradezu selbstverständliche Zweck der nachehelichen Unterhaltspflicht, nämlich die Absicherung des unterhaltsbedürftigen Ehegatten, ohne überzeugende Begründung in Frage gestellt.

Insgesamt ist Gitschthalers Ansicht, der Anspannungsgrundsatz verpflichte die Unterhaltsberechtigte insofern zu einer den Unterhaltsberechtigten schonenden Lebensgestaltung, als er sich keine betreuungspflichtigen Kinder zulegen dürfe, nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass weder im konkreten Fall noch ganz allgemein davon ausgegangen werden kann, dass die Zeugung eines Kindes stets auf eine konkreten Willensentschluss zurückginge, gibt es keine Grundlage dafür, dem Unterhaltsberechtigten Vorschriften für die Gestaltung seines Lebens zu machen, deren Verletzung zum Unterhaltsverlust führen würde. Die Geburt eines Kindes nach der Scheidung ist weder als Fall einer selbst verschuldeten Bedürftigkeit (§ 73 EheG) noch als schwere Verfehlung gegen den unterhaltspflichtigen, geschiedenen Ehegatten (§ 74 EheG) zu qualifizieren. Wegen der Unzumutbarkeit der Einkommenserzielung aufgrund der Betreuungspflicht gegenüber dem Kind lebt der Ehegattenunterhalt wieder auf (hier verglichener Unterhalt nach § 55a Abs 2 EheG).

Dem aus § 68a EheG abgeleiteten Argument Spundas ist überdies entgegenzuhalten, dass die Ehe der Streitteile lang vor Inkrafttreten dieser Norm aufgrund des EheRÄG 1999, BGBl I 1999/125, geschieden wurde. Nach den Übergangsbestimmungen sind die neu geschaffenen §§ 68a und 69b EheG nur auf Unterhaltsansprüche aufgrund von Scheidungen anzuwenden, bei denen die mündliche Streitverhandlung erster Instanz im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch nicht geschlossen war (8 Ob 63/02a). Aus der abweichenden deutschen Rechtslage ist für das österreichische Rechtsproblem überhaupt nichts zu gewinnen.

Daraus, dass im vorliegenden Fall die Unterhaltsverpflichtung auf einer Vereinbarung nach § 55a Abs 2 EheG und nicht auf dem Gesetz selbst beruht, zieht der Kläger zu Recht keine besonderen Konsequenzen. Selbst abgesehen von der Regel des mit in Kraft getretenen § 69a EheG ergibt sich aus der Festlegung der Höhe des Unterhaltsanspruchs zwischen den Parteien, dass dieser dem nach § 66 EheG zustehenden entspricht, weshalb eine abweichende Beurteilung nicht angezeigt wäre.

Zu Recht wendet sich allerdings der Kläger gegen die Verneinung einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse, die darin besteht, dass sich seine Einkommensverhältnisse nach der einvernehmlichen Auflösung seines Dienstverhältnisses erheblich verschlechterten.

Entgegen der Meinung der Beklagten kann aus den Feststellungen der Tatsacheninstanzen nicht abgeleitet werden, dass wegen des Umstands der einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses eine Anspannung des Klägers auf das vor diesem Ereignis erzielte Einkommen stattzufinden hätte. Nach den Feststellungen musste er jedenfalls mit der baldigen Auflösung des Dienstverhältnisses seitens seines Dienstgebers rechnen, weshalb es auch dem Wohl der unterhaltsberechtigten Beklagten entspricht, dass er sich mit seinem Dienstgeber einigte und dadurch auch eine entsprechende Abfertigung erhalten konnte. Wie jedenfalls im Revisionsstadium vom Kläger klargestellt wird, wendet er sich (wie auch die Beklagte) nicht gegen die Aufteilung der Abfertigung auf 24 Monate. Dass die Abfertigung insgesamt ungefähr 40.000 EUR brutto ausmachte, steht fest. Rechnet man aus dem festgestellten Nettoeinkommen des Klägers für das Jahr 2003 die fortgeschriebenen Nettobezüge für die ersten fünf Monate in Höhe des Vorjahres heraus, dann ergibt sich ein Nettoeinkommen aus der Abfertigung von rund 1.550 EUR monatlich, wozu für das Jahr 2004 noch die Steuerrückvergütung kommt - eine Grundlage für die Aufteilung der Steuerrückzahlung auf mehr als das Kalenderjahr 2004 (vgl 7 Ob 186/08s), ist insoweit auch in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - nicht ersichtlich. Das bedeutet, dass im Jahr 2004 ein monatlicher Betrag von rund 260 EUR zu veranschlagen ist.

Bei der Unterhaltsbemessung für die Vergangenheit kommt es auch bei einer Änderung der Einkommensverhältnisse nicht auf einen längeren Durchrechnungszeitraum als ein Jahr an (3 Ob 296/02d), wohl aber auf die Einkommensverhältnisse in der jeweiligen Periode (3 Ob 144/99v; 1 Ob 549/95 uva RIS-Justiz RS0053251 [T3]). Vielmehr wird jedenfalls ab dem Jahr 2004 lediglich das Einkommen aus aliquoter Einkommensteuerrückzahlung und Abfertigung zu berücksichtigen sein, was zu einem Nettoeinkommen und damit einer Bemessungsgrundlage von rund 1.800 EUR führt. Dies bedeutet gegenüber der dem Vergleich zugrundeliegenden Bemessungsgrundlage von unter 2.500 EUR jedenfalls eine derart wesentliche Veränderung, dass eine Neubemessung des Unterhalts in den bisherigen Relationen gerechtfertigt ist.

Damit reduziert sich der Unterhaltsanspruch der Beklagten ab Beginn des Jahres 2004 auf monatlich 450 EUR, weshalb im Umfang von monatlich 166,77 EUR für 10 Monate das Klagebegehren berechtigt ist.

Anderes gilt aber noch für 2003. In diesem Jahr erzielte der Kläger aus seiner Anstellung ein Einkommen von rund 20.000 EUR und dazu rund 11.000 EUR aus seiner Nettoabfertigung. Daraus errechnet sich eine Bemessungsgrundlage von rund 31.000 EUR, was wiederum zu einem Nettomonatseinkommen führt, das über jenem bei Eingehen der Unterhaltsverpflichtung liegt. Insofern sind daher die Urteile der Vorinstanzen zu bestätigen.

Die Abänderung in der Hauptsache erfordert eine neue Kostenentscheidung für die Verfahren erster und zweiter Instanz, die nach § 43 Abs 1 ZPO (teilweise iVm § 50 ZPO) zu fällen ist. Dabei ist von einem Obsiegen des Klägers mit etwa einem Viertel auszugehen, weshalb er der Beklagten die Hälfte von deren Kosten zu ersetzen hat, während er selbst einen Anspruch auf ein Viertel seiner Barauslagen hat. Die Bemessungsgrundlage für Oppositionsklagen beträgt nach § 16 Abs 1 Z 1 lit d GGG allerdings lediglich 694 EUR.

Auch im Revisionsverfahren ist der Kläger mit etwa einem Viertel seines Anspruchs durchgedrungen. Es gelten daher dieselben Erwägungen wie für das Berufungsverfahren.