OGH vom 25.06.1996, 4Ob2153/96p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fa.J***** P*****, vertreten durch Dr.Wilhelm Winkler, Dr.Gebhard Heinzle und Dr.Julia Winkler, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei L*****GmbH, ***** vertreten durch Dr.Wolfram Themmer, Dr.Martin Prunbauer, Dr.Josef Toth, Rechtsanwälte in Wien, wegen Urteilsveröffentlichung (Revisionsinteresse S 30.000), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 133/95-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ 6 Cg 318/94-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.058,88 (darin enthalten S 676,48 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Einer Samstagausgabe der Vorarlberger Nachrichten war ein ca 28 cm breiter und ca 40 cm hoher farbiger Werbeprospekt der Beklagten mit folgender ca 7 mm hoher Überschrift am oberen Rand des Titelblattes angeschlossen: "Was hat der Lutz, was andere nicht haben?" Auf dem Titelblatt der Broschüre war zudem ein mit Kochmütze und Kochmantel bekleideter Mann dargestellt, der sich über einen Computerbildschirm beugt, auf dem eine graphische Küchengestaltung dargestellt war. In großen Lettern über die linke Seite des Titelblattes trug der Werbeprospekt in schwarzer Schrift die Aufschrift "Lutz bringt ganz Österreich zum Kochen!" sowie darunter in weißer Schrift: "Die erste Technodat Computerplanung für Küchen!". Auf der letzten Seite des Prospektes war die Technodat CAD-Küchenplanung beschrieben. Mehrere Bilder zeigten das Ergebnis dieser mit Technodat unterstützten Küchenplanung. Der Werbetext dazu lautete: "Was hat der Lutz, was andere nicht haben? Die erste Küche mit eingebauter Küchenplanung!".
Diese Werbeaussagen sind falsch. Die Klägerin verwendet diese bei einem Salzburger Unternehmen angekaufte Computersoftware "Technodat" bereits seit 1989 in ihrem Geschäftsbetrieb, die Beklagte erst seit 1993.
Anläßlich ihrer gegen die Beklagte gerichteten Unterlassungsklage begehrte die Klägerin Urteilsveröffentlichung im Format einer halben Seite in farbiger Ausführung in einer Samstagausgabe der Vorarlberger Nachrichten samt nachstehendem über das Unterlassungsbegehren hinausgehenden Veröffentlichungszusatz:
"Begründung:
Die Firma J***** P***** betreibt in Hard und Bludenz einen Detailhandel mit Markenküchen. Sie verwendet bereits seit 1989 die Computerplanung "Technodat" für die Küchenplanung. Die Firma L*****gesmbH (Möbel-L*****) mit Niederlassungen in L***** und B***** hat in ihrem am den "Vorarlberger Nachrichten" beigelegten Prospekt behauptet, sie hätte die erste Technodat Computerplanung für Küchen, obwohl sie diese erst seit Ende 1993 in ihren Niederlassungen produktiv verwendet. Durch diese Falschbehauptungen hat die Firma L*****gesmbH die Prinzipien des fairen Wettbewerbs verletzt. Weitere derartige Behauptungen sind der Firma Möbel-L***** untersagt".
Die Klägerin hält diese ergänzende Begründung für erforderlich, damit die Veröffentlichung den Zweck der Beseitigung der Folgen des Wettbewerbsverstoßes auch nur annähernd erreiche.
Das Erstgericht bejahte einen Verstoß gegen § 2 UWG und gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es erachtete den Veröffentlichungszusatz gerechtfertigt; die betroffenen Verkehrskreise sollten sich ein Bild darüber machen können, was dieser Veröffentlichung zugrunde liege, bei einer Veröffentlichung des Urteilsspruches allein sei dies nicht der Fall.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten hinsichtlich der Art und des Inhaltes der Veröffentlichung teilweise Folge und ermächtigte die Klägerin nur, binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Urteiles den Inhalt des Unterlassungsgebotes im Textteil einer Samstagausgabe der Vorarlberger Nachrichten im Format einer halben Seite mit Normallettern, wie für redaktionelle Artikel verwendet, mit Fettdruck-Umrandung, Fettdrucküberschrift und Hervorhebung der Parteien im Kopf des Urteiles durch Fettdruck zu veröffentlichen. Das Mehrbegehren auf zusätzliche Veröffentlichung der "Begründung" wies es ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige.
Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, einer Ergänzung der Veröffentlichung des Urteilsspruches im Sinn des § 25 Abs 5 UWG bedürfe es weder zur entsprechenden Aufklärung der Öffentlichkeit noch auch zur Beseitigung der Wirkungen des Verstoßes. Ähnliches gelte für den von der Klägerin gewünschten Farbdruck. Die unwahre Werbeaussage sei nicht in den Vorarlberger Nachrichten selbst, sondern in einer zwar farbigen, der Zeitung aber nur angeschlossenen Beilage gemacht worden. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung lese nicht jeder Zeitungskäufer auch das der Zeitung angeschlossene Werbematerial. Durch die festgelegte Art der Einschaltung des Urteilsspruches sei daher dem Veröffentlichungsanspruch der Klägerin genüge getan.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Klägerin richtet sich gegen den Entfall der gewünschten ergänzenden Veröffentlichung sowie gegen die vom Berufungsgericht vorgesehene Art der Veröffentlichung. Sie ist entgegen der Ansicht der Revisionsgegnerin, die auf die Höhe des von der Revision betroffenen Streitgegenstandes verweist, nicht jedenfalls unzulässig, da das Berufungsgericht (noch) über einen S 50.000 übersteigenden Streitgegenstand entschieden hat (§ 502 Abs 2 ZPO). Die §§ 500 Abs 2 und 502 Abs 3 ZPO kennen den Begriff der "Nebenforderung" schon seit der ZVN 1983 nicht mehr (MR 1988, 170). § 506 Abs 1 Z 2 letzter Satzteil ZPO ist mit der ZVN 1989 weggefallen. Die Revision ist zulässig, weil zur hier entscheidungswesentlichen Frage der erweiterten Urteilsveröffentlichung nach § 25 Abs 5 UWG Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; sie ist hingegen nicht berechtigt.
In der Erkenntnis, daß mit der Veröffentlichung des Urteilsspruches allein die angestrebte Aufklärung der Öffentlichkeit nicht immer gewährleistet ist, eröffnete der Gesetzgeber in § 25 Abs 5 erster Satz UWG in der Fassung der UWG-Novelle 1980 die Möglichkeit der Veröffentlichung einer vom Urteilsspruch abweichenden oder ihn ergänzenden, auch für einen unbeteiligten Laien erfaßbaren kurzen Darstellung der wesentlichen Verfahrensergebnisse. Der Gesetzgeber brachte jedoch unmißverständlich zum Ausdruck, daß die Veröffentlichung einer Ergänzung zum Urteilsspruch (sog. "corrective advertising", s. Ciresa Handbuch der Urteilsveröffentlichung Rz 155) für dessen Verständlichkeit unerläßlich sein muß (EB zur RV der UWG-Novelle 1980 249 BlgNR 15.GP 7). Eine Ergänzung kommt daher nur dann in Betracht, wenn sie zur Aufklärung der Öffentlichkeit tatsächlich unumgänglich ist (Ciresa aaO Rz 155; ÖBl 1984, 95 - Stilmöbeltisch).
Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Der Veröffentlichung des Urteilsspruches kann auch ein unbeteiligter Laie unschwer entnehmen, daß die Beklagte bestimmte, von der Klägerin beanstandete, im einzelnen auch angeführte Behauptungen in Werbebroschüren und Werbemitteln wegen ihrer Unrichtigkeit zu unterlassen hat. Die durch die Urteilsveröffentlichung angestrebte Aufklärung der Öffentlichkeit ist daher im gegenständlichen Fall gewährleistet.
Der von der Klägerin beantragten ergänzenden Veröffentlichung der Wiedergabe des konkreten Sachverhaltes kommt daher für eine durch die Veröffentlichung des Urteilsspruches ohnehin bereits hinlänglich aufgeklärte Öffentlichkeit kein zusätzlicher Aufklärungswert mehr zu. Die beantragte Ergänzung würde einer Werbung für die Klägerin dienen, da sie die langjährige Benutzung der Computerplanung durch sie besonders hervorstreicht, und zu einer nicht unbeträchtlichen Erweiterung des Veröffentlichungsinhaltes (vier weitere Sätze bestehend aus mehr als 90 Worten) und damit zu einer übermäßigen, sachlich nicht gerechtfertigten Kostenbelastung der Beklagten führen.
Das Berufungsgericht hat daher den Antrag auf Ergänzung des Inhaltes der Urteilsveröffentlichung zu Recht abgewiesen.
Die im Zusammenhang mit der Festlegung der Art der Veröffentlichung behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Die Beklagte hat in ihrer Berufung ausdrücklich auch den dem Antrag der Klägerin auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung zur Gänze stattgebenden Teil des Ersturteiles angefochten und dies näher ausgeführt. Ihrem Rechtsmittelschriftsatz ist zu entnehmen, daß sie die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinn einer kostenpflichtigen Abweisung des gesamten Klagebegehrens anstrebte. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Änderung der Veröffentlichungsart ist vom Abänderungsbegehren der Berufung als minus erfaßt; ein Verstoß gegen § 405 ZPO liegt somit nicht vor.
Zu der vom Berufungsgericht bestimmten Art der Veröffentlichung strebt die Revisionswerberin die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung an, womit ihr eine Wahlmöglichkeit der Plazierung (im Text oder Anzeigenteil) und der besonderen optischen Gestaltung eröffnet wurde.
Soll die beantragte Veröffentlichung - wie hier - in einem Printmedium erfolgen, kann weder deren Plazierung (Ciresa aaO Rz 232 ff) noch deren allfällige besondere optische Gestaltung (hier "in farbiger Ausführung", Ciresa aaO Rz 257) dem Ermessen der Klägerin vorbehalten bleiben. Wenngleich ein - wie hier - unsubstantielles Veröffentlichungsbegehren grundsätzlich zulässig ist (Ciresa aaO Rz 216, 254; ÖBl 1992, 172 - Der Buchhändler; ÖBl 1993, 96 - Compass) hat das Gericht nach pflichtgebundenem Ermessen (ÖBl 1993, 96 - Compass; Ciresa aaO Rz 215) auf der Grundlage der näheren Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden, wobei eine möglichst detaillierte Art der Veröffentlichung gerade deshalb in das Urteil aufzunehmen ist, damit der Antragsteller nicht die Gelegenheit erhält, im Rahmen des durch die Befugnis noch Gedeckten kostenerhöhende Zusatzwünsche bei der Veröffentlichung in Auftrag zu geben (Ciresa aaO Rz 214 ff, 245).
Die vom Berufungsgericht getroffenen Anordnungen entsprechen jedenfalls dem üblichen Mindeststandard (Ciresa aaO Rz 245); die von der Revisionswerberin geäußerte Befürchtung, die Hervorhebung durch schwarze Fettdruck-Umrandung könnte Assoziationen zu Todesanzeigen hervorrufen, ist mit Rücksicht darauf, daß diese Gestaltung durchaus den üblichen Standards derartiger Veröffentlichungen entspricht, unbegründet.
Wenngleich dem Talionsprinzip entsprechend eher eine Veröffentlichung im Anzeigen- denn im Textteil der Vorarlberger Nachrichten in Frage kommen könnte (Ciresa aaO Rz 233, 235) - wurde doch der inkriminierte Wettbewerbsverstoß ausschließlich in den der Zeitung beigelegten Werbesprospekten begangen (Ciresa aaO 234) - ist die Revisionswerberin durch die Einschaltung in den Textteil ungeachtet des Umstandes, daß dort die von der Klägerin gewünschte farbige Ausführung nicht möglich ist, schon deshalb nicht beschwert, weil mit einer schwarz-weiß gedruckten Anzeige im Textteil ein höherer Aufmerksamkeitswert erreicht wird wie mit einer farbigen Veröffentlichung in einem nur beigelegten Werbeprospekt.
Das Berufungsgericht ist daher in Ausübung des ihm obliegenden pflichtgebundenen Ermessens keiner Fehlbeurteilung unterlegen, sodaß der Revision ein Erfolg zu versagen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.