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OGH vom 23.02.2010, 4Ob125/09z

OGH vom 23.02.2010, 4Ob125/09z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Themmer, Toth Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei H***** M*****, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien, wegen (zuletzt) 18.762,24 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 17.595,28 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 206/08i 30, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom , GZ 5 Cg 56/06t 26, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 1.119,24 EUR (darin enthalten 186,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Kläger und Beklagter waren jeweils Pfandgläubiger eines Verpflichteten. Der bevorrangte Kläger begehrt vom Beklagten den an diesen nach dem Pfandverkauf ausgezahlten Betrag aus dem Titel der Bereicherung. Der Beklagte wendete das Erlöschen des klägerischen Pfandrechts nach § 256 Abs 2 EO mangels gehöriger Fortsetzung des Verfahrens ein.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren im Wesentlichen statt. Der Kläger habe alle zumutbaren Schritte zur Fortführung des Verkaufsverfahrens gesetzt. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, wie sich die Vollstreckungsvereitelung des Verpflichteten auf den Lauf der Frist des § 256 Abs 2 EO auswirke.

Der Beklagte macht in seiner Revision geltend, dass die Exekutionsvereitelung durch den Verpflichteten eine Ablaufhemmung und keine Fortlaufhemmung der Frist des § 256 Abs 2 EO bewirke. Der Kläger wäre nach dem neuerlichen Hervorkommen der Pfandgegenstände gefordert gewesen, innerhalb angemessener Frist entsprechende Veranlassungen zu treffen, er hätte periodisch die Pfändungsregister des Verpflichteten einsehen, den Verpflichteten zur Bekanntgabe des Verbleibs der Pfandgegenstände auffordern und Nachschau an seinem Wohnsitz halten müssen. In Ermangelung dieser Tätigkeiten habe der Kläger das Verkaufsverfahren nicht gehörig fortgesetzt, sodass seine Pfandrechte mit Ablauf des (vor Verwertung der gepfändeten Gegenstände) erloschen seien.

Das Rechtsmittel ist mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig:

1. Gemäß § 256 Abs 2 EO erlischt das bei der Fahrnisexekution durch die Pfändung erworbene Pfandrecht (§ 256 Abs 1 EO) nach 2 Jahren, wenn das Verkaufsverfahren nicht gehörig fortgesetzt wurde.

2. Die Frist des § 256 Abs 2 EO ist gehemmt, solange die Ursache der Verzögerung des Verkaufs außerhalb des Willensbereichs des betreibenden Gläubigers liegt (3 Ob 134/60 = EvBl 1960/206; 3 Ob 21/60 = JBl 1960/566; 3 Ob 143/68 = EvBl 1969/126; 3 Ob 189/97h; Mohr in Angst 2 , § 256 EO Rz 8). Dies ist bei einer (strafrechtlich relevanten) Verbringung der Pfandsache durch den Verpflichteten - wie hier - zweifellos der Fall.

3. Ob die Exekutionsvereitelung eine Ablaufhemmung oder eine Fortlaufhemmung der Frist des § 256 Abs 2 EO bewirkte ( Mohr aaO geht von einer Ablaufhemmung bei gehöriger Verfahrensfortsetzung aus), ist im vorliegenden Fall bedeutungslos, weil der Kläger unverzüglich nach Kenntnis des Pfandverkaufs seine Pfandrechte (weiter) betrieben hat, sodass es - im Fall der Annahme der gehörigen Fortsetzung (dazu im Folgenden) - auch bei bloßer Ablaufhemmung nicht zum Erlöschen seiner Pfandrechte gekommen ist.

4. Von einer nicht gehörigen Fortsetzung des Exekutionsverfahrens kann nur gesprochen werden, wenn der betreibende Gläubiger zwecklos die Ausnützung des Pfandrechts verzögert (RIS Justiz RS0003582). Der betreibende Gläubiger muss alle zumutbaren Schritte unternommen haben, um den gerichtlichen Verkauf der gepfändeten Sache zu erwirken ( Mohr aaO).

Die Rechtsprechung bejaht die gehörige Fortsetzung des Verkaufsverfahrens, wenn die Exekution wegen einer Oppositionsklage, wegen einer Exszindierungsklage oder wegen § 264a EO aufgeschoben war. War die Exekution wegen eines Rechtsstreits aufgeschoben, muss der betreibende Gläubiger das Prozessverfahren, wenn es von ihm abhängt, gehörig in Gang halten ( Mohr aaO Rz 9 mwN).

3 Ob 189/97h beurteilte die Fortsetzung des Verkaufsverfahrens durch den betreibenden Gläubiger auch nach 15 monatiger Untätigkeit als gehörig, weil verkaufshindernde von seinem Willen unabhängige Umstände vorlagen (Unterbleiben der vorgeschriebenen Verständigung der betreibenden Partei vom Misserfolg eines Verkaufstermins).

5. Die Frage, ob der Gläubiger alle zumutbaren Schritte unternommen hat, um den Verkauf der gepfändeten Sache zu erwirken, kann nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (vgl 6 Ob 252/99y; RIS Justiz RS0044464). Dasselbe gilt für die Frage der Auswirkungen einer Vollstreckungsvereitelung auf den Lauf der Frist des § 256 Abs 2 EO. Ob sie die Untätigkeit des betreibenden Gläubigers für eine bestimmte Zeitspanne rechtfertigt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei kommt es weniger auf die Dauer, als auf die Gründe der Untätigkeit (die näheren Umstände der Vollstreckungsvereitelung) an, sowie darauf, ob aus dem Verhalten des betreibenden Gläubigers sein mangelndes Interesse an der weiteren Verfolgung seiner Ansprüche geschlossen werden kann (vgl 7 Ob 154/99v; RIS Justiz RS0034719).

6. Im Lichte der oben zitierten Rechtsprechung ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der Kläger das Verkaufsverfahren gehörig fortgesetzt habe und nicht gehalten gewesen sei, laufend die Pfändungsregister des Verpflichteten einzusehen und Nachschau an dessen Wohnsitz zu halten, jedenfalls vertretbar. Sie stellt keine (grobe) Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre. Bei Abwägung der Anforderungen an eine gehörige Fortsetzung ist zu berücksichtigen, dass die Nachschau am Wohnsitz des Verpflichteten aufgrund dessen anderweitiger Unterbringung der Pfandsachen völlig zwecklos gewesen wäre. Im Hinblick auf die vom Kläger gesetzten Aktivitäten, die letztlich zur strafrechtlichen Verurteilung des Verpflichteten führten, erschiene es überschießend, von ihm auch die regelmäßige Einschau in die Pfändungsregister des Verpflichteten zu fordern.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass seine Revisionsbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.