OGH 29.11.2007, 2Ob230/07y
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, ***** vertreten durch Mag. Hubertus P. Weben, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Mag. Rudi R*****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei G***** GmbH, ***** vertreten durch Mag. Gerhard Stingl, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 250.000 sA und Feststellung (Streitwert EUR 40.000), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 128/07a-19, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin - eine in Deutschland ansässige GmbH - schloss am mit einem österreichischen Fußballverein einen Agenturvertrag über die Vermarktung der Marketingrechte des Vereins. Bei Unterzeichnung des Vertrages wurde der Verein vom Beklagten als damaligem Obmann und einem weiteren Vorstandsmitglied vertreten. Entsprechend der in Punkt 17 des Vertrages enthaltenen Ermächtigung trat die Klägerin mit Vereinbarung vom sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Agenturvertrag an eine, in Österreich nach Vertragsabschluss gegründete GmbH ab, die anstelle der Klägerin in den Agenturvertrag eintrat. Diese Gesellschaft steht in keinem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis zu der Klägerin. Beide Gesellschaften sind aber Teil eines Konzerns mit Sitz in den USA. Geplant war bei allfälligen Verlusten deren Tragung durch die österreichische GmbH. Aufgrund einer konzerninternen Vereinbarung sollte dieser Verlust von der Konzernmutter auf die Klägerin überwälzt werden.
Die Klägerin begehrt den Ersatz eines Teilschadens von EUR 250.000 sA sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden, die der Klägerin aus dem Abschluss des Agenturvertrages entstehen. Grundlage für den Abschluss des Agenturvertrages seien die vom Beklagten in seiner Eigenschaft als Präsident/Obmann des Vereines (fälschlich) zugesicherten Sponsoreneinnahmen von zumindest EUR 5 Mio für die Spielsaison 2005/2006 gewesen. Ohne diese verbindlichen Zusagen hätte die Klägerin den Vertrag nicht geschlossen und weder die vertraglich vereinbarte Unterzeichnungsprämie von EUR 1 Mio samt USt (letztere in Form einer Gutschrift) an den Verein geleistet noch Aufwendungen für die Errichtung der österreichischen Gesellschaft getätigt. Darüber hinaus schulde der Verein der Klägerin anteilige Provisionen von zumindest EUR 260.000.
Die Vorinstanzen haben die Berechtigung dieser Schadenersatzansprüche insbesondere deshalb verneint, weil die Klägerin aufgrund der Abtretung sämtlicher Rechte und Pflichten aus dem Agenturvertrag verbunden mit dem Eintritt der österreichischen GmbH als neuer Vertragspartner nicht mehr aktiv legitimiert sei.
Die außerordentliche Revision der Klägerin bezweifelt nicht die Rechtsansicht der Vorinstanzen zur Wirksamkeit der mit Zustimmung der Beteiligten erfolgten Vertragsübernahme (dazu Neumayr in KBB² §§ 1405 - 1406 Rz 5; RIS-Justiz RS0032607); sie verweist aber darauf, dass sie einen deliktischen Schadenersatzanspruch gegen einen Dritten wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten geltend macht und diese Schadenersatzansprüche nicht auf die Rechtsnachfolgerin der Klägerin übergegangen seien. Als weiteres Argument für ihre Aktivlegitimation zieht sie eine aufgrund der konzerninternen Verlusttragungsregelung angenommene Schadensverlagerung heran.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesen Ausführungen zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.
Die schuldhafte Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch einen Vertreter und/oder Verhandlungsgehilfen des Fußballvereines wäre grundsätzlich nach § 1313a ABGB Letzterem zuzurechnen (1 Ob 183/00v = SZ 73/160 mwN; RIS-Justiz RS0016200; Bollenberger in KBB² § 874 ABGB Rz 2). Eine Haftung des Vertreters für Schadenersatzansprüche wegen schuldhafter Verletzung von Sorgfaltspflichten setzt in der Regel ein ausgeprägtes und unmittelbares Interesse am Abschluss des Vertrages voraus (4 Ob 2308/96g = SZ 69/240; RIS-Justiz RS0019726; vgl Bollenberger aaO Rz 3). Bei der Verletzung vorvertraglicher Verpflichtungen ist der Vertrauensschaden (das negative Vertragsinteresse) zu ersetzen: Der geschädigte Vertragspartner ist so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Aufklärung stünde (1 Ob 183/00v; Bollenberger aaO Rz 4).
Auf einen derartigen Vertrauensschaden beruft sich die Klägerin, indem sie auf die bei unterlassenem Vertragsabschluss nicht geleistete Unterzeichnungsprämie samt USt und die frustrierten Aufwendungen für die Errichtung der österreichischen GmbH verweist. Dabei handelt es sich aber um der Vertragspartnerin des Vereines zustehende Schadenersatzansprüche.
Der dem Begehren auch zugrunde gelegte Provisionsanspruch ist als vertraglicher Erfüllungsanspruch zu werten, welcher grundsätzlich ebenfalls der Vertragspartnerin des Vereines zustünde. Da bei einer Vertragsübernahme die Gesamtheit der einer Partei aus einem Vertragsverhältnis zustehenden Rechte und Pflichten übertragen wird (RIS-Justiz RS0032653; RS0032623; Neumayr aaO), stellt die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Aktivlegitimation der Klägerin als aus dem Vertragsverhältnis ausgeschiedener Gesellschaft für die geltend gemachten Ansprüche zu verneinen, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar. Die Einbeziehung von Ansprüchen wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten in den Umfang der konkreten Abtretungsvereinbarung ist zumindest vertretbar.
Dasselbe gilt für die Wertung der allgemein formulierten Verlusttragungsregelung innerhalb des Konzerns als nicht ausreichend, um die Aktivlegitimation der Klägerin aufgrund einer Schadensverlagerung zu bejahen. Wäre die Klägerin nicht aus dem Vertragsverhältnis ausgeschieden, wären die Schadenersatzansprüche ihr als Vertragspartnerin und unmittelbar Geschädigter zugestanden. Einen Anwendungsfall der sogenannten Schadensverlagerung auf die Klägerin als mittelbar Geschädigte abzulehnen, ist im vorliegenden Einzelfall ebenfalls vertretbar: Zwischen der Klägerin und ihrer Rechtsnachfolgerin wurde keine vertragliche Vereinbarung geschlossen, dass derartige Schäden von der ursprünglichen Vertragspartnerin zu tragen sind. Damit scheidet ein unbefriedigendes Ergebnis, das in der gänzlichen Befreiung des Schädigers als Folge der Überwälzung des Schadens aufgrund eines Rechtsverhältnisses an einen Dritten liegt (vgl RIS-Justiz RS0019531; RS0022830; RS0022608), aus. Wurde demnach die Aktivlegitimation in vertretbarer Weise verneint, stellt sich das Problem der deliktischen Haftung eines Vereinsobmannes wegen culpa in contrahendo und damit seiner Passivlegitimation gar nicht.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisiongericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann sowie Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Hubertus P. Weben, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Mag. Rudi R*****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Gerhard Stingl, Rechtsanwalt in Graz, wegen 250.000 EUR sA und Feststellung (Streitwert 40.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 128/07a-19, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom die außerordentliche Revision der klagenden Partei gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurückgewiesen. Die nicht freigestellte Revisionsbeantwortung der beklagten Partei vom ist erst nach dieser Beschlussfassung am beim Obersten Gerichtshof eingelangt, weshalb sie wegen inzwischen endgültig erledigter Rechtssache zurückzuweisen war (7 Ob 124/02i = RIS-Justiz RS0043690 [T4]; vgl RIS-Justiz RS0113633).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00230.07Y.1129.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAD-37817