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OGH vom 30.11.2006, 3Ob132/06t

OGH vom 30.11.2006, 3Ob132/06t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** Handels GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Peter Balogh, Rechtsanwalts KEG in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Rudolf R***** KG, und 2.) Franz J***** GmbH, ***** beide vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.241,60 EUR s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 4/05t-19, idF des Berichtigungsbeschlusses vom , AZ 1 R 4/05t, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom , GZ 9 C 770/04g-15, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 439,72 EUR (darin 73,29 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei vereinbarte mit der erstbeklagten Kommanditgesellschaft den Transport von Synthetik-Sportbällen (im Folgenden nur Bälle) an verschiedene Filialen des Handelsunternehmens Lidl (im Folgenden auch nur Handelsunternehmen) im Rahmen einer zeitlich begrenzten Verkaufsaktion in Frankreich in der 17. und 18. Kalenderwoche. Die zweitbeklagte GmbH ist Komplementärin der erstbeklagten Partei. Wenn von den beklagten Parteien und auch vom Erstrichter fallweise die Bezeichnung „die Beklagten" verwendet wird, ist erkennbar fast immer die erstbeklagte Partei gemeint. Nach dem Inhalt des Auftrags sollte die erstbeklagte Partei die Bälle zum Teil abholen und direkt zu diversen Filialen liefern, zum anderen Teil die Bälle gesammelt abholen, zwischenlagern und über „Detailauftrag" der klagenden Partei an Filialen des Handelsunternehmens in Frankreich weiter schicken. Im ursprünglichen Auftrag war bereits der genaue Bestimmungsort (jeweilige Filiale), die Kalenderwoche und die Menge der Bälle vermerkt. Den konkreten Auslieferungstermin gab das Handelsunternehmen mündlich bekannt. In der Folge ließ die erstbeklagte Partei durch einen Subunternehmer die Bälle entsprechend der Vereinbarung mit dem Handelsunternehmens zum Teil abholen und lagerte diese in je einem Zwischenlager in Deutschland und Österreich ein. Nach Abruf der diversen Einzeltransporte durch die klagende Partei stellte sich heraus, dass eine für eine Filiale des Handelsunternehmens in Montceau les Mines, Frankreich, bestimmte Ladung Bälle auftragswidrig nicht abgeliefert worden war. Das Handelsunternehmen nahm von der Rechnung der klagenden Partei einen Abzug von 5.241,60 EUR vor und gab dies der klagenden Partei mit Schreiben vom „" bekannt. Nachdem die erstbeklagte Partei auf die Aufforderungen der klagenden Partei vom 22. August und , die Lieferscheine für die Ablieferung der Bälle in Montceau les Mines vorzulegen, nicht zweckentsprechend reagierte, erteilte sie ihrer Vertragspartner (Handelsunternehmen) eine mit datierte Gutschrift über 5.241,50 EUR.

Diesen Betrag von 5.241,60 EUR s.A. verlangte die klagende Partei nun von den beklagten Parteien mit der wesentlichen Behauptung, sie habe mit der erstbeklagten Partei einen Beförderungsvertrag über die Lieferung von Bällen geschlossen, wobei die erstbeklagte Partei vereinbarungswidrig die Lieferung von 224 Kartons Bälle (à zehn Stück) am zwischen 11.00 und 13.00 Uhr bei einer Filiale des Handelsunternehmens in Montceau les Mines nicht durchgeführt habe. Der Abnehmer habe an einer späteren Lieferung kein Interesse mehr gehabt. Nach Art 20 CMR könne sie mangels Ablieferung binnen 30 Tage nach Ablauf der vereinbarten Lieferfrist oder 60 Tage nach der Übernahme des Guts durch den Frachtführer das Gut als verloren betrachten. Der klagenden Partei sei ein Schaden in Höhe der Klageforderung entstanden, der am zur Zahlung fällig sei.

Die beklagten Parteien wendeten - soweit noch relevant - ein, es sei vereinbart worden, Bälle bei der erstbeklagten Partei oder dritten Unternehmen auf Lager zu nehmen; dann habe die klagende Partei die Zustellung der Bälle jeweils gesondert beauftragt. Der Transport der Bälle (gemeint zur Filiale in Montceau les Mines) habe noch gar nicht begonnen, weil keine Verladung erfolgt sei. Die sechsmonatige Verjährungsfrist der AÖSp, nach der die beklagten Parteien ausschließlich arbeiteten, sei abgelaufen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und traf dazu die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung findet sich im Ersturteil noch zwei weitere, als Tatsachenfeststellung zu beurteilende Sätze: Der Subunternehmer der erstbeklagten Partei fertigte zehn CMR-Frachtbriefe aus. Zum Zeitpunkt der Abholung der Bälle war der konkrete Liefertermin der erstbeklagten Partei bzw. ihrem Subunternehmer bereits bekannt. Nach der Rechtsansicht des Erstrichters liege ein internationaler Transport (Lieferung von Österreich nach Frankreich über ein Zwischenlager, zum Teil in Deutschland) vor. Es finde die CMR Anwendung. Gemäß Art 17 leg.cit. hafteten die beklagten Parteien, die erstbeklagte Partei direkt, die zweitbeklagte Partei als deren Komplementärin für den Verlust (fehlende Ablieferung) der Bälle. Ihrer aus Art 20 CMR resultierenden Beweislast seien die beklagten Parteien nicht nachgekommen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Ersturteil und sprach über Antrag der beklagten Parteien nach § 508 ZPO aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

In Behandlung der allein erhobenen Rechtsrüge sah das Berufungsgericht als entscheidend an, ob der Frachtführer das zu befördernde Gut bereits - zur Beförderung - übernommen habe. Der Oberste Gerichtshof habe in der E 9 Ob 79/01k auf die vertraglich vorgesehene Überstellung des Guts und die Disposition des Beförderers dergestalt abgestellt, dass eine Übernahme als bewirkt anzusehen sei, wenn es alleine von der Disposition des Beförderers abhänge, ob er die Verladung unverzüglich oder erst später vornehme. In Übereinstimmung mit dieser Entscheidung und der Lehre liege eine Übernahme dann vor, wenn der Besitzerwerb in Erfüllung des wirksamen Beförderungsvertrags zum Zweck einer alsbaldigen Beförderung und nicht eines sonstigen Vertrags, insbesondere eines Verwahrungsvertrags erfolge. Gleiches gelte sinngemäß für die Frage, ob eine bloße Zwischenlagerung erfolge. Hier stehe fest, dass die Bälle abgeholt und in Zwischenlagern gelagert worden seien. Schon im ursprünglichen Auftrag sei die Kalenderwoche der Lieferung und die Menge der zu befördernden Bälle vermerkt gewesen. Lediglich der konkrete Auslieferungstermin sei jeweils mündlich bekannt gegeben worden. Bei einem solchen Vertrag könne iSd Rsp und Lehre kein Zweifel darüber bestehen, dass die erstbeklagte Frachtführerin tatsächlich das Frachtgut bereits zur Beförderung übernommen habe, als sie es bei der klagenden Partei abgeholt habe, während die Zwischenlagerung lediglich ein mit dem Transport in unmittelbarem Zusammenhang stehendes Hilfsgeschäft darstelle. Die mündliche Bekanntgabe der jeweiligen genauen Auslieferungstermine sei nur als Präzisierung des Beförderungsvertrags in einem Detailbereich zu werten. Es sei auch unmissverständlich festgestellt worden, dass der Verlust der Bälle erst nach Einlagerung in einem der Zwischenlager eingetreten sei, was bereits in den Haftungszeitraum nach Art 17 CMR falle. Die Ansprüche seien im Hinblick auf die zwingende einjährige Verjährungsfrist des Art 32 Abs 1 CMR nicht verjährt. Die erhebliche Rechtsfrage liege in der fehlenden festen höchstgerichtlichen Rsp zur Frage, ob durch die Übernahme von Gütern zur späteren Beförderung, ohne dass ein konkreter Transporttermin vorab festgelegt werde und der Frachtführer selbst über den Transportbeginn [k]eine eigenständigen Dispositionen treffen könne, der Obhutszeitraum nach § 17 CMR beginne.

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Die beklagten Parteien machen im Wesentlichen geltend, dass sich der vorliegende Fall von dem vom Obersten Gerichtshof zu 9 Ob 79/01k entschiedenen wesentlich unterscheide. Mangels konkretisiertem Transportbeginn bei Einlagerung der Bälle liege insoweit ein Verwahrungsvertrag vor, von einer transportbedingten Zwischenlagerung könne keine Rede sein. Unausgesprochen legen sie ihren Erwägungen zugrunde, dass - was von der klagenden Partei in ihrer Revisionsbeantwortung bestritten wird - nach den Feststellungen der Beginn eines Transports vom Zwischenlager an den Ablieferungsort nicht feststehe.

Tatsächlich ergibt sich aus den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts mit Sicherheit nur, dass die erstbeklagte Partei „die Bälle" - worunter erkennbar auch die für die Filiale des Handelsunternehmens und Vertragspartners der klagenden Partei in Montceau les Mines, Frankreich, bestimmten, gemeint sind - durch einen Subunternehmer abholen ließ und auch tatsächlich in einem Zwischenlager einlagerte. Dagegen steht nicht fest, dass die Weiterbeförderung von einem Zwischenlager zum französischen Bestimmungsort tatsächlich von ihr in Angriff genommen und warum der Transport der Bälle durch die erstbeklagte Partei bzw. den Subfrachtführer nicht durchgeführt wurde. Demnach könnte bei bloß isolierter Betrachtung der Beförderung von (unbekannten) Übernahmeorten in das Zwischenlager, der Zwischenlagerung dortselbst und schließlich der Beförderung vom Zwischenlager zum Bestimmungsort in Frankreich nicht gesagt werden, dass für den Fall der Beurteilung nur der letzten Phase als Obhutszeitraum iSd Art 17 CMR der nach Art 20 dieses Übereinkommens vermutete Verlust der beförderten Güter innerhalb des darin normierten Obhutszeitraums erfolgt wäre. Dann müsste man allenfalls von drei Verträgen ausgehen, nämlich zwei Frachtverträgen (Transporte vom und zum Zwischenlager) und einem Verwahrungsvertrag für die Zeit der Lagerung des Gutes in einem Zwischenlager. Für das vorliegende Verfahren wäre es von wesentlicher Bedeutung, ob bei Annahme einer solchen Konstruktion die Bälle tatsächlich verloren gingen und wenn ja, ob dies während der Verwahrung oder davor oder danach geschehen wäre. Der Verwahrungsvertrag wäre mangels anderer Behauptungen gemäß Art 4 EVÜ nach österr. Sachrecht zu beurteilen. Da von einer weiteren Niederlassung der erstbeklagten Partei keine Rede war, wäre nach dessen Art 4 Abs 2 zweiter Satz entsprechend dem Sitz der Hauptverwaltung der beklagten Partei wohl österr. Recht anzuwenden. Auch nach diesem käme es zu einer Haftung des Verwahrers für den aus der Unterlassung der pflichtgemäßen Obsorge verursachten Schaden (§ 964 ABGB). Dem Verwahrer stünde nur der Beweis der Schadensentstehung durch Zufall oder ohne sein Verschulden frei (Griß in KBB, § 964 ABGB Rz 3). Die klagende Partei hat jedoch weder einen Schaden an den hinterlegten Sachen iSd § 964 ABGB geltend gemacht, noch nach §§ 962 f ABGB die Rückstellung der Bälle begehrt. Vielmehr hat sie sich nur auf die mangelnde Ablieferung der Sachen am Bestimmungsort und auf die Vermutung des Art 20 CMR gestützt.

Entgegen der in der Revisionsbeantwortung geäußerten Ansicht der klagenden Partei ergibt sich aus den erstinstanzlichen für den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen nicht, dass der „Transport" (erkennbar gemeint die Beförderung vom Zwischenlager zum Bestimmungsort) schon begonnen hätte. Zeugenaussagen, die keinen Niederschlag in den Feststellungen fanden, haben außer Betracht zu bleiben. Allerdings übersehen die beklagten Parteien bei ihren Ausführungen, dass - wie dargelegt - das erstinstanzliche Urteil, wenn auch im Rahmen seiner Rechtsausführungen, Feststellungen enthält, aus denen sich ohne Zweifel ableiten lässt, dass im Zeitpunkt der Abholung der Bälle bei der klagenden Partei durch einen Subunternehmer der erstbeklagten Partei dieser bzw. dem Subunternehmer der konkrete Liefertermin bekannt war. Da sich aus den übrigen Feststellungen entnehmen lässt, dass der Subunternehmer zum Transport der Bälle von der klagenden Partei zum Zwischenlager eingesetzt wurde, heißt dies, dass bei Übernahme der beförderten Güter auch nach der Ansicht der beklagten Parteien bereits ein Frachtauftrag ganz konkret erteilt wurde.

Ein Fall des § 473a ZPO liegt insoweit deshalb nicht vor, weil sich diese versteckte Feststellung zum Nachteil des Rechtsmittelwerbers auswirkt und demnach der Oberste Gerichtshof nicht erwägt, die Urteile der Vorinstanzen abzuändern oder aufzuheben.

b) Auf den vorliegenden Rechtsfall finden die Bestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) BGBl 1961/138 idgF Anwendung (§ 510 Abs 3 ZPO).

Gemäß Art 17 Abs 1 (fallweise, etwa in deutscher Literatur, aber auch in 2 Ob 271/05z: Z 1) CMR haftet der Frachtführer für einen Verlust des Gutes - hier Kartons mit Bällen - soferne dieser zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt. Der Haftungsgrund ist also - wie schon in der Rezeptionshaftung des römischen Rechts - nicht ein bestimmtes Verhalten des Frachtführers, sondern die Verknüpfung des Schadens mit dem Obhutszeitraum (srRsp, 3 Ob 547/85 = ZVR 1986/97 u.a.; RIS-Justiz RS0073822; Basedow in MünchKomm HGB, Art 17 CMR Rz 14). Bei der Haftung nach Art 17 CMR handelt es sich um eine für vermutetes Verschulden mit verschärftem Sorgfaltsmaßstab für die Zeit zwischen der Übernahme des Gutes zur Erfüllung der frachtrechtlichen Verpflichtungen und seiner Ablieferung (1 Ob 502, 503/87 = SZ 60/64 u. a., zuletzt 10 Ob 75/05k; RIS-Justiz RS0073792). Die Begriffe „Übernahme und „Ablieferung" sind vertragsautonom auszulegen (Koller, Transportrecht5 Art 17 CMR Rz 4, 6). Die genannte Haftungsverschärfung ist für die vereinbarte Transportdauer gerechtfertigt, weil sich der Frachtführer entsprechend darauf einstellen und die erforderliche Sorgfalt aufwenden kann. Der Absender muss darlegen und beweisen, dass der Frachtführer das Gut unbeschädigt übernommen hat, dass es einen Schaden erlitten hat und dieser Schaden vor der Ablieferung eingetreten ist (Basedow aaO Rz 14). Übernahme iSd Art 17 CMR ist aber nur die Entgegennahme zum Zwecke der Beförderung, nämlich zur Erfüllung der frachtvertraglichen Pflichten (Basedow aaO Rz 17 mwN in FN 63). Die Übernahme bedeutet den Erwerb des unmittelbaren oder mittelbares Besitzes zum Zweck der

alsbaldigen Beförderung und enthält ein Willenselement (7 Ob 3/94 =

SZ 67/4; 9 Ob 79/01k = RdW 2002, 463 = ZVR 2003/44, 161 u.a.).

Nach Basedow (aaO Rz 18), Thume (Kommentar zur CMR, Art 17 Rz 57) und Herber/Piper (CMR Internationales Straßentransportrecht, Rz 19 f, je mwN; vgl. dazu auch Helm, Frachtrecht II CMR2 Art 17 Rz 17) muss dann, wenn der Frachtführer das Gut zur so genannten Vorlagerung übernimmt, unterschieden werden, ob er dies tut, um etwa eine Sammelladung zusammenzustellen oder ob das Gut zunächst nur gelagert und erst auf entsprechende Mitteilung des Absenders hin befördert werden soll; in ersterem Fall bestehe eine Haftung nach CMR, in letzterem Fall nach den nationalen Vorschriften des Lagerrechts. Dagegen fallen nach den E 2 Ob 591/92 = WBl 1993, 360 = ZfRV 1993, 246 und 9 Ob 79/01k sowie Literaturmeinungen (vgl. Schütz in Straube, HGB3 Art 17 CMR Rz 2 und Jesser, Frachtführerhaftung nach der CMR 64) Vorlagerungen nicht in den Haftungszeitraum des Art 17 CMR. Diese Frage muss hier nicht entschieden werden, weil eine Vorlagerung nicht zu beurteilen ist. Bei Zwischenlagerungen ist jedenfalls zu unterscheiden, ob diese im Zuge der Beförderung erfolgen oder nicht. Letzteres ist etwa dann anzunehmen, wenn der Absender während des Transports die Weisung erteilt, die Beförderung abzubrechen und das Gut bei einem Dritten bis auf weiteres zwischenzulagern (Thume aaO Rz 58). Schütz (aaO), Heuer (Die Haftung des Frachtführers nach dem Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr [CMR] 63 f) und Jesser (aaO 64) beziehen die Zwischenlagerung infolge eines Beförderungshindernisses nicht in den Haftungszeitraum ein, sondern gehen davon aus, dass in diesem Fall die Beförderung mit dem Ausladen des Gutes zur zwischenzeitlichen Zwischenlagerung gemäß Art 16 Abs 2 erster Satz CMR beendet sei (so auch 2 Ob 591/92). Ein solcher Fall liegt indes hier ebenfalls nicht vor. Maßgeblich sind jedenfalls die konkreten Umstände des Einzelfalls (Thume aaO Rz 18 und in Fremuth/Thume, Frachtrecht, Art 17 CMR Rz 12 mwN; Jesser aaO 64).

In der E 9 Ob 79/01k wurde zusammengefasst die Auffassung vertreten, der Beförderer hafte ab dem Zeitpunkt, ab dem er erkennen lasse, dass er die Herrschaftsgewalt über das Gut übernehme, eine Übernahme des Gutes sei als bewirkt anzusehen, wenn es alleine von der Disposition des Beförderers abhänge, ob er die (vereinbarte) Verladung sogleich oder erst später übernehme. In tatsächlicher Hinsicht lag dem zugrunde, dass die Übernahme des Gutes durch den Frachtführer durch Entgegennahme der Lieferscheine für die transportbereiten Fahrzeuge sowie der Unterfertigung des "Übernahmeprotokolls" erfolgte, auch wenn die Transporte teilweise erst erheblich später durchgeführt wurden.

Berücksichtigt man die oben dargestellte weitere Feststellung, dann kann nicht mehr gesagt werden, der zu 9 Ob 79/01k zu beurteilende Sachverhalt weiche in einer Weise vom vorliegenden ab, dass die in dieser Entscheidung angestellten Erwägungen auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar wären. Der Sachverhalt in der referierten Entscheidung war insofern anders gelagert, als dort ausnahmsweise dem Frachtführer auch die Verladepflicht zukam. Dies spielt im vorliegenden Fall keine Rolle, weil unstrittigerweise die Beförderung der Bälle von der erstbeklagten Partei zum Zwischenlager tatsächlich durchgeführt wurde und daher die Übernahme tatsächlich bereits zum Zweck der alsbaldigen Beförderung erfolgte. Von den genannten Feststellungen ausgehend kann nämlich nicht mit Recht behauptet werden, es sei bloß zu einer Übernahme zum Zweck einer Verwahrung, einer Vorlagerung gekommen. Es lag wegen des Transports ins Zwischenlager kein Fall vor, in dem der Frachtführer das Frachtgut zur Einlagerung vor der Beförderung übernehmen sollte. Die Übernahme zum Zweck der alsbaldigen Beförderung kann somit hier nicht zweifelhaft sein. Fraglich ist demnach nur, ob die hier bereits begonnene Zwischenlagerung (siehe dazu oben) aus der Zeit der Obhutshaftung nach Art 17 CMR herausfallen könnte. Das ist aber mit der weitgehend übereinstimmenden Lehre zu verneinen. Wie der Oberste Gerichtshof in der E 6 Ob 90/02g (= SZ 2002/66 = EvBl 2002/192 mwN) darlegte, endet die Haftung nach Art 17 CMR, sobald der Frachtführer das Gut auf Grund eines Beförderungs- oder Ablieferungshindernisses (Art 14 und 15 CMR) auslädt. Anders beurteilte er aber den Fall, dass statt eines Ausladens ein Umladen auf einen Kleintransporter eines Subfrächters erfolgte. Nach Art 16 Abs 2 CMR kann nämlich der Frachtführer die Fortsetzung der Beförderung bei objektiven Beförderungs- oder Ablieferungshindernissen ablehnen. Er hat dann ohne Einholung einer Weisung das Gut für den Verfügungsberechtigten zu verwahren und haftet nur für die sorgfältige Auswahl des Verwahrers. Ein vergleichbarer Fall ist hier nicht zu beurteilen, kann doch von Hindernissen der genannten Art hier keine Rede sein. Es liegt auch nicht der in der Lehre als Beendigung der strengen Haftung angesehene Fall vor, dass der Berechtigte nach Art 12 CMR eine Zwischenlagerung anordnet (dazu Jesser aaO 64; Heuer aaO 64; Thume in Thume, Art 17 Rz 58). Der vorliegende Fall ist nun so gelagert, dass die Zwischenlagerung von vornherein in den Beförderungszweck eingebettet war und sich demgemäß der beauftragte Spediteur (hier als Frachtführer) auch ausreichend auf seine strenge Obhutspflicht einstellen konnte. Man muss daher hier die Zwischenlagerung im Hinblick auf das Schadensrisiko einheitlich mit den Transporten beurteilen, bei denen eindeutig der Schwerpunkt der vertraglichen Pflichten der erstbeklagten Partei lag (in diesem Sinn Koller aaO Rz 5; ähnlich Jesser aaO 64).

Daraus folgt insgesamt, dass die Zwischenlagerung des Gutes durch die erstbeklagte Partei in einem Sammellager der Ablieferung des Gutes iSd Art 17 CMR nicht gleichgehalten werden kann. Die Bejahung der strengen Haftung nach dieser Norm durch die Vorinstanzen erweist sich demnach als rechtsrichtig.

Auf Verjährung kommen die Revisionswerberinnen nicht mehr zurück. Mit Recht bezweifeln sie auch nicht den Eintritt der unwiderleglichen Vermutung des Art 20 CMR (Koller aaO 69 mwN), wonach das Transportgut 30 Tage nach Ablauf der vereinbarten Lieferfrist als verloren angesehen werden kann, worauf sich die klagende Partei bereits in erster Instanz berief. Auch die Frage einer Haftung des erstbeklagten Spediteurs und Frachtführers für ihren Subunternehmer war nie strittig.

Der Revision ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.