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OGH vom 28.09.1993, 4Ob125/93

OGH vom 28.09.1993, 4Ob125/93

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verwertungsgesellschaft bildender Künstler (VBK), ***** vertreten durch Dr.Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Erhard L*****-Verlag, ***** vertreten durch Dr.Gustav Neufeldt-Schoeller, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung und Schadenersatz (Gesamtstreitwert S 406.000; Revisionsinteresse S 80.000), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 158/92-60, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 38 Cg 265/88-52, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinem der Klage stattgebenden Teil als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt, wird in seinem abweisenden Teil und in seinem Kostenausspruch aufgehoben; in diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Text

Begründung:

Der zuletzt in Wien 1.,***** wohnhaft gewesene bildende Künstler Adolf Loos ist am in Wien verstorben. Mit Testament vom hatte er seine Ehegattin Elsie Loos, geborene A*****, zur Alleinerbin eingesetzt. Am stellte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien eine Amtsbestätigung aus, wonach Elsie Loos testamentarisch von Adolf Loos zu seiner Alleinerbin eingesetzt worden sei und andere erbberechtigte Personen nach der Aktenlage nicht bekannt seien. Mit Beschluß desselben Gerichtes vom wurde die zur Alleinerbin berufene Witwe Elsie Loos, ***** "abhandlungsbehördlich gemäß § 72 Abs 2 AußStrG ermächtigt, die Urheber- und allenfalls sonstigen Verwertungsrechte bezüglich sämtlicher Werke des Erblassers Adolf Loos auszuüben und daraus resultierende Ansprüche gegen dritte Personen geltend zu machen"; dieser Beschluß ist seit rechtskräftig. Am gab Elsie A*****-Loos die unbedingte Erbserklärung ab; am beantragte sie sinngemäß die Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens.

Mit Beschluß vom , 2 A 513/33-44, erließ das Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Einantwortungsurkunde, mit welcher der Nachlaß des Erblassers Adolf Loos der Verlassenschaft nach der in der Zwischenzeit verstorbenen Elsie A*****-Loos (*****) zur Gänze eingeantwortet wurde. In Punkt 4 dieses - gleich der Einantwortungsurkunde in Rechtskraft erwachsenen - Beschlusses war Elsie A*****-Loos ermächtigt worden, die "auf sie übergegangenen Urheberrechte an den Werken des Erblassers Adolf Loos, bestehend insbesondere aus Plänen, Skizzen und Zeichnungen, auszuüben und insbesondere zu verwerten.

Schon im Jahre 1980 hatte Elsie A*****-Loos den österreichischen Schriftsteller und Filmemacher Prof.Adolf O***** unwiderruflich und auch für ihre Rechtsnachfolger verbindlich bevollmächtigt, die Urheberrechte an sämtlichen Werken, Plänen, Skizzen, Fotos usw. von Adolf Loos auszuüben und darüber zu verfügen. Im Jahre 1981 erweiterte Elsie A*****-Loos diese Bevollmächtigungen, und zwar insbesondere auf das Namensrecht des Adolf Loos und den sogenannten "Loos-Nachlaß" (Loos-Archiv), zu welchem bewegliche körperliche Sachen, wie Skizzen, Pläne, Schriften usw., gehören.

Mit "Kaufvertrag und Vereinbarung" vom erwarb Prof.Adolf O***** schließlich von Elsie A*****-Loos sämtliche Rechte an den Werken von Adolf Loos, vor allem die örtlich und zeitlich unbeschränkten und von ihm weiter übertragbaren Verwertungs- und Nutzungsrechte, gegen eine näher bestimmte finanzielle Gegenleistung. In Punkt 3 dieser Vereinbarung erklärte Elsie A*****-Loos rechtsverbindlich, daß sie Universalerbin nach Adolf Loos sei. Die Unterschriften auf allen Vollmachten und "Übertragungserklärungen" sind durch die österreichische Botschaft in Buenos Aires beglaubigt.

Im Jahre 1983 hat Prof.Adolf O***** der klagenden Verwertungsgesellschaft die alleinigen und ausschließlichen Wahrnehmungsrechte (Werknutzungsrechte) an den Werken der bildenden Künste von Adolf Loos eingeräumt, und zwar kraft eigenen Rechtes (als Werknutzungsberechtigter) und vorsichtsweise auch im Namen von Elsie A*****-Loos bzw der Verlassenschaft nach Adolf Loos. Zu den der Klägerin eingeräumten Wahrnehmungsrechten zählt insbesondere das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung, und zwar für den Fall der Rechtsverletzung ohne jede inhaltliche Beschränkung.

Die Werke von Adolf Loos wurden in Österreich ua in dem mit seiner Zustimmung erschienenen Buch "Adolf Loos - Das Werk des Architekten" von Heinrich Kulka (Verlag Anton Schroll & Co/Wien 1931), in dem mit Genehmigung seiner Rechtsnachfolgerin Elsie A*****-Loos erschienenen Buch "Der Architekt Adolf Loos" von Ludwig Münz und Gustav Künstler (Verlag Anton Schroll/Wien 1964) und in dem mit Zustimmung Prof.Adolf O*****s erschienenen Buch "Adolf Loos - Leben und Werk" von Burkhard Rokschcio und Roland Schachel (Residenzverlag/Salzburg und Wien 1982), aber auch vereinzelt in österreichischen Fachzeitschriften, jeweils mit Zustimmung des Berechtigten, veröffentlicht.

Der beklagte Verlag, welcher seit Jahren auf dem Gebiet des Kunstverlages tätig ist, hat insbesondere folgende Bücher herausgebracht, die zahlreiche Werke von Adolf Loos enthalten:

a) "Adolf Loos - Das Werk des Architekten" von Heinrich Kulka (Beil./.BB). Dabei handelt es sich um einen unveränderten Nachdruck der im Jahre 1931 in Wien erschienenen Ausgabe, welche der Beklagte im Jahre 1979 und in einer Neuauflage im Jahre 1986 herausgebracht hat. Außer Texten von Adolf Loos sind darin - neben Abbildungen von Werken anderer Künstler - 238 Abbildungen vorerschienener Werke von Adolf Loos abgedruckt.

b) "Das Looshaus" von Hermann Czech und Wolfgang Mistelbauer (Beil./.CC). Dieser Band erschien 1976 im Verlag des Beklagten; weitere Auflagen folgten 1977 und 1984. In diesem Buch sind insgesamt 37 vorerschienene Abbildungen von Werken von Adolf Loos enthalten.

c) "Adolf Loos - Theory and Works" von Benedetto Gravagnuolo (Beil./.DD). Dieses Buch hat der Beklagte gemeinsam mit dem italienischen Verlag Idea-Books Edizioni im Jahre 1982 herausgegeben und 1986 neu aufgelegt. Diese in Österreich vom Beklagten vertriebene Ausgabe in englischer Sprache enthält 230 Abbildungen, die schon in früheren Veröffentlichungen - jeweils mit Zustimmung des Berechtigten - veröffentlicht worden waren.

Bei der Anführung der Anzahl der Abbildungen sind jeweils die Abbildungen jener Werke, die sich bleibend an einem dem öffentlichen Verkehr dienenden Ort befinden, unberücksichtigt geblieben.

Die drei im Verlag des Beklagten erschienenen Werke (Blg. ./BB, ./CC und ./DD) sind ohne Zustimmung der jeweils Berechtigten (Elsie A*****-Loos, Prof.Adolf O*****, Klägerin) veröffentlicht worden; sie sind auch nach der Untersagung der weiteren Verwendung der Werke von Adolf Loos durch die Klägerin im Buchhandel erhältlich. Auch dem Rechnungslegungsbegehren der Klägerin ist der Beklagte nicht nachgekommen.

Fast alle in den Beilagen ./.BB, ./CC und ./DD abgebildeten Werke waren schon vorher in Österreich erschienen. Ausnahmen sind nur die Abbildung Nr. 189 in dem Buch "Adolf Loos - Das Werk des Architekten" von Heinrich Kulka (Beil./.BB), welche zuerst in der Zeitschrift "Der Sturm" in Berlin 1927 veröffentlicht worden war, sodann einige der in den Abbildungen Nr. 26 bis 42 im Buch "Das Looshaus" von Czech/Mistelbauer (Beil./.CC) wiedergegebenen Grundrisse in verschiedenen Varianten sowie die Abbildung auf Seite 190 (Grundriß Haus Tzare), welche auch im Ausstellungskatalog "Adolf Loos - Raumplan - Wohnungsbau" in Berlin 1983 erschienen waren, und schließlich der auf Seite 216 des Buches "Adolf Loos - Theory and Works" von B.Gravagnuolo abgebildete Entwurf für das Hotel in Juan-les-Pins, welcher zum ersten Mal 1931 in der Pariser Zeitschrift "L'architecture d'aujourd'hui" veröffentlicht worden war.

Ob Adolf Loos österreichischer Staatsbürger war, kann nicht festgestellt werden.

Mit der Behauptung, daß der Beklagte solcherart in die ihr übertragenen Verwertungsrechte an Werken des Künstlers Adolf Loos - zumindest soweit diese schon im Inland veröffentlicht worden sind - eingegriffen habe, begehrte die Klägerin ursprünglich - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - den Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, die in den Beilagen ./.BB, ./.CC und ./.DD - welche einen integrierenden Bestandteil des Urteilsspruches bilden - abgebildeten Werke des bildenden Künstlers Adolf Loos zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, wobei sich diese Unterlassungsverpflichtung insbesondere auf die drei genannten, im beklagten Verlag erschienenen Bände erstrecke. Nachdem der von der Klägerin zur Sicherung dieses Unterlassungsanspruches gestellte Sicherungsantrag teilweise abgewiesen worden war, weil eine größere Zahl der vom Verbotsbegehren umfaßten Abbildungen nach der Rechtsmeinung des Obersten Gerichtshofes unter die freie Werknutzung

nach § 54 Z 5 UrhG fielen (4 Ob 106/89 - Adolf Loos - SZ 62/148 =

EvBl 1990/16 = MR 1991, 25 [ablehnend M.Walter] = ÖBl 1989, 187 =

GRURInt 1991, 56), führte die Klägerin in der ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung aus, daß sie die Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes zwar nicht teile, jedoch akzeptiere. Sie verweise aber darauf, daß diese Auffassung nur für das Territorium Österreichs, nicht aber auch für das Ausland anwendbar sei; insbesondere verweise sie auf § 59 Abs 1 dUrhG. Sie schränke daher das Unterlassungsbegehren um die von der Abweisung durch die Rechtsmittelinstanzen im Sicherungsverfahren betroffenen Werke "hinsichtlich des österreichischen Staatsgebietes" ein (S. 427), und zwar in der Weise, daß sie nach dem ersten Satz und vor dem Teil des Spruches, wonach sich die Unterlassungsverpflichtung insbesondere auf die drei im Verlag des Beklagten erschienenen Bände beziehe, den Satz einschob: "Hinsichtlich des Staatsgebietes der Republik Österreich erstreckt sich die Unterlassungsverpflichtung jedoch nicht auf die auf Seite 3 Abs 1 der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom , 5 R 154/88, angeführten Werke, wobei Seite 3 dieser Entscheidung gleichfalls einen integrierenden Bestandteil des Urteilsspruches darstellt." (S. 446).

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Da Adolf O***** nie kraft eigenen Rechtes Wernutzungsrechte habe geltend machen können, habe er auch der Klägerin nicht wirksam Rechte übertragen. Dieser fehle demnach die Aktivlegitimation. Die drei in der Klage genannten Bücher seien nicht im Verlag des Beklagten erschienen, so daß es auch an der Passivlegitimation mangle. Adolf Loos sei tschechoslowakischer Staatsbürger gewesen; die vom Klagebehren umfaßten Werke des Archikten Loos seien nicht im Inland erschienen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Da der Beklagte - wenn auch unter verschiedenen Firmen - die in der Klage genannten drei Bücher verlegt habe, sei er passiv legitimiert. Im Hinblick auf die rechtskräftige Einantwortungsurkunde 2 A 513/33-105 des Bezirksgerichtes Innere Stadt und die nachvollziehbare Übertragung der Rechte von der Erbin an Prof.Adolf O***** und von diesem an die Klägerin sei auch deren Aktivlegitimation unzweifelhaft zu bejahen. Ob Adolf Loos österreichischer oder tschechoslowakischer Staatsbürger war, sei unerheblich, weil die vom Verbotsbegehren erfaßten Werke jedenfalls nach § 95 UrhG im Inland urheberrechtlichen Schutz genössen. Das gelte auch für die beiden in Deutschland ersterschienenen Werke, für welche die Bundesrepublik Deutschland als Ursprungsland anzusehen sei. Da Österreich und die Bundesrepublik Deutschland Mitglieder der Berner Übereinkunft (RBÜ) sind, gelte der Grundsatz der Inländerbehandlung (Art 5 Abs 1 RBÜ Paris), wobei ein Schutzfristenvergleich (Art 7 Abs 8 RBÜ Paris) im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland unterbleibe, weil die urheberrechtliche Schutzfrist auch in der Bundesrepublik Deutschland 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers betrage. Auch das in Frankreich erschienene Werk sei im Inland urheberrechtlich geschützt: Auch das französische Recht kenne eine kriegsbedingte Schutzfristverlängerung, und zwar für einen Zeitraum von acht Jahren und 120 Tagen für alle Werke, die vor dem veröffentlicht worden und am noch nicht frei waren. Da diese Voraussetzungen auf das in Frankreich zuerst veröffentlichte Werk des Architekten Adolf Loos zuträfen, sei die Schutzfristverlängerung anwendbar. Das Werk werde damit erst mit Ablauf des 120 Tages des Jahres 1992 frei, so daß es nach dem Grundsatz der Inländerbehandlung auch in Österreich zumindest bis zu diesem Tag geschützt sei. Die kriegsbedingte Schutzfristverlängerung in Frankreich gelte auch für ausländische Staatsangehörige. Der urheberrechtliche Schutz der vom Klagebegehren umfaßten Werke sei unterschiedlich zu beurteilen, je nachdem, ob er sich auf das Inland erstrecke oder nicht. Soweit nach § 54 Z 5 öUrhG eine freie Werknutzung besteht, habe ihr die Klägerin durch die Einschränkung ihres Begehrens Rechnung getragen; für die übrigen Werke sei der Urheberrechtsschutz nach österreichischem Recht zu bejahen.

Das Berufungsgericht gab - übereinstimmend mit der im Provisorialverfahren ergangenen Entscheidung - dem Unterlassungsbegehren der Klägerin nur teilweise statt und wies das Mehrbegehren in Ansehung aller Abbildungen, die nach der im Provisorialverfahren von den Rechtsmittelinstanzen vertretenen Meinung unter § 54 Z 5 UrhG fallen, ab; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Mit Recht habe das Erstgericht im Hinblick auf die Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens nach Adolf Loos die Befugnis der Erbin zur Abtretung von Urheber- und Verwertungsrechten bejaht; damit seien die Argumente des Beklagten gegen die Aktivlegitimation entkräftet. Selbst unter Annahme einer tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft des Künstlers Adolf Loos müßte den Werken urheberrechtlicher Schutz nach § 95 UrhG zuerkannt werden. Die meisten Werke seien zuerst in Österreich erschienen; die in Frankreich und Deutschland ersterschienenen Werke genössen auch in Österreich Urheberrechtsschutz. Dennoch sei die Berufung teilweise gerechtfertigt. Die Klägerin übersehe nämlich, daß § 1 IPRG immer auf (nur) eine Rechtsordnung und nicht gleichzeitig auf mehrere verschiedene Rechtsordnungen verweise. Im vorliegenden Fall sei gemäß § 34 IPRG österreichisches Recht anzuwenden, weil der Beklagte die Verletzungshandlungen in Österreich begangen habe. Ob das deutsche Urheberrechtsgesetz oder das Urheberrecht eines sonstigen Staates vom österreichischen Recht abweicht, sei daher ohne Bedeutung. Nach österreichischem Urheberrecht bestehe aber für einen Teil der abgebildeten Werke gemäß § 54 Z 5 UrhG kein Schutz.

Gegen den abweisenden Teil dieses Urteils wendet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Aktenwidrigkeit mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, daß Urheberrechtsverletzungen auch dann, wenn sie in mehreren Staaten begangen worden sind, immer nur nach einer Rechtsordnung zu beurteilen seien, mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht im Einklang steht; sie ist auch berechtigt.

Nach § 34 Abs 1 IPRG sind das Entstehen, der Inhalt und das Erlöschen von Immaterialgüterrechten nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem eine Benützungs- oder Verletzungshandlung begangen wird; der Gesetzgeber hat sich damit den Grundsatz der Anknüpfung an das Recht des "Schutzlandes" zueigen gemacht, nach welchem über das Bestehen und den Schutz von Immaterialgüterrechten das Recht jenes Staates entscheidet, "dessen Schutz in Anspruch genommen wird" (so wörtlich die EB zu § 34 IPRG bei Duchek-Schwind, Internationales Privatrecht 82 f in Anm 2), richtiger: für dessen Gebiet der Schutz begehrt wird (Schwimann, Grundriß des Internationalen Privatrechts 196; derselbe in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 34 IPRG; Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Allgemeiner Teil 110 Rz 907.3; SZ 56/107; SZ 59/100; SZ 60/77; MR 1981, 112). "Schutzland" ist also nicht der Gerichtsstaat. Behauptet der Kläger, daß ein ihm in mehreren Ländern zustehendes Immaterialgüterrecht vom Beklagten in allen diesen Ländern oder in einem Teil davon verletzt wird, dann sind die in den verschiedenen Ländern begangenen Handlungen nach dem Recht des jeweiligen Verletzungsstaates (unter Berücksichtigung von Rück- und Weiterverweisungen) anzuwenden. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes ist in einem solchen Fall, wenn Verletzungshandlungen in mehreren Staaten begangen wurden, bei der rechtlichen Beurteilung an so viele Rechtsordnungen, wie es Schutzländer gibt, anzuknüpfen (vgl MR 1991, 112).

Sache des Klägers ist es dann aber, in seiner Klage gegebenenfalls deutlich zum Ausdruck zu bringen, daß er den Schutz nicht nur für das Inland, sondern auch für irgendwelche fremde Staaten begehrt; mangels entsprechender Anhaltspunkte muß sonst angenommen werden, daß nur Schutz für Österreich angestrebt wird. In diesem Sinn war auch die vorliegende Klage zu verstehen, hat doch dort die Klägerin eingehend dargelegt, aus welchem Grund die Werke von Adolf Loos Schutz in Österreich genießen (§§ 94, 95 UrhG), mit keinem Wort aber zum Ausdruck gebracht, daß und weshalb sie Schutz auch für den Bereich eines anderen Staates begehre. Bei dieser Sachlage war daher im Provisorialverfahren die geltend gemachte, jedenfalls (auch) in Österreich begangene Urheberrechtsverletzung nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Erst durch ihr Prozeßvorbringen, daß die von den Rechtsmittelinstanzen im Provisorialverfahren geäußerte Rechtsmeinung

nur für Österreich, nicht aber für das Ausland anzuwenden sei, und die daraus abgeleitete Neufassung des Begehrens hat die Klägerin nunmehr zum Ausdruck gebracht, daß sie nicht nur Schutz für Österreich anstrebe; sie hat dabei aber nicht schlüssig dargelegt, aus welchem Grund sie Schutz "im Ausland" - also in jedem Land der Erde außerhalb Österreichs - begehre. Diesen Schutz kann sie ja nur für solche Länder verlangen, in denen sie Verwertungsrechte hat (vgl Schönherr aaO Rz 807.1), die der Beklagte dort verletzt hat; entsprechende Behauptungen hat der jeweilige Kläger aufzustellen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar ganz allgemein auf das "Ausland" verwiesen, im besonderen aber nur das Recht der Bundesrepublik Deutschland erwähnt. Zum Ort der Verletzungshandlungen hat sie in erster Instanz lediglich vorgebracht, daß die drei Bücher mit den beanstandeten Abbildungen von Werken des Architekten Adolf Loos im Verlag des Beklagten, also in Österreich, erschienen seien und eines dieser Bücher - nämlich "Adolf Loos - Theory and Works" von Benedetto Gravagnuolo - "jedenfalls" in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland vom Beklagten vertrieben werde (S. 8). Daß der Beklagte alle drei Bücher auch in Deutschland oder - wie die Revision nun meint (Bd II S. 37) - "weltweit" verbreite, wurde weder behauptet noch festgestellt; zu einem Vertrieb des Buches von Benedetto Gravagnuolo in Deutschland liegt keine Feststellung vor. Ein solcher Vertrieb kann entgegen den Revisionsausführungen auch nicht als "allgemein bekannte und wohl auch gerichtsbekannte Tatsache" - welche keines Beweises bedürfte (§ 269 ZPO) - angesehen werden: Daß in Österreich verlegte Kunstbücher ganz allgemein weltweit vertrieben werden, ist keinesfalls offenkundig. Zwar trifft es zu, daß die meisten in Österreich erscheinenden Bücher im gesamten deutschen Sprachraum, insbesondere also auch in der Bundesrepublik Deutschland, verbreitet werden; ob das aber in jedem Einzelfall geschieht, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ist doch keineswegs auszuschließen, daß ein Verleger - etwa im Hinblick auf ihm bekannte rechtliche Hindernisse - die Verbreitung in einem bestimmten Land bewußt unterläßt. Ohne entsprechende Feststellungen kann daher der rechtlichen Beurteilung nicht die Annahme zugrunde gelegt werden, daß die beanstandeten Bücher oder eines davon vom Beklagten auch in Deutschland vertrieben würden; noch viel weniger kann das für irgendein anderes Land gesagt werden, insbesondere auch nicht für diejenigen in der Revision aufgezählten Länder, in welchen noch eine Schutzfrist zugunsten der Werke von Adolf Loos aufrecht ist (außer der Bundesrepublik Deutschland, Spanien, Israel und Frankreich). Da die Klägerin somit in erster Instanz keineswegs ausreichend deutlich Schutz für bestimmte Staaten außerhalb Österreichs verlangt hat, kann auch nicht aus einem mangelnden Vorbringen des Beklagten abgeleitet werden, daß er einen Vertrieb seiner Bücher in irgendwelchen ausländischen Staaten schlüssig (§ 267 ZPO) zugestanden und es dabei verabsäumt hätte, für eines dieser Länder das Fehlen eines urheberrechtlichen Schutzes zugunsten der Klägerin ins Treffen zu führen. Im Hinblick auf die mangelnde Offenkundigkeit des Vertriebes der Bücher außerhalb Österreichs kann auch nicht von einer - erstmals in der Revision geltend gemachten - dringenden Begehungsgefahr (Bd II S. 39) ausgegangen werden.

Da aber die Klägerin jedenfalls eine Verletzungshandlung des Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland behauptet und - erkennbar - den Schutz zumindest auch für das Gebiet dieses Staates beansprucht hat, sind Feststellungen über den behaupteten Vertrieb in Deutschland erforderlich; insoweit liegt ein Feststellungsmangel vor.

Sollte ein solcher Vertrieb bewiesen werden, dann wäre der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach deutschem Recht zu beurteilen. § 34 Abs 1 IPRG verweist auf deutsches Recht; auch dort gilt das Territorialitätsprinzip (v.Gamm, Urheberrechtsgesetz Einf Rz 143), so daß keine Rückverweisung stattfindet.

Nach Art 5 Abs 1 RBÜ Pariser Fassung - welcher ua Österreich, die Tschechoslowakei sowie die Bundesrepublik Deutschland als Mitglieder angehören (Dittrich, Urheberrecht 206 ff) - genießen Urheber für diejenigen Werke, für die sie durch diese Übereinkunft geschützt sind, in allen Verbandsländern mit Ausnahme des Ursprungslandes des Werkes die Rechte, welche die einzelnen Gesetze den inländischen Urhebern gegenwärtig gewähren oder in Zukunft gewähren werden, sowie die in dieser Übereinkunft besonders gewährten Rechte. Geschützt sind danach ua alle Erzeugnisse auf dem Gebiet der Kunst ohne Rücksicht auf die Art und Form des Ausdrucks, so auch Werke der zeichnenden Kunst, der Baukunst udgl (Art 2 Abs 1 RBÜ PF). Sollten die Bücher, in denen die in Deutschland zum ersten Mal veröffentlichten Werke von Adolf Loos abgebildet wurden, vom Beklagten auch in der Bundesrepublik Deutschland verbreitet worden sein, dann genössen diese Werke dort den Schutz nach § 121 dUrhG (welcher im wesentlichen § 95 öUrhG entspricht).

Die freie Werknutzung ist - wie der Oberste Gerichtshof schon im Provisorialverfahren hervorgehoben hat - nach § 59 dUrhG wesentlich stärker eingeschränkt als nach § 54 Z 5 öUrhG; bei Bauwerken erstrecken sich die näher angeführten Befugnisse der freien Nutzung nur auf die äußere Ansicht. Der für das österreichische Recht herangezogene Abweisungsgrund liegt daher nach deutschem Recht nicht vor.

Der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß die inländische Gerichtsbarkeit auch für das auf die Bundesrepublik Deutschland (oder sonstiges Ausland) bezogene Unterlassungsbegehren zu bejahen ist. Das ergibt sich nicht nur aus dem Zuständigkeitstatbestand des § 83 c JN, sondern insbesondere auch daraus, daß der Beklagte hier seinen

allgemeinen Gerichtsstand hat. Bei dieser Sachlage kann an einer

ausreichenden Inlandsbeziehung nicht gezweifelt werden.

Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung der Revision das angefochtene Urteil in seinem abweisenden Teil aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das Berufungsgericht zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 496 Abs 3 ZPO); dieses wird im fortgesetzten Verfahren den aufgezeigten Feststellungsmangel zu beheben und sodann neuerlich zu entscheiden haben.

Bemerkt sei noch, daß die sofortige Wiederherstellung des Ersturteils aus dem Grunde, daß der Beklagte den vom Berufungsgericht herangezogenen Abweisungsgrund nicht geltend gemacht hat, entgegen der Meinung der Klägerin (Bd II S. 55) nicht in Frage kommt. Dem Berufungsgericht war es keinesfalls verwehrt, im Zuge der allseitigen rechtlichen Beurteilung die Frage zu untersuchen, nach welcher Rechtsordnung zu entscheiden ist. In diesem Fall kann aber nicht gesagt werden, daß der Beklagte - im Sinne der Rechtsprechung (EvBl 1985/154 uva) - mit seinen Berufungsausführungen auf einen bestimmten Einwand verzichtet hätte.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.